seligen Liechts-Glantz denen Geheimnissen seines Reichs nachzuspühren: JESUS schencke und eröffne uns die innwendige Ohren, die wie- derbringende, zurechtweisende, heilende, leitende und weydende Stimm des Ertz-Hirten zu vernehmen: Seine Liebes-Treue beselige uns mit dem gejstlichen Geschmack GOttes ewige Vatter-Liebe, als die stets ausfliessende süsse Quelle aller Gaben, seine Verheissungen und Gnaden-volle Züchtigungen in ihrer grund-verborgenen, gött- lich-tieffen Güte und Süßigkeit zu kosten.
O wie gesegnete Prediger wurden wir seyn und von Jahr zu Jahr geübtere Sinnen bekommen, zu unterscheiden was vom H. Geist in wahrer Weißheit, Liebe und Erkanntnuß, in der Demuth und Sanfftmuth Christi in und durch uns gewürcket wird; von demjeni- gen, was die ihr selbst gelassene Schlangen-Witz, fleischlicher Eif- fer und schmeichlerische Menschen-Gefälligkeit, leeres, lebloses Wis- sen in eiteler Geld- und Ehrsucht ausbrütet, um dieses immer ernst- licher zu verpfuyen, und jenem redlicher anzuhangen und täglich darinn durchleuchtiger und völliger zu werden.
§. 9. Meines Theils sehe ichs nicht gern, daß mir der Kopf vomGOttes Wunder- Wege bey den Sei- nen. Nachsinnen erhitzet werde, welches zwar gar wunderselten geschiehet, mein Wunsch dagegen ist, daß doch nur das Hertz von denen himm- lischen Warheiten sänfftiglich erwärmet, und in heiligender Lust und Liebe entzündet werde, allermassen sich alsdann der Weißheits- und Lebens-Brunn in unseren unsterblichen Geist eröffnet, und sich nach der gnadenreichen Leitung unsers Haupts JESU Christi ergiesset, nach dem auch der Hunger und die Nothdurfft der Hörenden ernst- lich ist; Alles wie JESU Worte lauten: Weß das Hertz voll ist, das gehet der Mund über a. Und wann GOTT seine Hand auf- thut, so sättiget er alles mit Wohlgefallen, und erfüllet die Hungri- gen mit Güteren, also daß es einem von seinem getreuen GOTT abhangenden Lehrer schwer sollte fallen, was er geprediget, wieder von Wort zu Wort zu recitieren, oder herzusagen, er kans so we- nig behalten als eine Brunn-Röhre das Wasser, oder als die Fen- ster den Sonnenschein, weil die Natur-Menschen ihre Wissenschafft fix haben können, ihre Gaben nach Gefallen gebrauchen, wie die Egyptier den Nil-Fluß, so ist der Glaubens-Mensch wie das Land
Jsrael
aMatth. XII. 34.
F f f f f
Vorrede.
ſeligen Liechts-Glantz denen Geheimniſſen ſeines Reichs nachzuſpuͤhren: JESUS ſchencke und eroͤffne uns die innwendige Ohren, die wie- derbringende, zurechtweiſende, heilende, leitende und weydende Stimm des Ertz-Hirten zu vernehmen: Seine Liebes-Treue beſelige uns mit dem gejſtlichen Geſchmack GOttes ewige Vatter-Liebe, als die ſtets ausflieſſende ſuͤſſe Quelle aller Gaben, ſeine Verheiſſungen und Gnaden-volle Zuͤchtigungen in ihrer grund-verborgenen, goͤtt- lich-tieffen Guͤte und Suͤßigkeit zu koſten.
O wie geſegnete Prediger wurden wir ſeyn und von Jahr zu Jahr geuͤbtere Sinnen bekommen, zu unterſcheiden was vom H. Geiſt in wahrer Weißheit, Liebe und Erkanntnuß, in der Demuth und Sanfftmuth Chriſti in und durch uns gewuͤrcket wird; von demjeni- gen, was die ihr ſelbſt gelaſſene Schlangen-Witz, fleiſchlicher Eif- fer und ſchmeichleriſche Menſchen-Gefaͤlligkeit, leeres, lebloſes Wiſ- ſen in eiteler Geld- und Ehrſucht ausbruͤtet, um dieſes immer ernſt- licher zu verpfuyen, und jenem redlicher anzuhangen und taͤglich darinn durchleuchtiger und voͤlliger zu werden.
§. 9. Meines Theils ſehe ichs nicht gern, daß mir der Kopf vomGOttes Wunder- Wege bey den Sei- nen. Nachſinnen erhitzet werde, welches zwar gar wunderſelten geſchiehet, mein Wunſch dagegen iſt, daß doch nur das Hertz von denen himm- liſchen Warheiten ſaͤnfftiglich erwaͤrmet, und in heiligender Luſt und Liebe entzuͤndet werde, allermaſſen ſich alsdann der Weißheits- und Lebens-Brunn in unſeren unſterblichen Geiſt eroͤffnet, und ſich nach der gnadenreichen Leitung unſers Haupts JESU Chriſti ergieſſet, nach dem auch der Hunger und die Nothdurfft der Hoͤrenden ernſt- lich iſt; Alles wie JESU Worte lauten: Weß das Hertz voll iſt, das gehet der Mund uͤber a. Und wann GOTT ſeine Hand auf- thut, ſo ſaͤttiget er alles mit Wohlgefallen, und erfuͤllet die Hungri- gen mit Guͤteren, alſo daß es einem von ſeinem getreuen GOTT abhangenden Lehrer ſchwer ſollte fallen, was er geprediget, wieder von Wort zu Wort zu recitieren, oder herzuſagen, er kans ſo we- nig behalten als eine Brunn-Roͤhre das Waſſer, oder als die Fen- ſter den Sonnenſchein, weil die Natur-Menſchen ihre Wiſſenſchafft fix haben koͤnnen, ihre Gaben nach Gefallen gebrauchen, wie die Egyptier den Nil-Fluß, ſo iſt der Glaubens-Menſch wie das Land
Jſrael
aMatth. XII. 34.
F f f f f
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0873"n="777"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>ſeligen Liechts-Glantz denen Geheimniſſen ſeines Reichs nachzuſpuͤhren:<lb/>
JESUS ſchencke und eroͤffne uns die innwendige Ohren, die wie-<lb/>
derbringende, zurechtweiſende, heilende, leitende und weydende<lb/>
Stimm des Ertz-Hirten zu vernehmen: Seine Liebes-Treue beſelige<lb/>
uns mit dem gejſtlichen Geſchmack GOttes ewige Vatter-Liebe, als<lb/>
die ſtets ausflieſſende ſuͤſſe Quelle aller Gaben, ſeine Verheiſſungen<lb/>
und Gnaden-volle Zuͤchtigungen in ihrer grund-verborgenen, goͤtt-<lb/>
lich-tieffen Guͤte und Suͤßigkeit zu koſten.</p><lb/><p>O wie geſegnete Prediger wurden wir ſeyn und von Jahr zu Jahr<lb/>
geuͤbtere Sinnen bekommen, zu unterſcheiden was vom H. Geiſt<lb/>
in wahrer Weißheit, Liebe und Erkanntnuß, in der Demuth und<lb/>
Sanfftmuth Chriſti in und durch uns gewuͤrcket wird; von demjeni-<lb/>
gen, was die ihr ſelbſt gelaſſene Schlangen-Witz, fleiſchlicher Eif-<lb/>
fer und ſchmeichleriſche Menſchen-Gefaͤlligkeit, leeres, lebloſes Wiſ-<lb/>ſen in eiteler Geld- und Ehrſucht ausbruͤtet, um dieſes immer ernſt-<lb/>
licher zu verpfuyen, und jenem redlicher anzuhangen und taͤglich<lb/>
darinn durchleuchtiger und voͤlliger zu werden.</p><lb/><p><hirendition="#i">§.</hi> 9. Meines Theils ſehe ichs nicht gern, daß mir der Kopf vom<noteplace="right">GOttes<lb/>
Wunder-<lb/>
Wege bey<lb/>
den Sei-<lb/>
nen.</note><lb/>
Nachſinnen erhitzet werde, welches zwar gar wunderſelten geſchiehet,<lb/>
mein Wunſch dagegen iſt, daß doch nur das Hertz von denen himm-<lb/>
liſchen Warheiten ſaͤnfftiglich erwaͤrmet, und in heiligender Luſt und<lb/>
Liebe entzuͤndet werde, allermaſſen ſich alsdann der Weißheits- und<lb/>
Lebens-Brunn in unſeren unſterblichen Geiſt eroͤffnet, und ſich nach<lb/>
der gnadenreichen Leitung unſers Haupts JESU Chriſti ergieſſet,<lb/>
nach dem auch der Hunger und die Nothdurfft der Hoͤrenden ernſt-<lb/>
lich iſt; Alles wie JESU Worte lauten: Weß das Hertz voll iſt,<lb/>
das gehet der Mund uͤber <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Matth. XII.</hi> 34.</note>. Und wann GOTT ſeine Hand auf-<lb/>
thut, ſo ſaͤttiget er alles mit Wohlgefallen, und erfuͤllet die Hungri-<lb/>
gen mit Guͤteren, alſo daß es einem von ſeinem getreuen GOTT<lb/>
abhangenden Lehrer ſchwer ſollte fallen, was er geprediget, wieder<lb/>
von Wort zu Wort zu recitieren, oder herzuſagen, er kans ſo we-<lb/>
nig behalten als eine Brunn-Roͤhre das Waſſer, oder als die Fen-<lb/>ſter den Sonnenſchein, weil die Natur-Menſchen ihre Wiſſenſchafft<lb/>
fix haben koͤnnen, ihre Gaben nach Gefallen gebrauchen, wie die<lb/>
Egyptier den Nil-Fluß, ſo iſt der Glaubens-Menſch wie das Land<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f f f f</fw><fwplace="bottom"type="catch">Jſrael</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[777/0873]
Vorrede.
ſeligen Liechts-Glantz denen Geheimniſſen ſeines Reichs nachzuſpuͤhren:
JESUS ſchencke und eroͤffne uns die innwendige Ohren, die wie-
derbringende, zurechtweiſende, heilende, leitende und weydende
Stimm des Ertz-Hirten zu vernehmen: Seine Liebes-Treue beſelige
uns mit dem gejſtlichen Geſchmack GOttes ewige Vatter-Liebe, als
die ſtets ausflieſſende ſuͤſſe Quelle aller Gaben, ſeine Verheiſſungen
und Gnaden-volle Zuͤchtigungen in ihrer grund-verborgenen, goͤtt-
lich-tieffen Guͤte und Suͤßigkeit zu koſten.
O wie geſegnete Prediger wurden wir ſeyn und von Jahr zu Jahr
geuͤbtere Sinnen bekommen, zu unterſcheiden was vom H. Geiſt
in wahrer Weißheit, Liebe und Erkanntnuß, in der Demuth und
Sanfftmuth Chriſti in und durch uns gewuͤrcket wird; von demjeni-
gen, was die ihr ſelbſt gelaſſene Schlangen-Witz, fleiſchlicher Eif-
fer und ſchmeichleriſche Menſchen-Gefaͤlligkeit, leeres, lebloſes Wiſ-
ſen in eiteler Geld- und Ehrſucht ausbruͤtet, um dieſes immer ernſt-
licher zu verpfuyen, und jenem redlicher anzuhangen und taͤglich
darinn durchleuchtiger und voͤlliger zu werden.
§. 9. Meines Theils ſehe ichs nicht gern, daß mir der Kopf vom
Nachſinnen erhitzet werde, welches zwar gar wunderſelten geſchiehet,
mein Wunſch dagegen iſt, daß doch nur das Hertz von denen himm-
liſchen Warheiten ſaͤnfftiglich erwaͤrmet, und in heiligender Luſt und
Liebe entzuͤndet werde, allermaſſen ſich alsdann der Weißheits- und
Lebens-Brunn in unſeren unſterblichen Geiſt eroͤffnet, und ſich nach
der gnadenreichen Leitung unſers Haupts JESU Chriſti ergieſſet,
nach dem auch der Hunger und die Nothdurfft der Hoͤrenden ernſt-
lich iſt; Alles wie JESU Worte lauten: Weß das Hertz voll iſt,
das gehet der Mund uͤber a. Und wann GOTT ſeine Hand auf-
thut, ſo ſaͤttiget er alles mit Wohlgefallen, und erfuͤllet die Hungri-
gen mit Guͤteren, alſo daß es einem von ſeinem getreuen GOTT
abhangenden Lehrer ſchwer ſollte fallen, was er geprediget, wieder
von Wort zu Wort zu recitieren, oder herzuſagen, er kans ſo we-
nig behalten als eine Brunn-Roͤhre das Waſſer, oder als die Fen-
ſter den Sonnenſchein, weil die Natur-Menſchen ihre Wiſſenſchafft
fix haben koͤnnen, ihre Gaben nach Gefallen gebrauchen, wie die
Egyptier den Nil-Fluß, ſo iſt der Glaubens-Menſch wie das Land
Jſrael
GOttes
Wunder-
Wege bey
den Sei-
nen.
a Matth. XII. 34.
F f f f f
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/873>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.