"um die safftigsten Trauben der Erlösung durch "mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den "gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an- "dern, jetzt die safftige Beere des Glaubens, so- "dann die süsse Beere der Liebe; wiederum die "lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl "die schmackhaffte Beere der Keuschheit, zur an- "dern Stunde die Honig-trieffende Beere der "Gelassenheit, und bald darauf die Blut-rothe "Beere der Himmlisch-Gesinntheit Christi etc. zu "rupffen, zu lecken und das Jnnerste der Seelen "zu durchsüssen: Durch welch stetes Glaubens- "Essen meiner holden Liebe sie durch und durch "geheiliget und zum Anschauen meiner Herr- "lichkeit tüchtig; ihr aber durch Versäumniß "und Verachtung der geistlichen Erquickungen "dazu sehr untüchtig worden: Wer einmahl "das Geistliche ausschlägt, kan das Himmlische "noch vielweniger empfahen."
§. 41.
Noch eins, mein Kind! Nachdem JEsus also ärmlich in der Welt gelebet hat, so wirst du es unbillich achten, daß du es besser als der Sohn GOttes haben sollest. Oder ist auch wohl ein Herr so vornehm, wie er? Schätze dich demnach nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil werde, nachdem dein Schöpffer und Erlöser mit noch geringerm zufrieden ware; und schäme dich, wann du was köstliches zu essen hast, vor deinem GOtt und dencke: "Wie hat doch JESUS
die
Cap. 2. Von Begehungs-Sunden
“um die ſafftigſten Trauben der Erloͤſung durch “mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den “gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an- “dern, jetzt die ſafftige Beere des Glaubens, ſo- “dann die ſuͤſſe Beere der Liebe; wiederum die “lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl “die ſchmackhaffte Beere der Keuſchheit, zur an- “dern Stunde die Honig-trieffende Beere der “Gelaſſenheit, und bald darauf die Blut-rothe “Beere der Himmliſch-Geſinntheit Chriſti ꝛc. zu “rupffen, zu lecken und das Jnnerſte der Seelen “zu durchſuͤſſen: Durch welch ſtetes Glaubens- “Eſſen meiner holden Liebe ſie durch und durch “geheiliget und zum Anſchauen meiner Herr- “lichkeit tuͤchtig; ihr aber durch Verſaͤumniß “und Verachtung der geiſtlichen Erquickungen “dazu ſehr untuͤchtig worden: Wer einmahl “das Geiſtliche ausſchlaͤgt, kan das Himmliſche “noch vielweniger empfahen.‟
§. 41.
Noch eins, mein Kind! Nachdem JEſus alſo aͤrmlich in der Welt gelebet hat, ſo wirſt du es unbillich achten, daß du es beſſer als der Sohn GOttes haben ſolleſt. Oder iſt auch wohl ein Herr ſo vornehm, wie er? Schaͤtze dich demnach nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil werde, nachdem dein Schoͤpffer und Erloͤſer mit noch geringerm zufrieden ware; und ſchaͤme dich, wann du was koͤſtliches zu eſſen haſt, vor deinem GOtt und dencke: „Wie hat doch JESUS
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Cap. 2. Von Begehungs-Sunden
“um die ſafftigſten Trauben der Erloͤſung durch
“mein Blut abzupflicken, ja alle Tage und den
“gantzen Tag hindurch eine Beere nach der an-
“dern, jetzt die ſafftige Beere des Glaubens, ſo-
“dann die ſuͤſſe Beere der Liebe; wiederum die
“lautere Beere der Hoffnung, ein andermahl
“die ſchmackhaffte Beere der Keuſchheit, zur an-
“dern Stunde die Honig-trieffende Beere der
“Gelaſſenheit, und bald darauf die Blut-rothe
“Beere der Himmliſch-Geſinntheit Chriſti ꝛc. zu
“rupffen, zu lecken und das Jnnerſte der Seelen
“zu durchſuͤſſen: Durch welch ſtetes Glaubens-
“Eſſen meiner holden Liebe ſie durch und durch
“geheiliget und zum Anſchauen meiner Herr-
“lichkeit tuͤchtig; ihr aber durch Verſaͤumniß
“und Verachtung der geiſtlichen Erquickungen
“dazu ſehr untuͤchtig worden: Wer einmahl
“das Geiſtliche ausſchlaͤgt, kan das Himmliſche
“noch vielweniger empfahen.‟
§. 41.
Noch eins, mein Kind! Nachdem JEſus
alſo aͤrmlich in der Welt gelebet hat, ſo wirſt du
es unbillich achten, daß du es beſſer als der Sohn
GOttes haben ſolleſt. Oder iſt auch wohl ein
Herr ſo vornehm, wie er? Schaͤtze dich demnach
nicht werth, daß dir nur ein Erd-Apffel zu Theil
werde, nachdem dein Schoͤpffer und Erloͤſer mit
noch geringerm zufrieden ware; und ſchaͤme dich,
wann du was koͤſtliches zu eſſen haſt, vor deinem
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/220>, abgerufen am 17.07.2024.
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