keine andere Seeligkeit in diesem und jenem Leben; Oder meynst du, es sey ein so groß Glück, sein Leib und Seel vom Zorn-Teufel zer- zehren, und sich von den Dornen des Hasses zerfleischen lassen, daß du dem armen Nächsten das Glück nicht allein gönnen, sondern dich auch zu ihm in den höllischen Dorn-Strauch hineinwerffen willt? Muß dann eben nothwendig eines andern Ubertrettung auch die dei- ne zu gleichem Unheil nach sich ziehen? Oder ists nicht gnug an einer Lantzen, das Hertz JEsu zu durchstechen; willt du auch noch mit dei- nem Zorn-Spieß herbey rennen?
§. 7. Jch sage noch einmahl, es ist gewißlich jetzt um dich zu thun,das Tauf- Gelübt, wer und wie du seyest, und nicht was dir andere Leyds zufügen; be- sinne dich nur, verbindet dich nicht dein Tauf stäts, aller Eigen-Ehr und Liebe abzusterben, und dich als ein Held nicht übermannen zu lassen, daß, wann auch gantze Schaaren zorniger Einfällen gegen dich loß stürmeten, du doch als ein Mann bey der Liebes-Fahnen JESU stehen und nicht einen Tritt darvon weichen wollest, sondern dem Lamm auf Zion, dem Berg der Liebe, nachfolgen wo es hinge- het? Es ist gar nicht nöthig, daß alle Menschen dem Zorn-Drachen, dem Satan ein Narren-Spiel machen zu seiner Kurtzweil; es muß auch hier und da ein begnadetes Hertz seyn, das der göttlichen Leh- re des Evangelii nachlecke; oder sollten diese guldene Stralen uns nur anscheinen, wie einen Mist-Hauffen, daß wir nur desto häßli- cher stincken von fleischlichen Affecten, und wimmlen von Ungeziefer liebloser Gedancken und nachtheiliger Reden, nicht aber, daß wir von dieser Sonne bemahlet, einen Glantz der heiligen Liebe von uns werffen? GOtt der Vatter offenbahret uns ja seinen Sohn eben zu dem End in seiner Majestätischen Liebes-Gestalt, daß wir auch also werden und seyen in der Welt, wie er gewesen.
die Ehren- Titel die ein Christ trägt.
§. 8. Erwege doch die treffliche Tittul, die dir dein GOTT gibt; siehe! Du heissest ein Christ, das ist ein Gesalbter mit dem H. Geist a: Ey sollte nicht dein gantzes Leben trieffen und gläntzen vom Oel der Sanfft- muth? du heissest GOttes-Kind: Sollt also barmhertzig seyn, wie dein Vatter im Himmel b. JEsu Jünger; Es soll hiemit nichts in dein Hertz eingeschrieben seyn als das neue Liebes-Gebott c. JEsu Freund; wa- rum solltest du nicht thun, was er gebeut d? Sein Eigenthum: Wa-
rum
aJes. X. 27.
bLuc. VI. 36.
cHebr. VIII. 10.
dJoh. XV. 14.
U u u u 3
hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
keine andere Seeligkeit in dieſem und jenem Leben; Oder meynſt du, es ſey ein ſo groß Gluͤck, ſein Leib und Seel vom Zorn-Teufel zer- zehren, und ſich von den Dornen des Haſſes zerfleiſchen laſſen, daß du dem armen Naͤchſten das Gluͤck nicht allein goͤnnen, ſondern dich auch zu ihm in den hoͤlliſchen Dorn-Strauch hineinwerffen willt? Muß dann eben nothwendig eines andern Ubertrettung auch die dei- ne zu gleichem Unheil nach ſich ziehen? Oder iſts nicht gnug an einer Lantzen, das Hertz JEſu zu durchſtechen; willt du auch noch mit dei- nem Zorn-Spieß herbey rennen?
§. 7. Jch ſage noch einmahl, es iſt gewißlich jetzt um dich zu thun,das Tauf- Geluͤbt, wer und wie du ſeyeſt, und nicht was dir andere Leyds zufuͤgen; be- ſinne dich nur, verbindet dich nicht dein Tauf ſtaͤts, aller Eigen-Ehr und Liebe abzuſterben, und dich als ein Held nicht uͤbermannen zu laſſen, daß, wann auch gantze Schaaren zorniger Einfaͤllen gegen dich loß ſtuͤrmeten, du doch als ein Mann bey der Liebes-Fahnen JESU ſtehen und nicht einen Tritt darvon weichen wolleſt, ſondern dem Lamm auf Zion, dem Berg der Liebe, nachfolgen wo es hinge- het? Es iſt gar nicht noͤthig, daß alle Menſchen dem Zorn-Drachen, dem Satan ein Narren-Spiel machen zu ſeiner Kurtzweil; es muß auch hier und da ein begnadetes Hertz ſeyn, das der goͤttlichen Leh- re des Evangelii nachlecke; oder ſollten dieſe guldene Stralen uns nur anſcheinen, wie einen Miſt-Hauffen, daß wir nur deſto haͤßli- cher ſtincken von fleiſchlichen Affecten, und wimmlen von Ungeziefer liebloſer Gedancken und nachtheiliger Reden, nicht aber, daß wir von dieſer Sonne bemahlet, einen Glantz der heiligen Liebe von uns werffen? GOtt der Vatter offenbahret uns ja ſeinen Sohn eben zu dem End in ſeiner Majeſtaͤtiſchen Liebes-Geſtalt, daß wir auch alſo werden und ſeyen in der Welt, wie er geweſen.
die Ehren- Titel die ein Chriſt traͤgt.
§. 8. Erwege doch die treffliche Tittul, die dir dein GOTT gibt; ſiehe! Du heiſſeſt ein Chriſt, das iſt ein Geſalbter mit dem H. Geiſt a: Ey ſollte nicht dein gantzes Leben trieffen und glaͤntzen vom Oel der Sanfft- muth? du heiſſeſt GOttes-Kind: Sollt alſo barmhertzig ſeyn, wie dein Vatter im Him̃el b. JEſu Juͤnger; Es ſoll hiemit nichts in dein Hertz eingeſchrieben ſeyn als das neue Liebes-Gebott c. JEſu Freund; wa- rum ſollteſt du nicht thun, was er gebeut d? Sein Eigenthum: Wa-
rum
aJeſ. X. 27.
bLuc. VI. 36.
cHebr. VIII. 10.
dJoh. XV. 14.
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hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
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es ſey ein ſo groß Gluͤck, ſein Leib und Seel vom Zorn-Teufel zer-
zehren, und ſich von den Dornen des Haſſes zerfleiſchen laſſen, daß
du dem armen Naͤchſten das Gluͤck nicht allein goͤnnen, ſondern dich
auch zu ihm in den hoͤlliſchen Dorn-Strauch hineinwerffen willt?
Muß dann eben nothwendig eines andern Ubertrettung auch die dei-
ne zu gleichem Unheil nach ſich ziehen? Oder iſts nicht gnug an einer
Lantzen, das Hertz JEſu zu durchſtechen; willt du auch noch mit dei-
nem Zorn-Spieß herbey rennen?
§. 7. Jch ſage noch einmahl, es iſt gewißlich jetzt um dich zu thun,
wer und wie du ſeyeſt, und nicht was dir andere Leyds zufuͤgen; be-
ſinne dich nur, verbindet dich nicht dein Tauf ſtaͤts, aller Eigen-Ehr
und Liebe abzuſterben, und dich als ein Held nicht uͤbermannen zu
laſſen, daß, wann auch gantze Schaaren zorniger Einfaͤllen gegen
dich loß ſtuͤrmeten, du doch als ein Mann bey der Liebes-Fahnen
JESU ſtehen und nicht einen Tritt darvon weichen wolleſt, ſondern
dem Lamm auf Zion, dem Berg der Liebe, nachfolgen wo es hinge-
het? Es iſt gar nicht noͤthig, daß alle Menſchen dem Zorn-Drachen,
dem Satan ein Narren-Spiel machen zu ſeiner Kurtzweil; es muß
auch hier und da ein begnadetes Hertz ſeyn, das der goͤttlichen Leh-
re des Evangelii nachlecke; oder ſollten dieſe guldene Stralen uns
nur anſcheinen, wie einen Miſt-Hauffen, daß wir nur deſto haͤßli-
cher ſtincken von fleiſchlichen Affecten, und wimmlen von Ungeziefer
liebloſer Gedancken und nachtheiliger Reden, nicht aber, daß wir
von dieſer Sonne bemahlet, einen Glantz der heiligen Liebe von uns
werffen? GOtt der Vatter offenbahret uns ja ſeinen Sohn eben zu
dem End in ſeiner Majeſtaͤtiſchen Liebes-Geſtalt, daß wir auch alſo
werden und ſeyen in der Welt, wie er geweſen.
das Tauf-
Geluͤbt,
§. 8. Erwege doch die treffliche Tittul, die dir dein GOTT gibt;
ſiehe! Du heiſſeſt ein Chriſt, das iſt ein Geſalbter mit dem H. Geiſt a: Ey
ſollte nicht dein gantzes Leben trieffen und glaͤntzen vom Oel der Sanfft-
muth? du heiſſeſt GOttes-Kind: Sollt alſo barmhertzig ſeyn, wie dein
Vatter im Him̃el b. JEſu Juͤnger; Es ſoll hiemit nichts in dein Hertz
eingeſchrieben ſeyn als das neue Liebes-Gebott c. JEſu Freund; wa-
rum ſollteſt du nicht thun, was er gebeut d? Sein Eigenthum: Wa-
rum
a Jeſ. X. 27.
b Luc. VI. 36.
c Hebr. VIII. 10.
d Joh. XV. 14.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/805>, abgerufen am 22.11.2024.
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