ein Heyd, wo dir die angedrohete höllische Qual nicht alles Böse, Hochmuth, Ungerechtigkeit, Geitz, Unmäßigkeit, fleischliche Lust, Divertissements und Ergötzung, Betrug und Schalckheit erlaidet, wo dich die verheissene unendliche Glorie des Paradieses nicht zu al- lem Guten, Keuschheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit, Gutthätigkeit gegen den Armen, etc. nicht nur unterweilen ein wenig, sondern stets, aller Orten, reichlich antreibet, so bist du ärger als ein Heyd. Gewiß werden die Heyden auftretten, am Tag des Ge- richts, und dich verdammen, dann jene hatten keinen klaren Be- richt von demjenigen, was GOTT mit dem menschlichen Geschlecht in der Ewigkeit vorhatte, und dannoch thaten sie weit mehr als du.
Relation von den Malaba- reu.
§. 5. Man kan fürwahr nicht ohne Beschämung lesen, die gantz glaubwürdigen Relationen der Dähnischen Königlichen Missionaires in Ost-Jndien von denen Malabaren; Diese setzen 4. Staffel der ewigen Seeligkeit.
1. Das Paradieß. 2. Da man gantz nahe um den höchsten GOtt seyn kan. 3. Da man GOttes Ebenbild ist. 4. Da man mit dem höchsten Wesen gantz eins ist; Und diesen letzten Staffel zu erreichen sind sie sehr bemühet, und bestreben sich viele ein recht tugendsam Le- ben zu führen, ehren gantz keine Abgötter, gehen nicht in ihre Pago- den, reden nichts als von Tugenden, besitzen wenig eigens. Viele verläugnen alle ihre Güter, Hauß, Hof, Weib und Kinder, ge- hen in die Wildnuß, führen daselbst schwere Buß, und ein streng Leben; Sie halten die Christen für das allertummeste Volck, das so gantz keine Reflexion mache, weder auf GOtt noch auf das künfftig Leben, und glaubten, die Prediger lehreten sie sauffen, liegen, trie- gen, neidig, geitzig, eigennützig, falsch seyn, etc. weil sie grad nach der Kirchen solche Ubelthaten ausübeten. So macht der Christ, so viel an ihm ist, Satanam über Christum zu triumphiren. Rom. 2, 23. 24.
Vieler Christen falscher Trost oder Selbst- Betrug.
§. 6. Darneben siehest du hier, wie mancher sich übel betriegt, wann er meint, er sey in einem guten Zustand, ein Christ und Kind des Himmels, wann er sich etwan durch sein Gewissen von argen Dingen zuruck halten, und zu etwelchen tugentlichen Wercken bewe-
gen
ein Heyd, wo dir die angedrohete hoͤlliſche Qual nicht alles Boͤſe, Hochmuth, Ungerechtigkeit, Geitz, Unmaͤßigkeit, fleiſchliche Luſt, Divertiſſements und Ergoͤtzung, Betrug und Schalckheit erlaidet, wo dich die verheiſſene unendliche Glorie des Paradieſes nicht zu al- lem Guten, Keuſchheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, Maͤßigkeit, Gutthaͤtigkeit gegen den Armen, ꝛc. nicht nur unterweilen ein wenig, ſondern ſtets, aller Orten, reichlich antreibet, ſo biſt du aͤrger als ein Heyd. Gewiß werden die Heyden auftretten, am Tag des Ge- richts, und dich verdammen, dann jene hatten keinen klaren Be- richt von demjenigen, was GOTT mit dem menſchlichen Geſchlecht in der Ewigkeit vorhatte, und dannoch thaten ſie weit mehr als du.
Relation von den Malaba- reu.
§. 5. Man kan fuͤrwahr nicht ohne Beſchaͤmung leſen, die gantz glaubwuͤrdigen Relationen der Daͤhniſchen Koͤniglichen Miſſionaires in Oſt-Jndien von denen Malabaren; Dieſe ſetzen 4. Staffel der ewigen Seeligkeit.
1. Das Paradieß. 2. Da man gantz nahe um den hoͤchſten GOtt ſeyn kan. 3. Da man GOttes Ebenbild iſt. 4. Da man mit dem hoͤchſten Weſen gantz eins iſt; Und dieſen letzten Staffel zu erreichen ſind ſie ſehr bemuͤhet, und beſtreben ſich viele ein recht tugendſam Le- ben zu fuͤhren, ehren gantz keine Abgoͤtter, gehen nicht in ihre Pago- den, reden nichts als von Tugenden, beſitzen wenig eigens. Viele verlaͤugnen alle ihre Guͤter, Hauß, Hof, Weib und Kinder, ge- hen in die Wildnuß, fuͤhren daſelbſt ſchwere Buß, und ein ſtreng Leben; Sie halten die Chriſten fuͤr das allertummeſte Volck, das ſo gantz keine Reflexion mache, weder auf GOtt noch auf das kuͤnfftig Leben, und glaubten, die Prediger lehreten ſie ſauffen, liegen, trie- gen, neidig, geitzig, eigennuͤtzig, falſch ſeyn, ꝛc. weil ſie grad nach der Kirchen ſolche Ubelthaten ausuͤbeten. So macht der Chriſt, ſo viel an ihm iſt, Satanam uͤber Chriſtum zu triumphiren. Rom. 2, 23. 24.
Vieler Chriſten falſcher Troſt oder Selbſt- Betrug.
§. 6. Darneben ſieheſt du hier, wie mancher ſich uͤbel betriegt, wann er meint, er ſey in einem guten Zuſtand, ein Chriſt und Kind des Himmels, wann er ſich etwan durch ſein Gewiſſen von argen Dingen zuruck halten, und zu etwelchen tugentlichen Wercken bewe-
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Divertiſſements und Ergoͤtzung, Betrug und Schalckheit erlaidet,
wo dich die verheiſſene unendliche Glorie des Paradieſes nicht zu al-
lem Guten, Keuſchheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, Maͤßigkeit,
Gutthaͤtigkeit gegen den Armen, ꝛc. nicht nur unterweilen ein wenig,
ſondern ſtets, aller Orten, reichlich antreibet, ſo biſt du aͤrger als
ein Heyd. Gewiß werden die Heyden auftretten, am Tag des Ge-
richts, und dich verdammen, dann jene hatten keinen klaren Be-
richt von demjenigen, was GOTT mit dem menſchlichen Geſchlecht
in der Ewigkeit vorhatte, und dannoch thaten ſie weit mehr als
du.
§. 5. Man kan fuͤrwahr nicht ohne Beſchaͤmung leſen, die gantz
glaubwuͤrdigen Relationen der Daͤhniſchen Koͤniglichen Miſſionaires
in Oſt-Jndien von denen Malabaren; Dieſe ſetzen 4. Staffel der
ewigen Seeligkeit.
1. Das Paradieß. 2. Da man gantz nahe um den hoͤchſten GOtt
ſeyn kan. 3. Da man GOttes Ebenbild iſt. 4. Da man mit dem
hoͤchſten Weſen gantz eins iſt; Und dieſen letzten Staffel zu erreichen
ſind ſie ſehr bemuͤhet, und beſtreben ſich viele ein recht tugendſam Le-
ben zu fuͤhren, ehren gantz keine Abgoͤtter, gehen nicht in ihre Pago-
den, reden nichts als von Tugenden, beſitzen wenig eigens. Viele
verlaͤugnen alle ihre Guͤter, Hauß, Hof, Weib und Kinder, ge-
hen in die Wildnuß, fuͤhren daſelbſt ſchwere Buß, und ein ſtreng
Leben; Sie halten die Chriſten fuͤr das allertummeſte Volck, das ſo
gantz keine Reflexion mache, weder auf GOtt noch auf das kuͤnfftig
Leben, und glaubten, die Prediger lehreten ſie ſauffen, liegen, trie-
gen, neidig, geitzig, eigennuͤtzig, falſch ſeyn, ꝛc. weil ſie grad nach
der Kirchen ſolche Ubelthaten ausuͤbeten. So macht der Chriſt,
ſo viel an ihm iſt, Satanam uͤber Chriſtum zu triumphiren. Rom. 2,
23. 24.
§. 6. Darneben ſieheſt du hier, wie mancher ſich uͤbel betriegt,
wann er meint, er ſey in einem guten Zuſtand, ein Chriſt und Kind
des Himmels, wann er ſich etwan durch ſein Gewiſſen von argen
Dingen zuruck halten, und zu etwelchen tugentlichen Wercken bewe-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/62>, abgerufen am 24.11.2024.
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