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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Gedancken von den Seelen-Aengsten.
o Mensch! laß den Zugang zum Gnaden-Brunnen nicht verwildern,
betritte ihn Tag und Nacht; raume alle Hindernuß flux aus dem
Weg, ehe sie zu einem unüberwindlichen Berg werde; käue und wie-
derkäue GOttes ewige unwanckelbare Verheissungen, ehe sie dir
entzogen werden, allweil du sie haben kanst; biß deine Seele von
derselben Krafft und Süßigkeit durchmenget und ein Ding wird mit
GOttes Wort; Lerne ohne Gefühl, ja trotz allem Wiederspruch dei-
nes verzagten Hertzens darauf bauen, und auf Christi Einladung hin
deine Reise gen Zion fortsetzen, ob dich schon kein kühles Lüfftlein
anwehet, die liebliche Sonne nicht scheinet, ja ob dir verlarvte Lichts
Engele begegnen, die dich wollen kleinmüthig machen, als habest du
nichts, was einem rechtschaffenen Pilgrim anständig, weßwegen du
vom König des Orts werdest übel empfangen werden; glaube dem
Versucher nicht, es ist nicht die erste Luge die er ausgespeyt, wird
auch nicht die letzte seyn, liegen ist sein Eigenthum.

Als wel-
cher sich
aller
Heyls-be-
gierigen
annehmen
wird.

§. 10. Frage JEsum selbst, ob Er sich Heyls-Begieriger, ver-
lohrner Leuten nicht mehr wolle annehmen. Obs jetzt nicht mehr
wahr sey, daß GOTT Liebe seye und nach der Sünder Bekehrung
und Erlösung dürste. Glaube nichts oder du habest dich zuvor mir
dem HErren Christo unterredt, befrage ihn selbst über alles und
was er dir nicht selbst sagt durch sein Wort und Geist, das achte
nicht: wie etwa ein Kind sich bey seiner Mutter selbst erkundiget,
obs wahr sey was die Mägde sagen, es gehe sie nichts an, sey ihr
nicht lieb. Mein sagt die Mutter, nimmt das Kind in ihre Schooß,
druckts an ihr Hertz und spricht: ich gib dich nicht weg, nein! nicht
um hundert tausend Gulden, alsdann schwebt das Kind nicht fer-
ner im Zweiffel, trauet den Mägden nicht mehr, sondern sucht be-
ständiger bey der Mutter zu bleiben.

Welches
die Waf-
fen wieder
diese Feind
seyen.

§. 11. Der Teufel hat kein ander Pfeil, damit er uns abgewinnen
kan, denn daß er GOtt ungnädig fürbildet; wo er darmit das Hertz
trifft, ist kein Mensch so freudig, daß ers kan ertragen, darum
fichtet Christus immer darwider und gibt uns dagegen diese Wehre,
daß wir sollen gewiß seyn und er uns selbst gut dafür ist, so wir an
ihn glauben und in seiner Liebe sind, daß kein Zorn mehr im Him-
mel und Erden ist, sondern nichts denn eitel vätterliche Liebe und al-
le Güte, da uns GOTT anlachet mit allen Engeln und auf uns ein
Aug hat, als auf seine liebe Kinder, daß du nichts liebers solltest

wünschen,

Gedancken von den Seelen-Aengſten.
o Menſch! laß den Zugang zum Gnaden-Brunnen nicht verwildern,
betritte ihn Tag und Nacht; raume alle Hindernuß flux aus dem
Weg, ehe ſie zu einem unuͤberwindlichen Berg werde; kaͤue und wie-
derkaͤue GOttes ewige unwanckelbare Verheiſſungen, ehe ſie dir
entzogen werden, allweil du ſie haben kanſt; biß deine Seele von
derſelben Krafft und Suͤßigkeit durchmenget und ein Ding wird mit
GOttes Wort; Lerne ohne Gefuͤhl, ja trotz allem Wiederſpruch dei-
nes verzagten Hertzens darauf bauen, und auf Chriſti Einladung hin
deine Reiſe gen Zion fortſetzen, ob dich ſchon kein kuͤhles Luͤfftlein
anwehet, die liebliche Sonne nicht ſcheinet, ja ob dir verlarvte Lichts
Engele begegnen, die dich wollen kleinmuͤthig machen, als habeſt du
nichts, was einem rechtſchaffenen Pilgrim anſtaͤndig, weßwegen du
vom Koͤnig des Orts werdeſt uͤbel empfangen werden; glaube dem
Verſucher nicht, es iſt nicht die erſte Luge die er ausgeſpeyt, wird
auch nicht die letzte ſeyn, liegen iſt ſein Eigenthum.

Als wel-
cher ſich
aller
Heyls-be-
gierigen
annehmen
wird.

§. 10. Frage JEſum ſelbſt, ob Er ſich Heyls-Begieriger, ver-
lohrner Leuten nicht mehr wolle annehmen. Obs jetzt nicht mehr
wahr ſey, daß GOTT Liebe ſeye und nach der Suͤnder Bekehrung
und Erloͤſung duͤrſte. Glaube nichts oder du habeſt dich zuvor mir
dem HErren Chriſto unterredt, befrage ihn ſelbſt uͤber alles und
was er dir nicht ſelbſt ſagt durch ſein Wort und Geiſt, das achte
nicht: wie etwa ein Kind ſich bey ſeiner Mutter ſelbſt erkundiget,
obs wahr ſey was die Maͤgde ſagen, es gehe ſie nichts an, ſey ihr
nicht lieb. Mein ſagt die Mutter, nimmt das Kind in ihre Schooß,
druckts an ihr Hertz und ſpricht: ich gib dich nicht weg, nein! nicht
um hundert tauſend Gulden, alsdann ſchwebt das Kind nicht fer-
ner im Zweiffel, trauet den Maͤgden nicht mehr, ſondern ſucht be-
ſtaͤndiger bey der Mutter zu bleiben.

Welches
die Waf-
fen wieder
dieſe Feind
ſeyen.

§. 11. Der Teufel hat kein ander Pfeil, damit er uns abgewinnen
kan, denn daß er GOtt ungnaͤdig fuͤrbildet; wo er darmit das Hertz
trifft, iſt kein Menſch ſo freudig, daß ers kan ertragen, darum
fichtet Chriſtus immer darwider und gibt uns dagegen dieſe Wehre,
daß wir ſollen gewiß ſeyn und er uns ſelbſt gut dafuͤr iſt, ſo wir an
ihn glauben und in ſeiner Liebe ſind, daß kein Zorn mehr im Him-
mel und Erden iſt, ſondern nichts denn eitel vaͤtterliche Liebe und al-
le Guͤte, da uns GOTT anlachet mit allen Engeln und auf uns ein
Aug hat, als auf ſeine liebe Kinder, daß du nichts liebers ſollteſt

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[494/0590] Gedancken von den Seelen-Aengſten. o Menſch! laß den Zugang zum Gnaden-Brunnen nicht verwildern, betritte ihn Tag und Nacht; raume alle Hindernuß flux aus dem Weg, ehe ſie zu einem unuͤberwindlichen Berg werde; kaͤue und wie- derkaͤue GOttes ewige unwanckelbare Verheiſſungen, ehe ſie dir entzogen werden, allweil du ſie haben kanſt; biß deine Seele von derſelben Krafft und Suͤßigkeit durchmenget und ein Ding wird mit GOttes Wort; Lerne ohne Gefuͤhl, ja trotz allem Wiederſpruch dei- nes verzagten Hertzens darauf bauen, und auf Chriſti Einladung hin deine Reiſe gen Zion fortſetzen, ob dich ſchon kein kuͤhles Luͤfftlein anwehet, die liebliche Sonne nicht ſcheinet, ja ob dir verlarvte Lichts Engele begegnen, die dich wollen kleinmuͤthig machen, als habeſt du nichts, was einem rechtſchaffenen Pilgrim anſtaͤndig, weßwegen du vom Koͤnig des Orts werdeſt uͤbel empfangen werden; glaube dem Verſucher nicht, es iſt nicht die erſte Luge die er ausgeſpeyt, wird auch nicht die letzte ſeyn, liegen iſt ſein Eigenthum. §. 10. Frage JEſum ſelbſt, ob Er ſich Heyls-Begieriger, ver- lohrner Leuten nicht mehr wolle annehmen. Obs jetzt nicht mehr wahr ſey, daß GOTT Liebe ſeye und nach der Suͤnder Bekehrung und Erloͤſung duͤrſte. Glaube nichts oder du habeſt dich zuvor mir dem HErren Chriſto unterredt, befrage ihn ſelbſt uͤber alles und was er dir nicht ſelbſt ſagt durch ſein Wort und Geiſt, das achte nicht: wie etwa ein Kind ſich bey ſeiner Mutter ſelbſt erkundiget, obs wahr ſey was die Maͤgde ſagen, es gehe ſie nichts an, ſey ihr nicht lieb. Mein ſagt die Mutter, nimmt das Kind in ihre Schooß, druckts an ihr Hertz und ſpricht: ich gib dich nicht weg, nein! nicht um hundert tauſend Gulden, alsdann ſchwebt das Kind nicht fer- ner im Zweiffel, trauet den Maͤgden nicht mehr, ſondern ſucht be- ſtaͤndiger bey der Mutter zu bleiben. §. 11. Der Teufel hat kein ander Pfeil, damit er uns abgewinnen kan, denn daß er GOtt ungnaͤdig fuͤrbildet; wo er darmit das Hertz trifft, iſt kein Menſch ſo freudig, daß ers kan ertragen, darum fichtet Chriſtus immer darwider und gibt uns dagegen dieſe Wehre, daß wir ſollen gewiß ſeyn und er uns ſelbſt gut dafuͤr iſt, ſo wir an ihn glauben und in ſeiner Liebe ſind, daß kein Zorn mehr im Him- mel und Erden iſt, ſondern nichts denn eitel vaͤtterliche Liebe und al- le Guͤte, da uns GOTT anlachet mit allen Engeln und auf uns ein Aug hat, als auf ſeine liebe Kinder, daß du nichts liebers ſollteſt wuͤnſchen,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/590>, abgerufen am 22.11.2024.