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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Zuschrifft.
ters-Thron, vor welchem niemand erscheinen darf als die zu Rom
vor eine ziemliche Summa Gelds canonisirte Heilige, (dann der H.
Bruder Claus von Underwalden, der ein recht göttlich Wunder-
Leben geführet, und mit einem Prophetischen Geist begabet gewe-
sen, auch gewiß weit würdiger wäre als viele hundert andere Ca-
nonisirte, daß ihme der Titul eines Heiligen beygeleget wurde, der
muß nur Bruder heissen, weilen das Geld vor die Unkösten nicht
vorhanden ware,) deren einer hier abgebildet vor euch stehet; Und,
o daß ihr dieses Glück erkennetet, daß dieser abgestorbene Heilige
mit allen seinen Verdiensten und Wunderen unter euch getretten,
vermöge des Steinmetzen, und meines Bischöfflichen Ansehens!
Man muß die uralten Zeiten unter Aaron und Jeroboam wieder her-
vor nehmen; Dann es ist nicht ein einiger hier, der geschickt seye
den Vatter anzubetten im Geist und in der Wahrheit, wir sind
ein fleischlicher Hauffen von Thier-Menschen, gantz untüchtig zur
Erhebung des Gemüths in den unsichtbaren GOtt; Lassen wirs al-
so gehen, so werden wir in kurtzem nichts als Atheisten haben, es
muß etwas Sinnliches seyn, das dem groben Volck Augen und Oh-
ren fülle; wir haben lang genug müssen Verweiß hören, sowohl von
Juden, die an Ceremonien, als Heyden, die an Bilderen vernar-
ret sind, ihre Religion habe einen so gewaltigen, alle Sinnen rüh-
renden Ceremonien-Pracht, bey unserem Dienst sehe man nicht das
geringste Wahrzeichen der Verehrung GOttes; Und gesetzt, daß
bey den ersten Christen die Kelche zwar höltzern, die Priester aber göl-
den gewesen, die jetzt höltzern sind mit göldenen Kelchen, so ist den-
noch erfreulich, daß einmahl allezeit das einte gölden, und nicht al-
les zusammen nur höltzern ist; Gleichfalls muß man nothwendig
Bilder haben die Leute zu erinneren, daß vor alten Zeiten heilige
Menschen in der Welt gewesen seyen, alldieweil ich und meine Na-
tion also gar im Sünden-Leben ersoffen sind, daß man bald offent-
lich lehren wurde, es seye eine Fabel, daß jemahls ein heiliger
Mensch auf Erden gelebet habe; Gesetzt, der Ley, das grobe Höltz-
lein, das keine Maaß irgend inn halten kan, gerathe darbey in Ab-
götterey, so ist doch Aberglauben besser als Atheisterey, und eine
verderbte, verkehrte Religion nutzlicher als gar keine: Uber das
muß man wissen, daß man die, so auf dem breiten Welt-Weg ins
Verderben rennen, wie jetzt fast alles thut, viel anderst regieren

muß,

Zuſchrifft.
ters-Thron, vor welchem niemand erſcheinen darf als die zu Rom
vor eine ziemliche Summa Gelds canoniſirte Heilige, (dann der H.
Bruder Claus von Underwalden, der ein recht goͤttlich Wunder-
Leben gefuͤhret, und mit einem Prophetiſchen Geiſt begabet gewe-
ſen, auch gewiß weit wuͤrdiger waͤre als viele hundert andere Ca-
noniſirte, daß ihme der Titul eines Heiligen beygeleget wurde, der
muß nur Bruder heiſſen, weilen das Geld vor die Unkoͤſten nicht
vorhanden ware,) deren einer hier abgebildet vor euch ſtehet; Und,
o daß ihr dieſes Gluͤck erkennetet, daß dieſer abgeſtorbene Heilige
mit allen ſeinen Verdienſten und Wunderen unter euch getretten,
vermoͤge des Steinmetzen, und meines Biſchoͤfflichen Anſehens!
Man muß die uralten Zeiten unter Aaron und Jeroboam wieder her-
vor nehmen; Dann es iſt nicht ein einiger hier, der geſchickt ſeye
den Vatter anzubetten im Geiſt und in der Wahrheit, wir ſind
ein fleiſchlicher Hauffen von Thier-Menſchen, gantz untuͤchtig zur
Erhebung des Gemuͤths in den unſichtbaren GOtt; Laſſen wirs al-
ſo gehen, ſo werden wir in kurtzem nichts als Atheiſten haben, es
muß etwas Sinnliches ſeyn, das dem groben Volck Augen und Oh-
ren fuͤlle; wir haben lang genug muͤſſen Verweiß hoͤren, ſowohl von
Juden, die an Ceremonien, als Heyden, die an Bilderen vernar-
ret ſind, ihre Religion habe einen ſo gewaltigen, alle Sinnen ruͤh-
renden Ceremonien-Pracht, bey unſerem Dienſt ſehe man nicht das
geringſte Wahrzeichen der Verehrung GOttes; Und geſetzt, daß
bey den erſten Chriſten die Kelche zwar hoͤltzern, die Prieſter aber goͤl-
den geweſen, die jetzt hoͤltzern ſind mit goͤldenen Kelchen, ſo iſt den-
noch erfreulich, daß einmahl allezeit das einte goͤlden, und nicht al-
les zuſammen nur hoͤltzern iſt; Gleichfalls muß man nothwendig
Bilder haben die Leute zu erinneren, daß vor alten Zeiten heilige
Menſchen in der Welt geweſen ſeyen, alldieweil ich und meine Na-
tion alſo gar im Suͤnden-Leben erſoffen ſind, daß man bald offent-
lich lehren wurde, es ſeye eine Fabel, daß jemahls ein heiliger
Menſch auf Erden gelebet habe; Geſetzt, der Ley, das grobe Hoͤltz-
lein, das keine Maaß irgend inn halten kan, gerathe darbey in Ab-
goͤtterey, ſo iſt doch Aberglauben beſſer als Atheiſterey, und eine
verderbte, verkehrte Religion nutzlicher als gar keine: Uber das
muß man wiſſen, daß man die, ſo auf dem breiten Welt-Weg ins
Verderben rennen, wie jetzt faſt alles thut, viel anderſt regieren

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[559/0655] Zuſchrifft. ters-Thron, vor welchem niemand erſcheinen darf als die zu Rom vor eine ziemliche Summa Gelds canoniſirte Heilige, (dann der H. Bruder Claus von Underwalden, der ein recht goͤttlich Wunder- Leben gefuͤhret, und mit einem Prophetiſchen Geiſt begabet gewe- ſen, auch gewiß weit wuͤrdiger waͤre als viele hundert andere Ca- noniſirte, daß ihme der Titul eines Heiligen beygeleget wurde, der muß nur Bruder heiſſen, weilen das Geld vor die Unkoͤſten nicht vorhanden ware,) deren einer hier abgebildet vor euch ſtehet; Und, o daß ihr dieſes Gluͤck erkennetet, daß dieſer abgeſtorbene Heilige mit allen ſeinen Verdienſten und Wunderen unter euch getretten, vermoͤge des Steinmetzen, und meines Biſchoͤfflichen Anſehens! Man muß die uralten Zeiten unter Aaron und Jeroboam wieder her- vor nehmen; Dann es iſt nicht ein einiger hier, der geſchickt ſeye den Vatter anzubetten im Geiſt und in der Wahrheit, wir ſind ein fleiſchlicher Hauffen von Thier-Menſchen, gantz untuͤchtig zur Erhebung des Gemuͤths in den unſichtbaren GOtt; Laſſen wirs al- ſo gehen, ſo werden wir in kurtzem nichts als Atheiſten haben, es muß etwas Sinnliches ſeyn, das dem groben Volck Augen und Oh- ren fuͤlle; wir haben lang genug muͤſſen Verweiß hoͤren, ſowohl von Juden, die an Ceremonien, als Heyden, die an Bilderen vernar- ret ſind, ihre Religion habe einen ſo gewaltigen, alle Sinnen ruͤh- renden Ceremonien-Pracht, bey unſerem Dienſt ſehe man nicht das geringſte Wahrzeichen der Verehrung GOttes; Und geſetzt, daß bey den erſten Chriſten die Kelche zwar hoͤltzern, die Prieſter aber goͤl- den geweſen, die jetzt hoͤltzern ſind mit goͤldenen Kelchen, ſo iſt den- noch erfreulich, daß einmahl allezeit das einte goͤlden, und nicht al- les zuſammen nur hoͤltzern iſt; Gleichfalls muß man nothwendig Bilder haben die Leute zu erinneren, daß vor alten Zeiten heilige Menſchen in der Welt geweſen ſeyen, alldieweil ich und meine Na- tion alſo gar im Suͤnden-Leben erſoffen ſind, daß man bald offent- lich lehren wurde, es ſeye eine Fabel, daß jemahls ein heiliger Menſch auf Erden gelebet habe; Geſetzt, der Ley, das grobe Hoͤltz- lein, das keine Maaß irgend inn halten kan, gerathe darbey in Ab- goͤtterey, ſo iſt doch Aberglauben beſſer als Atheiſterey, und eine verderbte, verkehrte Religion nutzlicher als gar keine: Uber das muß man wiſſen, daß man die, ſo auf dem breiten Welt-Weg ins Verderben rennen, wie jetzt faſt alles thut, viel anderſt regieren muß,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/655>, abgerufen am 22.11.2024.