Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

hervor blühende Lilien-Zweig.
ein Greuel, seine Händ sind voll Menschen-Seelen-Blut, und sein
Gebett wie das Brummen eines Bären a.

Er wagets und trittet mit einer Wolfs-Haut und Schlangen-
Balg in den Hochzeit-Saal, wann er zu des HERREN Tisch
gehet; die Predigten, so er anhört, sind ein Zeugniß wider ihn,
und werden in der Ewigkeit in seinem Gewissen donneren.

§. 8. O armer Mensch! Gib niemand schuld; Dann willt duund ligt
die Schuld
dessen nur
an ihme.

darum ein Dorn-Strauch seyn, weil dein Nächster ein Distel ist?
Es ist wunderlich, daß man den geistlichen unvergänglichen Reich-
thum, Freud und Ehre immer auf andere schiebt, und sich der un-
schätzbaren Güter des ewigen Lebens nicht annehmen will, es ma-
chen dann andere den Anfang; man will nicht demüthig, schonend,
liebseelig seyn, wo nicht ein anderer es zu erst ist, man will sich
nicht von Satans Koth reinigen, und mit GOttes Bild auszie-
ren lassen, wofern nicht der ander sich zu erst an diesen Schätzen
reich und seelig machen laßt. Wie kommt es aber, daß sich nie-
mand beschwehrt viel Geld, Ehr, Glück und Gesundheit zu haben,
so lang seine Bekannte und Nachbaren neben ihm arm, veracht,
kranck und elend sind?

§. 9. Was ist dann wohl die Ursach einer so närrischen Auffüh-Ursach des-
sen.

rung? Keine andere, als der verkehrte, ja schlimmer als Heydni-
sche Begriff, so man von der Heiligung ins gemein hat, als einer
überlästigen, beschwehrlichen, unerträglichen Sach; da sie doch
Himmel-hoch über alles Glück, Ruhm, Vortheil und Ansehen,
so ein sterblicher auf Erden erjagen kan, erhaben ist. Heilige Liebe
GOttes und des Nächsten, ist warlich der Seelen Schmuck,
Schatz, Gesundheit, ihr edelstes Kleinod und Schönheit; welches
alles nicht vergehet, sondern bleibt ins ewige Leben: Was ver-
zeuchst du dann alles aus der Fülle Christi zu nehmen?

§. 10. Was zauderst du, und gaffest deinen Widerpart an, ob

er
a Matth. V. 24.
A a a a a 3

hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
ein Greuel, ſeine Haͤnd ſind voll Menſchen-Seelen-Blut, und ſein
Gebett wie das Brummen eines Baͤren a.

Er wagets und trittet mit einer Wolfs-Haut und Schlangen-
Balg in den Hochzeit-Saal, wann er zu des HERREN Tiſch
gehet; die Predigten, ſo er anhoͤrt, ſind ein Zeugniß wider ihn,
und werden in der Ewigkeit in ſeinem Gewiſſen donneren.

§. 8. O armer Menſch! Gib niemand ſchuld; Dann willt duund ligt
die Schuld
deſſen nur
an ihme.

darum ein Dorn-Strauch ſeyn, weil dein Naͤchſter ein Diſtel iſt?
Es iſt wunderlich, daß man den geiſtlichen unvergaͤnglichen Reich-
thum, Freud und Ehre immer auf andere ſchiebt, und ſich der un-
ſchaͤtzbaren Guͤter des ewigen Lebens nicht annehmen will, es ma-
chen dann andere den Anfang; man will nicht demuͤthig, ſchonend,
liebſeelig ſeyn, wo nicht ein anderer es zu erſt iſt, man will ſich
nicht von Satans Koth reinigen, und mit GOttes Bild auszie-
ren laſſen, wofern nicht der ander ſich zu erſt an dieſen Schaͤtzen
reich und ſeelig machen laßt. Wie kommt es aber, daß ſich nie-
mand beſchwehrt viel Geld, Ehr, Gluͤck und Geſundheit zu haben,
ſo lang ſeine Bekannte und Nachbaren neben ihm arm, veracht,
kranck und elend ſind?

§. 9. Was iſt dann wohl die Urſach einer ſo naͤrriſchen Auffuͤh-Urſach deſ-
ſen.

rung? Keine andere, als der verkehrte, ja ſchlimmer als Heydni-
ſche Begriff, ſo man von der Heiligung ins gemein hat, als einer
uͤberlaͤſtigen, beſchwehrlichen, unertraͤglichen Sach; da ſie doch
Himmel-hoch uͤber alles Gluͤck, Ruhm, Vortheil und Anſehen,
ſo ein ſterblicher auf Erden erjagen kan, erhaben iſt. Heilige Liebe
GOttes und des Naͤchſten, iſt warlich der Seelen Schmuck,
Schatz, Geſundheit, ihr edelſtes Kleinod und Schoͤnheit; welches
alles nicht vergehet, ſondern bleibt ins ewige Leben: Was ver-
zeuchſt du dann alles aus der Fuͤlle Chriſti zu nehmen?

§. 10. Was zauderſt du, und gaffeſt deinen Widerpart an, ob

er
a Matth. V. 24.
A a a a a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0837" n="741"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">hervor blu&#x0364;hende Lilien-Zweig.</hi></fw><lb/>
ein Greuel, &#x017F;eine Ha&#x0364;nd &#x017F;ind voll Men&#x017F;chen-Seelen-Blut, und &#x017F;ein<lb/>
Gebett wie das Brummen eines Ba&#x0364;ren <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Matth. V.</hi> 24.</note>.</p><lb/>
          <p>Er wagets und trittet mit einer Wolfs-Haut und Schlangen-<lb/>
Balg in den Hochzeit-Saal, wann er zu des HERREN Ti&#x017F;ch<lb/>
gehet; die Predigten, &#x017F;o er anho&#x0364;rt, &#x017F;ind ein Zeugniß wider ihn,<lb/>
und werden in der Ewigkeit in &#x017F;einem Gewi&#x017F;&#x017F;en donneren.</p><lb/>
          <p>§. 8. O armer Men&#x017F;ch! Gib niemand &#x017F;chuld; Dann willt du<note place="right">und ligt<lb/>
die Schuld<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en nur<lb/>
an ihme.</note><lb/>
darum ein Dorn-Strauch &#x017F;eyn, weil dein Na&#x0364;ch&#x017F;ter ein Di&#x017F;tel i&#x017F;t?<lb/>
Es i&#x017F;t wunderlich, daß man den gei&#x017F;tlichen unverga&#x0364;nglichen Reich-<lb/>
thum, Freud und Ehre immer auf andere &#x017F;chiebt, und &#x017F;ich der un-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzbaren Gu&#x0364;ter des ewigen Lebens nicht annehmen will, es ma-<lb/>
chen dann andere den Anfang; man will nicht demu&#x0364;thig, &#x017F;chonend,<lb/>
lieb&#x017F;eelig &#x017F;eyn, wo nicht ein anderer es zu er&#x017F;t i&#x017F;t, man will &#x017F;ich<lb/>
nicht von Satans Koth reinigen, und mit GOttes Bild auszie-<lb/>
ren la&#x017F;&#x017F;en, wofern nicht der ander &#x017F;ich zu er&#x017F;t an die&#x017F;en Scha&#x0364;tzen<lb/>
reich und &#x017F;eelig machen laßt. Wie kommt es aber, daß &#x017F;ich nie-<lb/>
mand be&#x017F;chwehrt viel Geld, Ehr, Glu&#x0364;ck und Ge&#x017F;undheit zu haben,<lb/>
&#x017F;o lang &#x017F;eine Bekannte und Nachbaren neben ihm arm, veracht,<lb/>
kranck und elend &#x017F;ind?</p><lb/>
          <p>§. 9. Was i&#x017F;t dann wohl die Ur&#x017F;ach einer &#x017F;o na&#x0364;rri&#x017F;chen Auffu&#x0364;h-<note place="right">Ur&#x017F;ach de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</note><lb/>
rung? Keine andere, als der verkehrte, ja &#x017F;chlimmer als Heydni-<lb/>
&#x017F;che Begriff, &#x017F;o man von der Heiligung ins gemein hat, als einer<lb/>
u&#x0364;berla&#x0364;&#x017F;tigen, be&#x017F;chwehrlichen, unertra&#x0364;glichen Sach; da &#x017F;ie doch<lb/>
Himmel-hoch u&#x0364;ber alles Glu&#x0364;ck, Ruhm, Vortheil und An&#x017F;ehen,<lb/>
&#x017F;o ein &#x017F;terblicher auf Erden erjagen kan, erhaben i&#x017F;t. Heilige Liebe<lb/>
GOttes und des Na&#x0364;ch&#x017F;ten, i&#x017F;t warlich der Seelen Schmuck,<lb/>
Schatz, Ge&#x017F;undheit, ihr edel&#x017F;tes Kleinod und Scho&#x0364;nheit; welches<lb/>
alles nicht vergehet, &#x017F;ondern bleibt ins ewige Leben: Was ver-<lb/>
zeuch&#x017F;t du dann alles aus der Fu&#x0364;lle Chri&#x017F;ti zu nehmen?</p><lb/>
          <p>§. 10. Was zauder&#x017F;t du, und gaffe&#x017F;t deinen Widerpart an, ob<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a a a a 3</fw><fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[741/0837] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. ein Greuel, ſeine Haͤnd ſind voll Menſchen-Seelen-Blut, und ſein Gebett wie das Brummen eines Baͤren a. Er wagets und trittet mit einer Wolfs-Haut und Schlangen- Balg in den Hochzeit-Saal, wann er zu des HERREN Tiſch gehet; die Predigten, ſo er anhoͤrt, ſind ein Zeugniß wider ihn, und werden in der Ewigkeit in ſeinem Gewiſſen donneren. §. 8. O armer Menſch! Gib niemand ſchuld; Dann willt du darum ein Dorn-Strauch ſeyn, weil dein Naͤchſter ein Diſtel iſt? Es iſt wunderlich, daß man den geiſtlichen unvergaͤnglichen Reich- thum, Freud und Ehre immer auf andere ſchiebt, und ſich der un- ſchaͤtzbaren Guͤter des ewigen Lebens nicht annehmen will, es ma- chen dann andere den Anfang; man will nicht demuͤthig, ſchonend, liebſeelig ſeyn, wo nicht ein anderer es zu erſt iſt, man will ſich nicht von Satans Koth reinigen, und mit GOttes Bild auszie- ren laſſen, wofern nicht der ander ſich zu erſt an dieſen Schaͤtzen reich und ſeelig machen laßt. Wie kommt es aber, daß ſich nie- mand beſchwehrt viel Geld, Ehr, Gluͤck und Geſundheit zu haben, ſo lang ſeine Bekannte und Nachbaren neben ihm arm, veracht, kranck und elend ſind? und ligt die Schuld deſſen nur an ihme. §. 9. Was iſt dann wohl die Urſach einer ſo naͤrriſchen Auffuͤh- rung? Keine andere, als der verkehrte, ja ſchlimmer als Heydni- ſche Begriff, ſo man von der Heiligung ins gemein hat, als einer uͤberlaͤſtigen, beſchwehrlichen, unertraͤglichen Sach; da ſie doch Himmel-hoch uͤber alles Gluͤck, Ruhm, Vortheil und Anſehen, ſo ein ſterblicher auf Erden erjagen kan, erhaben iſt. Heilige Liebe GOttes und des Naͤchſten, iſt warlich der Seelen Schmuck, Schatz, Geſundheit, ihr edelſtes Kleinod und Schoͤnheit; welches alles nicht vergehet, ſondern bleibt ins ewige Leben: Was ver- zeuchſt du dann alles aus der Fuͤlle Chriſti zu nehmen? Urſach deſ- ſen. §. 10. Was zauderſt du, und gaffeſt deinen Widerpart an, ob er a Matth. V. 24. A a a a a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/837
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/837>, abgerufen am 22.11.2024.