Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 1. Die erste Quelle
stoweniger Licht, Krafft, Leben, Heyl und Wärme
zum Wachsthum alles Guten in dir; ja was deiner
Seelen in trostlosen Unempfindlichkeiten zugetheilet
wird, mag dir viel dauerhaffter, stärckender und ge-
sünder seye, als was du etwa in den anmüthigsten
Wallungen deines Geblüts zu empfangen vermey-
nest: Dieser Zucker gebieret Würme und Fäulniß
der fleischlichen Lüsten und des eigenen Gefallens,
wann das Hertz nicht wohl geläutert ist: Siehe dann
nur zu, daß dein Verstand und Wille GOtt redlich
zu Diensten stehe, und seine Lust am Gesetz des
HErrn habe Tag und Nacht; hangest du also mit
deiner Begierde nur an Christo deinem Weinstock,
so wird dir die Hitze der Anfechtung nicht nur nichts
schaden, sondern vielmehr den Gnaden-Safft, wel-
chen du unter allem Brennen aus Christo ziehest,
auskochen zu einem grossen und vollen Trauben.

§. 37.

Kinder riechen gern schöne Blumen, und machen
Cräntzlein darvon. Sind dir nun, mein Kind, die
Zeugnisse von JEsu eben so angenehm; so ists ein heiter
Beweißthum, daß dein Hertz und Sinn gar anders
beschaffen seye, als der Sinn der eiteln, muthwilligen,
Gnaden-losen Kindern, die nach GOtt nichts fra-
gen, und lieber dem Kinder-Mörder an seinem Nar-
ren-Seil der Höllen zu tantzen: Es ist demnach eine
Anzeigung, der Heil. Geist gedencke ewiglich an den
Bund, den er mit dir beym Tauff und Abendmahl so
hoch-theuer gemachet, und er begiesse dich noch alle-
zeit mit der Blut-Gnade des Lammes, das Bild der
Kindheit und Jugend JEsu in dir zu entwerffen; ja
es ist ein frohes Zeichen, daß er dich mit unbegreiffli-

cher

Cap. 1. Die erſte Quelle
ſtoweniger Licht, Krafft, Leben, Heyl und Waͤrme
zum Wachsthum alles Guten in dir; ja was deiner
Seelen in troſtloſen Unempfindlichkeiten zugetheilet
wird, mag dir viel dauerhaffter, ſtaͤrckender und ge-
ſuͤnder ſeye, als was du etwa in den anmuͤthigſten
Wallungen deines Gebluͤts zu empfangen vermey-
neſt: Dieſer Zucker gebieret Wuͤrme und Faͤulniß
der fleiſchlichen Luͤſten und des eigenen Gefallens,
wann das Hertz nicht wohl gelaͤutert iſt: Siehe dann
nur zu, daß dein Verſtand und Wille GOtt redlich
zu Dienſten ſtehe, und ſeine Luſt am Geſetz des
HErrn habe Tag und Nacht; hangeſt du alſo mit
deiner Begierde nur an Chriſto deinem Weinſtock,
ſo wird dir die Hitze der Anfechtung nicht nur nichts
ſchaden, ſondern vielmehr den Gnaden-Safft, wel-
chen du unter allem Brennen aus Chriſto zieheſt,
auskochen zu einem groſſen und vollen Trauben.

§. 37.

Kinder riechen gern ſchoͤne Blumen, und machen
Craͤntzlein darvon. Sind dir nun, mein Kind, die
Zeugniſſe von JEſu eben ſo angenehm; ſo iſts ein heiter
Beweißthum, daß dein Hertz und Sinn gar anders
beſchaffen ſeye, als der Sinn der eiteln, muthwilligen,
Gnaden-loſen Kindern, die nach GOtt nichts fra-
gen, und lieber dem Kinder-Moͤrder an ſeinem Nar-
ren-Seil der Hoͤllen zu tantzen: Es iſt demnach eine
Anzeigung, der Heil. Geiſt gedencke ewiglich an den
Bund, den er mit dir beym Tauff und Abendmahl ſo
hoch-theuer gemachet, und er begieſſe dich noch alle-
zeit mit der Blut-Gnade des Lammes, das Bild der
Kindheit und Jugend JEſu in dir zu entwerffen; ja
es iſt ein frohes Zeichen, daß er dich mit unbegreiffli-

cher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 1. Die er&#x017F;te Quelle</hi></fw><lb/>
&#x017F;toweniger Licht, Krafft, Leben, Heyl und Wa&#x0364;rme<lb/>
zum Wachsthum alles Guten in dir; ja was deiner<lb/>
Seelen in tro&#x017F;tlo&#x017F;en Unempfindlichkeiten zugetheilet<lb/>
wird, mag dir viel dauerhaffter, &#x017F;ta&#x0364;rckender und ge-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;nder &#x017F;eye, als was du etwa in den anmu&#x0364;thig&#x017F;ten<lb/>
Wallungen deines Geblu&#x0364;ts zu empfangen vermey-<lb/>
ne&#x017F;t: Die&#x017F;er Zucker gebieret Wu&#x0364;rme und Fa&#x0364;ulniß<lb/>
der flei&#x017F;chlichen Lu&#x0364;&#x017F;ten und des eigenen Gefallens,<lb/>
wann das Hertz nicht wohl gela&#x0364;utert i&#x017F;t: Siehe dann<lb/>
nur zu, daß dein Ver&#x017F;tand und Wille GOtt redlich<lb/>
zu Dien&#x017F;ten &#x017F;tehe, und &#x017F;eine Lu&#x017F;t am Ge&#x017F;etz des<lb/>
HErrn habe Tag und Nacht; hange&#x017F;t du al&#x017F;o mit<lb/>
deiner Begierde nur an Chri&#x017F;to deinem Wein&#x017F;tock,<lb/>
&#x017F;o wird dir die Hitze der Anfechtung nicht nur nichts<lb/>
&#x017F;chaden, &#x017F;ondern vielmehr den Gnaden-Safft, wel-<lb/>
chen du unter allem Brennen aus Chri&#x017F;to ziehe&#x017F;t,<lb/>
auskochen zu einem gro&#x017F;&#x017F;en und vollen Trauben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 37.</head><lb/>
          <p>Kinder riechen gern &#x017F;cho&#x0364;ne Blumen, und machen<lb/>
Cra&#x0364;ntzlein darvon. Sind dir nun, mein Kind, die<lb/>
Zeugni&#x017F;&#x017F;e von JE&#x017F;u eben &#x017F;o angenehm; &#x017F;o i&#x017F;ts ein heiter<lb/>
Beweißthum, daß dein Hertz und Sinn gar anders<lb/>
be&#x017F;chaffen &#x017F;eye, als der Sinn der eiteln, muthwilligen,<lb/>
Gnaden-lo&#x017F;en Kindern, die nach GOtt nichts fra-<lb/>
gen, und lieber dem Kinder-Mo&#x0364;rder an &#x017F;einem Nar-<lb/>
ren-Seil der Ho&#x0364;llen zu tantzen: Es i&#x017F;t demnach eine<lb/>
Anzeigung, der Heil. Gei&#x017F;t gedencke ewiglich an den<lb/>
Bund, den er mit dir beym Tauff und Abendmahl &#x017F;o<lb/>
hoch-theuer gemachet, und er begie&#x017F;&#x017F;e dich noch alle-<lb/>
zeit mit der Blut-Gnade des Lammes, das Bild der<lb/>
Kindheit und Jugend JE&#x017F;u in dir zu entwerffen; ja<lb/>
es i&#x017F;t ein frohes Zeichen, daß er dich mit unbegreiffli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cher</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0076] Cap. 1. Die erſte Quelle ſtoweniger Licht, Krafft, Leben, Heyl und Waͤrme zum Wachsthum alles Guten in dir; ja was deiner Seelen in troſtloſen Unempfindlichkeiten zugetheilet wird, mag dir viel dauerhaffter, ſtaͤrckender und ge- ſuͤnder ſeye, als was du etwa in den anmuͤthigſten Wallungen deines Gebluͤts zu empfangen vermey- neſt: Dieſer Zucker gebieret Wuͤrme und Faͤulniß der fleiſchlichen Luͤſten und des eigenen Gefallens, wann das Hertz nicht wohl gelaͤutert iſt: Siehe dann nur zu, daß dein Verſtand und Wille GOtt redlich zu Dienſten ſtehe, und ſeine Luſt am Geſetz des HErrn habe Tag und Nacht; hangeſt du alſo mit deiner Begierde nur an Chriſto deinem Weinſtock, ſo wird dir die Hitze der Anfechtung nicht nur nichts ſchaden, ſondern vielmehr den Gnaden-Safft, wel- chen du unter allem Brennen aus Chriſto zieheſt, auskochen zu einem groſſen und vollen Trauben. §. 37. Kinder riechen gern ſchoͤne Blumen, und machen Craͤntzlein darvon. Sind dir nun, mein Kind, die Zeugniſſe von JEſu eben ſo angenehm; ſo iſts ein heiter Beweißthum, daß dein Hertz und Sinn gar anders beſchaffen ſeye, als der Sinn der eiteln, muthwilligen, Gnaden-loſen Kindern, die nach GOtt nichts fra- gen, und lieber dem Kinder-Moͤrder an ſeinem Nar- ren-Seil der Hoͤllen zu tantzen: Es iſt demnach eine Anzeigung, der Heil. Geiſt gedencke ewiglich an den Bund, den er mit dir beym Tauff und Abendmahl ſo hoch-theuer gemachet, und er begieſſe dich noch alle- zeit mit der Blut-Gnade des Lammes, das Bild der Kindheit und Jugend JEſu in dir zu entwerffen; ja es iſt ein frohes Zeichen, daß er dich mit unbegreiffli- cher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/76
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/76>, abgerufen am 24.11.2024.