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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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verstehest, will ich dir einen Heyden, wie er aussehe, und wie er sich
in seinem Natur-Stand aufführen könne, vorstellen.

Was ein
Heyd
seye.

§. 3. Ein Heyd weißt nichts rechts von der Seelen Unsterblichkeit
und Kostbarkeit, obschon er bey sich etwas höhers und edlers findt,
als er an den Thieren siehet, er weißt nichts eigentliches von dem
künfftigen Gericht, Paradieß und Hölle, ungeachtet er in grausame
Angst und Schrecken über bösen Wercken gerathet, ja den Richter,
Ankläger, Zeugen und Hencker im Gewissen, wider seinen Danck
und Willen fühlen muß, als ein Vorhöll, die ihn auch viel von er-
wartender Qual zu reden machet, wie aus den Versen der Poeten
zu sehen; Darneben empfindet ein Heyd auch wohl eine süsse Freud
und Vergnügen, wann er seinem Gewissen nachgehet, und handelt,
und macht ihn vieles Traumen von den Elisäischen Felderen, da er
nach dieser Zeit grosse Lust und Wonne haben wird, ja sie sagten
wohl: Ipsa etenim virtus sibimet pulcherrima merces, die Tugend
seye selbsten auch ihr schönster Lohn, etc. welches wahr ist, wann
durch Tugend die Gleichförmigkeit mit der ewigen Wahrheit, nem-
lich GOtt und seiner Glorie verstanden wird. Er weißt auch nichts
von Adams Fall und seinem eigenen äussersten Verderben und Ab-
weichung von der Herrlichkeit, die er in GOttes gemeinsamen Um-
gang genossen, obschon er ein entsetzlich Gewalt der Laster und des
Bösen in sich mercket, und sagen muß: Video meliora proboque,
deteriora sequor, &c.

Was recht ist, weiß ich wohl, und heiß es billich gut.
Doch find ich, daß mein Hertz das Böse liebt und thut.

Obschon er etwan der Erscheinungen der Götter sich berühmet,
und wann er in dieser Welt etwas fürtreffliches gethan, dardurch er
sich vor andern aus um sein Vatterland verdient gemacht, zu ihnen
zu kommen, und ein hell-leuchtend Gestirn zu werden hoffet, etc.

Er weißt nichts vom End der gegenwärtigen sichtbaren Welt, ob
schon er sich über deren Unbeständigkeit, Hinfälligkeit und Eitelkeit
offt sehr beklagt, und zimlich schön darvon geredt und geschrieben,
hat viel tausend Götter, denen er aufwartet, obwohlen den einten
etwas mehr als den anderen, dieser mehr den Lust-jener mehr den
Ehr- und Gelt-Götzen, und meint die Götter haben Gedancken und
Affecten wie er, etc. Aeffet den von GOtt angerichteten Dienst nach,
wie die Gelehrten klar zeigen, daß die meisten heydnischen Gebräuch

nach

verſteheſt, will ich dir einen Heyden, wie er ausſehe, und wie er ſich
in ſeinem Natur-Stand auffuͤhren koͤnne, vorſtellen.

Was ein
Heyd
ſeye.

§. 3. Ein Heyd weißt nichts rechts von der Seelen Unſterblichkeit
und Koſtbarkeit, obſchon er bey ſich etwas hoͤhers und edlers findt,
als er an den Thieren ſiehet, er weißt nichts eigentliches von dem
kuͤnfftigen Gericht, Paradieß und Hoͤlle, ungeachtet er in grauſame
Angſt und Schrecken uͤber boͤſen Wercken gerathet, ja den Richter,
Anklaͤger, Zeugen und Hencker im Gewiſſen, wider ſeinen Danck
und Willen fuͤhlen muß, als ein Vorhoͤll, die ihn auch viel von er-
wartender Qual zu reden machet, wie aus den Verſen der Poeten
zu ſehen; Darneben empfindet ein Heyd auch wohl eine ſuͤſſe Freud
und Vergnuͤgen, wann er ſeinem Gewiſſen nachgehet, und handelt,
und macht ihn vieles Traumen von den Eliſaͤiſchen Felderen, da er
nach dieſer Zeit groſſe Luſt und Wonne haben wird, ja ſie ſagten
wohl: Ipſa etenim virtus ſibimet pulcherrima merces, die Tugend
ſeye ſelbſten auch ihr ſchoͤnſter Lohn, ꝛc. welches wahr iſt, wann
durch Tugend die Gleichfoͤrmigkeit mit der ewigen Wahrheit, nem-
lich GOtt und ſeiner Glorie verſtanden wird. Er weißt auch nichts
von Adams Fall und ſeinem eigenen aͤuſſerſten Verderben und Ab-
weichung von der Herrlichkeit, die er in GOttes gemeinſamen Um-
gang genoſſen, obſchon er ein entſetzlich Gewalt der Laſter und des
Boͤſen in ſich mercket, und ſagen muß: Video meliora proboque,
deteriora ſequor, &c.

Was recht iſt, weiß ich wohl, und heiß es billich gut.
Doch find ich, daß mein Hertz das Boͤſe liebt und thut.

Obſchon er etwan der Erſcheinungen der Goͤtter ſich beruͤhmet,
und wann er in dieſer Welt etwas fuͤrtreffliches gethan, dardurch er
ſich vor andern aus um ſein Vatterland verdient gemacht, zu ihnen
zu kommen, und ein hell-leuchtend Geſtirn zu werden hoffet, ꝛc.

Er weißt nichts vom End der gegenwaͤrtigen ſichtbaren Welt, ob
ſchon er ſich uͤber deren Unbeſtaͤndigkeit, Hinfaͤlligkeit und Eitelkeit
offt ſehr beklagt, und zimlich ſchoͤn darvon geredt und geſchrieben,
hat viel tauſend Goͤtter, denen er aufwartet, obwohlen den einten
etwas mehr als den anderen, dieſer mehr den Luſt-jener mehr den
Ehr- und Gelt-Goͤtzen, und meint die Goͤtter haben Gedancken und
Affecten wie er, ꝛc. Aeffet den von GOtt angerichteten Dienſt nach,
wie die Gelehrten klar zeigen, daß die meiſten heydniſchen Gebraͤuch

nach
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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/60>, abgerufen am 09.11.2024.