Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.Cap. 2. Von Begehungs-Sünden Wasser ins ewige Leben saugen aus der Bibel, sodir vorher als ein trockner Felsen ware. Die dürre Ruthe des himmlischen Aarons wird dir mit ihren Göttlichen Verheissungen zierlich grünen, blühen und schöne süsse und safftige Mandeln tra- gen; ja der grosse Engel des Bundes wird plötz- lich vom Himmel herab fahren, und den Teich deines Hertzens trübe machen zur Traurigkeit nach GOTT, zu einschmeltzenden Glaubens- und Liebes-Thränen, da du dann auch ohnverweilt hinein steigen und alle deine Begierde in die Bewegungen des Heiligen Geistes eintauchen must, bis deine Seele zur vollen Genesung kom- me. Wann du dann den reichen Nutzen von dei- nem Bibel-Lesen gewahren kanst, so wird dir sel- biger immer angenehmer werden; sintemalen die Leute also geartet sind, daß sie von ihren Bemü- hungen auch gerne Frucht und Nutzen sehen wollen. Es ist zwar die Sünde denen Bösen so süsse, daß sie bey derselben Ausübung nicht lang auf Scha- den oder Nutzen reflectiren; da hingegen der Wille GOttes den guten Engeln und Menschen so Zucker- süsse ist, daß sie geschwind darnach greiffen, und nicht lang mit allerhand Fragen, ob sie Nutzen oder Schaden darvon haben werden, sich schlep- pen: Heyls-bekümmerte Seelen aber, in deren Hertzen die Liebe GOttes noch nicht ausgebrochen ist durch den Heiligen Geist, feine, gesetzliche Leute, erwägen die Sache und überschlagen die Kösten wohl. Bewahre du dann die Worte des Bibel-Buchs, dann die Zeit ist nahe, sinne indessen nur noch eins. Wann dir dein Vater von jedem Spruch, den du aus-
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden Waſſer ins ewige Leben ſaugen aus der Bibel, ſodir vorher als ein trockner Felſen ware. Die duͤrre Ruthe des himmliſchen Aarons wird dir mit ihren Goͤttlichen Verheiſſungen zierlich gruͤnen, bluͤhen und ſchoͤne ſuͤſſe und ſafftige Mandeln tra- gen; ja der groſſe Engel des Bundes wird ploͤtz- lich vom Himmel herab fahren, und den Teich deines Hertzens truͤbe machen zur Traurigkeit nach GOTT, zu einſchmeltzenden Glaubens- und Liebes-Thraͤnen, da du dann auch ohnverweilt hinein ſteigen und alle deine Begierde in die Bewegungen des Heiligen Geiſtes eintauchen muſt, bis deine Seele zur vollen Geneſung kom- me. Wann du dann den reichen Nutzen von dei- nem Bibel-Leſen gewahren kanſt, ſo wird dir ſel- biger immer angenehmer werden; ſintemalen die Leute alſo geartet ſind, daß ſie von ihren Bemuͤ- hungen auch gerne Frucht und Nutzen ſehen wollen. Es iſt zwar die Suͤnde denen Boͤſen ſo ſuͤſſe, daß ſie bey derſelben Ausuͤbung nicht lang auf Scha- den oder Nutzen reflectiren; da hingegen der Wille GOttes den guten Engeln und Menſchen ſo Zucker- ſuͤſſe iſt, daß ſie geſchwind darnach greiffen, und nicht lang mit allerhand Fragen, ob ſie Nutzen oder Schaden darvon haben werden, ſich ſchlep- pen: Heyls-bekuͤmmerte Seelen aber, in deren Hertzen die Liebe GOttes noch nicht ausgebrochen iſt durch den Heiligen Geiſt, feine, geſetzliche Leute, erwaͤgen die Sache und uͤberſchlagen die Koͤſten wohl. Bewahre du dann die Worte des Bibel-Buchs, dann die Zeit iſt nahe, ſinne indeſſen nur noch eins. Wann dir dein Vater von jedem Spruch, den du aus-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0212" n="194"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden</hi></fw><lb/> Waſſer ins ewige Leben ſaugen aus der Bibel, ſo<lb/> dir vorher als ein trockner Felſen ware. <hi rendition="#fr">Die<lb/> duͤrre Ruthe</hi> des himmliſchen <hi rendition="#fr">Aarons</hi> wird dir<lb/> mit ihren Goͤttlichen Verheiſſungen zierlich gruͤnen,<lb/> bluͤhen und ſchoͤne ſuͤſſe und ſafftige Mandeln tra-<lb/> gen; ja der groſſe <hi rendition="#fr">Engel</hi> des Bundes wird ploͤtz-<lb/> lich vom Himmel herab fahren, und den <hi rendition="#fr">Teich</hi><lb/> deines Hertzens <hi rendition="#fr">truͤbe machen</hi> zur Traurigkeit<lb/> nach GOTT, zu einſchmeltzenden Glaubens- und<lb/> Liebes-Thraͤnen, da du dann auch ohnverweilt<lb/><hi rendition="#fr">hinein ſteigen</hi> und alle deine Begierde in die<lb/><hi rendition="#fr">Bewegungen</hi> des Heiligen Geiſtes eintauchen<lb/> muſt, bis deine Seele zur vollen Geneſung kom-<lb/> me. Wann du dann den reichen Nutzen von dei-<lb/> nem Bibel-Leſen gewahren kanſt, ſo wird dir ſel-<lb/> biger immer angenehmer werden; ſintemalen die<lb/> Leute alſo geartet ſind, daß ſie von ihren Bemuͤ-<lb/> hungen auch gerne Frucht und Nutzen ſehen wollen.<lb/> Es iſt zwar die Suͤnde denen Boͤſen ſo ſuͤſſe, daß<lb/> ſie bey derſelben Ausuͤbung nicht lang auf Scha-<lb/> den oder Nutzen reflectiren; da hingegen der Wille<lb/> GOttes den guten Engeln und Menſchen ſo Zucker-<lb/> ſuͤſſe iſt, daß ſie geſchwind darnach greiffen, und<lb/> nicht lang mit allerhand Fragen, ob ſie Nutzen<lb/> oder Schaden darvon haben werden, ſich ſchlep-<lb/> pen: Heyls-bekuͤmmerte Seelen aber, in deren<lb/> Hertzen die Liebe GOttes noch nicht ausgebrochen<lb/> iſt durch den Heiligen Geiſt, feine, geſetzliche Leute,<lb/> erwaͤgen die Sache und uͤberſchlagen die Koͤſten wohl.<lb/> Bewahre du dann die Worte des Bibel-Buchs, dann<lb/> die Zeit iſt nahe, ſinne indeſſen nur noch eins.<lb/> Wann dir dein Vater von jedem Spruch, den du<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aus-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [194/0212]
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
Waſſer ins ewige Leben ſaugen aus der Bibel, ſo
dir vorher als ein trockner Felſen ware. Die
duͤrre Ruthe des himmliſchen Aarons wird dir
mit ihren Goͤttlichen Verheiſſungen zierlich gruͤnen,
bluͤhen und ſchoͤne ſuͤſſe und ſafftige Mandeln tra-
gen; ja der groſſe Engel des Bundes wird ploͤtz-
lich vom Himmel herab fahren, und den Teich
deines Hertzens truͤbe machen zur Traurigkeit
nach GOTT, zu einſchmeltzenden Glaubens- und
Liebes-Thraͤnen, da du dann auch ohnverweilt
hinein ſteigen und alle deine Begierde in die
Bewegungen des Heiligen Geiſtes eintauchen
muſt, bis deine Seele zur vollen Geneſung kom-
me. Wann du dann den reichen Nutzen von dei-
nem Bibel-Leſen gewahren kanſt, ſo wird dir ſel-
biger immer angenehmer werden; ſintemalen die
Leute alſo geartet ſind, daß ſie von ihren Bemuͤ-
hungen auch gerne Frucht und Nutzen ſehen wollen.
Es iſt zwar die Suͤnde denen Boͤſen ſo ſuͤſſe, daß
ſie bey derſelben Ausuͤbung nicht lang auf Scha-
den oder Nutzen reflectiren; da hingegen der Wille
GOttes den guten Engeln und Menſchen ſo Zucker-
ſuͤſſe iſt, daß ſie geſchwind darnach greiffen, und
nicht lang mit allerhand Fragen, ob ſie Nutzen
oder Schaden darvon haben werden, ſich ſchlep-
pen: Heyls-bekuͤmmerte Seelen aber, in deren
Hertzen die Liebe GOttes noch nicht ausgebrochen
iſt durch den Heiligen Geiſt, feine, geſetzliche Leute,
erwaͤgen die Sache und uͤberſchlagen die Koͤſten wohl.
Bewahre du dann die Worte des Bibel-Buchs, dann
die Zeit iſt nahe, ſinne indeſſen nur noch eins.
Wann dir dein Vater von jedem Spruch, den du
aus-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |