das nicht scheuen, und dessen ungeachtet das Hertz mit der Seeligkeit seines Heil. Bluts und mit dem Trost des Heil. Geistes erquicken a. Das heißt dieses heilige Kind auf den Mist hinwerffen: Das hat die gebenedeyte Jungfrau nicht gethan, es thuts auch kein auffrichtiger Christ; Es will auch keiner leicht den Nahmen haben vor den Men- schen, daß er das thue, wiewohl ihn sein Gewissen dessen gnug vor GOtt verklaget.
Der Gei- tzigen Ehr- geitzigen und Hoch- müthi- gen.
§. 3. Und wie macht man nicht den allertheursten JEsum offent- lich zum Gespött b, in dem man den Kopf schüttelt ab allem, was dem Geld- und ehrsüchtigen Stoltz nicht anzustehen scheinet. Die geitzige und hochmüthige Chinesen verachten das Evangelium, und heissen es eine Bettel-Religion, die nur Arme, Verachtete, Elen- de, Leydtragende selig preise: Aber was die Chinesen ungescheucht heraus sagen, das gedencken die so genannten Christen, und zwar Ar- me so wohl als Reiche. Wann man denen Land-Leuten von einem armen Kind in der Krippen prediget, wie sie sich dessen hoch zu er- freuen haben, auch um deßwillen, weilen sie diesem hochgebenedey- ten JEsu in ihrer Armuth desto näher kommen und ähnlicher seyen, so gehets wie dort: Moses redete mit den Kindern Jsraels, aber sie höreten ihm nicht zu für Angst und für harte Arbeit c; Ja, dencken sie, wann ein Sack mit Geld in der Krippen läge, daß ich meine Zinse entrichten könnte, das wäre mir ein rechtes grosses Heyl. Ach arme Seelen! wann ihr euch des ewigen Reichthums und Seligkeit das gantze Jahr hindurch freuetet so euch diß liebe Kind gebracht, keinen einigen kummerhafften Gedancken ins Hertz liesset d, in Einfalt arbei- tetet, mit gläubigem Vertrauen in dieses Kindleins Gegenwart, wie Joseph thate; Wann er zu Mittag spiese, so nahm er sein liebes JE- sulein zu sich auf die Schoos und küßte es unterweilen gar hertzlich, das that ihm sowohl, als ein Fürstlich Essen, und an statt sich zu be- kümmeren, wo er Geld kriegen wollte vor den Hauß-Zins und etwan einen neuen Rock zu kauffen, so thate er davor einen Blick neben sich auf sein holdes JEsulein: Jch frage euch ihr Armen! wann ihr es auch also machtet, hättet ihr deßwegen einen Heller weniger wann das Jahr um wäre? Einmahl es hat sich Joseph gar wohl darbey be-
funden;
aJoh. XV. 2.
bHebr. VI. 4.
cExod. VI. 9.
dMatth. VI. 24 33.
Weyhnachts-Gedancken.
das nicht ſcheuen, und deſſen ungeachtet das Hertz mit der Seeligkeit ſeines Heil. Bluts und mit dem Troſt des Heil. Geiſtes erquicken a. Das heißt dieſes heilige Kind auf den Miſt hinwerffen: Das hat die gebenedeyte Jungfrau nicht gethan, es thuts auch kein auffrichtiger Chriſt; Es will auch keiner leicht den Nahmen haben vor den Men- ſchen, daß er das thue, wiewohl ihn ſein Gewiſſen deſſen gnug vor GOtt verklaget.
Der Gei- tzigen Ehr- geitzigen und Hoch- muͤthi- gen.
§. 3. Und wie macht man nicht den allertheurſten JEſum offent- lich zum Geſpoͤtt b, in dem man den Kopf ſchuͤttelt ab allem, was dem Geld- und ehrſuͤchtigen Stoltz nicht anzuſtehen ſcheinet. Die geitzige und hochmuͤthige Chineſen verachten das Evangelium, und heiſſen es eine Bettel-Religion, die nur Arme, Verachtete, Elen- de, Leydtragende ſelig preiſe: Aber was die Chineſen ungeſcheucht heraus ſagen, das gedencken die ſo genannten Chriſten, und zwar Ar- me ſo wohl als Reiche. Wann man denen Land-Leuten von einem armen Kind in der Krippen prediget, wie ſie ſich deſſen hoch zu er- freuen haben, auch um deßwillen, weilen ſie dieſem hochgebenedey- ten JEſu in ihrer Armuth deſto naͤher kommen und aͤhnlicher ſeyen, ſo gehets wie dort: Moſes redete mit den Kindern Jſraels, aber ſie hoͤreten ihm nicht zu fuͤr Angſt und fuͤr harte Arbeit c; Ja, dencken ſie, wann ein Sack mit Geld in der Krippen laͤge, daß ich meine Zinſe entrichten koͤnnte, das waͤre mir ein rechtes groſſes Heyl. Ach arme Seelen! wann ihr euch des ewigen Reichthums und Seligkeit das gantze Jahr hindurch freuetet ſo euch diß liebe Kind gebracht, keinen einigen kummerhafften Gedancken ins Hertz lieſſet d, in Einfalt arbei- tetet, mit glaͤubigem Vertrauen in dieſes Kindleins Gegenwart, wie Joſeph thate; Wann er zu Mittag ſpieſe, ſo nahm er ſein liebes JE- ſulein zu ſich auf die Schoos und kuͤßte es unterweilen gar hertzlich, das that ihm ſowohl, als ein Fuͤrſtlich Eſſen, und an ſtatt ſich zu be- kuͤmmeren, wo er Geld kriegen wollte vor den Hauß-Zins und etwan einen neuen Rock zu kauffen, ſo thate er davor einen Blick neben ſich auf ſein holdes JEſulein: Jch frage euch ihr Armen! wann ihr es auch alſo machtet, haͤttet ihr deßwegen einen Heller weniger wann das Jahr um waͤre? Einmahl es hat ſich Joſeph gar wohl darbey be-
funden;
aJoh. XV. 2.
bHebr. VI. 4.
cExod. VI. 9.
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Weyhnachts-Gedancken.
das nicht ſcheuen, und deſſen ungeachtet das Hertz mit der Seeligkeit
ſeines Heil. Bluts und mit dem Troſt des Heil. Geiſtes erquicken a.
Das heißt dieſes heilige Kind auf den Miſt hinwerffen: Das hat die
gebenedeyte Jungfrau nicht gethan, es thuts auch kein auffrichtiger
Chriſt; Es will auch keiner leicht den Nahmen haben vor den Men-
ſchen, daß er das thue, wiewohl ihn ſein Gewiſſen deſſen gnug vor
GOtt verklaget.
§. 3. Und wie macht man nicht den allertheurſten JEſum offent-
lich zum Geſpoͤtt b, in dem man den Kopf ſchuͤttelt ab allem, was
dem Geld- und ehrſuͤchtigen Stoltz nicht anzuſtehen ſcheinet. Die
geitzige und hochmuͤthige Chineſen verachten das Evangelium, und
heiſſen es eine Bettel-Religion, die nur Arme, Verachtete, Elen-
de, Leydtragende ſelig preiſe: Aber was die Chineſen ungeſcheucht
heraus ſagen, das gedencken die ſo genannten Chriſten, und zwar Ar-
me ſo wohl als Reiche. Wann man denen Land-Leuten von einem
armen Kind in der Krippen prediget, wie ſie ſich deſſen hoch zu er-
freuen haben, auch um deßwillen, weilen ſie dieſem hochgebenedey-
ten JEſu in ihrer Armuth deſto naͤher kommen und aͤhnlicher ſeyen,
ſo gehets wie dort: Moſes redete mit den Kindern Jſraels, aber ſie
hoͤreten ihm nicht zu fuͤr Angſt und fuͤr harte Arbeit c; Ja, dencken ſie,
wann ein Sack mit Geld in der Krippen laͤge, daß ich meine Zinſe
entrichten koͤnnte, das waͤre mir ein rechtes groſſes Heyl. Ach arme
Seelen! wann ihr euch des ewigen Reichthums und Seligkeit das
gantze Jahr hindurch freuetet ſo euch diß liebe Kind gebracht, keinen
einigen kummerhafften Gedancken ins Hertz lieſſet d, in Einfalt arbei-
tetet, mit glaͤubigem Vertrauen in dieſes Kindleins Gegenwart, wie
Joſeph thate; Wann er zu Mittag ſpieſe, ſo nahm er ſein liebes JE-
ſulein zu ſich auf die Schoos und kuͤßte es unterweilen gar hertzlich,
das that ihm ſowohl, als ein Fuͤrſtlich Eſſen, und an ſtatt ſich zu be-
kuͤmmeren, wo er Geld kriegen wollte vor den Hauß-Zins und etwan
einen neuen Rock zu kauffen, ſo thate er davor einen Blick neben ſich
auf ſein holdes JEſulein: Jch frage euch ihr Armen! wann ihr es
auch alſo machtet, haͤttet ihr deßwegen einen Heller weniger wann
das Jahr um waͤre? Einmahl es hat ſich Joſeph gar wohl darbey be-
funden;
a Joh. XV. 2.
b Hebr. VI. 4.
c Exod. VI. 9.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/722>, abgerufen am 22.11.2024.
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