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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Ungarn
türliche Beschaffenheit anlangend;
so liegt Ungarn in dem nordlichen
gemäßigten Erdgürtel. Der mit-
ternächtliche Theil ist bergigt und
unfruchtbar, aber gesund; hingegen
der südliche ist eben, warm und
fruchtbar, aber wegen der vielen
Moräste und Sümpfe ziemlich un-
gesund. Die (7) Naturgaben be-
treffend, so ist Ungarn mit alle dem,
was zur Nothdurft und Bequem-
lichkeit des Lebens erfordert wird,
reichlich versehen. Das ebene Land
bringt hervor an (a) Gewächsen,
Gras, gesunde Kräuter, Holz, Ta-
back, Safran, Melonen, Hopfen,
Getreide, (welches daselbst in sol-
chem Ueberflusse wächst, daß die
Einwohner zuweilen einen nicht ge-
ringen Theil desselben, so sie nicht
in die Scheunen bringen können,
auf dem Felde in große Haufen le-
gen, und solche mit Schilfe zude-
cken müssen,) Hülsenfrüchte, Hirse,
Buchweizen, verschiedene Arten von
Baum- und Gartenfrüchten, Pfir-
schen, Maulbeerbäume, Kastanien,
und vortreffliche Weine, welche
auch so gar vor den spanischen den
Vorzug behalten, und in solcher
Menge wachsen, daß es zur Wein-
lese oft an Gefäßen fehlet. Es sind
selbige wegen ihres wenigen Wein-
steins sehr gesund. Unter allen die-
sen Weinen aber ist sonderlich der
Tockayer, (so nur in einem engen
Bezirke eines goldhaltigen und an
der Theiße gelegenen Gebirges
wächst, auch lediglich für den kö-
niglichen Hof aufbehalten wird,)
der allerdelicateste, nach welchem
der tarnaer und großwaradeiner
folget. Jn Oberungarn ist zwischen
Preßburg und Trentschin, sonder-
lich um Besing und Modern, eben-
falls ein schöner Weinbau. Jn
Niederungarn aber sind um Oeden-
burg und den Neusiedlersee bey Rust,
Klein- und Großgübelin, auch meh-
rern Orten, berühmte Weine. Um
[Spaltenumbruch]
Ungarn
Ofen wächst ein sehr schöner rother
Wein, wie denn auch der zu Grie-
chischweißenburg, ingleichen der
Ausbruch, Ausstich von Beerwein,
und Truckenbeerwein, so von einem
ungemein süßen und angenehmen
Geschmacke sind, ferner der Gold-
berger, Altsohler, Baimoc, Busch-
wein, (eine Art Wein, so um Ca-
schau wächst, welcher doch viel Kalk
bey sich führet,) der Diosecker,
Eisenstädter, Erlauer, Freystädter,
Frauenmärker, Fünfkirchner, Misch-
kotzer, Mungatzscher, Onitzscher,
Preßburger, Reizendorfer, Tarcza-
ler, so dem Tockayer ziemlich
gleicht, für sehr delicat und wohl-
schmeckend geachtet werden. Außer
diesen herrlichen Weinen hat Ungarn
auch gute Biere. Die besten von
denselben brauet man zu Kabsdorf,
Kaiserstadt, Leutschow, Preßburg,
und Neusohl. An (b) Thieren hat
Ungarn schöne und dauerhafte Pfer-
de, Ochfen, (die in ungemein gros-
ser Anzahl ausgeführet werden, und
mehrentheils mausefarbig sind,)
Büffel, Esel, Maulesel, Schafe,
Ziegen, Schweine, und mancher-
ley Gattungen von wilden Thieren,
Vögeln und Fischen, darunter Hir-
sche, Damhirsche, Gemsen, Bä-
re, Luchse, Rephühner, Birkhüh-
ner, Haselhühner, Phasanen, Bie-
nen, Hausen u. s. w. An (c) Mineralien
hat Ungarn Gold, Silber, Kupfer,
Eisen, Bley, Quecksilber, Zinno-
ber, Spießglas, Operment, Schwe-
fel, Vitriol, Markasit, natürliches
und gekochtes Salz, Salpeter,
Magnete, Asbest, Marmor von
mancherley Farbe, Alabaster, in-
gleichen köstliche Steine, die aber
noch sehr von den indianischen un-
terschieden sind. Wir wollen von
einigen dieser Mineralien, und den
Orten, wo sie gefunden werden, et-
was nähere Nachricht ertheilen.
Die vortrefflichen Gold-Silber-
und Kupferbergwerke, so bereits

um

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Ungarn
tuͤrliche Beſchaffenheit anlangend;
ſo liegt Ungarn in dem nordlichen
gemaͤßigten Erdguͤrtel. Der mit-
ternaͤchtliche Theil iſt bergigt und
unfruchtbar, aber geſund; hingegen
der ſuͤdliche iſt eben, warm und
fruchtbar, aber wegen der vielen
Moraͤſte und Suͤmpfe ziemlich un-
geſund. Die (7) Naturgaben be-
treffend, ſo iſt Ungarn mit alle dem,
was zur Nothdurft und Bequem-
lichkeit des Lebens erfordert wird,
reichlich verſehen. Das ebene Land
bringt hervor an (a) Gewaͤchſen,
Gras, geſunde Kraͤuter, Holz, Ta-
back, Safran, Melonen, Hopfen,
Getreide, (welches daſelbſt in ſol-
chem Ueberfluſſe waͤchſt, daß die
Einwohner zuweilen einen nicht ge-
ringen Theil deſſelben, ſo ſie nicht
in die Scheunen bringen koͤnnen,
auf dem Felde in große Haufen le-
gen, und ſolche mit Schilfe zude-
cken muͤſſen,) Huͤlſenfruͤchte, Hirſe,
Buchweizen, verſchiedene Arten von
Baum- und Gartenfruͤchten, Pfir-
ſchen, Maulbeerbaͤume, Kaſtanien,
und vortreffliche Weine, welche
auch ſo gar vor den ſpaniſchen den
Vorzug behalten, und in ſolcher
Menge wachſen, daß es zur Wein-
leſe oft an Gefaͤßen fehlet. Es ſind
ſelbige wegen ihres wenigen Wein-
ſteins ſehr geſund. Unter allen die-
ſen Weinen aber iſt ſonderlich der
Tockayer, (ſo nur in einem engen
Bezirke eines goldhaltigen und an
der Theiße gelegenen Gebirges
waͤchſt, auch lediglich fuͤr den koͤ-
niglichen Hof aufbehalten wird,)
der allerdelicateſte, nach welchem
der tarnaer und großwaradeiner
folget. Jn Oberungarn iſt zwiſchen
Preßburg und Trentſchin, ſonder-
lich um Beſing und Modern, eben-
falls ein ſchoͤner Weinbau. Jn
Niederungarn aber ſind um Oeden-
burg und den Neuſiedlerſee bey Ruſt,
Klein- und Großguͤbelin, auch meh-
rern Orten, beruͤhmte Weine. Um
[Spaltenumbruch]
Ungarn
Ofen waͤchſt ein ſehr ſchoͤner rother
Wein, wie denn auch der zu Grie-
chiſchweißenburg, ingleichen der
Ausbruch, Ausſtich von Beerwein,
und Truckenbeerwein, ſo von einem
ungemein ſuͤßen und angenehmen
Geſchmacke ſind, ferner der Gold-
berger, Altſohler, Baimoc, Buſch-
wein, (eine Art Wein, ſo um Ca-
ſchau waͤchſt, welcher doch viel Kalk
bey ſich fuͤhret,) der Dioſecker,
Eiſenſtaͤdter, Erlauer, Freyſtaͤdter,
Frauenmaͤrker, Fuͤnfkirchner, Miſch-
kotzer, Mungatzſcher, Onitzſcher,
Preßburger, Reizendorfer, Tarcza-
ler, ſo dem Tockayer ziemlich
gleicht, fuͤr ſehr delicat und wohl-
ſchmeckend geachtet werden. Außer
dieſen herrlichen Weinen hat Ungarn
auch gute Biere. Die beſten von
denſelben brauet man zu Kabsdorf,
Kaiſerſtadt, Leutſchow, Preßburg,
und Neuſohl. An (b) Thieren hat
Ungarn ſchoͤne und dauerhafte Pfer-
de, Ochfen, (die in ungemein groſ-
ſer Anzahl ausgefuͤhret werden, und
mehrentheils mauſefarbig ſind,)
Buͤffel, Eſel, Mauleſel, Schafe,
Ziegen, Schweine, und mancher-
ley Gattungen von wilden Thieren,
Voͤgeln und Fiſchen, darunter Hir-
ſche, Damhirſche, Gemſen, Baͤ-
re, Luchſe, Rephuͤhner, Birkhuͤh-
ner, Haſelhuͤhner, Phaſanen, Bie-
nen, Hauſen u. ſ. w. An (c) Mineralien
hat Ungarn Gold, Silber, Kupfer,
Eiſen, Bley, Queckſilber, Zinno-
ber, Spießglas, Operment, Schwe-
fel, Vitriol, Markaſit, natuͤrliches
und gekochtes Salz, Salpeter,
Magnete, Asbeſt, Marmor von
mancherley Farbe, Alabaſter, in-
gleichen koͤſtliche Steine, die aber
noch ſehr von den indianiſchen un-
terſchieden ſind. Wir wollen von
einigen dieſer Mineralien, und den
Orten, wo ſie gefunden werden, et-
was naͤhere Nachricht ertheilen.
Die vortrefflichen Gold-Silber-
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um
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[[246]/0252] Ungarn Ungarn tuͤrliche Beſchaffenheit anlangend; ſo liegt Ungarn in dem nordlichen gemaͤßigten Erdguͤrtel. Der mit- ternaͤchtliche Theil iſt bergigt und unfruchtbar, aber geſund; hingegen der ſuͤdliche iſt eben, warm und fruchtbar, aber wegen der vielen Moraͤſte und Suͤmpfe ziemlich un- geſund. Die (7) Naturgaben be- treffend, ſo iſt Ungarn mit alle dem, was zur Nothdurft und Bequem- lichkeit des Lebens erfordert wird, reichlich verſehen. Das ebene Land bringt hervor an (a) Gewaͤchſen, Gras, geſunde Kraͤuter, Holz, Ta- back, Safran, Melonen, Hopfen, Getreide, (welches daſelbſt in ſol- chem Ueberfluſſe waͤchſt, daß die Einwohner zuweilen einen nicht ge- ringen Theil deſſelben, ſo ſie nicht in die Scheunen bringen koͤnnen, auf dem Felde in große Haufen le- gen, und ſolche mit Schilfe zude- cken muͤſſen,) Huͤlſenfruͤchte, Hirſe, Buchweizen, verſchiedene Arten von Baum- und Gartenfruͤchten, Pfir- ſchen, Maulbeerbaͤume, Kaſtanien, und vortreffliche Weine, welche auch ſo gar vor den ſpaniſchen den Vorzug behalten, und in ſolcher Menge wachſen, daß es zur Wein- leſe oft an Gefaͤßen fehlet. Es ſind ſelbige wegen ihres wenigen Wein- ſteins ſehr geſund. Unter allen die- ſen Weinen aber iſt ſonderlich der Tockayer, (ſo nur in einem engen Bezirke eines goldhaltigen und an der Theiße gelegenen Gebirges waͤchſt, auch lediglich fuͤr den koͤ- niglichen Hof aufbehalten wird,) der allerdelicateſte, nach welchem der tarnaer und großwaradeiner folget. Jn Oberungarn iſt zwiſchen Preßburg und Trentſchin, ſonder- lich um Beſing und Modern, eben- falls ein ſchoͤner Weinbau. Jn Niederungarn aber ſind um Oeden- burg und den Neuſiedlerſee bey Ruſt, Klein- und Großguͤbelin, auch meh- rern Orten, beruͤhmte Weine. Um Ofen waͤchſt ein ſehr ſchoͤner rother Wein, wie denn auch der zu Grie- chiſchweißenburg, ingleichen der Ausbruch, Ausſtich von Beerwein, und Truckenbeerwein, ſo von einem ungemein ſuͤßen und angenehmen Geſchmacke ſind, ferner der Gold- berger, Altſohler, Baimoc, Buſch- wein, (eine Art Wein, ſo um Ca- ſchau waͤchſt, welcher doch viel Kalk bey ſich fuͤhret,) der Dioſecker, Eiſenſtaͤdter, Erlauer, Freyſtaͤdter, Frauenmaͤrker, Fuͤnfkirchner, Miſch- kotzer, Mungatzſcher, Onitzſcher, Preßburger, Reizendorfer, Tarcza- ler, ſo dem Tockayer ziemlich gleicht, fuͤr ſehr delicat und wohl- ſchmeckend geachtet werden. Außer dieſen herrlichen Weinen hat Ungarn auch gute Biere. Die beſten von denſelben brauet man zu Kabsdorf, Kaiſerſtadt, Leutſchow, Preßburg, und Neuſohl. An (b) Thieren hat Ungarn ſchoͤne und dauerhafte Pfer- de, Ochfen, (die in ungemein groſ- ſer Anzahl ausgefuͤhret werden, und mehrentheils mauſefarbig ſind,) Buͤffel, Eſel, Mauleſel, Schafe, Ziegen, Schweine, und mancher- ley Gattungen von wilden Thieren, Voͤgeln und Fiſchen, darunter Hir- ſche, Damhirſche, Gemſen, Baͤ- re, Luchſe, Rephuͤhner, Birkhuͤh- ner, Haſelhuͤhner, Phaſanen, Bie- nen, Hauſen u. ſ. w. An (c) Mineralien hat Ungarn Gold, Silber, Kupfer, Eiſen, Bley, Queckſilber, Zinno- ber, Spießglas, Operment, Schwe- fel, Vitriol, Markaſit, natuͤrliches und gekochtes Salz, Salpeter, Magnete, Asbeſt, Marmor von mancherley Farbe, Alabaſter, in- gleichen koͤſtliche Steine, die aber noch ſehr von den indianiſchen un- terſchieden ſind. Wir wollen von einigen dieſer Mineralien, und den Orten, wo ſie gefunden werden, et- was naͤhere Nachricht ertheilen. Die vortrefflichen Gold-Silber- und Kupferbergwerke, ſo bereits um

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [246]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/252>, abgerufen am 22.11.2024.