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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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hervor blühende Lilien-Zweig.
Satans-Ketten zersprengt werden, ehe mir der Feind Leib und Seel
erwürget; wie dessen viele Exempel vor mir habe?

§. 5. Antw. Glaube der H. Schrifft und erkenne die unumgäng-Daß man
sein Hertz
von allem
Haß und
Neid
trachte zu
säubern,
auch
wann
man Ubels
empfahet.

liche Nothwendigkeit der Hertzens-Reinigung a, dann ohne diese kanst
du weder die Güter der Gnad noch der Herrlichkeit geniessen: Sin-
temahl nur die reines Hertzens sind, GOTT schauen können b, und
nichts unreines in Jerusalem eingehet. Ein Hertz das nicht still und
ruhig ist, ist gar nicht im Stand zu kosten wie gut JEsus ist; probi-
re es nur, ob der heilige Geist dir erlauben werde und Krafft geben
von der Freuden-reichen Liebe Christi zu essen, so lang du ein vergal-
letes Maul hast; es muß zu erst wohl ausgespielet werden durch Ver-
klagung deiner selbst vor GOTT, und Vorbitt oder Entschuldigung
des Nechstens, und hätte er dich würcklich um Ehr, Hab und Gut
gebracht, auch so viel Betrübniß und Beschwärung verursachet c,
daß du deine Gesundheit dardurch verlohren, oder mercklich ge-
schwächt, du dennoch bereit seyest noch mehr von ihm zu leiden, soll-
te er dich an einem kleinen Feuer wollen verbrennen, so sollt du gleich-
wohl nicht dem geringsten Groll oder Widrigkeit in dir Platz
geben, sondern dargegen also gar ein liebreich, gutmüthig, süsses
Hertz gegen ihm tragen d, daß es dir nach allem erlittenen Scha-
den, Truck und Unbill doch nicht weh thue, denjenigen, der dich so
tyrannisch hergenommen und geübet hat, hier mit zeitlichem Segen
überschüttet, und dort mit einem weit höheren Grad der Herrlich-
keit bekrönet zu sehen, ja daß du noch hertzlich froh seyest, GOTT
lobest und preisest, daß du auf Erden ein Feg-Opfer und im Himmel
der geringste seyn kanst. Entsetze dich nicht lang darab, das Ziel ist
dir gesteckt, biß hieher must du kommen, oder GOTT wird dich
nimmermehr vor sein Kind, noch JEsus vor sein Glied, Schaaf
und Nachfolger, noch der heilige Geist vor seinen Schuler erkennen;
ja wann du schon die Versöhnung mit GOTT in Vergebung der
Sünden mit unaussprechlicher Süßigkeit empfunden hättest, wirst
du dennoch den Geschmack davon bald wieder verliehren, wann du
dieser Hertzens-Reinigkeit als dem Kleinod deiner himmlischen Be-
ruffung nicht mit grossem beständigem Ernst nachjagest. Willt du,
o arme Seele! Mit denen Zorn-Rach-Neid-Geisteren lauffen, so

kan
a Tim. III. 15.
b Matth. V. 8.
c Matth. V. 39. 41.
d Matth. V. 22.

hervor bluͤhende Lilien-Zweig.
Satans-Ketten zerſprengt werden, ehe mir der Feind Leib und Seel
erwuͤrget; wie deſſen viele Exempel vor mir habe?

§. 5. Antw. Glaube der H. Schrifft und erkenne die unumgaͤng-Daß man
ſein Hertz
von allem
Haß und
Neid
trachte zu
ſaͤubern,
auch
wann
man Ubels
empfahet.

liche Nothwendigkeit der Hertzens-Reinigung a, dann ohne dieſe kanſt
du weder die Guͤter der Gnad noch der Herrlichkeit genieſſen: Sin-
temahl nur die reines Hertzens ſind, GOTT ſchauen koͤnnen b, und
nichts unreines in Jeruſalem eingehet. Ein Hertz das nicht ſtill und
ruhig iſt, iſt gar nicht im Stand zu koſten wie gut JEſus iſt; probi-
re es nur, ob der heilige Geiſt dir erlauben werde und Krafft geben
von der Freuden-reichen Liebe Chriſti zu eſſen, ſo lang du ein vergal-
letes Maul haſt; es muß zu erſt wohl ausgeſpielet werden durch Ver-
klagung deiner ſelbſt vor GOTT, und Vorbitt oder Entſchuldigung
des Nechſtens, und haͤtte er dich wuͤrcklich um Ehr, Hab und Gut
gebracht, auch ſo viel Betruͤbniß und Beſchwaͤrung verurſachet c,
daß du deine Geſundheit dardurch verlohren, oder mercklich ge-
ſchwaͤcht, du dennoch bereit ſeyeſt noch mehr von ihm zu leiden, ſoll-
te er dich an einem kleinen Feuer wollen verbrennen, ſo ſollt du gleich-
wohl nicht dem geringſten Groll oder Widrigkeit in dir Platz
geben, ſondern dargegen alſo gar ein liebreich, gutmuͤthig, ſuͤſſes
Hertz gegen ihm tragen d, daß es dir nach allem erlittenen Scha-
den, Truck und Unbill doch nicht weh thue, denjenigen, der dich ſo
tyranniſch hergenommen und geuͤbet hat, hier mit zeitlichem Segen
uͤberſchuͤttet, und dort mit einem weit hoͤheren Grad der Herrlich-
keit bekroͤnet zu ſehen, ja daß du noch hertzlich froh ſeyeſt, GOTT
lobeſt und preiſeſt, daß du auf Erden ein Feg-Opfer und im Himmel
der geringſte ſeyn kanſt. Entſetze dich nicht lang darab, das Ziel iſt
dir geſteckt, biß hieher muſt du kommen, oder GOTT wird dich
nimmermehr vor ſein Kind, noch JEſus vor ſein Glied, Schaaf
und Nachfolger, noch der heilige Geiſt vor ſeinen Schuler erkennen;
ja wann du ſchon die Verſoͤhnung mit GOTT in Vergebung der
Suͤnden mit unausſprechlicher Suͤßigkeit empfunden haͤtteſt, wirſt
du dennoch den Geſchmack davon bald wieder verliehren, wann du
dieſer Hertzens-Reinigkeit als dem Kleinod deiner himmliſchen Be-
ruffung nicht mit groſſem beſtaͤndigem Ernſt nachjageſt. Willt du,
o arme Seele! Mit denen Zorn-Rach-Neid-Geiſteren lauffen, ſo

kan
a Tim. III. 15.
b Matth. V. 8.
c Matth. V. 39. 41.
d Matth. V. 22.
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[687/0783] hervor bluͤhende Lilien-Zweig. Satans-Ketten zerſprengt werden, ehe mir der Feind Leib und Seel erwuͤrget; wie deſſen viele Exempel vor mir habe? §. 5. Antw. Glaube der H. Schrifft und erkenne die unumgaͤng- liche Nothwendigkeit der Hertzens-Reinigung a, dann ohne dieſe kanſt du weder die Guͤter der Gnad noch der Herrlichkeit genieſſen: Sin- temahl nur die reines Hertzens ſind, GOTT ſchauen koͤnnen b, und nichts unreines in Jeruſalem eingehet. Ein Hertz das nicht ſtill und ruhig iſt, iſt gar nicht im Stand zu koſten wie gut JEſus iſt; probi- re es nur, ob der heilige Geiſt dir erlauben werde und Krafft geben von der Freuden-reichen Liebe Chriſti zu eſſen, ſo lang du ein vergal- letes Maul haſt; es muß zu erſt wohl ausgeſpielet werden durch Ver- klagung deiner ſelbſt vor GOTT, und Vorbitt oder Entſchuldigung des Nechſtens, und haͤtte er dich wuͤrcklich um Ehr, Hab und Gut gebracht, auch ſo viel Betruͤbniß und Beſchwaͤrung verurſachet c, daß du deine Geſundheit dardurch verlohren, oder mercklich ge- ſchwaͤcht, du dennoch bereit ſeyeſt noch mehr von ihm zu leiden, ſoll- te er dich an einem kleinen Feuer wollen verbrennen, ſo ſollt du gleich- wohl nicht dem geringſten Groll oder Widrigkeit in dir Platz geben, ſondern dargegen alſo gar ein liebreich, gutmuͤthig, ſuͤſſes Hertz gegen ihm tragen d, daß es dir nach allem erlittenen Scha- den, Truck und Unbill doch nicht weh thue, denjenigen, der dich ſo tyranniſch hergenommen und geuͤbet hat, hier mit zeitlichem Segen uͤberſchuͤttet, und dort mit einem weit hoͤheren Grad der Herrlich- keit bekroͤnet zu ſehen, ja daß du noch hertzlich froh ſeyeſt, GOTT lobeſt und preiſeſt, daß du auf Erden ein Feg-Opfer und im Himmel der geringſte ſeyn kanſt. Entſetze dich nicht lang darab, das Ziel iſt dir geſteckt, biß hieher muſt du kommen, oder GOTT wird dich nimmermehr vor ſein Kind, noch JEſus vor ſein Glied, Schaaf und Nachfolger, noch der heilige Geiſt vor ſeinen Schuler erkennen; ja wann du ſchon die Verſoͤhnung mit GOTT in Vergebung der Suͤnden mit unausſprechlicher Suͤßigkeit empfunden haͤtteſt, wirſt du dennoch den Geſchmack davon bald wieder verliehren, wann du dieſer Hertzens-Reinigkeit als dem Kleinod deiner himmliſchen Be- ruffung nicht mit groſſem beſtaͤndigem Ernſt nachjageſt. Willt du, o arme Seele! Mit denen Zorn-Rach-Neid-Geiſteren lauffen, ſo kan Daß man ſein Hertz von allem Haß und Neid trachte zu ſaͤubern, auch wann man Ubels empfahet. a Tim. III. 15. b Matth. V. 8. c Matth. V. 39. 41. d Matth. V. 22.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/783>, abgerufen am 22.11.2024.