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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Waid
schüttet wird: so beobachtet man
die Zeit, wenn er genugsam gegoh-
ren hat, und einen dunkelblauen
Schaum auswirft, welchen die Fär-
ber abnehmen, trocknen, und unter
dem Namen der Waidblume, franz.
Flore d' Inde, aufbehalten. Sie
wird vor die kräftigste Substanz
von dem Waide gehalten, ist schön
blau, und wer sie nicht kennet, kann
sie für Jndig ansehen. Wie denn
auch die Aufwerfung eines solchen
Schaums die rechte (7) Probe des
guten Waids
ist. Unter den (8)
Ländern der Zeugung und Zube-
reitung
des Waids ist insonderheit
(a) Deutschland, und darinnen vor-
züglich (a) Thüringen, bekannt.
Denn vor einigen Jahrhunderten
war der Waidbau in Thüringen so
ansehnlich, daß der daraus entste-
hende Handel bey nahe allein zurei-
chend war, diese Provinz in gute
Umstände zu setzen. Die Felder
um Erfurt, Gotha, Langensalze,
Tennstädt, Weißensee, Weimar und
Arnstadt zeugten bey nahe nichts,
als Waid, und noch in den ersten
Jahren des siebenzehnten Jahrhun-
derts, waren mehr als dreyhundert
Dörfer, welche sich damit beschäff-
tigten, deren eines in das andere
gerechnet, bis funfzig Acker Landes
mit dieser Pflanze bestelleten, wodurch
jährlich bis 300000 Rthlr. nach
Thüringen gezogen wurden, von
welcher Summe manches Dorf bis
16000 Rthlr. empfangen. Wollte
man an der Menge dieser angege-
benen Dörfer zweifeln, so werden
uns die vielen Ueberbleibsel der
Waidmühlen, welche man im Lan-
de findet, gar bald davon überzeu-
gen. Die Beschäfftigung in der
Erndte war damit bey seinem stärk-
sten Flore so groß, daß die Arbei-
ter im Lande nicht zulangen woll-
ten, die Arbeit zu bestreiten, des-
wegen jährlich eine große Menge
Wenden aus der Lausitz nach Thü-
[Spaltenumbruch]
Waid
ringen zogen, den Waid einerndten
zu helfen. Aber nach der Zeit fiel
der Waidbau auf einmal gar stark,
so, daß gegen das Jahr 1629 kaum
noch dreyßig Dörfer übrig waren,
welche sich damit beschäfftigten, und
etwann gegen sieben hundert Acker
damit bestelleten. Doch auch die-
ses ist noch ansehnlich gegen die itzi-
ge Beschaffenheit, da nur zwölf go-
thische, und zwey erfurtische Dör-
fer zu nennen sind, welche diesen
sonst so ansehnlichen Landbau vor
seinem gänzlichen Untergange noch
verwahret haben, deren Lösung
nicht über 30000 Rthlr. betragen
dürfte, daß sich also bloß der Lan-
desstrich dabey erhalten hat, wo im
ganzen Lande der beste, nach der
Meynung der Verständigen, zu
wachsen pflegte: wiewol man nun-
mehr auch, seit 1753, zu Langen-
salze in dasiger Flur den Waidbau
wieder unternommen hat. Außer
Thüringen wird in Deutschland
auch in dem (b) Herzogthume Jülich,
dessen eine nicht geringe Menge;
und in dem (c) Herzogthume Mag-
deburg
sowol, als in dem (d) Für-
stenthume Halberstadt, etwas Waid
gebauet, welcher Waidbau in dem
Magdeburgischen und Halberstädti-
schen itzo gut von statten geht,
nachdem des Königs von Preußen
Majestät vor einigen Jahren befoh-
len, die Pflanzen in diesen Gegen-
den häufiger zu bauen. Jn (b)
Frankreich bauet man ihn vornehm-
lich in (a) Languedoc, um Tou-
louse, St. Papoul, Mirepoix, La-
vaur, und Alby, welchen letzten
man für den besten hält. Die Art,
wie mit dem Waidbaue in Langue-
doc verfahren wird, ist einerley mit
der, die man in Deutschland beob-
achtet: nur in Ansehung der Ernd-
ten ist einiger Unterschied zu bemer-
ken, indem man daselbst, wegen
der größern Wärme, den Waid ins-
gemein vier, und bisweilen fünf,

ja

[Spaltenumbruch]

Waid
ſchuͤttet wird: ſo beobachtet man
die Zeit, wenn er genugſam gegoh-
ren hat, und einen dunkelblauen
Schaum auswirft, welchen die Faͤr-
ber abnehmen, trocknen, und unter
dem Namen der Waidblume, franz.
Floré d’ Inde, aufbehalten. Sie
wird vor die kraͤftigſte Subſtanz
von dem Waide gehalten, iſt ſchoͤn
blau, und wer ſie nicht kennet, kann
ſie fuͤr Jndig anſehen. Wie denn
auch die Aufwerfung eines ſolchen
Schaums die rechte (7) Probe des
guten Waids
iſt. Unter den (8)
Laͤndern der Zeugung und Zube-
reitung
des Waids iſt inſonderheit
(a) Deutſchland, und darinnen vor-
zuͤglich (a) Thuͤringen, bekannt.
Denn vor einigen Jahrhunderten
war der Waidbau in Thuͤringen ſo
anſehnlich, daß der daraus entſte-
hende Handel bey nahe allein zurei-
chend war, dieſe Provinz in gute
Umſtaͤnde zu ſetzen. Die Felder
um Erfurt, Gotha, Langenſalze,
Tennſtaͤdt, Weißenſee, Weimar und
Arnſtadt zeugten bey nahe nichts,
als Waid, und noch in den erſten
Jahren des ſiebenzehnten Jahrhun-
derts, waren mehr als dreyhundert
Doͤrfer, welche ſich damit beſchaͤff-
tigten, deren eines in das andere
gerechnet, bis funfzig Acker Landes
mit dieſer Pflanze beſtelleten, wodurch
jaͤhrlich bis 300000 Rthlr. nach
Thuͤringen gezogen wurden, von
welcher Summe manches Dorf bis
16000 Rthlr. empfangen. Wollte
man an der Menge dieſer angege-
benen Doͤrfer zweifeln, ſo werden
uns die vielen Ueberbleibſel der
Waidmuͤhlen, welche man im Lan-
de findet, gar bald davon uͤberzeu-
gen. Die Beſchaͤfftigung in der
Erndte war damit bey ſeinem ſtaͤrk-
ſten Flore ſo groß, daß die Arbei-
ter im Lande nicht zulangen woll-
ten, die Arbeit zu beſtreiten, des-
wegen jaͤhrlich eine große Menge
Wenden aus der Lauſitz nach Thuͤ-
[Spaltenumbruch]
Waid
ringen zogen, den Waid einerndten
zu helfen. Aber nach der Zeit fiel
der Waidbau auf einmal gar ſtark,
ſo, daß gegen das Jahr 1629 kaum
noch dreyßig Doͤrfer uͤbrig waren,
welche ſich damit beſchaͤfftigten, und
etwann gegen ſieben hundert Acker
damit beſtelleten. Doch auch die-
ſes iſt noch anſehnlich gegen die itzi-
ge Beſchaffenheit, da nur zwoͤlf go-
thiſche, und zwey erfurtiſche Doͤr-
fer zu nennen ſind, welche dieſen
ſonſt ſo anſehnlichen Landbau vor
ſeinem gaͤnzlichen Untergange noch
verwahret haben, deren Loͤſung
nicht uͤber 30000 Rthlr. betragen
duͤrfte, daß ſich alſo bloß der Lan-
desſtrich dabey erhalten hat, wo im
ganzen Lande der beſte, nach der
Meynung der Verſtaͤndigen, zu
wachſen pflegte: wiewol man nun-
mehr auch, ſeit 1753, zu Langen-
ſalze in daſiger Flur den Waidbau
wieder unternommen hat. Außer
Thuͤringen wird in Deutſchland
auch in dem (b) Herzogthume Juͤlich,
deſſen eine nicht geringe Menge;
und in dem (c) Herzogthume Mag-
deburg
ſowol, als in dem (d) Fuͤr-
ſtenthume Halberſtadt, etwas Waid
gebauet, welcher Waidbau in dem
Magdeburgiſchen und Halberſtaͤdti-
ſchen itzo gut von ſtatten geht,
nachdem des Koͤnigs von Preußen
Majeſtaͤt vor einigen Jahren befoh-
len, die Pflanzen in dieſen Gegen-
den haͤufiger zu bauen. Jn (b)
Frankreich bauet man ihn vornehm-
lich in (a) Languedoc, um Tou-
louſe, St. Papoul, Mirepoix, La-
vaur, und Alby, welchen letzten
man fuͤr den beſten haͤlt. Die Art,
wie mit dem Waidbaue in Langue-
doc verfahren wird, iſt einerley mit
der, die man in Deutſchland beob-
achtet: nur in Anſehung der Ernd-
ten iſt einiger Unterſchied zu bemer-
ken, indem man daſelbſt, wegen
der groͤßern Waͤrme, den Waid ins-
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ja
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[[300]/0306] Waid Waid ſchuͤttet wird: ſo beobachtet man die Zeit, wenn er genugſam gegoh- ren hat, und einen dunkelblauen Schaum auswirft, welchen die Faͤr- ber abnehmen, trocknen, und unter dem Namen der Waidblume, franz. Floré d’ Inde, aufbehalten. Sie wird vor die kraͤftigſte Subſtanz von dem Waide gehalten, iſt ſchoͤn blau, und wer ſie nicht kennet, kann ſie fuͤr Jndig anſehen. Wie denn auch die Aufwerfung eines ſolchen Schaums die rechte (7) Probe des guten Waids iſt. Unter den (8) Laͤndern der Zeugung und Zube- reitung des Waids iſt inſonderheit (a) Deutſchland, und darinnen vor- zuͤglich (a) Thuͤringen, bekannt. Denn vor einigen Jahrhunderten war der Waidbau in Thuͤringen ſo anſehnlich, daß der daraus entſte- hende Handel bey nahe allein zurei- chend war, dieſe Provinz in gute Umſtaͤnde zu ſetzen. Die Felder um Erfurt, Gotha, Langenſalze, Tennſtaͤdt, Weißenſee, Weimar und Arnſtadt zeugten bey nahe nichts, als Waid, und noch in den erſten Jahren des ſiebenzehnten Jahrhun- derts, waren mehr als dreyhundert Doͤrfer, welche ſich damit beſchaͤff- tigten, deren eines in das andere gerechnet, bis funfzig Acker Landes mit dieſer Pflanze beſtelleten, wodurch jaͤhrlich bis 300000 Rthlr. nach Thuͤringen gezogen wurden, von welcher Summe manches Dorf bis 16000 Rthlr. empfangen. Wollte man an der Menge dieſer angege- benen Doͤrfer zweifeln, ſo werden uns die vielen Ueberbleibſel der Waidmuͤhlen, welche man im Lan- de findet, gar bald davon uͤberzeu- gen. Die Beſchaͤfftigung in der Erndte war damit bey ſeinem ſtaͤrk- ſten Flore ſo groß, daß die Arbei- ter im Lande nicht zulangen woll- ten, die Arbeit zu beſtreiten, des- wegen jaͤhrlich eine große Menge Wenden aus der Lauſitz nach Thuͤ- ringen zogen, den Waid einerndten zu helfen. Aber nach der Zeit fiel der Waidbau auf einmal gar ſtark, ſo, daß gegen das Jahr 1629 kaum noch dreyßig Doͤrfer uͤbrig waren, welche ſich damit beſchaͤfftigten, und etwann gegen ſieben hundert Acker damit beſtelleten. Doch auch die- ſes iſt noch anſehnlich gegen die itzi- ge Beſchaffenheit, da nur zwoͤlf go- thiſche, und zwey erfurtiſche Doͤr- fer zu nennen ſind, welche dieſen ſonſt ſo anſehnlichen Landbau vor ſeinem gaͤnzlichen Untergange noch verwahret haben, deren Loͤſung nicht uͤber 30000 Rthlr. betragen duͤrfte, daß ſich alſo bloß der Lan- desſtrich dabey erhalten hat, wo im ganzen Lande der beſte, nach der Meynung der Verſtaͤndigen, zu wachſen pflegte: wiewol man nun- mehr auch, ſeit 1753, zu Langen- ſalze in daſiger Flur den Waidbau wieder unternommen hat. Außer Thuͤringen wird in Deutſchland auch in dem (b) Herzogthume Juͤlich, deſſen eine nicht geringe Menge; und in dem (c) Herzogthume Mag- deburg ſowol, als in dem (d) Fuͤr- ſtenthume Halberſtadt, etwas Waid gebauet, welcher Waidbau in dem Magdeburgiſchen und Halberſtaͤdti- ſchen itzo gut von ſtatten geht, nachdem des Koͤnigs von Preußen Majeſtaͤt vor einigen Jahren befoh- len, die Pflanzen in dieſen Gegen- den haͤufiger zu bauen. Jn (b) Frankreich bauet man ihn vornehm- lich in (a) Languedoc, um Tou- louſe, St. Papoul, Mirepoix, La- vaur, und Alby, welchen letzten man fuͤr den beſten haͤlt. Die Art, wie mit dem Waidbaue in Langue- doc verfahren wird, iſt einerley mit der, die man in Deutſchland beob- achtet: nur in Anſehung der Ernd- ten iſt einiger Unterſchied zu bemer- ken, indem man daſelbſt, wegen der groͤßern Waͤrme, den Waid ins- gemein vier, und bisweilen fuͤnf, ja

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [300]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/306>, abgerufen am 22.12.2024.