Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

hervor blühende Lilien-Zweig.
nemlich zum Einguß seiner Gnad und zur Einpflantzung wahrer göttli-
cher Tugenden.

§. 4. Mancher sagt; ja glaubet mirs, ich wäre der beste Mensch,Wer nur
so lang
gut ist als
man ihn
mit Frie-
den lässet
ist nicht
besser als
der Teufel.

wo man mich nur mit Frieden liesse. Aber höre dein Lob, das dir
gebührt; du bist sanfftmüthig wie der Teufel, dann der wurde auch
nicht unlustig und murrisch, wann es ihm nach seinem Sinn und
Willen gienge: Siehe nun, wie weit du es gebracht mit deiner
Frommigkeit, daß du Schlangen und Teuflen zu vergleichen bist! Der
Kalch ist auch ein fein gehandsam Ding, biß man Wasser oben dar-
auf geußt, das doch kalt ist und nicht der Art, daß es mache bren-
nen; gleichwohl kochet und siedet es: Wer hätte jemahls vermeynt,
daß solche Hitz darinn verborgen wäre? Aber durch das Oel wird
der Kalch wider gelöscht; also kan ein Mensch so häßiger Natur
seyn, daß ihn auch das in Harnisch jagen und unwirsch machen kan,
was ihn doch in seinem Grimm abkühlen sollte; Die Gnad allein ver-
mag das Hertz lieblich zu besänfftigen.

§. 5. Es kommt dir manchmahl ein Creutz zu Hauß, welches einWie
schädlich
die Unge-
dult im
Creutz
seye.

edler Bott von JEsu ist, um dir dasjenige zu bringen, was du in
vielen Jahren nicht hast können erlangen; als zum Exempel, stille
Sabbats-Feyr, darinn GOtt unaussprechlich würcket, in der gantz
krafftlosen Seele: Es dunckt dich aber, das Creutz komme zu ungele-
gener Zeit, stossest den Botten und Geschenck mit der Thür hinaus, und
willt das geistliche Labsal von JESU nicht abnehmen, gerathest in
ein murrisch, zänckisch Wesen; da geschicht dir dann eben recht,
daß du nachwärts Gallen haben must, weil dir der Honig zu schlecht
ware. Ach wie offt erwählet die Seel Barrabam, den Tod, Fluch,
die sie in einen Angst-Graben werffen, darinn sie fast ersticken muß,
indem sie sich ihrem eigenen argen Muthwillen und den Feinden über-
lassen, redt, denckt und handlet solche Ding, daraus das bitterste
Hertzenleyd erbohren wird! Welches ein gerecht Gericht des holde-
sten Seelen-Freunds ist, der mit seinen göttlichen Süßigkeiten, und
noch allezeit unbekannten Liebes-Kräfften so schmächlich abgewiesen
worden; da heißts, erfahre, was der Eifer des GOttes der Liebe
sey, weil du seine Mittheilung so gar schnöd verabsaumt, und den
Tag deines Heyls nicht wahrgenommen hast a; darüber der Mensch
vor Kummer wohl stürbe, wo ihn Christus nicht wieder tröstete.

§. 6.
a Luc. XIX. 42.

hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
nemlich zum Einguß ſeiner Gnad und zur Einpflantzung wahrer goͤttli-
cher Tugenden.

§. 4. Mancher ſagt; ja glaubet mirs, ich waͤre der beſte Menſch,Wer nur
ſo lang
gut iſt als
man ihn
mit Frie-
den laͤſſet
iſt nicht
beſſer als
der Teufel.

wo man mich nur mit Frieden lieſſe. Aber hoͤre dein Lob, das dir
gebuͤhrt; du biſt ſanfftmuͤthig wie der Teufel, dann der wurde auch
nicht unluſtig und murriſch, wann es ihm nach ſeinem Sinn und
Willen gienge: Siehe nun, wie weit du es gebracht mit deiner
Frommigkeit, daß du Schlangen und Teuflen zu vergleichen biſt! Der
Kalch iſt auch ein fein gehandſam Ding, biß man Waſſer oben dar-
auf geußt, das doch kalt iſt und nicht der Art, daß es mache bren-
nen; gleichwohl kochet und ſiedet es: Wer haͤtte jemahls vermeynt,
daß ſolche Hitz darinn verborgen waͤre? Aber durch das Oel wird
der Kalch wider geloͤſcht; alſo kan ein Menſch ſo haͤßiger Natur
ſeyn, daß ihn auch das in Harniſch jagen und unwirſch machen kan,
was ihn doch in ſeinem Grimm abkuͤhlen ſollte; Die Gnad allein ver-
mag das Hertz lieblich zu beſaͤnfftigen.

§. 5. Es kommt dir manchmahl ein Creutz zu Hauß, welches einWie
ſchaͤdlich
die Unge-
dult im
Creutz
ſeye.

edler Bott von JEſu iſt, um dir dasjenige zu bringen, was du in
vielen Jahren nicht haſt koͤnnen erlangen; als zum Exempel, ſtille
Sabbats-Feyr, darinn GOtt unausſprechlich wuͤrcket, in der gantz
krafftloſen Seele: Es dunckt dich aber, das Creutz komme zu ungele-
gener Zeit, ſtoſſeſt den Botten und Geſchenck mit der Thuͤr hinaus, und
willt das geiſtliche Labſal von JESU nicht abnehmen, geratheſt in
ein murriſch, zaͤnckiſch Weſen; da geſchicht dir dann eben recht,
daß du nachwaͤrts Gallen haben muſt, weil dir der Honig zu ſchlecht
ware. Ach wie offt erwaͤhlet die Seel Barrabam, den Tod, Fluch,
die ſie in einen Angſt-Graben werffen, darinn ſie faſt erſticken muß,
indem ſie ſich ihrem eigenen argen Muthwillen und den Feinden uͤber-
laſſen, redt, denckt und handlet ſolche Ding, daraus das bitterſte
Hertzenleyd erbohren wird! Welches ein gerecht Gericht des holde-
ſten Seelen-Freunds iſt, der mit ſeinen goͤttlichen Suͤßigkeiten, und
noch allezeit unbekannten Liebes-Kraͤfften ſo ſchmaͤchlich abgewieſen
worden; da heißts, erfahre, was der Eifer des GOttes der Liebe
ſey, weil du ſeine Mittheilung ſo gar ſchnoͤd verabſaumt, und den
Tag deines Heyls nicht wahrgenommen haſt a; daruͤber der Menſch
vor Kummer wohl ſtuͤrbe, wo ihn Chriſtus nicht wieder troͤſtete.

§. 6.
a Luc. XIX. 42.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0791" n="695"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">hervor blu&#x0364;hende Lilien-Zweig.</hi></fw><lb/>
nemlich zum Einguß &#x017F;einer Gnad und zur Einpflantzung wahrer go&#x0364;ttli-<lb/>
cher Tugenden.</p><lb/>
          <p>§. 4. Mancher &#x017F;agt; ja glaubet mirs, ich wa&#x0364;re der be&#x017F;te Men&#x017F;ch,<note place="right">Wer nur<lb/>
&#x017F;o lang<lb/>
gut i&#x017F;t als<lb/>
man ihn<lb/>
mit Frie-<lb/>
den la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et<lb/>
i&#x017F;t nicht<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er als<lb/>
der Teufel.</note><lb/>
wo man mich nur mit Frieden lie&#x017F;&#x017F;e. Aber ho&#x0364;re dein Lob, das dir<lb/>
gebu&#x0364;hrt; du bi&#x017F;t &#x017F;anfftmu&#x0364;thig wie der Teufel, dann der wurde auch<lb/>
nicht unlu&#x017F;tig und murri&#x017F;ch, wann es ihm nach &#x017F;einem Sinn und<lb/>
Willen gienge: Siehe nun, wie weit du es gebracht mit deiner<lb/>
Frommigkeit, daß du Schlangen und Teuflen zu vergleichen bi&#x017F;t! Der<lb/>
Kalch i&#x017F;t auch ein fein gehand&#x017F;am Ding, biß man Wa&#x017F;&#x017F;er oben dar-<lb/>
auf geußt, das doch kalt i&#x017F;t und nicht der Art, daß es mache bren-<lb/>
nen; gleichwohl kochet und &#x017F;iedet es: Wer ha&#x0364;tte jemahls vermeynt,<lb/>
daß &#x017F;olche Hitz darinn verborgen wa&#x0364;re? Aber durch das Oel wird<lb/>
der Kalch wider gelo&#x0364;&#x017F;cht; al&#x017F;o kan ein Men&#x017F;ch &#x017F;o ha&#x0364;ßiger Natur<lb/>
&#x017F;eyn, daß ihn auch das in Harni&#x017F;ch jagen und unwir&#x017F;ch machen kan,<lb/>
was ihn doch in &#x017F;einem Grimm abku&#x0364;hlen &#x017F;ollte; Die Gnad allein ver-<lb/>
mag das Hertz lieblich zu be&#x017F;a&#x0364;nfftigen.</p><lb/>
          <p>§. 5. Es kommt dir manchmahl ein Creutz zu Hauß, welches ein<note place="right">Wie<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlich<lb/>
die Unge-<lb/>
dult im<lb/>
Creutz<lb/>
&#x017F;eye.</note><lb/>
edler Bott von JE&#x017F;u i&#x017F;t, um dir dasjenige zu bringen, was du in<lb/>
vielen Jahren nicht ha&#x017F;t ko&#x0364;nnen erlangen; als zum Exempel, &#x017F;tille<lb/>
Sabbats-Feyr, darinn GOtt unaus&#x017F;prechlich wu&#x0364;rcket, in der gantz<lb/>
krafftlo&#x017F;en Seele: Es dunckt dich aber, das Creutz komme zu ungele-<lb/>
gener Zeit, &#x017F;to&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t den Botten und Ge&#x017F;chenck mit der Thu&#x0364;r hinaus, und<lb/>
willt das gei&#x017F;tliche Lab&#x017F;al von JESU nicht abnehmen, gerathe&#x017F;t in<lb/>
ein murri&#x017F;ch, za&#x0364;ncki&#x017F;ch We&#x017F;en; da ge&#x017F;chicht dir dann eben recht,<lb/>
daß du nachwa&#x0364;rts Gallen haben mu&#x017F;t, weil dir der Honig zu &#x017F;chlecht<lb/>
ware. Ach wie offt erwa&#x0364;hlet die Seel Barrabam, den Tod, Fluch,<lb/>
die &#x017F;ie in einen Ang&#x017F;t-Graben werffen, darinn &#x017F;ie fa&#x017F;t er&#x017F;ticken muß,<lb/>
indem &#x017F;ie &#x017F;ich ihrem eigenen argen Muthwillen und den Feinden u&#x0364;ber-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, redt, denckt und handlet &#x017F;olche Ding, daraus das bitter&#x017F;te<lb/>
Hertzenleyd erbohren wird! Welches ein gerecht Gericht des holde-<lb/>
&#x017F;ten Seelen-Freunds i&#x017F;t, der mit &#x017F;einen go&#x0364;ttlichen Su&#x0364;ßigkeiten, und<lb/>
noch allezeit unbekannten Liebes-Kra&#x0364;fften &#x017F;o &#x017F;chma&#x0364;chlich abgewie&#x017F;en<lb/>
worden; da heißts, erfahre, was der Eifer des GOttes der Liebe<lb/>
&#x017F;ey, weil du &#x017F;eine Mittheilung &#x017F;o gar &#x017F;chno&#x0364;d verab&#x017F;aumt, und den<lb/>
Tag deines Heyls nicht wahrgenommen ha&#x017F;t <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Luc. XIX.</hi> 42.</note>; daru&#x0364;ber der Men&#x017F;ch<lb/>
vor Kummer wohl &#x017F;tu&#x0364;rbe, wo ihn Chri&#x017F;tus nicht wieder tro&#x0364;&#x017F;tete.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 6.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[695/0791] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. nemlich zum Einguß ſeiner Gnad und zur Einpflantzung wahrer goͤttli- cher Tugenden. §. 4. Mancher ſagt; ja glaubet mirs, ich waͤre der beſte Menſch, wo man mich nur mit Frieden lieſſe. Aber hoͤre dein Lob, das dir gebuͤhrt; du biſt ſanfftmuͤthig wie der Teufel, dann der wurde auch nicht unluſtig und murriſch, wann es ihm nach ſeinem Sinn und Willen gienge: Siehe nun, wie weit du es gebracht mit deiner Frommigkeit, daß du Schlangen und Teuflen zu vergleichen biſt! Der Kalch iſt auch ein fein gehandſam Ding, biß man Waſſer oben dar- auf geußt, das doch kalt iſt und nicht der Art, daß es mache bren- nen; gleichwohl kochet und ſiedet es: Wer haͤtte jemahls vermeynt, daß ſolche Hitz darinn verborgen waͤre? Aber durch das Oel wird der Kalch wider geloͤſcht; alſo kan ein Menſch ſo haͤßiger Natur ſeyn, daß ihn auch das in Harniſch jagen und unwirſch machen kan, was ihn doch in ſeinem Grimm abkuͤhlen ſollte; Die Gnad allein ver- mag das Hertz lieblich zu beſaͤnfftigen. Wer nur ſo lang gut iſt als man ihn mit Frie- den laͤſſet iſt nicht beſſer als der Teufel. §. 5. Es kommt dir manchmahl ein Creutz zu Hauß, welches ein edler Bott von JEſu iſt, um dir dasjenige zu bringen, was du in vielen Jahren nicht haſt koͤnnen erlangen; als zum Exempel, ſtille Sabbats-Feyr, darinn GOtt unausſprechlich wuͤrcket, in der gantz krafftloſen Seele: Es dunckt dich aber, das Creutz komme zu ungele- gener Zeit, ſtoſſeſt den Botten und Geſchenck mit der Thuͤr hinaus, und willt das geiſtliche Labſal von JESU nicht abnehmen, geratheſt in ein murriſch, zaͤnckiſch Weſen; da geſchicht dir dann eben recht, daß du nachwaͤrts Gallen haben muſt, weil dir der Honig zu ſchlecht ware. Ach wie offt erwaͤhlet die Seel Barrabam, den Tod, Fluch, die ſie in einen Angſt-Graben werffen, darinn ſie faſt erſticken muß, indem ſie ſich ihrem eigenen argen Muthwillen und den Feinden uͤber- laſſen, redt, denckt und handlet ſolche Ding, daraus das bitterſte Hertzenleyd erbohren wird! Welches ein gerecht Gericht des holde- ſten Seelen-Freunds iſt, der mit ſeinen goͤttlichen Suͤßigkeiten, und noch allezeit unbekannten Liebes-Kraͤfften ſo ſchmaͤchlich abgewieſen worden; da heißts, erfahre, was der Eifer des GOttes der Liebe ſey, weil du ſeine Mittheilung ſo gar ſchnoͤd verabſaumt, und den Tag deines Heyls nicht wahrgenommen haſt a; daruͤber der Menſch vor Kummer wohl ſtuͤrbe, wo ihn Chriſtus nicht wieder troͤſtete. Wie ſchaͤdlich die Unge- dult im Creutz ſeye. §. 6. a Luc. XIX. 42.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/791
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/791>, abgerufen am 22.11.2024.