Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.der Verführung der Jugend. schätzbare Früchte verschmähe, und andern ungleich-schlechtern den Vorzug gebe, die königliche Ungnade sehränachdrücklich erfahren werde. Es war aber aussert der Stadt langs der Land-Strasse ein dor- nichtes Gesträuch, voll-hangender sauren, herben, ungesunden, und wehe-machende Schlehen und Erbselein: Worzu ein Zauberer, der denen Ein- wohnern Spinnen-feind ware, und alles Unglück gönnete, gekommen, und es durch seine verzweiffelte Kunst-Griffe und Bubenstücke dahin gebracht hat, daß die Einwohner allzumal, als Verhexete und Unsinnige, die drey herrlich-gläntzende und ausneh- mend-köstliche Bäume geflohen, sich hinter die Stauden gemachet, und von denen Schlangen- Beeren und tödtlichen Früchten mehr als gut ware, und so viel gefressen, daß sie auch alle nacheinander dahin gestorben, und in ein tiefes Loch verscharret worden; als worüber der verfluchte Neidhart, als ob er eben was treffliches ausgerichtet hätte, noch in die Faust gelachet. Welches dann den König der- massen gejammert, daß er, um diesem Elend nicht länger zuzusehen, selbsten seinen einigen Sohn und Cron-Erben gesendet hatte, damit durch ihne allen, die es nur an denselben begehrten, von diesem Teuffe- lischen Blendwerck geholffen, und also die unaus- dencklich-köstliche Bäume mit ihren alle Herrlich- und Süßigkeit dieser Welt übersteigenden Früchten bekannt und genußbar wurden, zur Erfahrung, welch hohe GOttes-Wunder sie an armen verlohrnen Menschen ausrichten können. Es waren aber die Ein wohner in die Hecken-Beere der Eitelkeiten und Lüsten der Augen, und des Fleisches dermassen ver- narret, daß sich leyder, ohngeachtet alles Bittens, Flehens
der Verfuͤhrung der Jugend. ſchaͤtzbare Fruͤchte verſchmaͤhe, und andern ungleich-ſchlechtern den Vorzug gebe, die koͤnigliche Ungnade ſehraͤnachdruͤcklich erfahren werde. Es war aber auſſert der Stadt langs der Land-Straſſe ein dor- nichtes Geſtraͤuch, voll-hangender ſauren, herben, ungeſunden, und wehe-machende Schlehen und Erbſelein: Worzu ein Zauberer, der denen Ein- wohnern Spinnen-feind ware, und alles Ungluͤck goͤnnete, gekommen, und es durch ſeine verzweiffelte Kunſt-Griffe und Bubenſtuͤcke dahin gebracht hat, daß die Einwohner allzumal, als Verhexete und Unſinnige, die drey herrlich-glaͤntzende und ausneh- mend-koͤſtliche Baͤume geflohen, ſich hinter die Stauden gemachet, und von denen Schlangen- Beeren und toͤdtlichen Fruͤchten mehr als gut ware, und ſo viel gefreſſen, daß ſie auch alle nacheinander dahin geſtorben, und in ein tiefes Loch verſcharret worden; als woruͤber der verfluchte Neidhart, als ob er eben was treffliches ausgerichtet haͤtte, noch in die Fauſt gelachet. Welches dann den Koͤnig der- maſſen gejammert, daß er, um dieſem Elend nicht laͤnger zuzuſehen, ſelbſten ſeinen einigen Sohn und Cron-Erben geſendet hatte, damit durch ihne allen, die es nur an denſelben begehrten, von dieſem Teuffe- liſchen Blendwerck geholffen, und alſo die unaus- dencklich-koͤſtliche Baͤume mit ihren alle Herrlich- und Suͤßigkeit dieſer Welt uͤberſteigenden Fruͤchten bekannt und genußbar wurden, zur Erfahrung, welch hohe GOttes-Wunder ſie an armen verlohrnen Menſchen ausrichten koͤnnen. Es waren aber die Ein wohner in die Hecken-Beere der Eitelkeiten und Luͤſten der Augen, und des Fleiſches dermaſſen ver- narret, daß ſich leyder, ohngeachtet alles Bittens, Flehens
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0079" n="61"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Verfuͤhrung der Jugend.</hi></fw><lb/> ſchaͤtzbare Fruͤchte verſchmaͤhe, und andern ungleich-<lb/> ſchlechtern den Vorzug gebe, die koͤnigliche Ungnade<lb/> ſehraͤnachdruͤcklich erfahren werde. Es war aber<lb/> auſſert der Stadt langs der Land-Straſſe ein dor-<lb/> nichtes Geſtraͤuch, voll-hangender ſauren, herben,<lb/> ungeſunden, und wehe-machende Schlehen und<lb/> Erbſelein: Worzu ein Zauberer, der denen Ein-<lb/> wohnern Spinnen-feind ware, und alles Ungluͤck<lb/> goͤnnete, gekommen, und es durch ſeine verzweiffelte<lb/> Kunſt-Griffe und Bubenſtuͤcke dahin gebracht hat,<lb/> daß die Einwohner allzumal, als Verhexete und<lb/> Unſinnige, die drey herrlich-glaͤntzende und ausneh-<lb/> mend-koͤſtliche Baͤume geflohen, ſich hinter die<lb/> Stauden gemachet, und von denen Schlangen-<lb/> Beeren und toͤdtlichen Fruͤchten mehr als gut ware,<lb/> und ſo viel gefreſſen, daß ſie auch alle nacheinander<lb/> dahin geſtorben, und in ein tiefes Loch verſcharret<lb/> worden; als woruͤber der verfluchte Neidhart, als<lb/> ob er eben was treffliches ausgerichtet haͤtte, noch in<lb/> die Fauſt gelachet. Welches dann den Koͤnig der-<lb/> maſſen gejammert, daß er, um dieſem Elend nicht<lb/> laͤnger zuzuſehen, ſelbſten ſeinen einigen Sohn und<lb/> Cron-Erben geſendet hatte, damit durch ihne allen,<lb/> die es nur an denſelben begehrten, von dieſem Teuffe-<lb/> liſchen Blendwerck geholffen, und alſo die unaus-<lb/> dencklich-koͤſtliche Baͤume mit ihren alle Herrlich-<lb/> und Suͤßigkeit dieſer Welt uͤberſteigenden Fruͤchten<lb/> bekannt und genußbar wurden, zur Erfahrung, welch<lb/> hohe GOttes-Wunder ſie an armen verlohrnen<lb/> Menſchen ausrichten koͤnnen. Es waren aber die<lb/> Ein wohner in die Hecken-Beere der Eitelkeiten und<lb/> Luͤſten der Augen, und des Fleiſches dermaſſen ver-<lb/> narret, daß ſich leyder, ohngeachtet alles Bittens,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Flehens</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0079]
der Verfuͤhrung der Jugend.
ſchaͤtzbare Fruͤchte verſchmaͤhe, und andern ungleich-
ſchlechtern den Vorzug gebe, die koͤnigliche Ungnade
ſehraͤnachdruͤcklich erfahren werde. Es war aber
auſſert der Stadt langs der Land-Straſſe ein dor-
nichtes Geſtraͤuch, voll-hangender ſauren, herben,
ungeſunden, und wehe-machende Schlehen und
Erbſelein: Worzu ein Zauberer, der denen Ein-
wohnern Spinnen-feind ware, und alles Ungluͤck
goͤnnete, gekommen, und es durch ſeine verzweiffelte
Kunſt-Griffe und Bubenſtuͤcke dahin gebracht hat,
daß die Einwohner allzumal, als Verhexete und
Unſinnige, die drey herrlich-glaͤntzende und ausneh-
mend-koͤſtliche Baͤume geflohen, ſich hinter die
Stauden gemachet, und von denen Schlangen-
Beeren und toͤdtlichen Fruͤchten mehr als gut ware,
und ſo viel gefreſſen, daß ſie auch alle nacheinander
dahin geſtorben, und in ein tiefes Loch verſcharret
worden; als woruͤber der verfluchte Neidhart, als
ob er eben was treffliches ausgerichtet haͤtte, noch in
die Fauſt gelachet. Welches dann den Koͤnig der-
maſſen gejammert, daß er, um dieſem Elend nicht
laͤnger zuzuſehen, ſelbſten ſeinen einigen Sohn und
Cron-Erben geſendet hatte, damit durch ihne allen,
die es nur an denſelben begehrten, von dieſem Teuffe-
liſchen Blendwerck geholffen, und alſo die unaus-
dencklich-koͤſtliche Baͤume mit ihren alle Herrlich-
und Suͤßigkeit dieſer Welt uͤberſteigenden Fruͤchten
bekannt und genußbar wurden, zur Erfahrung, welch
hohe GOttes-Wunder ſie an armen verlohrnen
Menſchen ausrichten koͤnnen. Es waren aber die
Ein wohner in die Hecken-Beere der Eitelkeiten und
Luͤſten der Augen, und des Fleiſches dermaſſen ver-
narret, daß ſich leyder, ohngeachtet alles Bittens,
Flehens
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |