Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.8 Cap. Von der Conferenzien, welche man seither über die Festsetzung der ame-ricanischen Gränzen zwischen beyden Höfen gehalten hatte, nach und nach ins Stecken, und die Sache fieng an ernstlicher zu werden. Die Wichtigkeit der großbritannischen Länder in Ame- rica wegen des Nutzens, den die englische Handlung daraus zie- het, bewog den weisesten und gütigsten König von Großbritannien, Dero Colonien wider alle Anfälle zu beschützen und zu verthei- digen. Er hat daher seit geraumer Zeit die fürchterlichsten Anstalten zu einem Kriege in America, und in Europa, wofern er auch allda angegriffen werden sollte, gemacht. Frankreich hat zwar bisher, dem Anscheine nach, weit geruhiger dabey gesessen, ohngeachtet von den Engländern fast alle französische Kauffahrteyschiffe auf denen Gewässern, die sie befahren, weg- genommen worden sind: allein nunmehro rüstet es sich auch öffentlich zum Kriege, und hat fast alles, was fechten kann, aufgeboten. Solchemnach scheint nun die Hoffnung zu einem gütlichen Vergleiche, welchen verschiedene Mächte zu bewirken eifrigst gesucht haben, zu verschwinden; und in America ist bereits 1755 das Kriegsfeuer ausgebrochen, ohngeachtet noch gegenwärtig (im Jenner 1756) weder von Seiten Englands, noch von Seiten Frankreichs, eine förmliche Kriegsankündigung erfolget. Damit man desto besser einsehen möge, daß dieser Krieg, wenn er angehen sollte, hauptsächlich ein Commerzien- krieg sey, so wollen wir die Triebfedern dazu, so wie sie in einem englischen Blatte bekannt gemacht worden sind, hier bey- fügen: "1) Da die Handlung der Grund unserer Seemacht ist, "so haben wir uns, nachdem sie gut oder schlecht geht, meh- "rere oder wenigere Sicherheit zu versprechen. 2) Mehr als "die Hälfte der großbritannischen Schiffe haben mit der Hand- "lung in unsern Colonien zu thun. 3) Die Einwohner unserer "Colonien in Nordamerica, ohne die Jndianer und Schwar- "zen, vermehren die Unterthanen Sr. Großbritannischen Ma- "jestät um mehr als eine Million Menschen. 4) Der Vortheil, "welchen man von dieser großen Menge Einwohner in so ent- "fernten Colonien hat, ist der Vorschuß von unsern Manufa- "cturen und andern europäischen Waaren, welche man in Groß- "britannien, als der Niederlage der englischen Colonien, ladet. "Nur das, was man nach Neuengland bringt, beläuft sich "jährlich auf 400000 Pfund Sterling. 5) Der Fischfang in "Neuengland, Terreneuf nicht mit gerechnet, trägt jährlich "100000 Pfund Sterling ein; und überdieses ist dieses Land "auch eine Pflanzschule junger Matrosen, wo sie mehr als bey "dem Kohlenhandel lernen können. 6) Wir holen aus unsern "Colonien alles, was wir zur Schifffahrt brauchen. Nun aber "ist es für eine Seemacht ein so augenscheinlicher als wichtiger "Vortheil, wenn sie alles dieses aus ihren eigenen Ländern "nehmen kann. Sie sieht sich in keinem Kriege, wenn der "Landsherr die Ausfuhr verbeuth, gezwungen, diese Dinge zu "entbehren. 7) Diese Colonien werden uns auch in kurzer Zeit "mit Eisen, Hanf und Asche zur Seife versehen. Allem Anse- "hen
8 Cap. Von der Conferenzien, welche man ſeither uͤber die Feſtſetzung der ame-ricaniſchen Graͤnzen zwiſchen beyden Hoͤfen gehalten hatte, nach und nach ins Stecken, und die Sache fieng an ernſtlicher zu werden. Die Wichtigkeit der großbritanniſchen Laͤnder in Ame- rica wegen des Nutzens, den die engliſche Handlung daraus zie- het, bewog den weiſeſten und guͤtigſten Koͤnig von Großbritannien, Dero Colonien wider alle Anfaͤlle zu beſchuͤtzen und zu verthei- digen. Er hat daher ſeit geraumer Zeit die fuͤrchterlichſten Anſtalten zu einem Kriege in America, und in Europa, wofern er auch allda angegriffen werden ſollte, gemacht. Frankreich hat zwar bisher, dem Anſcheine nach, weit geruhiger dabey geſeſſen, ohngeachtet von den Englaͤndern faſt alle franzoͤſiſche Kauffahrteyſchiffe auf denen Gewaͤſſern, die ſie befahren, weg- genommen worden ſind: allein nunmehro ruͤſtet es ſich auch oͤffentlich zum Kriege, und hat faſt alles, was fechten kann, aufgeboten. Solchemnach ſcheint nun die Hoffnung zu einem guͤtlichen Vergleiche, welchen verſchiedene Maͤchte zu bewirken eifrigſt geſucht haben, zu verſchwinden; und in America iſt bereits 1755 das Kriegsfeuer ausgebrochen, ohngeachtet noch gegenwaͤrtig (im Jenner 1756) weder von Seiten Englands, noch von Seiten Frankreichs, eine foͤrmliche Kriegsankuͤndigung erfolget. Damit man deſto beſſer einſehen moͤge, daß dieſer Krieg, wenn er angehen ſollte, hauptſaͤchlich ein Commerzien- krieg ſey, ſo wollen wir die Triebfedern dazu, ſo wie ſie in einem engliſchen Blatte bekannt gemacht worden ſind, hier bey- fuͤgen: „1) Da die Handlung der Grund unſerer Seemacht iſt, „ſo haben wir uns, nachdem ſie gut oder ſchlecht geht, meh- „rere oder wenigere Sicherheit zu verſprechen. 2) Mehr als „die Haͤlfte der großbritanniſchen Schiffe haben mit der Hand- „lung in unſern Colonien zu thun. 3) Die Einwohner unſerer „Colonien in Nordamerica, ohne die Jndianer und Schwar- „zen, vermehren die Unterthanen Sr. Großbritanniſchen Ma- „jeſtaͤt um mehr als eine Million Menſchen. 4) Der Vortheil, „welchen man von dieſer großen Menge Einwohner in ſo ent- „fernten Colonien hat, iſt der Vorſchuß von unſern Manufa- „cturen und andern europaͤiſchen Waaren, welche man in Groß- „britannien, als der Niederlage der engliſchen Colonien, ladet. „Nur das, was man nach Neuengland bringt, belaͤuft ſich „jaͤhrlich auf 400000 Pfund Sterling. 5) Der Fiſchfang in „Neuengland, Terreneuf nicht mit gerechnet, traͤgt jaͤhrlich „100000 Pfund Sterling ein; und uͤberdieſes iſt dieſes Land „auch eine Pflanzſchule junger Matroſen, wo ſie mehr als bey „dem Kohlenhandel lernen koͤnnen. 6) Wir holen aus unſern „Colonien alles, was wir zur Schifffahrt brauchen. Nun aber „iſt es fuͤr eine Seemacht ein ſo augenſcheinlicher als wichtiger „Vortheil, wenn ſie alles dieſes aus ihren eigenen Laͤndern „nehmen kann. Sie ſieht ſich in keinem Kriege, wenn der „Landsherr die Ausfuhr verbeuth, gezwungen, dieſe Dinge zu „entbehren. 7) Dieſe Colonien werden uns auch in kurzer Zeit „mit Eiſen, Hanf und Aſche zur Seife verſehen. Allem Anſe- „hen
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Conferenzien, welche man ſeither uͤber die Feſtſetzung der ame-
ricaniſchen Graͤnzen zwiſchen beyden Hoͤfen gehalten hatte, nach
und nach ins Stecken, und die Sache fieng an ernſtlicher zu
werden. Die Wichtigkeit der großbritanniſchen Laͤnder in Ame-
rica wegen des Nutzens, den die engliſche Handlung daraus zie-
het, bewog den weiſeſten und guͤtigſten Koͤnig von Großbritannien,
Dero Colonien wider alle Anfaͤlle zu beſchuͤtzen und zu verthei-
digen. Er hat daher ſeit geraumer Zeit die fuͤrchterlichſten
Anſtalten zu einem Kriege in America, und in Europa, wofern
er auch allda angegriffen werden ſollte, gemacht. Frankreich
hat zwar bisher, dem Anſcheine nach, weit geruhiger dabey
geſeſſen, ohngeachtet von den Englaͤndern faſt alle franzoͤſiſche
Kauffahrteyſchiffe auf denen Gewaͤſſern, die ſie befahren, weg-
genommen worden ſind: allein nunmehro ruͤſtet es ſich auch
oͤffentlich zum Kriege, und hat faſt alles, was fechten kann,
aufgeboten. Solchemnach ſcheint nun die Hoffnung zu einem
guͤtlichen Vergleiche, welchen verſchiedene Maͤchte zu bewirken
eifrigſt geſucht haben, zu verſchwinden; und in America iſt
bereits 1755 das Kriegsfeuer ausgebrochen, ohngeachtet noch
gegenwaͤrtig (im Jenner 1756) weder von Seiten Englands,
noch von Seiten Frankreichs, eine foͤrmliche Kriegsankuͤndigung
erfolget. Damit man deſto beſſer einſehen moͤge, daß dieſer
Krieg, wenn er angehen ſollte, hauptſaͤchlich ein Commerzien-
krieg ſey, ſo wollen wir die Triebfedern dazu, ſo wie ſie in
einem engliſchen Blatte bekannt gemacht worden ſind, hier bey-
fuͤgen: „1) Da die Handlung der Grund unſerer Seemacht iſt,
„ſo haben wir uns, nachdem ſie gut oder ſchlecht geht, meh-
„rere oder wenigere Sicherheit zu verſprechen. 2) Mehr als
„die Haͤlfte der großbritanniſchen Schiffe haben mit der Hand-
„lung in unſern Colonien zu thun. 3) Die Einwohner unſerer
„Colonien in Nordamerica, ohne die Jndianer und Schwar-
„zen, vermehren die Unterthanen Sr. Großbritanniſchen Ma-
„jeſtaͤt um mehr als eine Million Menſchen. 4) Der Vortheil,
„welchen man von dieſer großen Menge Einwohner in ſo ent-
„fernten Colonien hat, iſt der Vorſchuß von unſern Manufa-
„cturen und andern europaͤiſchen Waaren, welche man in Groß-
„britannien, als der Niederlage der engliſchen Colonien, ladet.
„Nur das, was man nach Neuengland bringt, belaͤuft ſich
„jaͤhrlich auf 400000 Pfund Sterling. 5) Der Fiſchfang in
„Neuengland, Terreneuf nicht mit gerechnet, traͤgt jaͤhrlich
„100000 Pfund Sterling ein; und uͤberdieſes iſt dieſes Land
„auch eine Pflanzſchule junger Matroſen, wo ſie mehr als bey
„dem Kohlenhandel lernen koͤnnen. 6) Wir holen aus unſern
„Colonien alles, was wir zur Schifffahrt brauchen. Nun aber
„iſt es fuͤr eine Seemacht ein ſo augenſcheinlicher als wichtiger
„Vortheil, wenn ſie alles dieſes aus ihren eigenen Laͤndern
„nehmen kann. Sie ſieht ſich in keinem Kriege, wenn der
„Landsherr die Ausfuhr verbeuth, gezwungen, dieſe Dinge zu
„entbehren. 7) Dieſe Colonien werden uns auch in kurzer Zeit
„mit Eiſen, Hanf und Aſche zur Seife verſehen. Allem Anſe-
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