Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
der Verführung der Jugend.

2) Ein Knab von vier Jahren schriebe alle Abend Zet-
telein an den HErrn JEsum, und legte sie auf die Fen-
ster-Simsen: Wann sie dann der Wind fortwehete, oder
sie sonst weggekommen; so glaubte er steiff und fest, es
habe ein Engel das Zettelein Christo überbracht, wobey er
tieff nachsinnete, was doch der Heyland dazu sage. Mit-
hin ware das Kind immer mit dem Erlöser in seinen Ge-
dancken beschäfftiget.
Laß mir das ein artiges Kin-
der-Spiel seyn. Die eitele Welt-Freude verwel-
cket, wie eine Blume, und giebt dir eben so wenig
Nutzen, als ein dürres Blatt, ja all dein Lachen
wird endlich in ein Jammer-Geheul und Zähnklap-
pern verwandelt werden. Da hingegen ein GOtt-
ergebenes Kind von seinen geistlichen Kurtzweilen
mit JESU unendliche Vortheile hat, und kaum
eine Stunde vergehet, darinnen ihm nicht unver-
gleichliche Geschencke entweder gegeben oder aufs
künfftige beygeleget werden. Kurtz, mein Kind!
So lang du also in vertraulicher Freundschafft mit
JEsu lebest; so lang siehest du deiner hohen Eh-
ren, Gütern, Schätzen und Freuden kein Ende:
Darum seye klug, und bedencke dein Bestes.

§. 7.

Sagst du: Ach wann ich nur JEsum
und die Schönheit seines Himmelreichs
auch so leibhafftig und sichtbar vor mir
hätte/ wie ich die menschliche und der
Welt Eitelkeiten vor mir sehe, so hätte
ich bessere Hoffnung/ getreu zu bleiben/
und würden die Tändeleyen der Welt
alsdann keinen solch tieffen Eindruck bey
mir machen.

Ant-
S
der Verfuͤhrung der Jugend.

2) Ein Knab von vier Jahren ſchriebe alle Abend Zet-
telein an den HErrn JEſum, und legte ſie auf die Fen-
ſter-Simſen: Wann ſie dann der Wind fortwehete, oder
ſie ſonſt weggekommen; ſo glaubte er ſteiff und feſt, es
habe ein Engel das Zettelein Chriſto uͤberbracht, wobey er
tieff nachſinnete, was doch der Heyland dazu ſage. Mit-
hin ware das Kind immer mit dem Erloͤſer in ſeinen Ge-
dancken beſchaͤfftiget.
Laß mir das ein artiges Kin-
der-Spiel ſeyn. Die eitele Welt-Freude verwel-
cket, wie eine Blume, und giebt dir eben ſo wenig
Nutzen, als ein duͤrres Blatt, ja all dein Lachen
wird endlich in ein Jammer-Geheul und Zaͤhnklap-
pern verwandelt werden. Da hingegen ein GOtt-
ergebenes Kind von ſeinen geiſtlichen Kurtzweilen
mit JESU unendliche Vortheile hat, und kaum
eine Stunde vergehet, darinnen ihm nicht unver-
gleichliche Geſchencke entweder gegeben oder aufs
kuͤnfftige beygeleget werden. Kurtz, mein Kind!
So lang du alſo in vertraulicher Freundſchafft mit
JEſu lebeſt; ſo lang ſieheſt du deiner hohen Eh-
ren, Guͤtern, Schaͤtzen und Freuden kein Ende:
Darum ſeye klug, und bedencke dein Beſtes.

§. 7.

Sagſt du: Ach wann ich nur JEſum
und die Schoͤnheit ſeines Himmelreichs
auch ſo leibhafftig und ſichtbar vor mir
haͤtte/ wie ich die menſchliche und der
Welt Eitelkeiten vor mir ſehe, ſo haͤtte
ich beſſere Hoffnung/ getreu zu bleiben/
und wuͤrden die Taͤndeleyen der Welt
alsdann keinen ſolch tieffen Eindruck bey
mir machen.

Ant-
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0291" n="273"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Verfu&#x0364;hrung der Jugend.</hi> </fw><lb/>
          <p>2) <hi rendition="#fr">Ein Knab von vier Jahren &#x017F;chriebe alle Abend Zet-<lb/>
telein an den HErrn JE&#x017F;um, und legte &#x017F;ie auf die Fen-<lb/>
&#x017F;ter-Sim&#x017F;en: Wann &#x017F;ie dann der Wind fortwehete, oder<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t weggekommen; &#x017F;o glaubte er &#x017F;teiff und fe&#x017F;t, es<lb/>
habe ein Engel das Zettelein Chri&#x017F;to u&#x0364;berbracht, wobey er<lb/>
tieff nach&#x017F;innete, was doch der Heyland dazu &#x017F;age. Mit-<lb/>
hin ware das Kind immer mit dem Erlo&#x0364;&#x017F;er in &#x017F;einen Ge-<lb/>
dancken be&#x017F;cha&#x0364;fftiget.</hi> Laß mir das ein artiges Kin-<lb/>
der-Spiel &#x017F;eyn. Die eitele Welt-Freude verwel-<lb/>
cket, wie eine Blume, und giebt dir eben &#x017F;o wenig<lb/>
Nutzen, als ein du&#x0364;rres Blatt, ja all dein Lachen<lb/>
wird endlich in ein Jammer-Geheul und Za&#x0364;hnklap-<lb/>
pern verwandelt werden. Da hingegen ein GOtt-<lb/>
ergebenes Kind von &#x017F;einen gei&#x017F;tlichen Kurtzweilen<lb/>
mit JESU unendliche Vortheile hat, und kaum<lb/>
eine Stunde vergehet, darinnen ihm nicht unver-<lb/>
gleichliche Ge&#x017F;chencke entweder gegeben oder aufs<lb/>
ku&#x0364;nfftige beygeleget werden. Kurtz, mein Kind!<lb/>
So lang du al&#x017F;o in vertraulicher Freund&#x017F;chafft mit<lb/>
JE&#x017F;u lebe&#x017F;t; &#x017F;o lang &#x017F;iehe&#x017F;t du deiner hohen Eh-<lb/>
ren, Gu&#x0364;tern, Scha&#x0364;tzen und Freuden kein Ende:<lb/>
Darum &#x017F;eye klug, und bedencke dein Be&#x017F;tes.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 7.</head><lb/>
          <p>Sag&#x017F;t du: <hi rendition="#fr">Ach wann ich nur JE&#x017F;um<lb/>
und die Scho&#x0364;nheit &#x017F;eines Himmelreichs<lb/>
auch &#x017F;o leibhafftig und &#x017F;ichtbar vor mir<lb/>
ha&#x0364;tte/ wie ich die men&#x017F;chliche und der<lb/>
Welt Eitelkeiten vor mir &#x017F;ehe, &#x017F;o ha&#x0364;tte<lb/>
ich be&#x017F;&#x017F;ere Hoffnung/ getreu zu bleiben/<lb/>
und wu&#x0364;rden die Ta&#x0364;ndeleyen der Welt<lb/>
alsdann keinen &#x017F;olch tieffen Eindruck bey<lb/>
mir machen.</hi></p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">S</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Ant-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0291] der Verfuͤhrung der Jugend. 2) Ein Knab von vier Jahren ſchriebe alle Abend Zet- telein an den HErrn JEſum, und legte ſie auf die Fen- ſter-Simſen: Wann ſie dann der Wind fortwehete, oder ſie ſonſt weggekommen; ſo glaubte er ſteiff und feſt, es habe ein Engel das Zettelein Chriſto uͤberbracht, wobey er tieff nachſinnete, was doch der Heyland dazu ſage. Mit- hin ware das Kind immer mit dem Erloͤſer in ſeinen Ge- dancken beſchaͤfftiget. Laß mir das ein artiges Kin- der-Spiel ſeyn. Die eitele Welt-Freude verwel- cket, wie eine Blume, und giebt dir eben ſo wenig Nutzen, als ein duͤrres Blatt, ja all dein Lachen wird endlich in ein Jammer-Geheul und Zaͤhnklap- pern verwandelt werden. Da hingegen ein GOtt- ergebenes Kind von ſeinen geiſtlichen Kurtzweilen mit JESU unendliche Vortheile hat, und kaum eine Stunde vergehet, darinnen ihm nicht unver- gleichliche Geſchencke entweder gegeben oder aufs kuͤnfftige beygeleget werden. Kurtz, mein Kind! So lang du alſo in vertraulicher Freundſchafft mit JEſu lebeſt; ſo lang ſieheſt du deiner hohen Eh- ren, Guͤtern, Schaͤtzen und Freuden kein Ende: Darum ſeye klug, und bedencke dein Beſtes. §. 7. Sagſt du: Ach wann ich nur JEſum und die Schoͤnheit ſeines Himmelreichs auch ſo leibhafftig und ſichtbar vor mir haͤtte/ wie ich die menſchliche und der Welt Eitelkeiten vor mir ſehe, ſo haͤtte ich beſſere Hoffnung/ getreu zu bleiben/ und wuͤrden die Taͤndeleyen der Welt alsdann keinen ſolch tieffen Eindruck bey mir machen. Ant- S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/291
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/291>, abgerufen am 22.11.2024.