Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der unter den Stech-Disteln
liebvollen, sanfftmüthigen, gedultigen mit wenigem vergnügten, de-
müthigen Lämmerlein, die ewig auf Zions-Auen um GOTTES
Lamm her hüpffen in des ewigen Vatters Reich; O thuts doch
recht! Liebe Elteren!

Auch sich
vorstellen
man höre
JEsum ab
Golgotha
die Liebe
predigen:

§. 5. Ja mein lieber Christ! Laß dir seyn, du stehest auf Golgotha
an der Schädel-Stätte, und JEsus dein wahrer GOtt und dein
Bruder, der ruffe dir vom Creutz herab zu: Mein theur erkaufftes Ei-
genthum! Das ich mit meinem eigenen Blut aus dem höllischen Egy-
pten-Land ausführe; ach hasse, ach neide nicht! Lasse eher alle Men-
schen ihren Haß und Grimm an dir ausüben; ich hange hier vor dir
als der Spiegel des ewigen Liebe-Wesens; siehe doch mich an, jetzt
da man dich schmähet, schähl ansiehet, ängstiget, verachtet, dru-
cket, an Leib, Ehr und Gut beschädiget; jetz ists die rechte Zeit,
daß du mir, deinem Freund, einen schönen Apffel der Sanfftmuth
darreichest. Bin ich dir nicht Ehre und Reichthum gnug? Jch
bin ja Jehovah, dein GOTT! Jch gebe dir ja alles was Jch bin,
hab und vermag, mich selbst mit allen meinen Schätzen und Reich-
thümmern; kanst du nicht mit zu frieden seyn? Was willt du dich
lang um nichtswürdige Ding erzürnen, schreyen und zancken? Jch
sorge vor dich; trauest du mir, deinem wahrhafftigen GOtt nicht,
der vor dich stirbet, deine Sünden tragt, und vor dich in Tod
und Höll gehet? Liebes Kind! Sollte mein Blut GOTTES
Zorn und der Höllen-Gluth auslöschen. Und doch dein Hertz nicht
in Liebe erweichen können? Sollte es den unzehlich mahl höchst
beleidigten GOTT zu deinem allergetreusten, liebreichesten Vatter
machen, und hingegen aus dir nicht allen Wider-Willen gegen dein
Mit-Geschöpff austreiben können? Bedencke es doch, und schäme
dich vor denen heiligen Englen?

JESUS
selbst will
einem die
Krafft
mittheilen
dieses zu
thun.

§. 6. Wann jemand so unverschamt wäre seinem GOTT (der
ein unumschränckt Recht hat zu befehlen, und dessen Gebotte so bil-
lich, so nutzlich, so herrlich und so seelig, so süß, erquickend und
lebendigmachend sind, daß der Teufel selbst gar nichts darwider ein-
zuwenden hat) zu sagen; thue du es vor erst selbst, und erzürne
dich nicht über die greulichsten Schelt-Wort, ja wann man dich
sollte anspeyen, dich mit Fäusten ins Gesicht schlagen, den gantzen

Leib

Der unter den Stech-Diſteln
liebvollen, ſanfftmuͤthigen, gedultigen mit wenigem vergnuͤgten, de-
muͤthigen Laͤmmerlein, die ewig auf Zions-Auen um GOTTES
Lamm her huͤpffen in des ewigen Vatters Reich; O thuts doch
recht! Liebe Elteren!

Auch ſich
vorſtellen
man hoͤre
JEſum ab
Golgotha
die Liebe
predigen:

§. 5. Ja mein lieber Chriſt! Laß dir ſeyn, du ſteheſt auf Golgotha
an der Schaͤdel-Staͤtte, und JEſus dein wahrer GOtt und dein
Bruder, der ruffe dir vom Creutz herab zu: Mein theur erkaufftes Ei-
genthum! Das ich mit meinem eigenen Blut aus dem hoͤlliſchen Egy-
pten-Land ausfuͤhre; ach haſſe, ach neide nicht! Laſſe eher alle Men-
ſchen ihren Haß und Grimm an dir ausuͤben; ich hange hier vor dir
als der Spiegel des ewigen Liebe-Weſens; ſiehe doch mich an, jetzt
da man dich ſchmaͤhet, ſchaͤhl anſiehet, aͤngſtiget, verachtet, dru-
cket, an Leib, Ehr und Gut beſchaͤdiget; jetz iſts die rechte Zeit,
daß du mir, deinem Freund, einen ſchoͤnen Apffel der Sanfftmuth
darreicheſt. Bin ich dir nicht Ehre und Reichthum gnug? Jch
bin ja Jehovah, dein GOTT! Jch gebe dir ja alles was Jch bin,
hab und vermag, mich ſelbſt mit allen meinen Schaͤtzen und Reich-
thuͤmmern; kanſt du nicht mit zu frieden ſeyn? Was willt du dich
lang um nichtswuͤrdige Ding erzuͤrnen, ſchreyen und zancken? Jch
ſorge vor dich; traueſt du mir, deinem wahrhafftigen GOtt nicht,
der vor dich ſtirbet, deine Suͤnden tragt, und vor dich in Tod
und Hoͤll gehet? Liebes Kind! Sollte mein Blut GOTTES
Zorn und der Hoͤllen-Gluth ausloͤſchen. Und doch dein Hertz nicht
in Liebe erweichen koͤnnen? Sollte es den unzehlich mahl hoͤchſt
beleidigten GOTT zu deinem allergetreuſten, liebreicheſten Vatter
machen, und hingegen aus dir nicht allen Wider-Willen gegen dein
Mit-Geſchoͤpff austreiben koͤnnen? Bedencke es doch, und ſchaͤme
dich vor denen heiligen Englen?

JESUS
ſelbſt will
einem die
Krafft
mittheilen
dieſes zu
thun.

§. 6. Wann jemand ſo unverſchamt waͤre ſeinem GOTT (der
ein unumſchraͤnckt Recht hat zu befehlen, und deſſen Gebotte ſo bil-
lich, ſo nutzlich, ſo herrlich und ſo ſeelig, ſo ſuͤß, erquickend und
lebendigmachend ſind, daß der Teufel ſelbſt gar nichts darwider ein-
zuwenden hat) zu ſagen; thue du es vor erſt ſelbſt, und erzuͤrne
dich nicht uͤber die greulichſten Schelt-Wort, ja wann man dich
ſollte anſpeyen, dich mit Faͤuſten ins Geſicht ſchlagen, den gantzen

Leib
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0832" n="736"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der unter den Stech-Di&#x017F;teln</hi></fw><lb/>
liebvollen, &#x017F;anfftmu&#x0364;thigen, gedultigen mit wenigem vergnu&#x0364;gten, de-<lb/>
mu&#x0364;thigen La&#x0364;mmerlein, die ewig auf Zions-Auen um GOTTES<lb/>
Lamm her hu&#x0364;pffen in des ewigen Vatters Reich; O thuts doch<lb/>
recht! Liebe Elteren!</p><lb/>
          <note place="left">Auch &#x017F;ich<lb/>
vor&#x017F;tellen<lb/>
man ho&#x0364;re<lb/>
JE&#x017F;um ab<lb/>
Golgotha<lb/>
die Liebe<lb/>
predigen:</note>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 5. Ja mein lieber Chri&#x017F;t! Laß dir &#x017F;eyn, du &#x017F;tehe&#x017F;t auf Golgotha<lb/>
an der Scha&#x0364;del-Sta&#x0364;tte, und JE&#x017F;us dein wahrer GOtt und dein<lb/>
Bruder, der ruffe dir vom Creutz herab zu: Mein theur erkaufftes Ei-<lb/>
genthum! Das ich mit meinem eigenen Blut aus dem ho&#x0364;lli&#x017F;chen Egy-<lb/>
pten-Land ausfu&#x0364;hre; ach ha&#x017F;&#x017F;e, ach neide nicht! La&#x017F;&#x017F;e eher alle Men-<lb/>
&#x017F;chen ihren Haß und Grimm an dir ausu&#x0364;ben; ich hange hier vor dir<lb/>
als der Spiegel des ewigen Liebe-We&#x017F;ens; &#x017F;iehe doch mich an, jetzt<lb/>
da man dich &#x017F;chma&#x0364;het, &#x017F;cha&#x0364;hl an&#x017F;iehet, a&#x0364;ng&#x017F;tiget, verachtet, dru-<lb/>
cket, an Leib, Ehr und Gut be&#x017F;cha&#x0364;diget; jetz i&#x017F;ts die rechte Zeit,<lb/>
daß du mir, deinem Freund, einen &#x017F;cho&#x0364;nen Apffel der Sanfftmuth<lb/>
darreiche&#x017F;t. Bin ich dir nicht Ehre und Reichthum gnug? Jch<lb/>
bin ja Jehovah, dein GOTT! Jch gebe dir ja alles was Jch bin,<lb/>
hab und vermag, mich &#x017F;elb&#x017F;t mit allen meinen Scha&#x0364;tzen und Reich-<lb/>
thu&#x0364;mmern; kan&#x017F;t du nicht mit zu frieden &#x017F;eyn? Was willt du dich<lb/>
lang um nichtswu&#x0364;rdige Ding erzu&#x0364;rnen, &#x017F;chreyen und zancken? Jch<lb/>
&#x017F;orge vor dich; traue&#x017F;t du mir, deinem wahrhafftigen GOtt nicht,<lb/>
der vor dich &#x017F;tirbet, deine Su&#x0364;nden tragt, und vor dich in Tod<lb/>
und Ho&#x0364;ll gehet? Liebes Kind! Sollte mein Blut GOTTES<lb/>
Zorn und der Ho&#x0364;llen-Gluth auslo&#x0364;&#x017F;chen. Und doch dein Hertz nicht<lb/>
in Liebe erweichen ko&#x0364;nnen? Sollte es den unzehlich mahl ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
beleidigten GOTT zu deinem allergetreu&#x017F;ten, liebreiche&#x017F;ten Vatter<lb/>
machen, und hingegen aus dir nicht allen Wider-Willen gegen dein<lb/>
Mit-Ge&#x017F;cho&#x0364;pff austreiben ko&#x0364;nnen? Bedencke es doch, und &#x017F;cha&#x0364;me<lb/>
dich vor denen heiligen Englen?</p><lb/>
          <note place="left">JESUS<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t will<lb/>
einem die<lb/>
Krafft<lb/>
mittheilen<lb/>
die&#x017F;es zu<lb/>
thun.</note>
          <p>§. 6. Wann jemand &#x017F;o unver&#x017F;chamt wa&#x0364;re &#x017F;einem GOTT (der<lb/>
ein unum&#x017F;chra&#x0364;nckt Recht hat zu befehlen, und de&#x017F;&#x017F;en Gebotte &#x017F;o bil-<lb/>
lich, &#x017F;o nutzlich, &#x017F;o herrlich und &#x017F;o &#x017F;eelig, &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ß, erquickend und<lb/>
lebendigmachend &#x017F;ind, daß der Teufel &#x017F;elb&#x017F;t gar nichts darwider ein-<lb/>
zuwenden hat) zu &#x017F;agen; thue du es vor er&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t, und erzu&#x0364;rne<lb/>
dich nicht u&#x0364;ber die greulich&#x017F;ten Schelt-Wort, ja wann man dich<lb/>
&#x017F;ollte an&#x017F;peyen, dich mit Fa&#x0364;u&#x017F;ten ins Ge&#x017F;icht &#x017F;chlagen, den gantzen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leib</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[736/0832] Der unter den Stech-Diſteln liebvollen, ſanfftmuͤthigen, gedultigen mit wenigem vergnuͤgten, de- muͤthigen Laͤmmerlein, die ewig auf Zions-Auen um GOTTES Lamm her huͤpffen in des ewigen Vatters Reich; O thuts doch recht! Liebe Elteren! §. 5. Ja mein lieber Chriſt! Laß dir ſeyn, du ſteheſt auf Golgotha an der Schaͤdel-Staͤtte, und JEſus dein wahrer GOtt und dein Bruder, der ruffe dir vom Creutz herab zu: Mein theur erkaufftes Ei- genthum! Das ich mit meinem eigenen Blut aus dem hoͤlliſchen Egy- pten-Land ausfuͤhre; ach haſſe, ach neide nicht! Laſſe eher alle Men- ſchen ihren Haß und Grimm an dir ausuͤben; ich hange hier vor dir als der Spiegel des ewigen Liebe-Weſens; ſiehe doch mich an, jetzt da man dich ſchmaͤhet, ſchaͤhl anſiehet, aͤngſtiget, verachtet, dru- cket, an Leib, Ehr und Gut beſchaͤdiget; jetz iſts die rechte Zeit, daß du mir, deinem Freund, einen ſchoͤnen Apffel der Sanfftmuth darreicheſt. Bin ich dir nicht Ehre und Reichthum gnug? Jch bin ja Jehovah, dein GOTT! Jch gebe dir ja alles was Jch bin, hab und vermag, mich ſelbſt mit allen meinen Schaͤtzen und Reich- thuͤmmern; kanſt du nicht mit zu frieden ſeyn? Was willt du dich lang um nichtswuͤrdige Ding erzuͤrnen, ſchreyen und zancken? Jch ſorge vor dich; traueſt du mir, deinem wahrhafftigen GOtt nicht, der vor dich ſtirbet, deine Suͤnden tragt, und vor dich in Tod und Hoͤll gehet? Liebes Kind! Sollte mein Blut GOTTES Zorn und der Hoͤllen-Gluth ausloͤſchen. Und doch dein Hertz nicht in Liebe erweichen koͤnnen? Sollte es den unzehlich mahl hoͤchſt beleidigten GOTT zu deinem allergetreuſten, liebreicheſten Vatter machen, und hingegen aus dir nicht allen Wider-Willen gegen dein Mit-Geſchoͤpff austreiben koͤnnen? Bedencke es doch, und ſchaͤme dich vor denen heiligen Englen? §. 6. Wann jemand ſo unverſchamt waͤre ſeinem GOTT (der ein unumſchraͤnckt Recht hat zu befehlen, und deſſen Gebotte ſo bil- lich, ſo nutzlich, ſo herrlich und ſo ſeelig, ſo ſuͤß, erquickend und lebendigmachend ſind, daß der Teufel ſelbſt gar nichts darwider ein- zuwenden hat) zu ſagen; thue du es vor erſt ſelbſt, und erzuͤrne dich nicht uͤber die greulichſten Schelt-Wort, ja wann man dich ſollte anſpeyen, dich mit Faͤuſten ins Geſicht ſchlagen, den gantzen Leib

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/832
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 736. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/832>, abgerufen am 22.11.2024.