§. 10. Wäre er ein Lust-Wald, ein Frucht-Gebirg und grü- ne Matte, ein schattichter Apfel-Baum, ein Music-Saal, ein Lilien-Zweig, so würde er noch mit Lust besucht; Aber da der Berg Zion in JEsum gegründet, da alle Heiligen auf ihm wachsen, da unzähliche Heyls-Begierige ihren Safft wie Gräßlein aus ihm ziehen und grünen, da er das gantze Jahr als ein schöner Himmels-Baum vor der Seelen stehet, den Schatten seines Schutzes über sie auszubrei- ten und seine reiffe Früchte darzureichen, da er das Hertz einen in die Ewigkeit verzuckenden Jubel-Thon empfinden laßt, und einen un- vergänglichen Geruch des Lebens zum zeitlichen und ewigen Leben a; Ach da wird er vor nichts geachtet.
Schiff, Kertze und derglei- chen.
§. 11. Wäre er ein Schiff, so würden alle und jede Wochen einige darein tretten über das Wasser hinzufahren; Da aber seine Gnade uns von der Welt und Zeitlichkeit abführet und in GOttes Krafft, Weißheit und Güte allein schweben lasset, und das Hertz in seine Nachfolge gefangen nimmt, daß es nicht mehr ausweichen noch aus dem Schiff springen kan; Ach da darff es bey nahe niemand recht wagen.
Ja wäre JESUS nur ein Kertze, so kauffte man ihne die Fin- sternuß der Nacht zu vertreiben; Aber da er die Kertze und Klarheit ist des neuen Jerusalems, so unsere Seelen erleuchten und versetzen kan aus aller ewig schädlichen Finsternuß des Jrrthums und der Boß- heit in das wunderbare Licht deß Königreichs GOttes, alles wohl darinnen zu unterscheiden und zur Seeligkeit taugende Wercke zu würcken, da verlangen wir ihn nicht, weil unsere Wercke böß und eitel sind.
Eine Perle, die nur zum Pracht dienet, funde noch etwann an eines mächtigen Potentaten Hof-Debite und Liebhabers sollte sie auch bey Millionen Gulden kosten, JESUS hingegen, der einen unendlichen, unvergleichlichen Nutzen bringt vor das jetzige und zu- künfftige Leben, und den man umsonst haben kan ohne Geld, der wird von denen Armen eben so sehr als von denen Reichen verschmä- het.
Das
a 2 Cor. II. 16.
Betrachtungen
Luſt- Wald,
§. 10. Waͤre er ein Luſt-Wald, ein Frucht-Gebirg und gruͤ- ne Matte, ein ſchattichter Apfel-Baum, ein Muſic-Saal, ein Lilien-Zweig, ſo wuͤrde er noch mit Luſt beſucht; Aber da der Berg Zion in JEſum gegruͤndet, da alle Heiligen auf ihm wachſen, da unzaͤhliche Heyls-Begierige ihren Safft wie Graͤßlein aus ihm ziehen und gruͤnen, da er das gantze Jahr als ein ſchoͤner Himmels-Baum vor der Seelen ſtehet, den Schatten ſeines Schutzes uͤber ſie auszubrei- ten und ſeine reiffe Fruͤchte darzureichen, da er das Hertz einen in die Ewigkeit verzuckenden Jubel-Thon empfinden laßt, und einen un- vergaͤnglichen Geruch des Lebens zum zeitlichen und ewigen Leben a; Ach da wird er vor nichts geachtet.
Schiff, Kertze und derglei- chen.
§. 11. Waͤre er ein Schiff, ſo wuͤrden alle und jede Wochen einige darein tretten uͤber das Waſſer hinzufahren; Da aber ſeine Gnade uns von der Welt und Zeitlichkeit abfuͤhret und in GOttes Krafft, Weißheit und Guͤte allein ſchweben laſſet, und das Hertz in ſeine Nachfolge gefangen nimmt, daß es nicht mehr ausweichen noch aus dem Schiff ſpringen kan; Ach da darff es bey nahe niemand recht wagen.
Ja waͤre JESUS nur ein Kertze, ſo kauffte man ihne die Fin- ſternuß der Nacht zu vertreiben; Aber da er die Kertze und Klarheit iſt des neuen Jeruſalems, ſo unſere Seelen erleuchten und verſetzen kan aus aller ewig ſchaͤdlichen Finſternuß des Jrrthums und der Boß- heit in das wunderbare Licht deß Koͤnigreichs GOttes, alles wohl darinnen zu unterſcheiden und zur Seeligkeit taugende Wercke zu wuͤrcken, da verlangen wir ihn nicht, weil unſere Wercke boͤß und eitel ſind.
Eine Perle, die nur zum Pracht dienet, funde noch etwann an eines maͤchtigen Potentaten Hof-Debite und Liebhabers ſollte ſie auch bey Millionen Gulden koſten, JESUS hingegen, der einen unendlichen, unvergleichlichen Nutzen bringt vor das jetzige und zu- kuͤnfftige Leben, und den man umſonſt haben kan ohne Geld, der wird von denen Armen eben ſo ſehr als von denen Reichen verſchmaͤ- het.
Das
a 2 Cor. II. 16.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0952"n="856"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Betrachtungen</hi></fw><lb/><noteplace="left">Luſt-<lb/>
Wald,</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 10. Waͤre er ein <hirendition="#fr">Luſt-Wald,</hi> ein Frucht-Gebirg und gruͤ-<lb/>
ne Matte, ein ſchattichter <hirendition="#fr">Apfel-Baum,</hi> ein Muſic-<hirendition="#fr">Saal,</hi><lb/>
ein Lilien-<hirendition="#fr">Zweig,</hi>ſo wuͤrde er noch mit Luſt beſucht; Aber da der<lb/>
Berg Zion in JEſum gegruͤndet, da alle Heiligen auf ihm wachſen, da<lb/>
unzaͤhliche Heyls-Begierige ihren Safft wie Graͤßlein aus ihm ziehen und<lb/>
gruͤnen, da er das gantze Jahr als ein ſchoͤner Himmels-Baum vor<lb/>
der Seelen ſtehet, den Schatten ſeines Schutzes uͤber ſie auszubrei-<lb/>
ten und ſeine reiffe Fruͤchte darzureichen, da er das Hertz einen in<lb/>
die Ewigkeit verzuckenden Jubel-Thon empfinden laßt, und einen un-<lb/>
vergaͤnglichen Geruch des Lebens zum zeitlichen und ewigen Leben <noteplace="foot"n="a">2 <hirendition="#aq">Cor. II.</hi> 16.</note>;<lb/>
Ach da wird er vor nichts geachtet.</p><lb/><noteplace="left">Schiff,<lb/>
Kertze und<lb/>
derglei-<lb/>
chen.</note><p>§. 11. Waͤre er ein <hirendition="#fr">Schiff,</hi>ſo wuͤrden alle und jede Wochen<lb/>
einige darein tretten uͤber das Waſſer hinzufahren; Da aber ſeine<lb/>
Gnade uns von der Welt und Zeitlichkeit abfuͤhret und in GOttes<lb/>
Krafft, Weißheit und Guͤte allein ſchweben laſſet, und das Hertz in<lb/>ſeine Nachfolge gefangen nimmt, daß es nicht mehr ausweichen noch<lb/>
aus dem Schiff ſpringen kan; Ach da darff es bey nahe niemand recht<lb/>
wagen.</p><lb/><p>Ja waͤre JESUS nur ein <hirendition="#fr">Kertze,</hi>ſo kauffte man ihne die Fin-<lb/>ſternuß der Nacht zu vertreiben; Aber da er die Kertze und Klarheit<lb/>
iſt des neuen Jeruſalems, ſo unſere Seelen erleuchten und verſetzen<lb/>
kan aus aller ewig ſchaͤdlichen Finſternuß des Jrrthums und der Boß-<lb/>
heit in das wunderbare Licht deß Koͤnigreichs GOttes, alles wohl<lb/>
darinnen zu unterſcheiden und zur Seeligkeit taugende Wercke zu<lb/>
wuͤrcken, da verlangen wir ihn nicht, weil unſere Wercke boͤß und<lb/>
eitel ſind.</p><lb/><p>Eine Perle, die nur zum Pracht dienet, funde noch etwann an<lb/>
eines maͤchtigen Potentaten Hof-Debite und Liebhabers ſollte ſie<lb/>
auch bey Millionen Gulden koſten, JESUS hingegen, der einen<lb/>
unendlichen, unvergleichlichen Nutzen bringt vor das jetzige und zu-<lb/>
kuͤnfftige Leben, und den man umſonſt haben kan ohne Geld, der<lb/>
wird von denen Armen eben ſo ſehr als von denen Reichen verſchmaͤ-<lb/>
het.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Das</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[856/0952]
Betrachtungen
§. 10. Waͤre er ein Luſt-Wald, ein Frucht-Gebirg und gruͤ-
ne Matte, ein ſchattichter Apfel-Baum, ein Muſic-Saal,
ein Lilien-Zweig, ſo wuͤrde er noch mit Luſt beſucht; Aber da der
Berg Zion in JEſum gegruͤndet, da alle Heiligen auf ihm wachſen, da
unzaͤhliche Heyls-Begierige ihren Safft wie Graͤßlein aus ihm ziehen und
gruͤnen, da er das gantze Jahr als ein ſchoͤner Himmels-Baum vor
der Seelen ſtehet, den Schatten ſeines Schutzes uͤber ſie auszubrei-
ten und ſeine reiffe Fruͤchte darzureichen, da er das Hertz einen in
die Ewigkeit verzuckenden Jubel-Thon empfinden laßt, und einen un-
vergaͤnglichen Geruch des Lebens zum zeitlichen und ewigen Leben a;
Ach da wird er vor nichts geachtet.
§. 11. Waͤre er ein Schiff, ſo wuͤrden alle und jede Wochen
einige darein tretten uͤber das Waſſer hinzufahren; Da aber ſeine
Gnade uns von der Welt und Zeitlichkeit abfuͤhret und in GOttes
Krafft, Weißheit und Guͤte allein ſchweben laſſet, und das Hertz in
ſeine Nachfolge gefangen nimmt, daß es nicht mehr ausweichen noch
aus dem Schiff ſpringen kan; Ach da darff es bey nahe niemand recht
wagen.
Ja waͤre JESUS nur ein Kertze, ſo kauffte man ihne die Fin-
ſternuß der Nacht zu vertreiben; Aber da er die Kertze und Klarheit
iſt des neuen Jeruſalems, ſo unſere Seelen erleuchten und verſetzen
kan aus aller ewig ſchaͤdlichen Finſternuß des Jrrthums und der Boß-
heit in das wunderbare Licht deß Koͤnigreichs GOttes, alles wohl
darinnen zu unterſcheiden und zur Seeligkeit taugende Wercke zu
wuͤrcken, da verlangen wir ihn nicht, weil unſere Wercke boͤß und
eitel ſind.
Eine Perle, die nur zum Pracht dienet, funde noch etwann an
eines maͤchtigen Potentaten Hof-Debite und Liebhabers ſollte ſie
auch bey Millionen Gulden koſten, JESUS hingegen, der einen
unendlichen, unvergleichlichen Nutzen bringt vor das jetzige und zu-
kuͤnfftige Leben, und den man umſonſt haben kan ohne Geld, der
wird von denen Armen eben ſo ſehr als von denen Reichen verſchmaͤ-
het.
Das
a 2 Cor. II. 16.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 856. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/952>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.