Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

über die himmlische Perle.
angehet, als wanns um den Madensack zu thun ist; jenes, meint man,
komme noch wohl, und also gehet ein Posttag nach dem andern vorbey,
und weilen man in der Correspondentz mit dem himmlischen Jerusalem
so liederlich gewesen, so hat man auch in Ewigkeit nichts alldorten zu
prätendieren und muß in der Höll bättlen gehen, und kan doch kein
Tropffen Wasser kriegen die lüsterne schwätzige Zung zu kühlen.

§. 8. Ach HErr JEsu Christe laß dirs zu Hertzen gehen, erbarmeSeufftzer
zu GOtt
um Ver-
besserung.

dich und erleuchte noch so viele, die sich thöricht einbilden, es trage ih-
nen mehr ein, wann sie einen Brief nach Basel, Nürnberg etc. schi-
cken, als wann sie ein innig-begieriges Gebett in deine Hülff-willige
Hand und in dein Hertz legen. Ach lieber HErr! Wie sind wir doch
so böß und unartig gegen dir, guter JESU, daß wir ehender tausend
Grobheiten gegen dir begiengen, als nur eine gegen den sterblichen, elen-
den Sündern, da du uns doch gar zu gern zum unermäßlichen Reich-
thum deiner Heiligkeit und Freude befördern wolltest? Ach du wer-
ther H. Geist, so hilff mir dann, tringe und treibe mich, daß JEsus alle
Posttag einen Liebes-Brieff von meinem Zustand empfahe, gib mirs ein
und dictiere mir, du weißt, welche Schreiben JEsu die angenehmsten
und mir die vortheilhafftigsten sind.

O daß doch aus allen Handels-Städten und sonderbar aus dir, du
Hertz-geliebtes N. gantze Bündel und Paqueter Himmels-dringender
Gebetten nach Zion der himmlischen Stadt hinflogen, wie wurde man
doch nicht bald sehen, Jerusalem von GOtt aus dem Himmel herab-
fahren, zubereitet als eine Braut, die ihrem Mann geschmücket ist und
die Klarheit ihrer Perlen-Thoren hinscheinen in alle Lande. JEsus
gebe es bald; Ach ja noch in unseren Tagen, damit wir es auch erleben,
Amen.

§. 9. Biß dahin muß ich meine Klage fort führen, ob durch GOttesAeusserli-
ches Kirch
und Cere-
monie-
Wesen
reichet
nicht zu.

Krafft eine Seele erweckt werden möchte alles um den Liebes-würdigsten
JEsum zu vertauschen; Es thun zwar viele dergleichen, sie suchen JE-
sum in der Kirch, aber lassens darbey bleiben, Singen, Hören, Lesen,
Betten Jahr aus Jahr ein und kommen nimmer weiter zum wahren
Wesen, sie bleiben fort und fort am alten Ort, werden jährlich viermal
fromm, erforschen sich nach denen zehen Gebotten, betten etwas andäch-
tiger als sonst ordinari, erwecken in sich einige Zerknirschung, welches sie
Buß nennen, und stellen sich Christi Leyden vor ihre Sünden so beweg-
lich vor, als sie können, und das heissen sie glauben, versprechen daneben
Lebens-Besserung und vermeinen alsdann, was sie nach Anleitung ih-

rer
N n n n n 3

uͤber die himmliſche Perle.
angehet, als wanns um den Madenſack zu thun iſt; jenes, meint man,
komme noch wohl, und alſo gehet ein Poſttag nach dem andern vorbey,
und weilen man in der Correſpondentz mit dem himmliſchen Jeruſalem
ſo liederlich geweſen, ſo hat man auch in Ewigkeit nichts alldorten zu
praͤtendieren und muß in der Hoͤll baͤttlen gehen, und kan doch kein
Tropffen Waſſer kriegen die luͤſterne ſchwaͤtzige Zung zu kuͤhlen.

§. 8. Ach HErr JEſu Chriſte laß dirs zu Hertzen gehen, erbarmeSeufftzer
zu GOtt
um Ver-
beſſerung.

dich und erleuchte noch ſo viele, die ſich thoͤricht einbilden, es trage ih-
nen mehr ein, wann ſie einen Brief nach Baſel, Nuͤrnberg ꝛc. ſchi-
cken, als wann ſie ein innig-begieriges Gebett in deine Huͤlff-willige
Hand und in dein Hertz legen. Ach lieber HErr! Wie ſind wir doch
ſo boͤß und unartig gegen dir, guter JESU, daß wir ehender tauſend
Grobheiten gegen dir begiengen, als nur eine gegen den ſterblichen, elen-
den Suͤndern, da du uns doch gar zu gern zum unermaͤßlichen Reich-
thum deiner Heiligkeit und Freude befoͤrdern wollteſt? Ach du wer-
ther H. Geiſt, ſo hilff mir dann, tringe und treibe mich, daß JEſus alle
Poſttag einen Liebes-Brieff von meinem Zuſtand empfahe, gib mirs ein
und dictiere mir, du weißt, welche Schreiben JEſu die angenehmſten
und mir die vortheilhafftigſten ſind.

O daß doch aus allen Handels-Staͤdten und ſonderbar aus dir, du
Hertz-geliebtes N. gantze Buͤndel und Paqueter Himmels-dringender
Gebetten nach Zion der himmliſchen Stadt hinflogen, wie wurde man
doch nicht bald ſehen, Jeruſalem von GOtt aus dem Himmel herab-
fahren, zubereitet als eine Braut, die ihrem Mann geſchmuͤcket iſt und
die Klarheit ihrer Perlen-Thoren hinſcheinen in alle Lande. JEſus
gebe es bald; Ach ja noch in unſeren Tagen, damit wir es auch erleben,
Amen.

§. 9. Biß dahin muß ich meine Klage fort fuͤhren, ob durch GOttesAeuſſerli-
ches Kirch
und Cere-
monie-
Weſen
reichet
nicht zu.

Krafft eine Seele erweckt werden moͤchte alles um den Liebes-wuͤrdigſten
JEſum zu vertauſchen; Es thun zwar viele dergleichen, ſie ſuchen JE-
ſum in der Kirch, aber laſſens darbey bleiben, Singen, Hoͤren, Leſen,
Betten Jahr aus Jahr ein und kommen nimmer weiter zum wahren
Weſen, ſie bleiben fort und fort am alten Ort, werden jaͤhrlich viermal
fromm, erforſchen ſich nach denen zehen Gebotten, betten etwas andaͤch-
tiger als ſonſt ordinari, erwecken in ſich einige Zerknirſchung, welches ſie
Buß nennen, und ſtellen ſich Chriſti Leyden vor ihre Suͤnden ſo beweg-
lich vor, als ſie koͤnnen, und das heiſſen ſie glauben, verſprechen daneben
Lebens-Beſſerung und vermeinen alsdann, was ſie nach Anleitung ih-

rer
N n n n n 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0933" n="837"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber die himmli&#x017F;che Perle.</hi></fw><lb/>
angehet, als wanns um den Maden&#x017F;ack zu thun i&#x017F;t; jenes, meint man,<lb/>
komme noch wohl, und al&#x017F;o gehet ein Po&#x017F;ttag nach dem andern vorbey,<lb/>
und weilen man in der Corre&#x017F;pondentz mit dem himmli&#x017F;chen Jeru&#x017F;alem<lb/>
&#x017F;o liederlich gewe&#x017F;en, &#x017F;o hat man auch in Ewigkeit nichts alldorten zu<lb/>
pra&#x0364;tendieren und muß in der Ho&#x0364;ll ba&#x0364;ttlen gehen, und kan doch kein<lb/>
Tropffen Wa&#x017F;&#x017F;er kriegen die lu&#x0364;&#x017F;terne &#x017F;chwa&#x0364;tzige Zung zu ku&#x0364;hlen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 8. Ach HErr JE&#x017F;u Chri&#x017F;te laß dirs zu Hertzen gehen, erbarme<note place="right">Seufftzer<lb/>
zu GOtt<lb/>
um Ver-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erung.</note><lb/>
dich und erleuchte noch &#x017F;o viele, die &#x017F;ich tho&#x0364;richt einbilden, es trage ih-<lb/>
nen mehr ein, wann &#x017F;ie einen Brief nach Ba&#x017F;el, Nu&#x0364;rnberg &#xA75B;c. &#x017F;chi-<lb/>
cken, als wann &#x017F;ie ein innig-begieriges Gebett in deine Hu&#x0364;lff-willige<lb/>
Hand und in dein Hertz legen. Ach lieber HErr! Wie &#x017F;ind wir doch<lb/>
&#x017F;o bo&#x0364;ß und unartig gegen dir, guter JESU, daß wir ehender tau&#x017F;end<lb/>
Grobheiten gegen dir begiengen, als nur eine gegen den &#x017F;terblichen, elen-<lb/>
den Su&#x0364;ndern, da du uns doch gar zu gern zum unerma&#x0364;ßlichen Reich-<lb/>
thum deiner Heiligkeit und Freude befo&#x0364;rdern wollte&#x017F;t? Ach du wer-<lb/>
ther H. Gei&#x017F;t, &#x017F;o hilff mir dann, tringe und treibe mich, daß JE&#x017F;us alle<lb/>
Po&#x017F;ttag einen Liebes-Brieff von meinem Zu&#x017F;tand empfahe, gib mirs ein<lb/>
und dictiere mir, du weißt, welche Schreiben JE&#x017F;u die angenehm&#x017F;ten<lb/>
und mir die vortheilhafftig&#x017F;ten &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>O daß doch aus allen Handels-Sta&#x0364;dten und &#x017F;onderbar aus dir, du<lb/>
Hertz-geliebtes N. gantze Bu&#x0364;ndel und Paqueter Himmels-dringender<lb/>
Gebetten nach Zion der himmli&#x017F;chen Stadt hinflogen, wie wurde man<lb/>
doch nicht bald &#x017F;ehen, Jeru&#x017F;alem von GOtt aus dem Himmel herab-<lb/>
fahren, zubereitet als eine Braut, die ihrem Mann ge&#x017F;chmu&#x0364;cket i&#x017F;t und<lb/>
die Klarheit ihrer Perlen-Thoren hin&#x017F;cheinen in alle Lande. JE&#x017F;us<lb/>
gebe es bald; Ach ja noch in un&#x017F;eren Tagen, damit wir es auch erleben,<lb/>
Amen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 9. Biß dahin muß ich meine Klage fort fu&#x0364;hren, ob durch GOttes<note place="right">Aeu&#x017F;&#x017F;erli-<lb/>
ches Kirch<lb/>
und Cere-<lb/>
monie-<lb/>
We&#x017F;en<lb/>
reichet<lb/>
nicht zu.</note><lb/>
Krafft eine Seele erweckt werden mo&#x0364;chte alles um den Liebes-wu&#x0364;rdig&#x017F;ten<lb/>
JE&#x017F;um zu vertau&#x017F;chen; Es thun zwar viele dergleichen, &#x017F;ie &#x017F;uchen JE-<lb/>
&#x017F;um in der Kirch, aber la&#x017F;&#x017F;ens darbey bleiben, Singen, Ho&#x0364;ren, Le&#x017F;en,<lb/>
Betten Jahr aus Jahr ein und kommen nimmer weiter zum wahren<lb/>
We&#x017F;en, &#x017F;ie bleiben fort und fort am alten Ort, werden ja&#x0364;hrlich viermal<lb/>
fromm, erfor&#x017F;chen &#x017F;ich nach denen zehen Gebotten, betten etwas anda&#x0364;ch-<lb/>
tiger als &#x017F;on&#x017F;t ordinari, erwecken in &#x017F;ich einige Zerknir&#x017F;chung, welches &#x017F;ie<lb/>
Buß nennen, und &#x017F;tellen &#x017F;ich Chri&#x017F;ti Leyden vor ihre Su&#x0364;nden &#x017F;o beweg-<lb/>
lich vor, als &#x017F;ie ko&#x0364;nnen, und das hei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie glauben, ver&#x017F;prechen daneben<lb/>
Lebens-Be&#x017F;&#x017F;erung und vermeinen alsdann, was &#x017F;ie nach Anleitung ih-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N n n n n 3</fw><fw place="bottom" type="catch">rer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[837/0933] uͤber die himmliſche Perle. angehet, als wanns um den Madenſack zu thun iſt; jenes, meint man, komme noch wohl, und alſo gehet ein Poſttag nach dem andern vorbey, und weilen man in der Correſpondentz mit dem himmliſchen Jeruſalem ſo liederlich geweſen, ſo hat man auch in Ewigkeit nichts alldorten zu praͤtendieren und muß in der Hoͤll baͤttlen gehen, und kan doch kein Tropffen Waſſer kriegen die luͤſterne ſchwaͤtzige Zung zu kuͤhlen. §. 8. Ach HErr JEſu Chriſte laß dirs zu Hertzen gehen, erbarme dich und erleuchte noch ſo viele, die ſich thoͤricht einbilden, es trage ih- nen mehr ein, wann ſie einen Brief nach Baſel, Nuͤrnberg ꝛc. ſchi- cken, als wann ſie ein innig-begieriges Gebett in deine Huͤlff-willige Hand und in dein Hertz legen. Ach lieber HErr! Wie ſind wir doch ſo boͤß und unartig gegen dir, guter JESU, daß wir ehender tauſend Grobheiten gegen dir begiengen, als nur eine gegen den ſterblichen, elen- den Suͤndern, da du uns doch gar zu gern zum unermaͤßlichen Reich- thum deiner Heiligkeit und Freude befoͤrdern wollteſt? Ach du wer- ther H. Geiſt, ſo hilff mir dann, tringe und treibe mich, daß JEſus alle Poſttag einen Liebes-Brieff von meinem Zuſtand empfahe, gib mirs ein und dictiere mir, du weißt, welche Schreiben JEſu die angenehmſten und mir die vortheilhafftigſten ſind. Seufftzer zu GOtt um Ver- beſſerung. O daß doch aus allen Handels-Staͤdten und ſonderbar aus dir, du Hertz-geliebtes N. gantze Buͤndel und Paqueter Himmels-dringender Gebetten nach Zion der himmliſchen Stadt hinflogen, wie wurde man doch nicht bald ſehen, Jeruſalem von GOtt aus dem Himmel herab- fahren, zubereitet als eine Braut, die ihrem Mann geſchmuͤcket iſt und die Klarheit ihrer Perlen-Thoren hinſcheinen in alle Lande. JEſus gebe es bald; Ach ja noch in unſeren Tagen, damit wir es auch erleben, Amen. §. 9. Biß dahin muß ich meine Klage fort fuͤhren, ob durch GOttes Krafft eine Seele erweckt werden moͤchte alles um den Liebes-wuͤrdigſten JEſum zu vertauſchen; Es thun zwar viele dergleichen, ſie ſuchen JE- ſum in der Kirch, aber laſſens darbey bleiben, Singen, Hoͤren, Leſen, Betten Jahr aus Jahr ein und kommen nimmer weiter zum wahren Weſen, ſie bleiben fort und fort am alten Ort, werden jaͤhrlich viermal fromm, erforſchen ſich nach denen zehen Gebotten, betten etwas andaͤch- tiger als ſonſt ordinari, erwecken in ſich einige Zerknirſchung, welches ſie Buß nennen, und ſtellen ſich Chriſti Leyden vor ihre Suͤnden ſo beweg- lich vor, als ſie koͤnnen, und das heiſſen ſie glauben, verſprechen daneben Lebens-Beſſerung und vermeinen alsdann, was ſie nach Anleitung ih- rer Aeuſſerli- ches Kirch und Cere- monie- Weſen reichet nicht zu. N n n n n 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/933
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 837. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/933>, abgerufen am 22.11.2024.