Diß könnet ihr um so eher thun, weil keine Prin- tzen und Prinzeßinnen, noch Kinder des grösten Mo- narchen zu finden, welche eine so starcke Gesundheit der Seele haben, als ihr durch das Anschauen der ehernen Schlange/ durch das Nachsin- nen der unausdencklichen Liebe Christi gegen euch, da er sich als ein safftiges Balsam-Baumlein am Creutz hat aufritzen lassen, auf daß ihr heil werden und die Strasse zum verheissenen Lande, als Geheilete lustig fortziehen möget. Solch Glück und Heyl haben Millionen Kinder nicht; lasset ihnen darum ihre Tändel-Freude und Zau- ber-Spiel und gehet ihr euers Wegs täglich gen Zion fort: Eure frische Einbildungs-Krafft wird auf dem Berg der Andacht manche liebliche Vor- stellung vom Heil. Geist, wie Mose auf Nebo, empfahen.
Erwehlet nicht, zu leben, wie etwa euere El- tern und Vor-Eltern möchten gelebet haben, dann ihr seyd mit dem theuren Blut Chri- sti von deren eiteln Wandel erlöset/ 1 Petr. 1, 18. 19. Jene mögen es nicht besser gewust haben; ihr aber seyd eines nähern berich- tet. Oder wollet ihr lieber in der Wüsten, ja gar in Egypten sterben, alldieweil der himmlische Josua in eigner allerhöchsten Person euch die Hand beut, ins Land der heiligen Lieblichkeit euch hinein zu führen, und zwar mit so hertzlicher Sorg- falt und Treue, als ob er nur ein einzelnes aus allen hinein zu bringen hätte? Kein trüber Strom soll euch ersäuffen, eiserne Mauren müssen vor euch einsincken, die Sonne euerer Gesundheit
und
Das 9. Cap.
Diß koͤnnet ihr um ſo eher thun, weil keine Prin- tzen und Prinzeßinnen, noch Kinder des groͤſten Mo- narchen zu finden, welche eine ſo ſtarcke Geſundheit der Seele haben, als ihr durch das Anſchauen der ehernen Schlange/ durch das Nachſin- nen der unausdencklichen Liebe Chriſti gegen euch, da er ſich als ein ſafftiges Balſam-Baumlein am Creutz hat aufritzen laſſen, auf daß ihr heil werden und die Straſſe zum verheiſſenen Lande, als Geheilete luſtig fortziehen moͤget. Solch Gluͤck und Heyl haben Millionen Kinder nicht; laſſet ihnen darum ihre Taͤndel-Freude und Zau- ber-Spiel und gehet ihr euers Wegs taͤglich gen Zion fort: Eure friſche Einbildungs-Krafft wird auf dem Berg der Andacht manche liebliche Vor- ſtellung vom Heil. Geiſt, wie Moſe auf Nebo, empfahen.
Erwehlet nicht, zu leben, wie etwa euere El- tern und Vor-Eltern moͤchten gelebet haben, dann ihr ſeyd mit dem theuren Blut Chri- ſti von deren eiteln Wandel erloͤſet/ 1 Petr. 1, 18. 19. Jene moͤgen es nicht beſſer gewuſt haben; ihr aber ſeyd eines naͤhern berich- tet. Oder wollet ihr lieber in der Wuͤſten, ja gar in Egypten ſterben, alldieweil der himmliſche Joſua in eigner allerhoͤchſten Perſon euch die Hand beut, ins Land der heiligen Lieblichkeit euch hinein zu fuͤhren, und zwar mit ſo hertzlicher Sorg- falt und Treue, als ob er nur ein einzelnes aus allen hinein zu bringen haͤtte? Kein truͤber Strom ſoll euch erſaͤuffen, eiſerne Mauren muͤſſen vor euch einſincken, die Sonne euerer Geſundheit
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Das 9. Cap.
Diß koͤnnet ihr um ſo eher thun, weil keine Prin-
tzen und Prinzeßinnen, noch Kinder des groͤſten Mo-
narchen zu finden, welche eine ſo ſtarcke Geſundheit
der Seele haben, als ihr durch das Anſchauen
der ehernen Schlange/ durch das Nachſin-
nen der unausdencklichen Liebe Chriſti gegen euch,
da er ſich als ein ſafftiges Balſam-Baumlein
am Creutz hat aufritzen laſſen, auf daß ihr heil
werden und die Straſſe zum verheiſſenen Lande,
als Geheilete luſtig fortziehen moͤget. Solch
Gluͤck und Heyl haben Millionen Kinder nicht;
laſſet ihnen darum ihre Taͤndel-Freude und Zau-
ber-Spiel und gehet ihr euers Wegs taͤglich gen
Zion fort: Eure friſche Einbildungs-Krafft wird
auf dem Berg der Andacht manche liebliche Vor-
ſtellung vom Heil. Geiſt, wie Moſe auf Nebo,
empfahen.
Erwehlet nicht, zu leben, wie etwa euere El-
tern und Vor-Eltern moͤchten gelebet haben,
dann ihr ſeyd mit dem theuren Blut Chri-
ſti von deren eiteln Wandel erloͤſet/ 1
Petr. 1, 18. 19. Jene moͤgen es nicht beſſer
gewuſt haben; ihr aber ſeyd eines naͤhern berich-
tet. Oder wollet ihr lieber in der Wuͤſten, ja
gar in Egypten ſterben, alldieweil der himmliſche
Joſua in eigner allerhoͤchſten Perſon euch die
Hand beut, ins Land der heiligen Lieblichkeit euch
hinein zu fuͤhren, und zwar mit ſo hertzlicher Sorg-
falt und Treue, als ob er nur ein einzelnes aus
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/450>, abgerufen am 16.02.2025.
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