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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der unter den Stech-Disteln
schwätzhaffte Vernunfft, rede mir nicht ein, hindere mich nicht am
Gehorsam gegen meinem HErren Christo.

Sie freu-
en sich
über das
ihnen von
ihren Fein-
den ange-
legte Ubel.

§. 8. Ach das Hertz hüpfft mir, wann ich an ihn gedencke;
schweige dann du Klapper-Maul, dieweil ich einmahl auf
heute das Fest der Sanfftmuth JESUS feyrlich begehen soll;
GOTT ladet mich darzu ein, und hat mir einen eigenen Trompe-
ter zu dem End zu Hause geschickt, die Beschimpffung, die Ver-
drießlichkeit, den Schaden etc. Darnach werden mir die Würm-
lein der Geld- und Welt-Liebe, der Hochachtung mein selbst of-
fenbahr, die sonst verborgen geblieben wären, und alle Wurtzlen
der Göttlichen Gewächsen heimlich also jämmerlich hätten können
zernagen, daß ich zur Herbst-Zeit am Lauber-Hütten-Fest elendig-
lich hätte müssen zu schanden werden; alldieweil die geheim einge-
schlichene Selbst-Gefälligkeit schon Adam und Eva im Paradieß
verderbet. O wie ungern ergibt sich die Seel darein, das Opffer
ihrer Ehr auf dem Altar der Demuth Christi verbrennen zu sehen,
unter den Menschen nichts mehr zu gelten, vor einen nichts werthen
Heuchler und untauglichen elenden Tropffen gehalten zu werden,
und allen seinen vorigen Ruhm in Koth fallen zu sehen! O wie we-
he thut das! Gleichwohl must du von allen deinen Höhenen hinun-
ter, wann du die unaussprechliche süsse Herrlichkeit JESU kosten
willt! Danck habe dann der Affterreder und Verläumder, der hin-
den drein rennt, und dir einen Stoß gibt, daß du hinunter sprin-
gen must. Der Nutz davon ist ungemein groß, dann da wirst du
im Paradieß der Freud Christi eingesperret; dann das Angeden-
cken der Sünd, erlaubet dir nicht einige Freude zu nehmen aus et-
was unter dem Himmel; du bist, wie ein Vogel auf dem Zweig,
also unsicher in allen Dingen, Orten und Ständen, worinn sonst
alle Menschen Erquickung suchen und finden; dir allein ist alles Ver-
gnügen in einigem geschaffenem Ding völlig abgeschnitten, alles
wird dir zur Last, Ruhm, Gunst Reichthum; nirgend überall fin-
dest du Ruh, Fried und Freud als in den Umhalsungen dessen,
der in die Welt kommen ist, deines gleichen schlimme Leute, nehm-
lich Sünder seelig zu machen. Darinn, nur darinn findest du
eine Ersättigung der Freuden und vollkommenes, höchst und ewiges
Vergnügen. Welches durch die Erinnerung der begangenen Sün-

den

Der unter den Stech-Diſteln
ſchwaͤtzhaffte Vernunfft, rede mir nicht ein, hindere mich nicht am
Gehorſam gegen meinem HErren Chriſto.

Sie freu-
en ſich
uͤber das
ihnen von
ihren Fein-
den ange-
legte Ubel.

§. 8. Ach das Hertz huͤpfft mir, wann ich an ihn gedencke;
ſchweige dann du Klapper-Maul, dieweil ich einmahl auf
heute das Feſt der Sanfftmuth JESUS feyrlich begehen ſoll;
GOTT ladet mich darzu ein, und hat mir einen eigenen Trompe-
ter zu dem End zu Hauſe geſchickt, die Beſchimpffung, die Ver-
drießlichkeit, den Schaden ꝛc. Darnach werden mir die Wuͤrm-
lein der Geld- und Welt-Liebe, der Hochachtung mein ſelbſt of-
fenbahr, die ſonſt verborgen geblieben waͤren, und alle Wurtzlen
der Goͤttlichen Gewaͤchſen heimlich alſo jaͤmmerlich haͤtten koͤnnen
zernagen, daß ich zur Herbſt-Zeit am Lauber-Huͤtten-Feſt elendig-
lich haͤtte muͤſſen zu ſchanden werden; alldieweil die geheim einge-
ſchlichene Selbſt-Gefaͤlligkeit ſchon Adam und Eva im Paradieß
verderbet. O wie ungern ergibt ſich die Seel darein, das Opffer
ihrer Ehr auf dem Altar der Demuth Chriſti verbrennen zu ſehen,
unter den Menſchen nichts mehr zu gelten, vor einen nichts werthen
Heuchler und untauglichen elenden Tropffen gehalten zu werden,
und allen ſeinen vorigen Ruhm in Koth fallen zu ſehen! O wie we-
he thut das! Gleichwohl muſt du von allen deinen Hoͤhenen hinun-
ter, wann du die unausſprechliche ſuͤſſe Herrlichkeit JESU koſten
willt! Danck habe dann der Affterreder und Verlaͤumder, der hin-
den drein rennt, und dir einen Stoß gibt, daß du hinunter ſprin-
gen muſt. Der Nutz davon iſt ungemein groß, dann da wirſt du
im Paradieß der Freud Chriſti eingeſperret; dann das Angeden-
cken der Suͤnd, erlaubet dir nicht einige Freude zu nehmen aus et-
was unter dem Himmel; du biſt, wie ein Vogel auf dem Zweig,
alſo unſicher in allen Dingen, Orten und Staͤnden, worinn ſonſt
alle Menſchen Erquickung ſuchen und finden; dir allein iſt alles Ver-
gnuͤgen in einigem geſchaffenem Ding voͤllig abgeſchnitten, alles
wird dir zur Laſt, Ruhm, Gunſt Reichthum; nirgend uͤberall fin-
deſt du Ruh, Fried und Freud als in den Umhalſungen deſſen,
der in die Welt kommen iſt, deines gleichen ſchlimme Leute, nehm-
lich Suͤnder ſeelig zu machen. Darinn, nur darinn findeſt du
eine Erſaͤttigung der Freuden und vollkommenes, hoͤchſt und ewiges
Vergnuͤgen. Welches durch die Erinnerung der begangenen Suͤn-

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[730/0826] Der unter den Stech-Diſteln ſchwaͤtzhaffte Vernunfft, rede mir nicht ein, hindere mich nicht am Gehorſam gegen meinem HErren Chriſto. §. 8. Ach das Hertz huͤpfft mir, wann ich an ihn gedencke; ſchweige dann du Klapper-Maul, dieweil ich einmahl auf heute das Feſt der Sanfftmuth JESUS feyrlich begehen ſoll; GOTT ladet mich darzu ein, und hat mir einen eigenen Trompe- ter zu dem End zu Hauſe geſchickt, die Beſchimpffung, die Ver- drießlichkeit, den Schaden ꝛc. Darnach werden mir die Wuͤrm- lein der Geld- und Welt-Liebe, der Hochachtung mein ſelbſt of- fenbahr, die ſonſt verborgen geblieben waͤren, und alle Wurtzlen der Goͤttlichen Gewaͤchſen heimlich alſo jaͤmmerlich haͤtten koͤnnen zernagen, daß ich zur Herbſt-Zeit am Lauber-Huͤtten-Feſt elendig- lich haͤtte muͤſſen zu ſchanden werden; alldieweil die geheim einge- ſchlichene Selbſt-Gefaͤlligkeit ſchon Adam und Eva im Paradieß verderbet. O wie ungern ergibt ſich die Seel darein, das Opffer ihrer Ehr auf dem Altar der Demuth Chriſti verbrennen zu ſehen, unter den Menſchen nichts mehr zu gelten, vor einen nichts werthen Heuchler und untauglichen elenden Tropffen gehalten zu werden, und allen ſeinen vorigen Ruhm in Koth fallen zu ſehen! O wie we- he thut das! Gleichwohl muſt du von allen deinen Hoͤhenen hinun- ter, wann du die unausſprechliche ſuͤſſe Herrlichkeit JESU koſten willt! Danck habe dann der Affterreder und Verlaͤumder, der hin- den drein rennt, und dir einen Stoß gibt, daß du hinunter ſprin- gen muſt. Der Nutz davon iſt ungemein groß, dann da wirſt du im Paradieß der Freud Chriſti eingeſperret; dann das Angeden- cken der Suͤnd, erlaubet dir nicht einige Freude zu nehmen aus et- was unter dem Himmel; du biſt, wie ein Vogel auf dem Zweig, alſo unſicher in allen Dingen, Orten und Staͤnden, worinn ſonſt alle Menſchen Erquickung ſuchen und finden; dir allein iſt alles Ver- gnuͤgen in einigem geſchaffenem Ding voͤllig abgeſchnitten, alles wird dir zur Laſt, Ruhm, Gunſt Reichthum; nirgend uͤberall fin- deſt du Ruh, Fried und Freud als in den Umhalſungen deſſen, der in die Welt kommen iſt, deines gleichen ſchlimme Leute, nehm- lich Suͤnder ſeelig zu machen. Darinn, nur darinn findeſt du eine Erſaͤttigung der Freuden und vollkommenes, hoͤchſt und ewiges Vergnuͤgen. Welches durch die Erinnerung der begangenen Suͤn- den

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/826>, abgerufen am 22.11.2024.