Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 2. Von Begehungs-Sünden
sellschafft weltlich-gesinnter Gemüther
schicken wollen/ diese bescheidene und
Hertz-dringende Antwort gegeben:
Liebe Mutter! Bedencket doch, ob ihr das
vor dem Richterstuhl JEsu Christi ein-
mahl werdet verantworten können, was
ihr jetzt mit mir thut? Dadurch ward die
Mutter so gerühret/ daß sie Thränen
vergoß/ und dem Kinde hernach nie-
mahls etwas zumuthete/ das wider sein
Gewissen lieffe. Siehe/ so kan GOTT
auch eines Kindes Einfalt segnen. Nie
must du deinen Eltern mit Trotzen und
Pochen begegnen; sondern sie mit an-
haltender Liebe und Gedult zu gewinnen
suchen.

§. 27.

Freylich soll denen Eltern Gehorsam geleistet
werden, aber nicht ein blinder, da das Fleisch sich ki-
tzelt; Ap. Gesch. 4/ 19. Luc. 14, 26. 4. Buch
Mos. 33/ 9. 1 Joh.
2/ 15-17. Will man die
Kinder fleischlich und weltlich ziehen; so gehorchen
sie mit leichter Mühe, zumahlen wann sie von der
züchtigenden Gnade nichts wohnend und bleibend
in sich haben. Ein solcher Gehorsam aber be-
kommt beydes Eltern und Kindern sehr übel, und
zwaren öffters schon in diesem Leben, fürnemlich
aber und gewiß in der langen Ewigkeit. Es ist
auch diese fleischliche Unterthänigkeit um so viel

miß-

Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
ſellſchafft weltlich-geſinnter Gemuͤther
ſchicken wollen/ dieſe beſcheidene und
Hertz-dringende Antwort gegeben:
Liebe Mutter! Bedencket doch, ob ihr das
vor dem Richterſtuhl JEſu Chriſti ein-
mahl werdet verantworten koͤnnen, was
ihr jetzt mit mir thut? Dadurch ward die
Mutter ſo geruͤhret/ daß ſie Thraͤnen
vergoß/ und dem Kinde hernach nie-
mahls etwas zumuthete/ das wider ſein
Gewiſſen lieffe. Siehe/ ſo kan GOTT
auch eines Kindes Einfalt ſegnen. Nie
muſt du deinen Eltern mit Trotzen und
Pochen begegnen; ſondern ſie mit an-
haltender Liebe und Gedult zu gewinnen
ſuchen.

§. 27.

Freylich ſoll denen Eltern Gehorſam geleiſtet
werden, aber nicht ein blinder, da das Fleiſch ſich ki-
tzelt; Ap. Geſch. 4/ 19. Luc. 14, 26. 4. Buch
Moſ. 33/ 9. 1 Joh.
2/ 15-17. Will man die
Kinder fleiſchlich und weltlich ziehen; ſo gehorchen
ſie mit leichter Muͤhe, zumahlen wann ſie von der
zuͤchtigenden Gnade nichts wohnend und bleibend
in ſich haben. Ein ſolcher Gehorſam aber be-
kommt beydes Eltern und Kindern ſehr uͤbel, und
zwaren oͤffters ſchon in dieſem Leben, fuͤrnemlich
aber und gewiß in der langen Ewigkeit. Es iſt
auch dieſe fleiſchliche Unterthaͤnigkeit um ſo viel

miß-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0198" n="180"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 2. Von Begehungs-Su&#x0364;nden</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">&#x017F;ell&#x017F;chafft weltlich-ge&#x017F;innter Gemu&#x0364;ther<lb/>
&#x017F;chicken wollen/ die&#x017F;e be&#x017F;cheidene und<lb/>
Hertz-dringende Antwort gegeben:<lb/>
Liebe Mutter! Bedencket doch, ob ihr das<lb/>
vor dem Richter&#x017F;tuhl JE&#x017F;u Chri&#x017F;ti ein-<lb/>
mahl werdet verantworten ko&#x0364;nnen, was<lb/>
ihr jetzt mit mir thut? Dadurch ward die<lb/>
Mutter &#x017F;o geru&#x0364;hret/ daß &#x017F;ie Thra&#x0364;nen<lb/>
vergoß/ und dem Kinde hernach nie-<lb/>
mahls etwas zumuthete/ das wider &#x017F;ein<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;en lieffe. Siehe/ &#x017F;o kan GOTT<lb/>
auch eines Kindes Einfalt &#x017F;egnen. Nie<lb/>
mu&#x017F;t du deinen Eltern mit Trotzen und<lb/>
Pochen begegnen; &#x017F;ondern &#x017F;ie mit an-<lb/>
haltender Liebe und Gedult zu gewinnen<lb/>
&#x017F;uchen.</hi> </p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 27.</head><lb/>
            <p>Freylich &#x017F;oll denen Eltern Gehor&#x017F;am gelei&#x017F;tet<lb/>
werden, aber nicht ein blinder, da das Flei&#x017F;ch &#x017F;ich ki-<lb/>
tzelt; <hi rendition="#fr">Ap. Ge&#x017F;ch. 4/ 19. Luc. 14, 26. 4. Buch<lb/>
Mo&#x017F;. 33/ 9. 1 Joh.</hi> 2/ 15-17. Will man die<lb/>
Kinder flei&#x017F;chlich und weltlich ziehen; &#x017F;o gehorchen<lb/>
&#x017F;ie mit leichter Mu&#x0364;he, zumahlen wann &#x017F;ie von der<lb/>
zu&#x0364;chtigenden Gnade nichts wohnend und bleibend<lb/>
in &#x017F;ich haben. Ein &#x017F;olcher Gehor&#x017F;am aber be-<lb/>
kommt beydes Eltern und Kindern &#x017F;ehr u&#x0364;bel, und<lb/>
zwaren o&#x0364;ffters &#x017F;chon in die&#x017F;em Leben, fu&#x0364;rnemlich<lb/>
aber und gewiß in der langen Ewigkeit. Es i&#x017F;t<lb/>
auch die&#x017F;e flei&#x017F;chliche Untertha&#x0364;nigkeit um &#x017F;o viel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">miß-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0198] Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden ſellſchafft weltlich-geſinnter Gemuͤther ſchicken wollen/ dieſe beſcheidene und Hertz-dringende Antwort gegeben: Liebe Mutter! Bedencket doch, ob ihr das vor dem Richterſtuhl JEſu Chriſti ein- mahl werdet verantworten koͤnnen, was ihr jetzt mit mir thut? Dadurch ward die Mutter ſo geruͤhret/ daß ſie Thraͤnen vergoß/ und dem Kinde hernach nie- mahls etwas zumuthete/ das wider ſein Gewiſſen lieffe. Siehe/ ſo kan GOTT auch eines Kindes Einfalt ſegnen. Nie muſt du deinen Eltern mit Trotzen und Pochen begegnen; ſondern ſie mit an- haltender Liebe und Gedult zu gewinnen ſuchen. §. 27. Freylich ſoll denen Eltern Gehorſam geleiſtet werden, aber nicht ein blinder, da das Fleiſch ſich ki- tzelt; Ap. Geſch. 4/ 19. Luc. 14, 26. 4. Buch Moſ. 33/ 9. 1 Joh. 2/ 15-17. Will man die Kinder fleiſchlich und weltlich ziehen; ſo gehorchen ſie mit leichter Muͤhe, zumahlen wann ſie von der zuͤchtigenden Gnade nichts wohnend und bleibend in ſich haben. Ein ſolcher Gehorſam aber be- kommt beydes Eltern und Kindern ſehr uͤbel, und zwaren oͤffters ſchon in dieſem Leben, fuͤrnemlich aber und gewiß in der langen Ewigkeit. Es iſt auch dieſe fleiſchliche Unterthaͤnigkeit um ſo viel miß-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/198
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/198>, abgerufen am 25.11.2024.