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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Waaren
Nach diesen beyden Stücken muß
aller Waaren ihr Preiß eingerich-
tet, und beurtheilet werden. Jn-
dessen ist doch gleichwol der Preiß
der Waaren mehrentheils verän-
derlich,
das ist, bald steigt er, bald
fällt er. Die Ursachen davon sind:
1) die zufällige Menge, oder Sel-
tenheit der Waare,
indem jene die
Waaren wohlfeil, und diese sie
theuer macht; 2) die Seltenheit
oder der Ueberfluß des Geldes,
indem, wenn das Geld rar ist, nicht
viel verkauft wird, mithin sind die
Waaren gemeiniglich nicht selten,
und folglich wohlfeil: Hingegen
wenn viel Geld unter den Leuten ist,
so kaufen diese mehr, als sie zur
Nothdurft gebrauchen, mithin wird
die Waare rar, und folglich theuer;
3) besondere Zufälle, als a) wenn
eine Waare ins besondere stark oder
wenig gesucht wird, denn in jenem
Falle wird sie theuer, und in diesem
wohlfeil; und b) wenn die Kauf-
leute aus Noth mit ihren Waaren
losschlagen, welches geschieht, weil
sie Geld brauchen, oder weil die
Waare verdorben ist, oder weil sie
solche in Menge haben, und entwe-
der ihr Verderben oder noch wohl-
feilern Einkauf besorgen; und
4) ausgesprengte und wahrschein-
lich befundene Zeitungen
von der
Ankunft einer reichen Schiffsflotte,
einer guten Erndte, eines guten
Fischfanges, indem alsdenn der
Kaufmann mit seinen Waaren nicht
mehr so sehr an sich hält, zumal
wenn er davon noch vieles auf dem
Lager hat. Ein kluger Kaufmann
sieht die Preißesveränderung viel-
fältig vorher, und richtet daher
seinen Ein- und Verkauf darnach
ein. Da viele Kaufmannswaaren
durch gar vielerley Zufälle
(VIII) verderben können, daß sie
hernach nicht den dritten oder vier-
ten Theil ihrer Einkaufskosten, ge-
schweige denn einen Profit geben
[Spaltenumbruch]
Waaren
können: so will nöthig seyn, von
dem Verderben der Waare etwas
umständlich zu reden. Die (1) Ar-
ten der Verderbniß
sind mancherley,
und nach Verschiedenheit der Waa-
ren verschieden. Wir wollen nur
eine und die andre nennen: a) Die
Verlegenheit oder das Verliegen,
wenn eine Waare durch die Länge
der Zeit auf dem Lager ihre vorige
Kraft, Wirkung und Schönheit
verliert; b) das Verschießen der
Farbe,
das ist, die von der Luft
und Sonne herrührende Verände-
rung der Farbe; c) die Fäulniß,
also steckt z. E. der Taback sich leicht
vor Hitze inwendig an, und ver-
fault, sonderlich wenn er lange ein-
gepackt, und an dumpfigen und
feuchten Orten steht; so verfaulen
auch die Citronen und alles Obst;
d) das Stinkendwerden; e) das
Ranzigwerden, so wird z. E.
Baumöl durch die Länge der Zeit
ranzig und stinkend; f) das Mürbe-
werden,
so werden z. E. Seiden-
und Wollenzeuge mürbe; g) das
Wurmstichigwerden, so werden
z. E. Holz, Seiden- und Wollen-
waaren, von den Würmern an- und
aufgefressen; h) die Säure, so wer-
den z. E. Wein und Bier sauer;
i) die Verlierung der Kraft, so
verlieren z. E. Wurzeln und Kräu-
ter ihre Kraft und werden unkräf-
tig. Ferner gehöret hieher, daß
die Waaren k) brandigt, l) spröde,
m) holzigt, n) zähe, o) fleckigt,
z. E. seidene Zeuge, Citronen etc.
p) dumpfigt, z. E. Korn etc. werden;
ingleichen, daß sie q) einschrumpfen,
r) verdorren, s) verschimmeln,
wie etwann z. E. der Speck etc. nicht
weniger daß sie t) einen übeln Ge-
ruch,
u) einen garstigen Ge-
schmack,
welchen beyden Zufällen
z. E. die Butter unterworfen ist;
v) ein schlechtes Ansehen, w) Wür-
mer
oder Maden bekommen, z. E.
Korn bekömmt Würmer, und Käse

Ma-

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Waaren
Nach dieſen beyden Stuͤcken muß
aller Waaren ihr Preiß eingerich-
tet, und beurtheilet werden. Jn-
deſſen iſt doch gleichwol der Preiß
der Waaren mehrentheils veraͤn-
derlich,
das iſt, bald ſteigt er, bald
faͤllt er. Die Urſachen davon ſind:
1) die zufaͤllige Menge, oder Sel-
tenheit der Waare,
indem jene die
Waaren wohlfeil, und dieſe ſie
theuer macht; 2) die Seltenheit
oder der Ueberfluß des Geldes,
indem, wenn das Geld rar iſt, nicht
viel verkauft wird, mithin ſind die
Waaren gemeiniglich nicht ſelten,
und folglich wohlfeil: Hingegen
wenn viel Geld unter den Leuten iſt,
ſo kaufen dieſe mehr, als ſie zur
Nothdurft gebrauchen, mithin wird
die Waare rar, und folglich theuer;
3) beſondere Zufaͤlle, als a) wenn
eine Waare ins beſondere ſtark oder
wenig geſucht wird, denn in jenem
Falle wird ſie theuer, und in dieſem
wohlfeil; und b) wenn die Kauf-
leute aus Noth mit ihren Waaren
losſchlagen, welches geſchieht, weil
ſie Geld brauchen, oder weil die
Waare verdorben iſt, oder weil ſie
ſolche in Menge haben, und entwe-
der ihr Verderben oder noch wohl-
feilern Einkauf beſorgen; und
4) ausgeſprengte und wahrſchein-
lich befundene Zeitungen
von der
Ankunft einer reichen Schiffsflotte,
einer guten Erndte, eines guten
Fiſchfanges, indem alsdenn der
Kaufmann mit ſeinen Waaren nicht
mehr ſo ſehr an ſich haͤlt, zumal
wenn er davon noch vieles auf dem
Lager hat. Ein kluger Kaufmann
ſieht die Preißesveraͤnderung viel-
faͤltig vorher, und richtet daher
ſeinen Ein- und Verkauf darnach
ein. Da viele Kaufmannswaaren
durch gar vielerley Zufaͤlle
(VIII) verderben koͤnnen, daß ſie
hernach nicht den dritten oder vier-
ten Theil ihrer Einkaufskoſten, ge-
ſchweige denn einen Profit geben
[Spaltenumbruch]
Waaren
koͤnnen: ſo will noͤthig ſeyn, von
dem Verderben der Waare etwas
umſtaͤndlich zu reden. Die (1) Ar-
ten der Verderbniß
ſind mancherley,
und nach Verſchiedenheit der Waa-
ren verſchieden. Wir wollen nur
eine und die andre nennen: a) Die
Verlegenheit oder das Verliegen,
wenn eine Waare durch die Laͤnge
der Zeit auf dem Lager ihre vorige
Kraft, Wirkung und Schoͤnheit
verliert; b) das Verſchießen der
Farbe,
das iſt, die von der Luft
und Sonne herruͤhrende Veraͤnde-
rung der Farbe; c) die Faͤulniß,
alſo ſteckt z. E. der Taback ſich leicht
vor Hitze inwendig an, und ver-
fault, ſonderlich wenn er lange ein-
gepackt, und an dumpfigen und
feuchten Orten ſteht; ſo verfaulen
auch die Citronen und alles Obſt;
d) das Stinkendwerden; e) das
Ranzigwerden, ſo wird z. E.
Baumoͤl durch die Laͤnge der Zeit
ranzig und ſtinkend; f) das Muͤrbe-
werden,
ſo werden z. E. Seiden-
und Wollenzeuge muͤrbe; g) das
Wurmſtichigwerden, ſo werden
z. E. Holz, Seiden- und Wollen-
waaren, von den Wuͤrmern an- und
aufgefreſſen; h) die Saͤure, ſo wer-
den z. E. Wein und Bier ſauer;
i) die Verlierung der Kraft, ſo
verlieren z. E. Wurzeln und Kraͤu-
ter ihre Kraft und werden unkraͤf-
tig. Ferner gehoͤret hieher, daß
die Waaren k) brandigt, l) ſproͤde,
m) holzigt, n) zaͤhe, o) fleckigt,
z. E. ſeidene Zeuge, Citronen ꝛc.
p) dumpfigt, z. E. Korn ꝛc. werden;
ingleichen, daß ſie q) einſchrumpfen,
r) verdorren, ſ) verſchimmeln,
wie etwann z. E. der Speck ꝛc. nicht
weniger daß ſie t) einen uͤbeln Ge-
ruch,
u) einen garſtigen Ge-
ſchmack,
welchen beyden Zufaͤllen
z. E. die Butter unterworfen iſt;
v) ein ſchlechtes Anſehen, w) Wuͤr-
mer
oder Maden bekommen, z. E.
Korn bekoͤmmt Wuͤrmer, und Kaͤſe

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[[276]/0282] Waaren Waaren Nach dieſen beyden Stuͤcken muß aller Waaren ihr Preiß eingerich- tet, und beurtheilet werden. Jn- deſſen iſt doch gleichwol der Preiß der Waaren mehrentheils veraͤn- derlich, das iſt, bald ſteigt er, bald faͤllt er. Die Urſachen davon ſind: 1) die zufaͤllige Menge, oder Sel- tenheit der Waare, indem jene die Waaren wohlfeil, und dieſe ſie theuer macht; 2) die Seltenheit oder der Ueberfluß des Geldes, indem, wenn das Geld rar iſt, nicht viel verkauft wird, mithin ſind die Waaren gemeiniglich nicht ſelten, und folglich wohlfeil: Hingegen wenn viel Geld unter den Leuten iſt, ſo kaufen dieſe mehr, als ſie zur Nothdurft gebrauchen, mithin wird die Waare rar, und folglich theuer; 3) beſondere Zufaͤlle, als a) wenn eine Waare ins beſondere ſtark oder wenig geſucht wird, denn in jenem Falle wird ſie theuer, und in dieſem wohlfeil; und b) wenn die Kauf- leute aus Noth mit ihren Waaren losſchlagen, welches geſchieht, weil ſie Geld brauchen, oder weil die Waare verdorben iſt, oder weil ſie ſolche in Menge haben, und entwe- der ihr Verderben oder noch wohl- feilern Einkauf beſorgen; und 4) ausgeſprengte und wahrſchein- lich befundene Zeitungen von der Ankunft einer reichen Schiffsflotte, einer guten Erndte, eines guten Fiſchfanges, indem alsdenn der Kaufmann mit ſeinen Waaren nicht mehr ſo ſehr an ſich haͤlt, zumal wenn er davon noch vieles auf dem Lager hat. Ein kluger Kaufmann ſieht die Preißesveraͤnderung viel- faͤltig vorher, und richtet daher ſeinen Ein- und Verkauf darnach ein. Da viele Kaufmannswaaren durch gar vielerley Zufaͤlle (VIII) verderben koͤnnen, daß ſie hernach nicht den dritten oder vier- ten Theil ihrer Einkaufskoſten, ge- ſchweige denn einen Profit geben koͤnnen: ſo will noͤthig ſeyn, von dem Verderben der Waare etwas umſtaͤndlich zu reden. Die (1) Ar- ten der Verderbniß ſind mancherley, und nach Verſchiedenheit der Waa- ren verſchieden. Wir wollen nur eine und die andre nennen: a) Die Verlegenheit oder das Verliegen, wenn eine Waare durch die Laͤnge der Zeit auf dem Lager ihre vorige Kraft, Wirkung und Schoͤnheit verliert; b) das Verſchießen der Farbe, das iſt, die von der Luft und Sonne herruͤhrende Veraͤnde- rung der Farbe; c) die Faͤulniß, alſo ſteckt z. E. der Taback ſich leicht vor Hitze inwendig an, und ver- fault, ſonderlich wenn er lange ein- gepackt, und an dumpfigen und feuchten Orten ſteht; ſo verfaulen auch die Citronen und alles Obſt; d) das Stinkendwerden; e) das Ranzigwerden, ſo wird z. E. Baumoͤl durch die Laͤnge der Zeit ranzig und ſtinkend; f) das Muͤrbe- werden, ſo werden z. E. Seiden- und Wollenzeuge muͤrbe; g) das Wurmſtichigwerden, ſo werden z. E. Holz, Seiden- und Wollen- waaren, von den Wuͤrmern an- und aufgefreſſen; h) die Saͤure, ſo wer- den z. E. Wein und Bier ſauer; i) die Verlierung der Kraft, ſo verlieren z. E. Wurzeln und Kraͤu- ter ihre Kraft und werden unkraͤf- tig. Ferner gehoͤret hieher, daß die Waaren k) brandigt, l) ſproͤde, m) holzigt, n) zaͤhe, o) fleckigt, z. E. ſeidene Zeuge, Citronen ꝛc. p) dumpfigt, z. E. Korn ꝛc. werden; ingleichen, daß ſie q) einſchrumpfen, r) verdorren, ſ) verſchimmeln, wie etwann z. E. der Speck ꝛc. nicht weniger daß ſie t) einen uͤbeln Ge- ruch, u) einen garſtigen Ge- ſchmack, welchen beyden Zufaͤllen z. E. die Butter unterworfen iſt; v) ein ſchlechtes Anſehen, w) Wuͤr- mer oder Maden bekommen, z. E. Korn bekoͤmmt Wuͤrmer, und Kaͤſe Ma-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [276]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/282>, abgerufen am 22.12.2024.