ihren Reichen, dann sein Reich ist auch nicht von dieser Welt a. Er führte keinen Staat, theilte weder groß Geld und Gut noch Ehren-Stellen aus; Er lebte schlechter als der Geringsten einer im Volck, sein Regiment bestund überall darinn, daß er den Leuten in Himmel helffen wollte, die betrübten Gewissen gar frölich und lu- stig machen, und jedermann, wers mit Ernst verlangte, vom Tod, Teufel und Höll erretten, und ein gar neu, schön, himmlisch We- sen hineinbringen, als Mittler, welches Amt er nicht verwalten konn- te, wann er nicht ein HERR wäre über alle Creatur, als GOtt, damit richtet ers fein aus, wie es seyn soll, unbeschreiblich besser, als wir es auszudencken vermöchten.
§. 4. Jst also dieses Himmelreich GOttes die Kirch, mit derensonderen die strei- tende Kirch oder das Reich der Gnaden, Christus will am meisten zu schaffen haben, als ihr allergnädigster HErr, Haupt, und König; Und weilen wir Leute sind welche die Göttliche Majestät verachtet, und uns seiner Herrschafft entzogen, so mußte GOtt ein Sclav werden b, sein Blut und Leben vor uns hingeben, wollte er je ein so beseligtes Reich von Herren und Kö- nigen aus uns Sündern haben, so vieles aber hätte er nicht an uns gewandt, wann er uns nicht geschaffen hätte; Wer sich Christo an- vertrauet, der ist ein Kind dieses Reichs, und setzt JEsu einen Kö- niglichen Stuhl dar in seinem Hertzen, da er herrschet durchs Evan- gelium und den Heiligen Geist, in einem auf Erden durch schwere Versuchung offt sehr bestürmten Frieden, und durch viele harte Streite und Anfechtungen benebleter Freude: Dann obschon dieses Königs Unterthanen, Beruffene, Auserwählte und Geliebte bereits innert den Ringmauren der Stadt GOttes, des himmlischen Je- rusalems sind, so wallen sie doch nur noch im Thal unten an den Füs- sen des Berges Zion, und müssen manches Schweiß-Bad ausste- hen, ehe sie die Spitze des Bergs ersteigen, die Burg erreichen, den König selbst persöhnlich zu sehen von Angesicht zu Angesicht c.
§. 5. Wird hiemit durch das Himmelreich nicht nur das Gna-wie auch das Reich der Herr- lichkeit. den-Reich in der streitenden Kirch, (darein freylich auch niemand eingehen kan, der den Willen des himmlischen Vatters nicht thut, und Christum und sein Creutz nicht in sich leiden will, der hat frey- lich keinen Theil an dem Seegen, Gunst und Schutz wormit GOtt
seines
aJoh. XVIII. 36.
bPhil. 11.
c 1 Cor. XIII. 12.
G g g g g 2
uͤber die himmliſche Perle.
ihren Reichen, dann ſein Reich iſt auch nicht von dieſer Welt a. Er fuͤhrte keinen Staat, theilte weder groß Geld und Gut noch Ehren-Stellen aus; Er lebte ſchlechter als der Geringſten einer im Volck, ſein Regiment beſtund uͤberall darinn, daß er den Leuten in Himmel helffen wollte, die betruͤbten Gewiſſen gar froͤlich und lu- ſtig machen, und jedermann, wers mit Ernſt verlangte, vom Tod, Teufel und Hoͤll erretten, und ein gar neu, ſchoͤn, himmliſch We- ſen hineinbringen, als Mittler, welches Amt er nicht verwalten konn- te, wann er nicht ein HERR waͤre uͤber alle Creatur, als GOtt, damit richtet ers fein aus, wie es ſeyn ſoll, unbeſchreiblich beſſer, als wir es auszudencken vermoͤchten.
§. 4. Jſt alſo dieſes Himmelreich GOttes die Kirch, mit derenſonderen die ſtrei- tende Kirch oder das Reich der Gnaden, Chriſtus will am meiſten zu ſchaffen haben, als ihr allergnaͤdigſter HErr, Haupt, und Koͤnig; Und weilen wir Leute ſind welche die Goͤttliche Majeſtaͤt verachtet, und uns ſeiner Herrſchafft entzogen, ſo mußte GOtt ein Sclav werden b, ſein Blut und Leben vor uns hingeben, wollte er je ein ſo beſeligtes Reich von Herren und Koͤ- nigen aus uns Suͤndern haben, ſo vieles aber haͤtte er nicht an uns gewandt, wann er uns nicht geſchaffen haͤtte; Wer ſich Chriſto an- vertrauet, der iſt ein Kind dieſes Reichs, und ſetzt JEſu einen Koͤ- niglichen Stuhl dar in ſeinem Hertzen, da er herrſchet durchs Evan- gelium und den Heiligen Geiſt, in einem auf Erden durch ſchwere Verſuchung offt ſehr beſtuͤrmten Frieden, und durch viele harte Streite und Anfechtungen benebleter Freude: Dann obſchon dieſes Koͤnigs Unterthanen, Beruffene, Auserwaͤhlte und Geliebte bereits innert den Ringmauren der Stadt GOttes, des himmliſchen Je- ruſalems ſind, ſo wallen ſie doch nur noch im Thal unten an den Fuͤſ- ſen des Berges Zion, und muͤſſen manches Schweiß-Bad ausſte- hen, ehe ſie die Spitze des Bergs erſteigen, die Burg erreichen, den Koͤnig ſelbſt perſoͤhnlich zu ſehen von Angeſicht zu Angeſicht c.
§. 5. Wird hiemit durch das Himmelreich nicht nur das Gna-wie auch das Reich der Herr- lichkeit. den-Reich in der ſtreitenden Kirch, (darein freylich auch niemand eingehen kan, der den Willen des himmliſchen Vatters nicht thut, und Chriſtum und ſein Creutz nicht in ſich leiden will, der hat frey- lich keinen Theil an dem Seegen, Gunſt und Schutz wormit GOtt
ſeines
aJoh. XVIII. 36.
bPhil. 11.
c 1 Cor. XIII. 12.
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uͤber die himmliſche Perle.
ihren Reichen, dann ſein Reich iſt auch nicht von dieſer Welt a.
Er fuͤhrte keinen Staat, theilte weder groß Geld und Gut noch
Ehren-Stellen aus; Er lebte ſchlechter als der Geringſten einer im
Volck, ſein Regiment beſtund uͤberall darinn, daß er den Leuten in
Himmel helffen wollte, die betruͤbten Gewiſſen gar froͤlich und lu-
ſtig machen, und jedermann, wers mit Ernſt verlangte, vom Tod,
Teufel und Hoͤll erretten, und ein gar neu, ſchoͤn, himmliſch We-
ſen hineinbringen, als Mittler, welches Amt er nicht verwalten konn-
te, wann er nicht ein HERR waͤre uͤber alle Creatur, als GOtt,
damit richtet ers fein aus, wie es ſeyn ſoll, unbeſchreiblich beſſer,
als wir es auszudencken vermoͤchten.
§. 4. Jſt alſo dieſes Himmelreich GOttes die Kirch, mit deren
Chriſtus will am meiſten zu ſchaffen haben, als ihr allergnaͤdigſter
HErr, Haupt, und Koͤnig; Und weilen wir Leute ſind welche die
Goͤttliche Majeſtaͤt verachtet, und uns ſeiner Herrſchafft entzogen,
ſo mußte GOtt ein Sclav werden b, ſein Blut und Leben vor uns
hingeben, wollte er je ein ſo beſeligtes Reich von Herren und Koͤ-
nigen aus uns Suͤndern haben, ſo vieles aber haͤtte er nicht an uns
gewandt, wann er uns nicht geſchaffen haͤtte; Wer ſich Chriſto an-
vertrauet, der iſt ein Kind dieſes Reichs, und ſetzt JEſu einen Koͤ-
niglichen Stuhl dar in ſeinem Hertzen, da er herrſchet durchs Evan-
gelium und den Heiligen Geiſt, in einem auf Erden durch ſchwere
Verſuchung offt ſehr beſtuͤrmten Frieden, und durch viele harte
Streite und Anfechtungen benebleter Freude: Dann obſchon dieſes
Koͤnigs Unterthanen, Beruffene, Auserwaͤhlte und Geliebte bereits
innert den Ringmauren der Stadt GOttes, des himmliſchen Je-
ruſalems ſind, ſo wallen ſie doch nur noch im Thal unten an den Fuͤſ-
ſen des Berges Zion, und muͤſſen manches Schweiß-Bad ausſte-
hen, ehe ſie die Spitze des Bergs erſteigen, die Burg erreichen,
den Koͤnig ſelbſt perſoͤhnlich zu ſehen von Angeſicht zu Angeſicht c.
ſonderen
die ſtrei-
tende Kirch
oder das
Reich der
Gnaden,
§. 5. Wird hiemit durch das Himmelreich nicht nur das Gna-
den-Reich in der ſtreitenden Kirch, (darein freylich auch niemand
eingehen kan, der den Willen des himmliſchen Vatters nicht thut,
und Chriſtum und ſein Creutz nicht in ſich leiden will, der hat frey-
lich keinen Theil an dem Seegen, Gunſt und Schutz wormit GOtt
ſeines
wie auch
das Reich
der Herr-
lichkeit.
a Joh. XVIII. 36.
b Phil. 11.
c 1 Cor. XIII. 12.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 787. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/883>, abgerufen am 22.11.2024.
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