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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der unter den Stech-Disteln
Wie nö-
thig dieses
seye,
sen, und gar nicht dran dencken, so gehts mit denen verdrießlichen
Gedancken, eben als wann ein Kind wolle eine böse Katz zum Fen-
ster hinaus werffen, die es noch nicht recht fassen kan; das ist ein
Jammer! Und mit der Liebe gehts, wie mit einem schönen Fisch,
der immer wieder aus dero Händen glitscht, oder wie mit einem
Gewild, das man so gleich aus den Augen verlieret, so bald man
nur ein wenig neben sich gaffet, oder an was anders gedenckt.

Man bettet wohl, aber die erregte Gemüths-Bewegungen ma-
chen solch einen Lermen im Hertzen, daß man sein eigen Wort nicht
hört, und meynt es müsse einmahl seyn, man könne sich nicht län-
ger erwehren, man müsse einmahl dem Beleidiger, ein Zeichen des
Grolles erweisen; also daß die Seel den Sieg wohl tausend mahl
aufgebe, wann nicht ihr Hertzog das Beste, ja alles zur Sach thä-
te, indem er sie nicht freundlich ansehen will, biß sie dem Wider-
sächer obliegt; und weilen ihr an seiner Gunst mehr gelegen als an
allem unter der Sonnen, so muß sie sich wohl in seinen Willen schicken,
und vom Kampff nicht ablassen, biß die Liebe die Fahnen schwingt
und rufft Victoria! Jch behalte das Feld; Haß, Neid Bitterkeit
sind biß aufs Haupt geschlagen, und niedergeleget. Alsdann kommt
der Hertzog herbey, und bringt abermahl einen Krantz und Palmen-
Zweig und macht die Seel noch muthiger unter seiner rothen Kreutz-
Fahnen weiter zu fechten, und noch ein groß Stück Liebe-Land zu
eroberen.

wird aus
dem
Exempel
Titi erläu-
tert.

§. 13. Man lieset von Tito, daß, als er Jerusalem belägerte,
und sein Kriegs-Heer durch verzweiflete Gegenwehr der Einwohne-
ren mehr als ein mahl zuruck getrieben sahe, so habe er nichts bes-
sers gewußt, seinen Soldaten Muth zu machen, als daß er einen
hohen Thurn aufführete, von dannen er sie alle sehen können, und
die Regimenter voneinander unterscheiden, welches so viel ausge-
würcket, daß sie den Feind wie Löwen mit solcher Unerschrockenheit
angegriffen, daß die Juden zu weichen gezwungen werden. JEsus
unser einiger Kayser und Oberste Feld-HErr ist aufgefahren in den
höchsten Himmel, von dannen er siehet auf alle Menschen-Kinder; O
wie muthig sollen uns die auf uns schauende Augen JEsu machen, Je-
rusalem die Stadt des Himmlischen Friedens, mit stürmender Hand
einzunehmen, ruffend zu JEsu. HErr, es ist dir eben so leicht zu
helffen dem, der keine Krafft hat, als dem der bereits viel Krafft

hat,

Der unter den Stech-Diſteln
Wie noͤ-
thig dieſes
ſeye,
ſen, und gar nicht dran dencken, ſo gehts mit denen verdrießlichen
Gedancken, eben als wann ein Kind wolle eine boͤſe Katz zum Fen-
ſter hinaus werffen, die es noch nicht recht faſſen kan; das iſt ein
Jammer! Und mit der Liebe gehts, wie mit einem ſchoͤnen Fiſch,
der immer wieder aus dero Haͤnden glitſcht, oder wie mit einem
Gewild, das man ſo gleich aus den Augen verlieret, ſo bald man
nur ein wenig neben ſich gaffet, oder an was anders gedenckt.

Man bettet wohl, aber die erregte Gemuͤths-Bewegungen ma-
chen ſolch einen Lermen im Hertzen, daß man ſein eigen Wort nicht
hoͤrt, und meynt es muͤſſe einmahl ſeyn, man koͤnne ſich nicht laͤn-
ger erwehren, man muͤſſe einmahl dem Beleidiger, ein Zeichen des
Grolles erweiſen; alſo daß die Seel den Sieg wohl tauſend mahl
aufgebe, wann nicht ihr Hertzog das Beſte, ja alles zur Sach thaͤ-
te, indem er ſie nicht freundlich anſehen will, biß ſie dem Wider-
ſaͤcher obliegt; und weilen ihr an ſeiner Gunſt mehr gelegen als an
allem unter der Sonnen, ſo muß ſie ſich wohl in ſeinen Willen ſchicken,
und vom Kampff nicht ablaſſen, biß die Liebe die Fahnen ſchwingt
und rufft Victoria! Jch behalte das Feld; Haß, Neid Bitterkeit
ſind biß aufs Haupt geſchlagen, und niedergeleget. Alsdann kommt
der Hertzog herbey, und bringt abermahl einen Krantz und Palmen-
Zweig und macht die Seel noch muthiger unter ſeiner rothen Kreutz-
Fahnen weiter zu fechten, und noch ein groß Stuͤck Liebe-Land zu
eroberen.

wird aus
dem
Exempel
Titi erlaͤu-
tert.

§. 13. Man lieſet von Tito, daß, als er Jeruſalem belaͤgerte,
und ſein Kriegs-Heer durch verzweiflete Gegenwehr der Einwohne-
ren mehr als ein mahl zuruck getrieben ſahe, ſo habe er nichts beſ-
ſers gewußt, ſeinen Soldaten Muth zu machen, als daß er einen
hohen Thurn auffuͤhrete, von dannen er ſie alle ſehen koͤnnen, und
die Regimenter voneinander unterſcheiden, welches ſo viel ausge-
wuͤrcket, daß ſie den Feind wie Loͤwen mit ſolcher Unerſchrockenheit
angegriffen, daß die Juden zu weichen gezwungen werden. JEſus
unſer einiger Kayſer und Oberſte Feld-HErr iſt aufgefahren in den
hoͤchſten Himmel, von dannen er ſiehet auf alle Menſchen-Kinder; O
wie muthig ſollen uns die auf uns ſchauende Augen JEſu machen, Je-
ruſalem die Stadt des Himmliſchen Friedens, mit ſtuͤrmender Hand
einzunehmen, ruffend zu JEſu. HErr, es iſt dir eben ſo leicht zu
helffen dem, der keine Krafft hat, als dem der bereits viel Krafft

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[722/0818] Der unter den Stech-Diſteln ſen, und gar nicht dran dencken, ſo gehts mit denen verdrießlichen Gedancken, eben als wann ein Kind wolle eine boͤſe Katz zum Fen- ſter hinaus werffen, die es noch nicht recht faſſen kan; das iſt ein Jammer! Und mit der Liebe gehts, wie mit einem ſchoͤnen Fiſch, der immer wieder aus dero Haͤnden glitſcht, oder wie mit einem Gewild, das man ſo gleich aus den Augen verlieret, ſo bald man nur ein wenig neben ſich gaffet, oder an was anders gedenckt. Wie noͤ- thig dieſes ſeye, Man bettet wohl, aber die erregte Gemuͤths-Bewegungen ma- chen ſolch einen Lermen im Hertzen, daß man ſein eigen Wort nicht hoͤrt, und meynt es muͤſſe einmahl ſeyn, man koͤnne ſich nicht laͤn- ger erwehren, man muͤſſe einmahl dem Beleidiger, ein Zeichen des Grolles erweiſen; alſo daß die Seel den Sieg wohl tauſend mahl aufgebe, wann nicht ihr Hertzog das Beſte, ja alles zur Sach thaͤ- te, indem er ſie nicht freundlich anſehen will, biß ſie dem Wider- ſaͤcher obliegt; und weilen ihr an ſeiner Gunſt mehr gelegen als an allem unter der Sonnen, ſo muß ſie ſich wohl in ſeinen Willen ſchicken, und vom Kampff nicht ablaſſen, biß die Liebe die Fahnen ſchwingt und rufft Victoria! Jch behalte das Feld; Haß, Neid Bitterkeit ſind biß aufs Haupt geſchlagen, und niedergeleget. Alsdann kommt der Hertzog herbey, und bringt abermahl einen Krantz und Palmen- Zweig und macht die Seel noch muthiger unter ſeiner rothen Kreutz- Fahnen weiter zu fechten, und noch ein groß Stuͤck Liebe-Land zu eroberen. §. 13. Man lieſet von Tito, daß, als er Jeruſalem belaͤgerte, und ſein Kriegs-Heer durch verzweiflete Gegenwehr der Einwohne- ren mehr als ein mahl zuruck getrieben ſahe, ſo habe er nichts beſ- ſers gewußt, ſeinen Soldaten Muth zu machen, als daß er einen hohen Thurn auffuͤhrete, von dannen er ſie alle ſehen koͤnnen, und die Regimenter voneinander unterſcheiden, welches ſo viel ausge- wuͤrcket, daß ſie den Feind wie Loͤwen mit ſolcher Unerſchrockenheit angegriffen, daß die Juden zu weichen gezwungen werden. JEſus unſer einiger Kayſer und Oberſte Feld-HErr iſt aufgefahren in den hoͤchſten Himmel, von dannen er ſiehet auf alle Menſchen-Kinder; O wie muthig ſollen uns die auf uns ſchauende Augen JEſu machen, Je- ruſalem die Stadt des Himmliſchen Friedens, mit ſtuͤrmender Hand einzunehmen, ruffend zu JEſu. HErr, es iſt dir eben ſo leicht zu helffen dem, der keine Krafft hat, als dem der bereits viel Krafft hat,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 722. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/818>, abgerufen am 22.11.2024.