Christi trösten, seine Wege aber nicht gehen wollen; Du must dem Tauff-Bund in der That nachkommen; GOtt laßt sich durch aus nicht blenden a: Beym Heiligen Abendmahl thut freylich alles der- gleichen, als begehrte man JEsum zu lieben und zu küssen; Du wilt ihn überreden als ein Kindlein, du liebest ihne auch, da du dich nur selbst mit süssen Einbildungen betriegest.
§. 8. Ey wo fehlts doch, daß sich so wenig dieses Schatzes an-Die Ur- sach dieser Verach- tung, nehmen, daß ein nichtswerthes Ding alle selbs gemachte Schein- Freud an JEsu kan ausblassen? Antw. Weilen man sein tieffes Elend und den Abgrund des Heyls, Hülffe und Trosts, so in Chri- sto verborgen ligt, nicht erkennet b. O wie wurde man sich sonst in Eyl zur Krippe herbey machen, und sich um seine Huld und Gunst bewerben! Es ist nur für Arme am Geist c, für Leydtragende, für Gnaden-Hungerige d, die weder Brodt noch Kleid haben, die der Teufel auf allerley Weiß vexirt e, und sie nicht lang in der liebli- chen Gegend der Vergessenheit des unruhigen Angst-Reichs der Welt und der verliebten Einsamkeit mit JEsu ungeplagt bleiben lässet.
§. 9. O wie hertz-inniglich sehnen sich solche nach den seligen Zei-Diese Ge- burt kom- met nur denen un- ter ihrem Elend nach JE- su Seuff- tzenden zu gut. ten des herrlichen JEsu f! Wie gern möchten sie sich vor ihr Leben- tag zu ihm in den Stall einbschliessen, und ihr Bett unter seine Krip- pen machen! Den andern ists abgeschmackt. Krancken, die der wüsten Sünde müd, und also über die massen gern durchaus heilig wären, gehört der Artzt g: den elenden Geplagten, die der Teufel und eigen Fleisch nie fein recht froh werden läßt, immer auf sie lau- ret, und täglich so viel zu leid thun als sie können h; jetzt einen giff- tigen Mord-Pfeil unvermuthet in sie schießt i, und so tieff in die Seel steckt, daß es Zeit und Weil braucht, ehe sie wieder können zu recht kommen; jetzt wähet er ihnen das Freuden-Liecht aus, und verschüt- tet ihnen das Oel des empfindlichen Trosts, daß sie offt am Heyls- Felsen und Helfen- Stein Feuer schlagen müssen, ehe sie wieder Liecht haben, auch zimlich lang an Oel-Tröpfen zu sammlen haben; bald besprützt er ihre Kleider mit Sünden-Koth, wann sie Schnee- weiß gedencken vor ihrem König zu erscheinen; Bald thut er die Garten-Thür auf k und lässet einen Schwarm eiteler Gedancken hin-
ein,
aJoh. V. 35-45.
bApoc. III. 17.
cLuc. I. 39.
dMatth. XV. 22.
eMatth. IV. 1. & XII. 43.
fApoc. XXII. 20.
gMatth. VIII. 2.
hPs. CXLVI. 7-10. Marc. IX. 21.
iPs. XCI. 5. 6.
kCant. II. 15.
Weyhnachts-Gedancken.
Chriſti troͤſten, ſeine Wege aber nicht gehen wollen; Du muſt dem Tauff-Bund in der That nachkommen; GOtt laßt ſich durch aus nicht blenden a: Beym Heiligen Abendmahl thut freylich alles der- gleichen, als begehrte man JEſum zu lieben und zu kuͤſſen; Du wilt ihn uͤberreden als ein Kindlein, du liebeſt ihne auch, da du dich nur ſelbſt mit ſuͤſſen Einbildungen betriegeſt.
§. 8. Ey wo fehlts doch, daß ſich ſo wenig dieſes Schatzes an-Die Ur- ſach dieſer Verach- tung, nehmen, daß ein nichtswerthes Ding alle ſelbs gemachte Schein- Freud an JEſu kan ausblaſſen? Antw. Weilen man ſein tieffes Elend und den Abgrund des Heyls, Huͤlffe und Troſts, ſo in Chri- ſto verborgen ligt, nicht erkennet b. O wie wurde man ſich ſonſt in Eyl zur Krippe herbey machen, und ſich um ſeine Huld und Gunſt bewerben! Es iſt nur fuͤr Arme am Geiſt c, fuͤr Leydtragende, fuͤr Gnaden-Hungerige d, die weder Brodt noch Kleid haben, die der Teufel auf allerley Weiß vexirt e, und ſie nicht lang in der liebli- chen Gegend der Vergeſſenheit des unruhigen Angſt-Reichs der Welt und der verliebten Einſamkeit mit JEſu ungeplagt bleiben laͤſſet.
§. 9. O wie hertz-inniglich ſehnen ſich ſolche nach den ſeligen Zei-Dieſe Ge- burt kom- met nur denen un- ter ihrem Elend nach JE- ſu Seuff- tzenden zu gut. ten des herrlichen JEſu f! Wie gern moͤchten ſie ſich vor ihr Leben- tag zu ihm in den Stall einbſchlieſſen, und ihr Bett unter ſeine Krip- pen machen! Den andern iſts abgeſchmackt. Krancken, die der wuͤſten Suͤnde muͤd, und alſo uͤber die maſſen gern durchaus heilig waͤren, gehoͤrt der Artzt g: den elenden Geplagten, die der Teufel und eigen Fleiſch nie fein recht froh werden laͤßt, immer auf ſie lau- ret, und taͤglich ſo viel zu leid thun als ſie koͤnnen h; jetzt einen giff- tigen Mord-Pfeil unvermuthet in ſie ſchießt i, und ſo tieff in die Seel ſteckt, daß es Zeit und Weil braucht, ehe ſie wieder koͤnnen zu recht kommen; jetzt waͤhet er ihnen das Freuden-Liecht aus, und verſchuͤt- tet ihnen das Oel des empfindlichen Troſts, daß ſie offt am Heyls- Felſen und Helfen- Stein Feuer ſchlagen muͤſſen, ehe ſie wieder Liecht haben, auch zimlich lang an Oel-Troͤpfen zu ſammlen haben; bald beſpruͤtzt er ihre Kleider mit Suͤnden-Koth, wann ſie Schnee- weiß gedencken vor ihrem Koͤnig zu erſcheinen; Bald thut er die Garten-Thuͤr auf k und laͤſſet einen Schwarm eiteler Gedancken hin-
ein,
aJoh. V. 35-45.
bApoc. III. 17.
cLuc. I. 39.
dMatth. XV. 22.
eMatth. IV. 1. & XII. 43.
fApoc. XXII. 20.
gMatth. VIII. 2.
hPſ. CXLVI. 7-10. Marc. IX. 21.
iPſ. XCI. 5. 6.
kCant. II. 15.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0727"n="631"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Weyhnachts-Gedancken.</hi></fw><lb/>
Chriſti troͤſten, ſeine Wege aber nicht gehen wollen; Du muſt dem<lb/>
Tauff-Bund in der That nachkommen; GOtt laßt ſich durch aus<lb/>
nicht blenden <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Joh. V.</hi> 35-45.</note>: Beym Heiligen Abendmahl thut freylich alles der-<lb/>
gleichen, als begehrte man JEſum zu lieben und zu kuͤſſen; Du wilt<lb/>
ihn uͤberreden als ein Kindlein, du liebeſt ihne auch, da du dich nur<lb/>ſelbſt mit ſuͤſſen Einbildungen betriegeſt.</p><lb/><p>§. 8. Ey wo fehlts doch, daß ſich ſo wenig dieſes Schatzes an-<noteplace="right">Die Ur-<lb/>ſach dieſer<lb/>
Verach-<lb/>
tung,</note><lb/>
nehmen, daß ein nichtswerthes Ding alle ſelbs gemachte Schein-<lb/>
Freud an JEſu kan ausblaſſen? Antw. Weilen man ſein tieffes<lb/>
Elend und den Abgrund des Heyls, Huͤlffe und Troſts, ſo in Chri-<lb/>ſto verborgen ligt, nicht erkennet <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Apoc. III.</hi> 17.</note>. O wie wurde man ſich ſonſt in<lb/>
Eyl zur Krippe herbey machen, und ſich um ſeine Huld und Gunſt<lb/>
bewerben! Es iſt nur fuͤr Arme am Geiſt <noteplace="foot"n="c"><hirendition="#aq">Luc. I.</hi> 39.</note>, fuͤr Leydtragende, fuͤr<lb/>
Gnaden-Hungerige <noteplace="foot"n="d"><hirendition="#aq">Matth. XV.</hi> 22.</note>, die weder Brodt noch Kleid haben, die der<lb/>
Teufel auf allerley Weiß vexirt <noteplace="foot"n="e"><hirendition="#aq">Matth. IV. 1. & XII.</hi> 43.</note>, und ſie nicht lang in der liebli-<lb/>
chen Gegend der Vergeſſenheit des unruhigen Angſt-Reichs der Welt<lb/>
und der verliebten Einſamkeit mit JEſu ungeplagt bleiben laͤſſet.</p><lb/><p>§. 9. O wie hertz-inniglich ſehnen ſich ſolche nach den ſeligen Zei-<noteplace="right">Dieſe Ge-<lb/>
burt kom-<lb/>
met nur<lb/>
denen un-<lb/>
ter ihrem<lb/>
Elend<lb/>
nach JE-<lb/>ſu Seuff-<lb/>
tzenden zu<lb/>
gut.</note><lb/>
ten des herrlichen JEſu <noteplace="foot"n="f"><hirendition="#aq">Apoc. XXII.</hi> 20.</note>! Wie gern moͤchten ſie ſich vor ihr Leben-<lb/>
tag zu ihm in den Stall einbſchlieſſen, und ihr Bett unter ſeine Krip-<lb/>
pen machen! Den andern iſts abgeſchmackt. Krancken, die der<lb/>
wuͤſten Suͤnde muͤd, und alſo uͤber die maſſen gern durchaus heilig<lb/>
waͤren, gehoͤrt der Artzt <noteplace="foot"n="g"><hirendition="#aq">Matth. VIII.</hi> 2.</note>: den elenden Geplagten, die der Teufel<lb/>
und eigen Fleiſch nie fein recht froh werden laͤßt, immer auf ſie lau-<lb/>
ret, und taͤglich ſo viel zu leid thun als ſie koͤnnen <noteplace="foot"n="h"><hirendition="#aq">Pſ.<lb/>
CXLVI. 7-10. Marc. IX.</hi> 21.</note>; jetzt einen giff-<lb/>
tigen Mord-Pfeil unvermuthet in ſie ſchießt <noteplace="foot"n="i"><hirendition="#aq">Pſ. XCI.</hi> 5. 6.</note>, und ſo tieff in die Seel<lb/>ſteckt, daß es Zeit und Weil braucht, ehe ſie wieder koͤnnen zu recht<lb/>
kommen; jetzt waͤhet er ihnen das Freuden-Liecht aus, und verſchuͤt-<lb/>
tet ihnen das Oel des empfindlichen Troſts, daß ſie offt am Heyls-<lb/>
Felſen und Helfen- Stein Feuer ſchlagen muͤſſen, ehe ſie wieder<lb/>
Liecht haben, auch zimlich lang an Oel-Troͤpfen zu ſammlen haben;<lb/>
bald beſpruͤtzt er ihre Kleider mit Suͤnden-Koth, wann ſie Schnee-<lb/>
weiß gedencken vor ihrem Koͤnig zu erſcheinen; Bald thut er die<lb/>
Garten-Thuͤr auf <noteplace="foot"n="k"><hirendition="#aq">Cant. II.</hi> 15.</note> und laͤſſet einen Schwarm eiteler Gedancken hin-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ein,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[631/0727]
Weyhnachts-Gedancken.
Chriſti troͤſten, ſeine Wege aber nicht gehen wollen; Du muſt dem
Tauff-Bund in der That nachkommen; GOtt laßt ſich durch aus
nicht blenden a: Beym Heiligen Abendmahl thut freylich alles der-
gleichen, als begehrte man JEſum zu lieben und zu kuͤſſen; Du wilt
ihn uͤberreden als ein Kindlein, du liebeſt ihne auch, da du dich nur
ſelbſt mit ſuͤſſen Einbildungen betriegeſt.
§. 8. Ey wo fehlts doch, daß ſich ſo wenig dieſes Schatzes an-
nehmen, daß ein nichtswerthes Ding alle ſelbs gemachte Schein-
Freud an JEſu kan ausblaſſen? Antw. Weilen man ſein tieffes
Elend und den Abgrund des Heyls, Huͤlffe und Troſts, ſo in Chri-
ſto verborgen ligt, nicht erkennet b. O wie wurde man ſich ſonſt in
Eyl zur Krippe herbey machen, und ſich um ſeine Huld und Gunſt
bewerben! Es iſt nur fuͤr Arme am Geiſt c, fuͤr Leydtragende, fuͤr
Gnaden-Hungerige d, die weder Brodt noch Kleid haben, die der
Teufel auf allerley Weiß vexirt e, und ſie nicht lang in der liebli-
chen Gegend der Vergeſſenheit des unruhigen Angſt-Reichs der Welt
und der verliebten Einſamkeit mit JEſu ungeplagt bleiben laͤſſet.
Die Ur-
ſach dieſer
Verach-
tung,
§. 9. O wie hertz-inniglich ſehnen ſich ſolche nach den ſeligen Zei-
ten des herrlichen JEſu f! Wie gern moͤchten ſie ſich vor ihr Leben-
tag zu ihm in den Stall einbſchlieſſen, und ihr Bett unter ſeine Krip-
pen machen! Den andern iſts abgeſchmackt. Krancken, die der
wuͤſten Suͤnde muͤd, und alſo uͤber die maſſen gern durchaus heilig
waͤren, gehoͤrt der Artzt g: den elenden Geplagten, die der Teufel
und eigen Fleiſch nie fein recht froh werden laͤßt, immer auf ſie lau-
ret, und taͤglich ſo viel zu leid thun als ſie koͤnnen h; jetzt einen giff-
tigen Mord-Pfeil unvermuthet in ſie ſchießt i, und ſo tieff in die Seel
ſteckt, daß es Zeit und Weil braucht, ehe ſie wieder koͤnnen zu recht
kommen; jetzt waͤhet er ihnen das Freuden-Liecht aus, und verſchuͤt-
tet ihnen das Oel des empfindlichen Troſts, daß ſie offt am Heyls-
Felſen und Helfen- Stein Feuer ſchlagen muͤſſen, ehe ſie wieder
Liecht haben, auch zimlich lang an Oel-Troͤpfen zu ſammlen haben;
bald beſpruͤtzt er ihre Kleider mit Suͤnden-Koth, wann ſie Schnee-
weiß gedencken vor ihrem Koͤnig zu erſcheinen; Bald thut er die
Garten-Thuͤr auf k und laͤſſet einen Schwarm eiteler Gedancken hin-
ein,
Dieſe Ge-
burt kom-
met nur
denen un-
ter ihrem
Elend
nach JE-
ſu Seuff-
tzenden zu
gut.
a Joh. V. 35-45.
b Apoc. III. 17.
c Luc. I. 39.
d Matth. XV. 22.
e Matth. IV. 1. & XII. 43.
f Apoc. XXII. 20.
g Matth. VIII. 2.
h Pſ.
CXLVI. 7-10. Marc. IX. 21.
i Pſ. XCI. 5. 6.
k Cant. II. 15.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/727>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.