Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der unter den Stech-Disteln
Merck-
würdiges
Exempel
davon.
Kaysers Valerians folgender Handel: Es war ein Priester zu An-
tiochia mit Namen Sapricius, dieser ward beleydiget von seinem
Helffer Nicephor, deßhalben faßte er einen Groll wider ihn: Bald
hernach ward der Priester von wegen der Religion in Kercker ge-
worffen und manigfaltig gemartert, er ertrug die greulichste Peini-
gungen mit grosser Beständigkeit: Nicephor glaubte, der würde
ihm gern seinen begangenen Fehler vergeben, der jetzt seinen Hen-
ckern freywillig verziehe; Zu dem End besuchte er den um Christi
willen gefangenen Priester, warff sich zu seinen Füssen, bate ihn fle-
hentlich, mit heissen Thränen er wollte sich doch mit ihm versöhnen,
ja er beschwuhre ihn bey dem Blut JESU, vor dessen Lehr und
Ehr er jetzt auch sein Blut vergiessen wolle; er wolle ihm doch den Kuß
des Friedens geben; Es war aber alles Bitten und Flehen umsonst,
er konnte das steinerne Hertz nicht erweichen. Aber sehet als Sa-
pricius nun sollte gerichtet und zum Tode hingeführet werden, da
fiel er in ein Verzagen, verlaugnete schandlicher Weise den hoch-
gelobten Heyland und verhieß sich des Kaysers Gebott zu unterzie-
hen, wofern man ihm nur das Leben schencken wolle, welche Men-
schen-Gnad er auch erhielte. Sein Helffer ward sehr entrüstet über
sothane Treulosigkeit, die Gemein erwählete ihn zum Priester an
des Abtrünnigen Stelle, und er trug die Martir-Cron davon,
welche jener also leichtfertig hatte fahren lassen. Das ist was Pau-
lus sagt 1 Cor. 13. Wann einer schon seinen Leib dargebe, daß er
gebrennet wurde und hätte die Liebe nicht, so könnte er unmöglich
GOTT angenehm seyn.

Ein ande-
res Exem-
pel.

§. 15. Ein ander schröckliches Exempel erzehlte man mir von ei-
nem Lutherischen Pfarrer, der war reich und vornehmen Geschlechts
der hatte eine Heerde Gänse; Ein Landmann aus seiner Gemein
dem sie zu Schaden giengen, schoß unter sie und tödete eine da-
von ohne zu wissen, wem sie angehörten; als ers aber vernahm,
brachte er seinem Pfarherrn eine andere lebendige Gans davor:
Satan aber steckte ein so greßlich Feuer des Zorns und Hochmuths
in des Predigers Hertzen an, daß er den Mann in Bann thate
und verfluchte; wollte sich auch nicht besänfftigen lassen, da ihm je-
ner einen Ochsen vor die Gans anbotte, sagend: es sey ihm mehr

um

Der unter den Stech-Diſteln
Merck-
wuͤrdiges
Exempel
davon.
Kayſers Valerians folgender Handel: Es war ein Prieſter zu An-
tiochia mit Namen Sapricius, dieſer ward beleydiget von ſeinem
Helffer Nicephor, deßhalben faßte er einen Groll wider ihn: Bald
hernach ward der Prieſter von wegen der Religion in Kercker ge-
worffen und manigfaltig gemartert, er ertrug die greulichſte Peini-
gungen mit groſſer Beſtaͤndigkeit: Nicephor glaubte, der wuͤrde
ihm gern ſeinen begangenen Fehler vergeben, der jetzt ſeinen Hen-
ckern freywillig verziehe; Zu dem End beſuchte er den um Chriſti
willen gefangenen Prieſter, warff ſich zu ſeinen Fuͤſſen, bate ihn fle-
hentlich, mit heiſſen Thraͤnen er wollte ſich doch mit ihm verſoͤhnen,
ja er beſchwuhre ihn bey dem Blut JESU, vor deſſen Lehr und
Ehr er jetzt auch ſein Blut vergieſſen wolle; er wolle ihm doch den Kuß
des Friedens geben; Es war aber alles Bitten und Flehen umſonſt,
er konnte das ſteinerne Hertz nicht erweichen. Aber ſehet als Sa-
pricius nun ſollte gerichtet und zum Tode hingefuͤhret werden, da
fiel er in ein Verzagen, verlaugnete ſchandlicher Weiſe den hoch-
gelobten Heyland und verhieß ſich des Kayſers Gebott zu unterzie-
hen, wofern man ihm nur das Leben ſchencken wolle, welche Men-
ſchen-Gnad er auch erhielte. Sein Helffer ward ſehr entruͤſtet uͤber
ſothane Treuloſigkeit, die Gemein erwaͤhlete ihn zum Prieſter an
des Abtruͤnnigen Stelle, und er trug die Martir-Cron davon,
welche jener alſo leichtfertig hatte fahren laſſen. Das iſt was Pau-
lus ſagt 1 Cor. 13. Wann einer ſchon ſeinen Leib dargebe, daß er
gebrennet wurde und haͤtte die Liebe nicht, ſo koͤnnte er unmoͤglich
GOTT angenehm ſeyn.

Ein ande-
res Exem-
pel.

§. 15. Ein ander ſchroͤckliches Exempel erzehlte man mir von ei-
nem Lutheriſchen Pfarrer, der war reich und vornehmen Geſchlechts
der hatte eine Heerde Gaͤnſe; Ein Landmann aus ſeiner Gemein
dem ſie zu Schaden giengen, ſchoß unter ſie und toͤdete eine da-
von ohne zu wiſſen, wem ſie angehoͤrten; als ers aber vernahm,
brachte er ſeinem Pfarherrn eine andere lebendige Gans davor:
Satan aber ſteckte ein ſo greßlich Feuer des Zorns und Hochmuths
in des Predigers Hertzen an, daß er den Mann in Bann thate
und verfluchte; wollte ſich auch nicht beſaͤnfftigen laſſen, da ihm je-
ner einen Ochſen vor die Gans anbotte, ſagend: es ſey ihm mehr

um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0840" n="744"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der unter den Stech-Di&#x017F;teln</hi></fw><lb/><note place="left">Merck-<lb/>
wu&#x0364;rdiges<lb/>
Exempel<lb/>
davon.</note>Kay&#x017F;ers Valerians folgender Handel: Es war ein Prie&#x017F;ter zu An-<lb/>
tiochia mit Namen Sapricius, die&#x017F;er ward beleydiget von &#x017F;einem<lb/>
Helffer Nicephor, deßhalben faßte er einen Groll wider ihn: Bald<lb/>
hernach ward der Prie&#x017F;ter von wegen der Religion in Kercker ge-<lb/>
worffen und manigfaltig gemartert, er ertrug die greulich&#x017F;te Peini-<lb/>
gungen mit gro&#x017F;&#x017F;er Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit: Nicephor glaubte, der wu&#x0364;rde<lb/>
ihm gern &#x017F;einen begangenen Fehler vergeben, der jetzt &#x017F;einen Hen-<lb/>
ckern freywillig verziehe; Zu dem End be&#x017F;uchte er den um Chri&#x017F;ti<lb/>
willen gefangenen Prie&#x017F;ter, warff &#x017F;ich zu &#x017F;einen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, bate ihn fle-<lb/>
hentlich, mit hei&#x017F;&#x017F;en Thra&#x0364;nen er wollte &#x017F;ich doch mit ihm ver&#x017F;o&#x0364;hnen,<lb/>
ja er be&#x017F;chwuhre ihn bey dem Blut JESU, vor de&#x017F;&#x017F;en Lehr und<lb/>
Ehr er jetzt auch &#x017F;ein Blut vergie&#x017F;&#x017F;en wolle; er wolle ihm doch den Kuß<lb/>
des Friedens geben; Es war aber alles Bitten und Flehen um&#x017F;on&#x017F;t,<lb/>
er konnte das &#x017F;teinerne Hertz nicht erweichen. Aber &#x017F;ehet als Sa-<lb/>
pricius nun &#x017F;ollte gerichtet und zum Tode hingefu&#x0364;hret werden, da<lb/>
fiel er in ein Verzagen, verlaugnete &#x017F;chandlicher Wei&#x017F;e den hoch-<lb/>
gelobten Heyland und verhieß &#x017F;ich des Kay&#x017F;ers Gebott zu unterzie-<lb/>
hen, wofern man ihm nur das Leben &#x017F;chencken wolle, welche Men-<lb/>
&#x017F;chen-Gnad er auch erhielte. Sein Helffer ward &#x017F;ehr entru&#x0364;&#x017F;tet u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;othane Treulo&#x017F;igkeit, die Gemein erwa&#x0364;hlete ihn zum Prie&#x017F;ter an<lb/>
des Abtru&#x0364;nnigen Stelle, und er trug die Martir-Cron davon,<lb/>
welche jener al&#x017F;o leichtfertig hatte fahren la&#x017F;&#x017F;en. Das i&#x017F;t was Pau-<lb/>
lus &#x017F;agt 1 Cor. 13. Wann einer &#x017F;chon &#x017F;einen Leib dargebe, daß er<lb/>
gebrennet wurde und ha&#x0364;tte die Liebe nicht, &#x017F;o ko&#x0364;nnte er unmo&#x0364;glich<lb/>
GOTT angenehm &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <note place="left">Ein ande-<lb/>
res Exem-<lb/>
pel.</note>
          <p>§. 15. Ein ander &#x017F;chro&#x0364;ckliches Exempel erzehlte man mir von ei-<lb/>
nem Lutheri&#x017F;chen Pfarrer, der war reich und vornehmen Ge&#x017F;chlechts<lb/>
der hatte eine Heerde Ga&#x0364;n&#x017F;e; Ein Landmann aus &#x017F;einer Gemein<lb/>
dem &#x017F;ie zu Schaden giengen, &#x017F;choß unter &#x017F;ie und to&#x0364;dete eine da-<lb/>
von ohne zu wi&#x017F;&#x017F;en, wem &#x017F;ie angeho&#x0364;rten; als ers aber vernahm,<lb/>
brachte er &#x017F;einem Pfarherrn eine andere lebendige Gans davor:<lb/>
Satan aber &#x017F;teckte ein &#x017F;o greßlich Feuer des Zorns und Hochmuths<lb/>
in des Predigers Hertzen an, daß er den Mann in Bann thate<lb/>
und verfluchte; wollte &#x017F;ich auch nicht be&#x017F;a&#x0364;nfftigen la&#x017F;&#x017F;en, da ihm je-<lb/>
ner einen Och&#x017F;en vor die Gans anbotte, &#x017F;agend: es &#x017F;ey ihm mehr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[744/0840] Der unter den Stech-Diſteln Kayſers Valerians folgender Handel: Es war ein Prieſter zu An- tiochia mit Namen Sapricius, dieſer ward beleydiget von ſeinem Helffer Nicephor, deßhalben faßte er einen Groll wider ihn: Bald hernach ward der Prieſter von wegen der Religion in Kercker ge- worffen und manigfaltig gemartert, er ertrug die greulichſte Peini- gungen mit groſſer Beſtaͤndigkeit: Nicephor glaubte, der wuͤrde ihm gern ſeinen begangenen Fehler vergeben, der jetzt ſeinen Hen- ckern freywillig verziehe; Zu dem End beſuchte er den um Chriſti willen gefangenen Prieſter, warff ſich zu ſeinen Fuͤſſen, bate ihn fle- hentlich, mit heiſſen Thraͤnen er wollte ſich doch mit ihm verſoͤhnen, ja er beſchwuhre ihn bey dem Blut JESU, vor deſſen Lehr und Ehr er jetzt auch ſein Blut vergieſſen wolle; er wolle ihm doch den Kuß des Friedens geben; Es war aber alles Bitten und Flehen umſonſt, er konnte das ſteinerne Hertz nicht erweichen. Aber ſehet als Sa- pricius nun ſollte gerichtet und zum Tode hingefuͤhret werden, da fiel er in ein Verzagen, verlaugnete ſchandlicher Weiſe den hoch- gelobten Heyland und verhieß ſich des Kayſers Gebott zu unterzie- hen, wofern man ihm nur das Leben ſchencken wolle, welche Men- ſchen-Gnad er auch erhielte. Sein Helffer ward ſehr entruͤſtet uͤber ſothane Treuloſigkeit, die Gemein erwaͤhlete ihn zum Prieſter an des Abtruͤnnigen Stelle, und er trug die Martir-Cron davon, welche jener alſo leichtfertig hatte fahren laſſen. Das iſt was Pau- lus ſagt 1 Cor. 13. Wann einer ſchon ſeinen Leib dargebe, daß er gebrennet wurde und haͤtte die Liebe nicht, ſo koͤnnte er unmoͤglich GOTT angenehm ſeyn. Merck- wuͤrdiges Exempel davon. §. 15. Ein ander ſchroͤckliches Exempel erzehlte man mir von ei- nem Lutheriſchen Pfarrer, der war reich und vornehmen Geſchlechts der hatte eine Heerde Gaͤnſe; Ein Landmann aus ſeiner Gemein dem ſie zu Schaden giengen, ſchoß unter ſie und toͤdete eine da- von ohne zu wiſſen, wem ſie angehoͤrten; als ers aber vernahm, brachte er ſeinem Pfarherrn eine andere lebendige Gans davor: Satan aber ſteckte ein ſo greßlich Feuer des Zorns und Hochmuths in des Predigers Hertzen an, daß er den Mann in Bann thate und verfluchte; wollte ſich auch nicht beſaͤnfftigen laſſen, da ihm je- ner einen Ochſen vor die Gans anbotte, ſagend: es ſey ihm mehr um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/840
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/840>, abgerufen am 22.11.2024.