Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.rußischen Handlung. wo die Kaufmannschaft sowol aus einheimischen Bürgern, alsauch aus Ausländern besteht, ist deswegen nur den ersten im Großen und Stückweise zu handeln erlaubt; da im Gegentheile die letzten ihre Waaren nicht anders, als im Großen, an die Jnländer verkaufen dürfen (§. 262): ja es darf kein Auslän- der an einen andern Ausländer etwas verkaufen, noch einer etwas von dem andern erhandeln. So gar dürfen die aus- ländischen Kaufleute nicht einmal ihre einkommenden Waaren bey sich zu Hause, oder in eigenen Magazinen verwahren; son- dern es müssen dieselben solche in die von der Krone dazu erbau- eten Magazine legen, und Miethe davon bezahlen. Die Eng- länder sind es allein, welche vor allen andern Nationen von Peter dem I einige Freyheiten erhalten haben (§. 244) und unter solchen auch diese, daß sie ihre Waaren, so wie die ein- heimischen Bürger, im Lande versenden und verkaufen können, wodurch sie veranlasset worden, mit ihren Waaren durch Ruß- land nach Persien zu gehen; als sie aber keinen Vortheil daran gefunden, haben sie die Fortsetzung solcher Handlung von selbst aufgegeben. Bey dieser itzterwähnten Einschränkung der Hand- lung der ausländischen Kaufleute in Petersburg besteht dem- nach der größte Theil derselben aus Commißionärs, und der geringste Theil ebenderselben aus Kramwaaren- und Ga- lanteriehändlern, die einen eigenthümlichen Handel haben. Jenen werden große Capitalien anvertrauet, und sie können was ansehnliches verdienen, wenn sie sich in keine eigene Hand- lung einlassen: wofern sie sich aber ohne wirkliche Commißio- nen und ohne genugsamen Credit in Wechseln zu haben, in Petersburg setzen wollen: so laufen sie in den dasigen Weitläuf- tigkeiten große Gefahr, wovon man viele Beyspiele hat. Die inländischen rußischen Kaufleute, welche die Landeswaaren von unterschiedenen Orten nach Petersburg bringen, auch den größten Theil der ausländischen Waaren in das Land führen, wohnen nicht in Petersburg, sondern an unterschiedlichen Orten in Rußland, und kommen im May und Junius mit ih- ren| Waaren zu Wasser dahin; im Sept. Oct. und December aber, da sie ihre Waaren verkauft, und ausländische eingehan- delt haben, gehen sie wieder nach Hause. Die besten und reich- sten unter ihnen bleiben gar zu Hause, und senden nur ihre Be- diente nach Petersburg. Am stärksten ist bey diesem inlän- dischen Handel beynahe derjenige, welcher nach Siberien ge- trieben wird, indem solcher nicht allein wegen der vielen schiff- baren Flüsse, so Siberien allenthalben durchströhmen, unge- mein bequem, sondern auch sehr vortheilhaftig ist, sowol we- gen der kostbaren siberischen Waaren, als auch wegen des chi- nesischen Handels. Jährlich geht auch besonders noch eine Caravane von Moscau über Siberien nach Kamtschatka. Diese Caravanen aber treiben keinen großen Handel, sondern führen meistens Volk mit sich, die daselbst angelegten Colonien zu unterhalten und zu vermehren, wodurch die unnützen Menschen in Rußland größtentheils Ausländer, mit ihrem freyen Willen aus dem Wege geschaffet werden. Ob (O o) 5
rußiſchen Handlung. wo die Kaufmannſchaft ſowol aus einheimiſchen Buͤrgern, alsauch aus Auslaͤndern beſteht, iſt deswegen nur den erſten im Großen und Stuͤckweiſe zu handeln erlaubt; da im Gegentheile die letzten ihre Waaren nicht anders, als im Großen, an die Jnlaͤnder verkaufen duͤrfen (§. 262): ja es darf kein Auslaͤn- der an einen andern Auslaͤnder etwas verkaufen, noch einer etwas von dem andern erhandeln. So gar duͤrfen die aus- laͤndiſchen Kaufleute nicht einmal ihre einkommenden Waaren bey ſich zu Hauſe, oder in eigenen Magazinen verwahren; ſon- dern es muͤſſen dieſelben ſolche in die von der Krone dazu erbau- eten Magazine legen, und Miethe davon bezahlen. Die Eng- laͤnder ſind es allein, welche vor allen andern Nationen von Peter dem I einige Freyheiten erhalten haben (§. 244) und unter ſolchen auch dieſe, daß ſie ihre Waaren, ſo wie die ein- heimiſchen Buͤrger, im Lande verſenden und verkaufen koͤnnen, wodurch ſie veranlaſſet worden, mit ihren Waaren durch Ruß- land nach Perſien zu gehen; als ſie aber keinen Vortheil daran gefunden, haben ſie die Fortſetzung ſolcher Handlung von ſelbſt aufgegeben. Bey dieſer itzterwaͤhnten Einſchraͤnkung der Hand- lung der auslaͤndiſchen Kaufleute in Petersburg beſteht dem- nach der groͤßte Theil derſelben aus Commißionaͤrs, und der geringſte Theil ebenderſelben aus Kramwaaren- und Ga- lanteriehaͤndlern, die einen eigenthuͤmlichen Handel haben. Jenen werden große Capitalien anvertrauet, und ſie koͤnnen was anſehnliches verdienen, wenn ſie ſich in keine eigene Hand- lung einlaſſen: wofern ſie ſich aber ohne wirkliche Commißio- nen und ohne genugſamen Credit in Wechſeln zu haben, in Petersburg ſetzen wollen: ſo laufen ſie in den daſigen Weitlaͤuf- tigkeiten große Gefahr, wovon man viele Beyſpiele hat. Die inlaͤndiſchen rußiſchen Kaufleute, welche die Landeswaaren von unterſchiedenen Orten nach Petersburg bringen, auch den groͤßten Theil der auslaͤndiſchen Waaren in das Land fuͤhren, wohnen nicht in Petersburg, ſondern an unterſchiedlichen Orten in Rußland, und kommen im May und Junius mit ih- ren| Waaren zu Waſſer dahin; im Sept. Oct. und December aber, da ſie ihre Waaren verkauft, und auslaͤndiſche eingehan- delt haben, gehen ſie wieder nach Hauſe. Die beſten und reich- ſten unter ihnen bleiben gar zu Hauſe, und ſenden nur ihre Be- diente nach Petersburg. Am ſtaͤrkſten iſt bey dieſem inlaͤn- diſchen Handel beynahe derjenige, welcher nach Siberien ge- trieben wird, indem ſolcher nicht allein wegen der vielen ſchiff- baren Fluͤſſe, ſo Siberien allenthalben durchſtroͤhmen, unge- mein bequem, ſondern auch ſehr vortheilhaftig iſt, ſowol we- gen der koſtbaren ſiberiſchen Waaren, als auch wegen des chi- neſiſchen Handels. Jaͤhrlich geht auch beſonders noch eine Caravane von Moſcau uͤber Siberien nach Kamtſchatka. Dieſe Caravanen aber treiben keinen großen Handel, ſondern fuͤhren meiſtens Volk mit ſich, die daſelbſt angelegten Colonien zu unterhalten und zu vermehren, wodurch die unnuͤtzen Menſchen in Rußland groͤßtentheils Auslaͤnder, mit ihrem freyen Willen aus dem Wege geſchaffet werden. Ob (O o) 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f1189" n="585"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">rußiſchen Handlung.</hi></fw><lb/> wo die Kaufmannſchaft ſowol aus einheimiſchen Buͤrgern, als<lb/> auch aus Auslaͤndern beſteht, iſt deswegen nur den erſten im<lb/> Großen und Stuͤckweiſe zu handeln erlaubt; da im Gegentheile<lb/> die letzten ihre Waaren nicht anders, als im Großen, an die<lb/> Jnlaͤnder verkaufen duͤrfen (§. 262): ja es darf kein Auslaͤn-<lb/> der an einen andern Auslaͤnder etwas verkaufen, noch einer<lb/> etwas von dem andern erhandeln. So gar duͤrfen die aus-<lb/> laͤndiſchen Kaufleute nicht einmal ihre einkommenden Waaren<lb/> bey ſich zu Hauſe, oder in eigenen Magazinen verwahren; ſon-<lb/> dern es muͤſſen dieſelben ſolche in die von der Krone dazu erbau-<lb/> eten Magazine legen, und Miethe davon bezahlen. Die <hi rendition="#fr">Eng-<lb/> laͤnder</hi> ſind es allein, welche vor allen andern Nationen von<lb/> Peter dem <hi rendition="#aq">I</hi> einige Freyheiten erhalten haben (§. 244) und<lb/> unter ſolchen auch dieſe, daß ſie ihre Waaren, ſo wie die ein-<lb/> heimiſchen Buͤrger, im Lande verſenden und verkaufen koͤnnen,<lb/> wodurch ſie veranlaſſet worden, mit ihren Waaren durch Ruß-<lb/> land nach Perſien zu gehen; als ſie aber keinen Vortheil daran<lb/> gefunden, haben ſie die Fortſetzung ſolcher Handlung von ſelbſt<lb/> aufgegeben. Bey dieſer itzterwaͤhnten Einſchraͤnkung der Hand-<lb/> lung der <hi rendition="#fr">auslaͤndiſchen Kaufleute</hi> in Petersburg beſteht dem-<lb/> nach der groͤßte Theil derſelben aus Commißionaͤrs, und der<lb/> geringſte Theil ebenderſelben aus Kramwaaren- und Ga-<lb/> lanteriehaͤndlern, die einen eigenthuͤmlichen Handel haben.<lb/> Jenen werden große Capitalien anvertrauet, und ſie koͤnnen<lb/> was anſehnliches verdienen, wenn ſie ſich in keine eigene Hand-<lb/> lung einlaſſen: wofern ſie ſich aber ohne wirkliche Commißio-<lb/> nen und ohne genugſamen Credit in Wechſeln zu haben, in<lb/> Petersburg ſetzen wollen: ſo laufen ſie in den daſigen Weitlaͤuf-<lb/> tigkeiten große Gefahr, wovon man viele Beyſpiele hat. Die<lb/><hi rendition="#fr">inlaͤndiſchen</hi> rußiſchen Kaufleute, welche die Landeswaaren<lb/> von unterſchiedenen Orten nach Petersburg bringen, auch den<lb/> groͤßten Theil der auslaͤndiſchen Waaren in das Land fuͤhren,<lb/><hi rendition="#fr">wohnen nicht in Petersburg,</hi> ſondern an unterſchiedlichen<lb/> Orten in Rußland, und kommen im May und Junius mit ih-<lb/> ren| Waaren zu Waſſer dahin; im Sept. Oct. und December<lb/> aber, da ſie ihre Waaren verkauft, und auslaͤndiſche eingehan-<lb/> delt haben, gehen ſie wieder nach Hauſe. Die beſten und reich-<lb/> ſten unter ihnen bleiben gar zu Hauſe, und ſenden nur ihre Be-<lb/> diente nach Petersburg. <hi rendition="#fr">Am ſtaͤrkſten</hi> iſt bey dieſem inlaͤn-<lb/> diſchen Handel beynahe derjenige, welcher <hi rendition="#fr">nach Siberien</hi> ge-<lb/> trieben wird, indem ſolcher nicht allein wegen der vielen ſchiff-<lb/> baren Fluͤſſe, ſo Siberien allenthalben durchſtroͤhmen, unge-<lb/> mein bequem, ſondern auch ſehr vortheilhaftig iſt, ſowol we-<lb/> gen der koſtbaren ſiberiſchen Waaren, als auch wegen des chi-<lb/> neſiſchen Handels. Jaͤhrlich geht auch beſonders noch eine<lb/> Caravane von Moſcau uͤber Siberien nach <hi rendition="#fr">Kamtſchatka.</hi> Dieſe<lb/> Caravanen aber treiben keinen großen Handel, ſondern fuͤhren<lb/> meiſtens Volk mit ſich, die daſelbſt angelegten Colonien zu<lb/> unterhalten und zu vermehren, wodurch die unnuͤtzen Menſchen in<lb/> Rußland groͤßtentheils Auslaͤnder, mit ihrem freyen Willen aus<lb/> dem Wege geſchaffet werden.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">(O o) 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ob</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [585/1189]
rußiſchen Handlung.
wo die Kaufmannſchaft ſowol aus einheimiſchen Buͤrgern, als
auch aus Auslaͤndern beſteht, iſt deswegen nur den erſten im
Großen und Stuͤckweiſe zu handeln erlaubt; da im Gegentheile
die letzten ihre Waaren nicht anders, als im Großen, an die
Jnlaͤnder verkaufen duͤrfen (§. 262): ja es darf kein Auslaͤn-
der an einen andern Auslaͤnder etwas verkaufen, noch einer
etwas von dem andern erhandeln. So gar duͤrfen die aus-
laͤndiſchen Kaufleute nicht einmal ihre einkommenden Waaren
bey ſich zu Hauſe, oder in eigenen Magazinen verwahren; ſon-
dern es muͤſſen dieſelben ſolche in die von der Krone dazu erbau-
eten Magazine legen, und Miethe davon bezahlen. Die Eng-
laͤnder ſind es allein, welche vor allen andern Nationen von
Peter dem I einige Freyheiten erhalten haben (§. 244) und
unter ſolchen auch dieſe, daß ſie ihre Waaren, ſo wie die ein-
heimiſchen Buͤrger, im Lande verſenden und verkaufen koͤnnen,
wodurch ſie veranlaſſet worden, mit ihren Waaren durch Ruß-
land nach Perſien zu gehen; als ſie aber keinen Vortheil daran
gefunden, haben ſie die Fortſetzung ſolcher Handlung von ſelbſt
aufgegeben. Bey dieſer itzterwaͤhnten Einſchraͤnkung der Hand-
lung der auslaͤndiſchen Kaufleute in Petersburg beſteht dem-
nach der groͤßte Theil derſelben aus Commißionaͤrs, und der
geringſte Theil ebenderſelben aus Kramwaaren- und Ga-
lanteriehaͤndlern, die einen eigenthuͤmlichen Handel haben.
Jenen werden große Capitalien anvertrauet, und ſie koͤnnen
was anſehnliches verdienen, wenn ſie ſich in keine eigene Hand-
lung einlaſſen: wofern ſie ſich aber ohne wirkliche Commißio-
nen und ohne genugſamen Credit in Wechſeln zu haben, in
Petersburg ſetzen wollen: ſo laufen ſie in den daſigen Weitlaͤuf-
tigkeiten große Gefahr, wovon man viele Beyſpiele hat. Die
inlaͤndiſchen rußiſchen Kaufleute, welche die Landeswaaren
von unterſchiedenen Orten nach Petersburg bringen, auch den
groͤßten Theil der auslaͤndiſchen Waaren in das Land fuͤhren,
wohnen nicht in Petersburg, ſondern an unterſchiedlichen
Orten in Rußland, und kommen im May und Junius mit ih-
ren| Waaren zu Waſſer dahin; im Sept. Oct. und December
aber, da ſie ihre Waaren verkauft, und auslaͤndiſche eingehan-
delt haben, gehen ſie wieder nach Hauſe. Die beſten und reich-
ſten unter ihnen bleiben gar zu Hauſe, und ſenden nur ihre Be-
diente nach Petersburg. Am ſtaͤrkſten iſt bey dieſem inlaͤn-
diſchen Handel beynahe derjenige, welcher nach Siberien ge-
trieben wird, indem ſolcher nicht allein wegen der vielen ſchiff-
baren Fluͤſſe, ſo Siberien allenthalben durchſtroͤhmen, unge-
mein bequem, ſondern auch ſehr vortheilhaftig iſt, ſowol we-
gen der koſtbaren ſiberiſchen Waaren, als auch wegen des chi-
neſiſchen Handels. Jaͤhrlich geht auch beſonders noch eine
Caravane von Moſcau uͤber Siberien nach Kamtſchatka. Dieſe
Caravanen aber treiben keinen großen Handel, ſondern fuͤhren
meiſtens Volk mit ſich, die daſelbſt angelegten Colonien zu
unterhalten und zu vermehren, wodurch die unnuͤtzen Menſchen in
Rußland groͤßtentheils Auslaͤnder, mit ihrem freyen Willen aus
dem Wege geſchaffet werden.
Ob
(O o) 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |