Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Zuschrifft.
cher Aberglauben und vielerley Abgötterey entstehen könne; Es kom-
me nichts in die Seeligen, als was aus dem lautersten Wesen GOt-
tes fliesse, und nicht was ein jeder Jrrdisch-gesinnter daher plaude-
re; Es sey kein ander Mittel im Himmel bekannt und beliebt zu wer-
den, als viel mit GOtt reden, dem alles gleich nahe sey, JEsu im
Leben und Leiden ähnlich werden, viele Sünder bekehren, den
Sünden-Last ablegen, nach dem Kleinod lauffen, und nur aufsehen
auf JEsum den Anfänger und Vollender des Glaubens: Auf solche
sehe das Haupt mit seinen triumphierenden Gliederen als einer Wol-
cken Zeugen a, eben wie etwan ein König mit seinen Hoff-Leuten re-
det von seinen Helden, die noch zu Feld liegen, Gut und Blut
wagen, Siege erhalten, Städte einnehmen, und alles vor sein
Reich und Ehre aufzuopferen beschäfftiget sind. Ach! des Königs
Hertz ist stets bey ihnen, und weß das Hertz voll ist, deß laufft der
Mund über: solche kennet man besser im Himmel als auf Erden,
und o! was erfreulicher Zeitung bringen nicht die Heilige Engel von
ihnen! Solche sind warlich schon kommen zum himmlischen Jerusa-
lem, und zu der Gemeind der Erstgebornen im Himmel. Jch fra-
ge euch jetzt, fuhr er weiter fort in seiner Rede, kan dieses das
Hertz nicht unendlich besser vergnügen, als ein höltzern und steinern
Bild ansehen? Sinds nicht herrliche Sachen, welche JESUS
allein schaffen kan in aller Welt im Himmel und auf Erden? Sum-
ma es ware recht lustig zu hören, wie des Mannes Hertz überfloß von
Sprüchen b, die allzumahl dieneten zu Erhöhung der Herrlichkeit
des einigen GOtt-Menschen, der hoch gelobet ist in Ewigkeit unter
allen, die ihn kennen.

Daß er
sagte es
könne für
GOtt und
JEsum
niemand
als cano-
nisierte
Heilige
tretten,

§. 14. Der Bischoff merckte, daß sein fest angenageltes Bild
wancken wollte, deßhalben ergrimmete er, und brach in folgende
Wort aus: Holla du Kätzer! meynest du, es seye dir und deines
gleichen Aschen-Prodlen erlaubt, also gerades Wegs zu Christo zu
gehen? Nein! Nein! diß ist ein Vorrecht der Gelehrten, Präla-
ten; JEsus ist nicht mehr sanfftmüthig und von Hertzen demüthig,
er rufft jetzt nicht mehr wie vorlängst: Kommet her zu mir alle, die
ihr mühselig und beladen seyd, ich, ich will euch laben; Er sitzt jetzt hin-
der dem blauen Umhang des Himmels auf einem förchterlichen Rich-

ters-
a Hebr. XII. 1. 22.
b Ps. XLV. 2.

Zuſchrifft.
cher Aberglauben und vielerley Abgoͤtterey entſtehen koͤnne; Es kom-
me nichts in die Seeligen, als was aus dem lauterſten Weſen GOt-
tes flieſſe, und nicht was ein jeder Jrrdiſch-geſinnter daher plaude-
re; Es ſey kein ander Mittel im Himmel bekannt und beliebt zu wer-
den, als viel mit GOtt reden, dem alles gleich nahe ſey, JEſu im
Leben und Leiden aͤhnlich werden, viele Suͤnder bekehren, den
Suͤnden-Laſt ablegen, nach dem Kleinod lauffen, und nur aufſehen
auf JEſum den Anfaͤnger und Vollender des Glaubens: Auf ſolche
ſehe das Haupt mit ſeinen triumphierenden Gliederen als einer Wol-
cken Zeugen a, eben wie etwan ein Koͤnig mit ſeinen Hoff-Leuten re-
det von ſeinen Helden, die noch zu Feld liegen, Gut und Blut
wagen, Siege erhalten, Staͤdte einnehmen, und alles vor ſein
Reich und Ehre aufzuopferen beſchaͤfftiget ſind. Ach! des Koͤnigs
Hertz iſt ſtets bey ihnen, und weß das Hertz voll iſt, deß laufft der
Mund uͤber: ſolche kennet man beſſer im Himmel als auf Erden,
und o! was erfreulicher Zeitung bringen nicht die Heilige Engel von
ihnen! Solche ſind warlich ſchon kommen zum himmliſchen Jeruſa-
lem, und zu der Gemeind der Erſtgebornen im Himmel. Jch fra-
ge euch jetzt, fuhr er weiter fort in ſeiner Rede, kan dieſes das
Hertz nicht unendlich beſſer vergnuͤgen, als ein hoͤltzern und ſteinern
Bild anſehen? Sinds nicht herrliche Sachen, welche JESUS
allein ſchaffen kan in aller Welt im Himmel und auf Erden? Sum-
ma es ware recht luſtig zu hoͤren, wie des Mannes Hertz uͤberfloß von
Spruͤchen b, die allzumahl dieneten zu Erhoͤhung der Herrlichkeit
des einigen GOtt-Menſchen, der hoch gelobet iſt in Ewigkeit unter
allen, die ihn kennen.

Daß er
ſagte es
koͤnne fuͤr
GOtt und
JEſum
niemand
als cano-
niſierte
Heilige
tretten,

§. 14. Der Biſchoff merckte, daß ſein feſt angenageltes Bild
wancken wollte, deßhalben ergrimmete er, und brach in folgende
Wort aus: Holla du Kaͤtzer! meyneſt du, es ſeye dir und deines
gleichen Aſchen-Prodlen erlaubt, alſo gerades Wegs zu Chriſto zu
gehen? Nein! Nein! diß iſt ein Vorrecht der Gelehrten, Praͤla-
ten; JEſus iſt nicht mehr ſanfftmuͤthig und von Hertzen demuͤthig,
er rufft jetzt nicht mehr wie vorlaͤngſt: Kommet her zu mir alle, die
ihr muͤhſelig und beladen ſeyd, ich, ich will euch laben; Er ſitzt jetzt hin-
der dem blauen Umhang des Himmels auf einem foͤrchterlichen Rich-

ters-
a Hebr. XII. 1. 22.
b Pſ. XLV. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0654" n="558"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zu&#x017F;chrifft.</hi></fw><lb/>
cher Aberglauben und vielerley Abgo&#x0364;tterey ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nne; Es kom-<lb/>
me nichts in die Seeligen, als was aus dem lauter&#x017F;ten We&#x017F;en GOt-<lb/>
tes flie&#x017F;&#x017F;e, und nicht was ein jeder Jrrdi&#x017F;ch-ge&#x017F;innter daher plaude-<lb/>
re; Es &#x017F;ey kein ander Mittel im Himmel bekannt und beliebt zu wer-<lb/>
den, als viel mit GOtt reden, dem alles gleich nahe &#x017F;ey, JE&#x017F;u im<lb/>
Leben und Leiden a&#x0364;hnlich werden, viele Su&#x0364;nder bekehren, den<lb/>
Su&#x0364;nden-La&#x017F;t ablegen, nach dem Kleinod lauffen, und nur auf&#x017F;ehen<lb/>
auf JE&#x017F;um den Anfa&#x0364;nger und Vollender des Glaubens: Auf &#x017F;olche<lb/>
&#x017F;ehe das Haupt mit &#x017F;einen triumphierenden Gliederen als einer Wol-<lb/>
cken Zeugen <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Hebr. XII.</hi> 1. 22.</note>, eben wie etwan ein Ko&#x0364;nig mit &#x017F;einen Hoff-Leuten re-<lb/>
det von &#x017F;einen Helden, die noch zu Feld liegen, Gut und Blut<lb/>
wagen, Siege erhalten, Sta&#x0364;dte einnehmen, und alles vor &#x017F;ein<lb/>
Reich und Ehre aufzuopferen be&#x017F;cha&#x0364;fftiget &#x017F;ind. Ach! des Ko&#x0364;nigs<lb/>
Hertz i&#x017F;t &#x017F;tets bey ihnen, und weß das Hertz voll i&#x017F;t, deß laufft der<lb/>
Mund u&#x0364;ber: &#x017F;olche kennet man be&#x017F;&#x017F;er im Himmel als auf Erden,<lb/>
und o! was erfreulicher Zeitung bringen nicht die Heilige Engel von<lb/>
ihnen! Solche &#x017F;ind warlich &#x017F;chon kommen zum himmli&#x017F;chen Jeru&#x017F;a-<lb/>
lem, und zu der Gemeind der Er&#x017F;tgebornen im Himmel. Jch fra-<lb/>
ge euch jetzt, fuhr er weiter fort in &#x017F;einer Rede, kan die&#x017F;es das<lb/>
Hertz nicht unendlich be&#x017F;&#x017F;er vergnu&#x0364;gen, als ein ho&#x0364;ltzern und &#x017F;teinern<lb/>
Bild an&#x017F;ehen? Sinds nicht herrliche Sachen, welche JESUS<lb/>
allein &#x017F;chaffen kan in aller Welt im Himmel und auf Erden? Sum-<lb/>
ma es ware recht lu&#x017F;tig zu ho&#x0364;ren, wie des Mannes Hertz u&#x0364;berfloß von<lb/>
Spru&#x0364;chen <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">P&#x017F;. XLV.</hi> 2.</note>, die allzumahl dieneten zu Erho&#x0364;hung der Herrlichkeit<lb/>
des einigen GOtt-Men&#x017F;chen, der hoch gelobet i&#x017F;t in Ewigkeit unter<lb/>
allen, die ihn kennen.</p><lb/>
          <note place="left">Daß er<lb/>
&#x017F;agte es<lb/>
ko&#x0364;nne fu&#x0364;r<lb/>
GOtt und<lb/>
JE&#x017F;um<lb/>
niemand<lb/>
als cano-<lb/>
ni&#x017F;ierte<lb/>
Heilige<lb/>
tretten,</note>
          <p>§. 14. Der Bi&#x017F;choff merckte, daß &#x017F;ein fe&#x017F;t angenageltes Bild<lb/>
wancken wollte, deßhalben ergrimmete er, und brach in folgende<lb/>
Wort aus: Holla du Ka&#x0364;tzer! meyne&#x017F;t du, es &#x017F;eye dir und deines<lb/>
gleichen A&#x017F;chen-Prodlen erlaubt, al&#x017F;o gerades Wegs zu Chri&#x017F;to zu<lb/>
gehen? Nein! Nein! diß i&#x017F;t ein Vorrecht der Gelehrten, Pra&#x0364;la-<lb/>
ten; JE&#x017F;us i&#x017F;t nicht mehr &#x017F;anfftmu&#x0364;thig und von Hertzen demu&#x0364;thig,<lb/>
er rufft jetzt nicht mehr wie vorla&#x0364;ng&#x017F;t: Kommet her zu mir alle, die<lb/>
ihr mu&#x0364;h&#x017F;elig und beladen &#x017F;eyd, ich, ich will euch laben; Er &#x017F;itzt jetzt hin-<lb/>
der dem blauen Umhang des Himmels auf einem fo&#x0364;rchterlichen Rich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ters-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[558/0654] Zuſchrifft. cher Aberglauben und vielerley Abgoͤtterey entſtehen koͤnne; Es kom- me nichts in die Seeligen, als was aus dem lauterſten Weſen GOt- tes flieſſe, und nicht was ein jeder Jrrdiſch-geſinnter daher plaude- re; Es ſey kein ander Mittel im Himmel bekannt und beliebt zu wer- den, als viel mit GOtt reden, dem alles gleich nahe ſey, JEſu im Leben und Leiden aͤhnlich werden, viele Suͤnder bekehren, den Suͤnden-Laſt ablegen, nach dem Kleinod lauffen, und nur aufſehen auf JEſum den Anfaͤnger und Vollender des Glaubens: Auf ſolche ſehe das Haupt mit ſeinen triumphierenden Gliederen als einer Wol- cken Zeugen a, eben wie etwan ein Koͤnig mit ſeinen Hoff-Leuten re- det von ſeinen Helden, die noch zu Feld liegen, Gut und Blut wagen, Siege erhalten, Staͤdte einnehmen, und alles vor ſein Reich und Ehre aufzuopferen beſchaͤfftiget ſind. Ach! des Koͤnigs Hertz iſt ſtets bey ihnen, und weß das Hertz voll iſt, deß laufft der Mund uͤber: ſolche kennet man beſſer im Himmel als auf Erden, und o! was erfreulicher Zeitung bringen nicht die Heilige Engel von ihnen! Solche ſind warlich ſchon kommen zum himmliſchen Jeruſa- lem, und zu der Gemeind der Erſtgebornen im Himmel. Jch fra- ge euch jetzt, fuhr er weiter fort in ſeiner Rede, kan dieſes das Hertz nicht unendlich beſſer vergnuͤgen, als ein hoͤltzern und ſteinern Bild anſehen? Sinds nicht herrliche Sachen, welche JESUS allein ſchaffen kan in aller Welt im Himmel und auf Erden? Sum- ma es ware recht luſtig zu hoͤren, wie des Mannes Hertz uͤberfloß von Spruͤchen b, die allzumahl dieneten zu Erhoͤhung der Herrlichkeit des einigen GOtt-Menſchen, der hoch gelobet iſt in Ewigkeit unter allen, die ihn kennen. §. 14. Der Biſchoff merckte, daß ſein feſt angenageltes Bild wancken wollte, deßhalben ergrimmete er, und brach in folgende Wort aus: Holla du Kaͤtzer! meyneſt du, es ſeye dir und deines gleichen Aſchen-Prodlen erlaubt, alſo gerades Wegs zu Chriſto zu gehen? Nein! Nein! diß iſt ein Vorrecht der Gelehrten, Praͤla- ten; JEſus iſt nicht mehr ſanfftmuͤthig und von Hertzen demuͤthig, er rufft jetzt nicht mehr wie vorlaͤngſt: Kommet her zu mir alle, die ihr muͤhſelig und beladen ſeyd, ich, ich will euch laben; Er ſitzt jetzt hin- der dem blauen Umhang des Himmels auf einem foͤrchterlichen Rich- ters- a Hebr. XII. 1. 22. b Pſ. XLV. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/654
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/654>, abgerufen am 03.07.2024.