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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wallfisch
hat ein weites Maul, mit dicken
Lefzen, inwendig ohne Zähne, mit
einer Zunge, so an den untern Gau-
nen angewachsen, sehr weich, aber
darneben so voll Sehnen ist, daß,
um die Beschwerlichkeit des Schnei-
dens zu ersparen, sie weggelaffen
wird, wiewol |sie etliche Quarteel
oder Fäßer Speck geben könnte.
Der obere Gaumen ist mit dem so
genannten Fischbeine nach der Quee-
re gewölbet; dessen größeste Stan-
gen bis drey Klaftern lang werden,
woraus die Weite des Mauls abzu-
nehmen ist. Das Fischbein schließt
ein wenig über einander, wie die
Schuppen der Fische, und ist an
der scharfen Kante mit starkem
Haare bewachsen, damit es die
Zunge nicht verletze. Der Kopf
ist auswendig etwas platt, und hat
gegen den Nacken einen Buckel,
woran sich zu beyden Seiten ein
Blaseloch in der Gestalt des Buch-
stabens S befindet, wodurch er das
Wasser bläset, welches mit solcher
Gewalt geschieht, daß es brauset,
wie ein starker Sturmwind, und
er auf eine Meile weit kann gehöret
werden, absonderlich, wenn er ver-
wundet worden. Unter diesen Na-
selöchern ganz niedrig, fast am En-
de der Oeffnung des Mauls, sitzen
die Augen, welche wenig größer
denn ein Ochsenauge, mit Augen-
liedern und Haaren verwahret, und
mit crystallenhellen Augäpfeln
versehen sind. Hinter den Augen
hat er an jeder Seite eine Floßfe-
der, nach dem Maaße seiner Größe
gestaltet, mit einer dicken Haut
überzogen, inwendig mit Knochen
und Gelenken, die mit starken Seh-
nen, gleich einer Menschen Hand,
mit einander verbunden sind. Die
Haut ist an den meisten schwarz,
und nur an dem Bauche weiß, bey
etlichen gestreift und gesprenget, sel-
ten wird ein ganz weißer gefunden.
Der Schwanz ist den Floßfedern
[Spaltenumbruch]
Wallfisch
gleich, sitzt nicht nach der Höhe,
wie an andern Fischen, sondern
nach der Fläche, und wird, nach-
dem der Fisch ist, bis 4 Klaftern
breit. Das Männlein hat eine bis
8 Fuß lange Ruthe, so ein starker
Nerven ist, und trägt dieselbe in
einer Falte am Bauche, wie in ei-
ner Scheide verborgen. Das
Weiblein hat neben den Geburts-
gliedern, die wie an vierfüßigen
Thieren gestaltet sind, zwey Eu-
ter, womit es seine Jungen, deren
es nicht über zwey bringt, säuget.
Die Euter sind ganz weiß, oder
mit schwarzen und blauen Flecken
besprenget, und mit Zitzen, wie
bey den Kühen versehen. Jn dem
Magen der getödteten Wallfische
findet man insgemein anders nichts,
als eine Art kleiner Schnecken oder
Spinnen: doch hat man bey ei-
nem auch eine gute Anzahl Heringe
angetroffen. Sein Fleisch ist ma-
ger, indem der Speck beysammen
zwischen der Haut und dem Fleische
liegt, und tauget nicht zu essen,
es sey denn in äußerster Noth; wie-
wol die Franzosen das Theil, so
zunächst an dem Schwanze sitzt, mit
Lust genießen. Der Saame, den
sie häufig verschütten, schwimmt
auf dem Seewasser; ist wohl zu er-
kennen, und kann mit Eimern voll
aufgefangen werden: er wird aber
bald stinkend und ist nichts daraus
zu machen. Unter den Krankheiten,
wovon der Wallfisch angefallen
wird, weil derer zuweilen angetrof-
fen werden, die matt, mager und
ganz eingefallen sind, daß die Haut
daran schrumpfet, und wie Lappen
schlottert, ist eine Art Läuse, die
ihn hart plagen, weswegen er gerne
um die Eisschollen ist, um sich dar-
an zu reiben. Die Knochen von
Wallfischen, die man zuweilen an
dem Strande findet, und darinnen
das Mark schon verzehret ist, sind
gut mit zu nehmen, und bey uns zu,

zeigen,
U 3

[Spaltenumbruch]

Wallfiſch
hat ein weites Maul, mit dicken
Lefzen, inwendig ohne Zaͤhne, mit
einer Zunge, ſo an den untern Gau-
nen angewachſen, ſehr weich, aber
darneben ſo voll Sehnen iſt, daß,
um die Beſchwerlichkeit des Schnei-
dens zu erſparen, ſie weggelaffen
wird, wiewol |ſie etliche Quarteel
oder Faͤßer Speck geben koͤnnte.
Der obere Gaumen iſt mit dem ſo
genannten Fiſchbeine nach der Quee-
re gewoͤlbet; deſſen groͤßeſte Stan-
gen bis drey Klaftern lang werden,
woraus die Weite des Mauls abzu-
nehmen iſt. Das Fiſchbein ſchließt
ein wenig uͤber einander, wie die
Schuppen der Fiſche, und iſt an
der ſcharfen Kante mit ſtarkem
Haare bewachſen, damit es die
Zunge nicht verletze. Der Kopf
iſt auswendig etwas platt, und hat
gegen den Nacken einen Buckel,
woran ſich zu beyden Seiten ein
Blaſeloch in der Geſtalt des Buch-
ſtabens S befindet, wodurch er das
Waſſer blaͤſet, welches mit ſolcher
Gewalt geſchieht, daß es brauſet,
wie ein ſtarker Sturmwind, und
er auf eine Meile weit kann gehoͤret
werden, abſonderlich, wenn er ver-
wundet worden. Unter dieſen Na-
ſeloͤchern ganz niedrig, faſt am En-
de der Oeffnung des Mauls, ſitzen
die Augen, welche wenig groͤßer
denn ein Ochſenauge, mit Augen-
liedern und Haaren verwahret, und
mit cryſtallenhellen Augaͤpfeln
verſehen ſind. Hinter den Augen
hat er an jeder Seite eine Floßfe-
der, nach dem Maaße ſeiner Groͤße
geſtaltet, mit einer dicken Haut
uͤberzogen, inwendig mit Knochen
und Gelenken, die mit ſtarken Seh-
nen, gleich einer Menſchen Hand,
mit einander verbunden ſind. Die
Haut iſt an den meiſten ſchwarz,
und nur an dem Bauche weiß, bey
etlichen geſtreift und geſprenget, ſel-
ten wird ein ganz weißer gefunden.
Der Schwanz iſt den Floßfedern
[Spaltenumbruch]
Wallfiſch
gleich, ſitzt nicht nach der Hoͤhe,
wie an andern Fiſchen, ſondern
nach der Flaͤche, und wird, nach-
dem der Fiſch iſt, bis 4 Klaftern
breit. Das Maͤnnlein hat eine bis
8 Fuß lange Ruthe, ſo ein ſtarker
Nerven iſt, und traͤgt dieſelbe in
einer Falte am Bauche, wie in ei-
ner Scheide verborgen. Das
Weiblein hat neben den Geburts-
gliedern, die wie an vierfuͤßigen
Thieren geſtaltet ſind, zwey Eu-
ter, womit es ſeine Jungen, deren
es nicht uͤber zwey bringt, ſaͤuget.
Die Euter ſind ganz weiß, oder
mit ſchwarzen und blauen Flecken
beſprenget, und mit Zitzen, wie
bey den Kuͤhen verſehen. Jn dem
Magen der getoͤdteten Wallfiſche
findet man insgemein anders nichts,
als eine Art kleiner Schnecken oder
Spinnen: doch hat man bey ei-
nem auch eine gute Anzahl Heringe
angetroffen. Sein Fleiſch iſt ma-
ger, indem der Speck beyſammen
zwiſchen der Haut und dem Fleiſche
liegt, und tauget nicht zu eſſen,
es ſey denn in aͤußerſter Noth; wie-
wol die Franzoſen das Theil, ſo
zunaͤchſt an dem Schwanze ſitzt, mit
Luſt genießen. Der Saame, den
ſie haͤufig verſchuͤtten, ſchwimmt
auf dem Seewaſſer; iſt wohl zu er-
kennen, und kann mit Eimern voll
aufgefangen werden: er wird aber
bald ſtinkend und iſt nichts daraus
zu machen. Unter den Krankheiten,
wovon der Wallfiſch angefallen
wird, weil derer zuweilen angetrof-
fen werden, die matt, mager und
ganz eingefallen ſind, daß die Haut
daran ſchrumpfet, und wie Lappen
ſchlottert, iſt eine Art Laͤuſe, die
ihn hart plagen, weswegen er gerne
um die Eisſchollen iſt, um ſich dar-
an zu reiben. Die Knochen von
Wallfiſchen, die man zuweilen an
dem Strande findet, und darinnen
das Mark ſchon verzehret iſt, ſind
gut mit zu nehmen, und bey uns zu,

zeigen,
U 3
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[[309]/0315] Wallfiſch Wallfiſch hat ein weites Maul, mit dicken Lefzen, inwendig ohne Zaͤhne, mit einer Zunge, ſo an den untern Gau- nen angewachſen, ſehr weich, aber darneben ſo voll Sehnen iſt, daß, um die Beſchwerlichkeit des Schnei- dens zu erſparen, ſie weggelaffen wird, wiewol |ſie etliche Quarteel oder Faͤßer Speck geben koͤnnte. Der obere Gaumen iſt mit dem ſo genannten Fiſchbeine nach der Quee- re gewoͤlbet; deſſen groͤßeſte Stan- gen bis drey Klaftern lang werden, woraus die Weite des Mauls abzu- nehmen iſt. Das Fiſchbein ſchließt ein wenig uͤber einander, wie die Schuppen der Fiſche, und iſt an der ſcharfen Kante mit ſtarkem Haare bewachſen, damit es die Zunge nicht verletze. Der Kopf iſt auswendig etwas platt, und hat gegen den Nacken einen Buckel, woran ſich zu beyden Seiten ein Blaſeloch in der Geſtalt des Buch- ſtabens S befindet, wodurch er das Waſſer blaͤſet, welches mit ſolcher Gewalt geſchieht, daß es brauſet, wie ein ſtarker Sturmwind, und er auf eine Meile weit kann gehoͤret werden, abſonderlich, wenn er ver- wundet worden. Unter dieſen Na- ſeloͤchern ganz niedrig, faſt am En- de der Oeffnung des Mauls, ſitzen die Augen, welche wenig groͤßer denn ein Ochſenauge, mit Augen- liedern und Haaren verwahret, und mit cryſtallenhellen Augaͤpfeln verſehen ſind. Hinter den Augen hat er an jeder Seite eine Floßfe- der, nach dem Maaße ſeiner Groͤße geſtaltet, mit einer dicken Haut uͤberzogen, inwendig mit Knochen und Gelenken, die mit ſtarken Seh- nen, gleich einer Menſchen Hand, mit einander verbunden ſind. Die Haut iſt an den meiſten ſchwarz, und nur an dem Bauche weiß, bey etlichen geſtreift und geſprenget, ſel- ten wird ein ganz weißer gefunden. Der Schwanz iſt den Floßfedern gleich, ſitzt nicht nach der Hoͤhe, wie an andern Fiſchen, ſondern nach der Flaͤche, und wird, nach- dem der Fiſch iſt, bis 4 Klaftern breit. Das Maͤnnlein hat eine bis 8 Fuß lange Ruthe, ſo ein ſtarker Nerven iſt, und traͤgt dieſelbe in einer Falte am Bauche, wie in ei- ner Scheide verborgen. Das Weiblein hat neben den Geburts- gliedern, die wie an vierfuͤßigen Thieren geſtaltet ſind, zwey Eu- ter, womit es ſeine Jungen, deren es nicht uͤber zwey bringt, ſaͤuget. Die Euter ſind ganz weiß, oder mit ſchwarzen und blauen Flecken beſprenget, und mit Zitzen, wie bey den Kuͤhen verſehen. Jn dem Magen der getoͤdteten Wallfiſche findet man insgemein anders nichts, als eine Art kleiner Schnecken oder Spinnen: doch hat man bey ei- nem auch eine gute Anzahl Heringe angetroffen. Sein Fleiſch iſt ma- ger, indem der Speck beyſammen zwiſchen der Haut und dem Fleiſche liegt, und tauget nicht zu eſſen, es ſey denn in aͤußerſter Noth; wie- wol die Franzoſen das Theil, ſo zunaͤchſt an dem Schwanze ſitzt, mit Luſt genießen. Der Saame, den ſie haͤufig verſchuͤtten, ſchwimmt auf dem Seewaſſer; iſt wohl zu er- kennen, und kann mit Eimern voll aufgefangen werden: er wird aber bald ſtinkend und iſt nichts daraus zu machen. Unter den Krankheiten, wovon der Wallfiſch angefallen wird, weil derer zuweilen angetrof- fen werden, die matt, mager und ganz eingefallen ſind, daß die Haut daran ſchrumpfet, und wie Lappen ſchlottert, iſt eine Art Laͤuſe, die ihn hart plagen, weswegen er gerne um die Eisſchollen iſt, um ſich dar- an zu reiben. Die Knochen von Wallfiſchen, die man zuweilen an dem Strande findet, und darinnen das Mark ſchon verzehret iſt, ſind gut mit zu nehmen, und bey uns zu, zeigen, U 3

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [309]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/315>, abgerufen am 22.11.2024.