zwey Königreiche unter sich hatte, deren das einte Protestantischer, das andere Catholischer Religion ware. Als er in das Zimmer trate, wo der Cron- Printz unterwiesen wurde, und ihme sein Prace- ptor just in der Religion Unterweisung gabe; zei- get er demselben, wie ers mit dem Unterricht sei- nes Printzen haben wollte, beym Herausgehen mit folgenden wenigen Worten: Fac sit ad utrumque paratus, daß er nemlich sich in dem einten Reich als ein Catholischer, in dem andern aber als ein Protestant aufzuführen wisse. Eben also sehen es die Eltern gern, daß ihre Kinder die Kunst fassen mit dem einten Aug gen Himmel und mit dem andern auf die Erden zu sehen, mithin es weder bey Christo noch bey dem Geist der Welt, (Spiritu mundi) der sonst auch 2 Cor. 6, Belial tituliret wird, zu verschütten.
§. 6.
Ja sie sehen insgemein Kirchen und Schulen nicht anderst als Spinn-Stuben, Marter- und Fol- ter-Bänck an, dahin sie ihre Kinder nur aus Furcht der Straffe, und weil es die Hochobrigkeitliche Einrichtung also haben will, schicken; anderst dächten sie so leichtlich nicht daran; wünschen in- zwischen nichts so sehr, als daß ihre Kinder das herbe, schwere Joch der Unterweisung bald abwerf- fen dörfften. Zürnen übrigens mit dem Pfarrer, wann er ihrer Seelen sich so lange annimmet, und mit der unverfälschten Milch der himmlischen Lehre sie träncket. Wann jemand seinem Nachbar seine
Kühe
Cap. 2. Die zweyte Quelle
zwey Koͤnigreiche unter ſich hatte, deren das einte Proteſtantiſcher, das andere Catholiſcher Religion ware. Als er in das Zimmer trate, wo der Cron- Printz unterwieſen wurde, und ihme ſein Prace- ptor juſt in der Religion Unterweiſung gabe; zei- get er demſelben, wie ers mit dem Unterricht ſei- nes Printzen haben wollte, beym Herausgehen mit folgenden wenigen Worten: Fac ſit ad utrumque paratus, daß er nemlich ſich in dem einten Reich als ein Catholiſcher, in dem andern aber als ein Proteſtant aufzufuͤhren wiſſe. Eben alſo ſehen es die Eltern gern, daß ihre Kinder die Kunſt faſſen mit dem einten Aug gen Himmel und mit dem andern auf die Erden zu ſehen, mithin es weder bey Chriſto noch bey dem Geiſt der Welt, (Spiritu mundi) der ſonſt auch 2 Cor. 6, Belial tituliret wird, zu verſchuͤtten.
§. 6.
Ja ſie ſehen insgemein Kirchen und Schulen nicht anderſt als Spinn-Stuben, Marter- und Fol- ter-Baͤnck an, dahin ſie ihre Kinder nur aus Furcht der Straffe, und weil es die Hochobrigkeitliche Einrichtung alſo haben will, ſchicken; anderſt daͤchten ſie ſo leichtlich nicht daran; wuͤnſchen in- zwiſchen nichts ſo ſehr, als daß ihre Kinder das herbe, ſchwere Joch der Unterweiſung bald abwerf- fen doͤrfften. Zuͤrnen uͤbrigens mit dem Pfarrer, wann er ihrer Seelen ſich ſo lange annimmet, und mit der unverfaͤlſchten Milch der himmliſchen Lehre ſie traͤncket. Wann jemand ſeinem Nachbar ſeine
Kuͤhe
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Cap. 2. Die zweyte Quelle
zwey Koͤnigreiche unter ſich hatte, deren das einte
Proteſtantiſcher, das andere Catholiſcher Religion
ware. Als er in das Zimmer trate, wo der Cron-
Printz unterwieſen wurde, und ihme ſein Prace-
ptor juſt in der Religion Unterweiſung gabe; zei-
get er demſelben, wie ers mit dem Unterricht ſei-
nes Printzen haben wollte, beym Herausgehen
mit folgenden wenigen Worten: Fac ſit ad
utrumque paratus, daß er nemlich ſich in dem
einten Reich als ein Catholiſcher, in dem andern
aber als ein Proteſtant aufzufuͤhren wiſſe. Eben
alſo ſehen es die Eltern gern, daß ihre Kinder die
Kunſt faſſen mit dem einten Aug gen Himmel und
mit dem andern auf die Erden zu ſehen, mithin
es weder bey Chriſto noch bey dem Geiſt der Welt,
(Spiritu mundi) der ſonſt auch 2 Cor. 6, Belial
tituliret wird, zu verſchuͤtten.
§. 6.
Ja ſie ſehen insgemein Kirchen und Schulen
nicht anderſt als Spinn-Stuben, Marter- und Fol-
ter-Baͤnck an, dahin ſie ihre Kinder nur aus Furcht
der Straffe, und weil es die Hochobrigkeitliche
Einrichtung alſo haben will, ſchicken; anderſt
daͤchten ſie ſo leichtlich nicht daran; wuͤnſchen in-
zwiſchen nichts ſo ſehr, als daß ihre Kinder das
herbe, ſchwere Joch der Unterweiſung bald abwerf-
fen doͤrfften. Zuͤrnen uͤbrigens mit dem Pfarrer,
wann er ihrer Seelen ſich ſo lange annimmet, und
mit der unverfaͤlſchten Milch der himmliſchen Lehre
ſie traͤncket. Wann jemand ſeinem Nachbar ſeine
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/104>, abgerufen am 17.07.2024.
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