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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Weyhnachts-Gedancken.
Ewigkeit nicht vergessen; ich werde es ausschreyen durch alle Gassen
des himmlischen Jerusalems, was du HErr an mir gethan habest. O
JEsu, meine Freude! ach mache doch schweigen und verstummen in
mir alle fremden Stimmen, alles Brüllen der Ochsen, und Blären
der Schaafen, damit ich die Englische Freuden-Music über deiner Ge-
burt fein vernehmlich hören könne. Der Engel heisset dich HErr! so
must du mich dann besitzen und beherrschen. Er heisset dich Christum;
darum must du mich tauffen mit dem H. Geist, und salben mit dem Oel
des Friedens. Du kanst mir nichts abschlagen, nach dem du dich als ein
Mensch zu mir hast herab gelassen. Komme, du theurstes JEsulein, in
meine arme Hütten! Du must doch jemand haben, der dich aufnehme.
Setze meinen Nahmen in den Rodel deiner Leib- und Seel-Eigenen;
Versaume nichts an mir, nachdem du dirs so saur hast werden lassen,
mein Hertz zu erobern: die alte sündliche Natur plaget mich sehr, erle-
dige mich vollkommen darvon, durch die allerholdeste Gunst deiner alles
heiligenden und segnenden Menschwerdung! Mache dir ein angenehm
rein Bett in meinem Willen, darinnen du sanfft ruhest! Lasse dich mein
Elend nicht abhalten: du bist ja eben darzu in meinem Fleisch erschienen,
mich gäntzlich zu befreyen von aller Sünden-Noth; Darum komme her-
ein du Gesegneter des HErren! weil du einen unreinen Stall nicht hast
wollen scheuen; Gib mir die Erkanntniß deines Heyls überflüßig, daß
ich dich des Nachts, wann alles still ist, mit starcken Begierden halte
und nicht ablasse, du habest mich dann zu erst gesegnet. Es soll dir nicht
allenthalben gehen wie zu Jerusalem und zu Bethlehem; Du hast auch
noch Freund in der Schweitz, die dich mit Freuden aufnehmen und gern
stäts bey sich haben, dir abzuwarten, wie es sich gebührt. Einmahl ich
vor mein Theil halte es für die glückseligste Stund in meinem Leben,
wann ich dich mit den Hirten anbetten und küssen, und mit den Englen lo-
ben und jubilieren kan; Ehre sey dir o GOtt in der Höhe; Friede müs-
se werden hieunten auf dem Erdboden; Hallelujah! O Jmmanuel und
leutseliger Menschen-Freund! Mach mich zu deinem Preiß, und viel
Millionen mit mir, je mehr und mehr theilhafftig der göttlichen Natur,
wie du theilhafftig worden bist zu unser Seeligkeit und menschlichen
Natur: Und wie du kommen bist zu mir auf diese elende Erden, also ent-
zünde ein heisses unablässiges Verlangen nach deinem Himmelreich,
und unmittelbaren, allerinnigsten Vereinigung! Der Geist und die
Braut sprechen: komme! und wer es höret, der spreche: Komm! ja kom-
me bald, HErr JEsu! Amen!

Sehnliche

Weyhnachts-Gedancken.
Ewigkeit nicht vergeſſen; ich werde es ausſchreyen durch alle Gaſſen
des himmliſchen Jeruſalems, was du HErr an mir gethan habeſt. O
JEſu, meine Freude! ach mache doch ſchweigen und verſtummen in
mir alle fremden Stimmen, alles Bruͤllen der Ochſen, und Blaͤren
der Schaafen, damit ich die Engliſche Freuden-Muſic uͤber deiner Ge-
burt fein vernehmlich hoͤren koͤnne. Der Engel heiſſet dich HErr! ſo
muſt du mich dann beſitzen und beherrſchen. Er heiſſet dich Chriſtum;
darum muſt du mich tauffen mit dem H. Geiſt, und ſalben mit dem Oel
des Friedens. Du kanſt mir nichts abſchlagen, nach dem du dich als ein
Menſch zu mir haſt herab gelaſſen. Komme, du theurſtes JEſulein, in
meine arme Huͤtten! Du muſt doch jemand haben, der dich aufnehme.
Setze meinen Nahmen in den Rodel deiner Leib- und Seel-Eigenen;
Verſaume nichts an mir, nachdem du dirs ſo ſaur haſt werden laſſen,
mein Hertz zu erobern: die alte ſuͤndliche Natur plaget mich ſehr, erle-
dige mich vollkommen darvon, durch die allerholdeſte Gunſt deiner alles
heiligenden und ſegnenden Menſchwerdung! Mache dir ein angenehm
rein Bett in meinem Willen, darinnen du ſanfft ruheſt! Laſſe dich mein
Elend nicht abhalten: du biſt ja eben darzu in meinem Fleiſch erſchienen,
mich gaͤntzlich zu befreyen von aller Suͤnden-Noth; Darum komme her-
ein du Geſegneter des HErren! weil du einen unreinen Stall nicht haſt
wollen ſcheuen; Gib mir die Erkanntniß deines Heyls uͤberfluͤßig, daß
ich dich des Nachts, wann alles ſtill iſt, mit ſtarcken Begierden halte
und nicht ablaſſe, du habeſt mich dann zu erſt geſegnet. Es ſoll dir nicht
allenthalben gehen wie zu Jeruſalem und zu Bethlehem; Du haſt auch
noch Freund in der Schweitz, die dich mit Freuden aufnehmen und gern
ſtaͤts bey ſich haben, dir abzuwarten, wie es ſich gebuͤhrt. Einmahl ich
vor mein Theil halte es fuͤr die gluͤckſeligſte Stund in meinem Leben,
wann ich dich mit den Hirten anbetten und kuͤſſen, und mit den Englen lo-
ben und jubilieren kan; Ehre ſey dir o GOtt in der Hoͤhe; Friede muͤſ-
ſe werden hieunten auf dem Erdboden; Hallelujah! O Jmmanuel und
leutſeliger Menſchen-Freund! Mach mich zu deinem Preiß, und viel
Millionen mit mir, je mehr und mehr theilhafftig der goͤttlichen Natur,
wie du theilhafftig worden biſt zu unſer Seeligkeit und menſchlichen
Natur: Und wie du kommen biſt zu mir auf dieſe elende Erden, alſo ent-
zuͤnde ein heiſſes unablaͤſſiges Verlangen nach deinem Himmelreich,
und unmittelbaren, allerinnigſten Vereinigung! Der Geiſt und die
Braut ſprechen: komme! und wer es hoͤret, der ſpreche: Komm! ja kom-
me bald, HErr JEſu! Amen!

Sehnliche
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[658/0754] Weyhnachts-Gedancken. Ewigkeit nicht vergeſſen; ich werde es ausſchreyen durch alle Gaſſen des himmliſchen Jeruſalems, was du HErr an mir gethan habeſt. O JEſu, meine Freude! ach mache doch ſchweigen und verſtummen in mir alle fremden Stimmen, alles Bruͤllen der Ochſen, und Blaͤren der Schaafen, damit ich die Engliſche Freuden-Muſic uͤber deiner Ge- burt fein vernehmlich hoͤren koͤnne. Der Engel heiſſet dich HErr! ſo muſt du mich dann beſitzen und beherrſchen. Er heiſſet dich Chriſtum; darum muſt du mich tauffen mit dem H. Geiſt, und ſalben mit dem Oel des Friedens. Du kanſt mir nichts abſchlagen, nach dem du dich als ein Menſch zu mir haſt herab gelaſſen. Komme, du theurſtes JEſulein, in meine arme Huͤtten! Du muſt doch jemand haben, der dich aufnehme. Setze meinen Nahmen in den Rodel deiner Leib- und Seel-Eigenen; Verſaume nichts an mir, nachdem du dirs ſo ſaur haſt werden laſſen, mein Hertz zu erobern: die alte ſuͤndliche Natur plaget mich ſehr, erle- dige mich vollkommen darvon, durch die allerholdeſte Gunſt deiner alles heiligenden und ſegnenden Menſchwerdung! Mache dir ein angenehm rein Bett in meinem Willen, darinnen du ſanfft ruheſt! Laſſe dich mein Elend nicht abhalten: du biſt ja eben darzu in meinem Fleiſch erſchienen, mich gaͤntzlich zu befreyen von aller Suͤnden-Noth; Darum komme her- ein du Geſegneter des HErren! weil du einen unreinen Stall nicht haſt wollen ſcheuen; Gib mir die Erkanntniß deines Heyls uͤberfluͤßig, daß ich dich des Nachts, wann alles ſtill iſt, mit ſtarcken Begierden halte und nicht ablaſſe, du habeſt mich dann zu erſt geſegnet. Es ſoll dir nicht allenthalben gehen wie zu Jeruſalem und zu Bethlehem; Du haſt auch noch Freund in der Schweitz, die dich mit Freuden aufnehmen und gern ſtaͤts bey ſich haben, dir abzuwarten, wie es ſich gebuͤhrt. Einmahl ich vor mein Theil halte es fuͤr die gluͤckſeligſte Stund in meinem Leben, wann ich dich mit den Hirten anbetten und kuͤſſen, und mit den Englen lo- ben und jubilieren kan; Ehre ſey dir o GOtt in der Hoͤhe; Friede muͤſ- ſe werden hieunten auf dem Erdboden; Hallelujah! O Jmmanuel und leutſeliger Menſchen-Freund! Mach mich zu deinem Preiß, und viel Millionen mit mir, je mehr und mehr theilhafftig der goͤttlichen Natur, wie du theilhafftig worden biſt zu unſer Seeligkeit und menſchlichen Natur: Und wie du kommen biſt zu mir auf dieſe elende Erden, alſo ent- zuͤnde ein heiſſes unablaͤſſiges Verlangen nach deinem Himmelreich, und unmittelbaren, allerinnigſten Vereinigung! Der Geiſt und die Braut ſprechen: komme! und wer es hoͤret, der ſpreche: Komm! ja kom- me bald, HErr JEſu! Amen! Sehnliche

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/754>, abgerufen am 22.11.2024.