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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Gedancken von den Seelen-Aengsten.
Winds-Braut denselben ausreisset, so behält er dennoch seine Früch-
te, und ob er erbärmlich an Boden geworffen ligt, so urtheilet
gleichwohl ein jeder, der ihn siehet, daß es kein Baum sey, der ins
Feuer gehöre, darum laßt ihn der König in seinen vermauerten Pa-
radieß-Garten versetzen, da kein schädlicher Sturm herbrausen darff.
Luther sagt: der Teufel sey ein grösserer Herr als der Römische
Kayser; demnach sey es auch eine grössere Ehre vom Teufel umge-
bracht zu werden als von diesem. Das laß ich seyn. Mir grausets
ab dem einten wie ab dem andern: Der rechte Trost ligt mir im Ps.
CXVI. 15. und Rom. XIV. 8. den laß mir einen geschickten Steuer-
mann seyn, der das Schiff unter den grausamsten Meers-Wogen in
erwünschten Hafen zu bringen vermag, ja der bey Zerbrechung des
Schiffes verschaffen kan, daß nichts von den allerkostbarsten Waa-
ren verlohren gehe.

§. 8. Da mangelt dem Satan auch nicht an Materie uns zu be-Der Sa-
tan setzet
ihnen mit
Anklagen
sehr zu.

schuldigen und zu verklagen, gleichwie vor GOTT, also auch in un-
sern Hertzen und Gewissen; denn er findet Mangel, Gebrechen,
Fehler, Schwachheiten, Untreu, Unweißheit, Unheiligkeit etc. ge-
nug. Daraus macht er denn feurige Pfeile, und bombardiert das
innwendige Friedens-Reich gar hefftig, setzt angehends eine finstere
Wolcke als eine Schied-Mauer zwischen GOTT und uns, willens
uns alles himmlischen Trosts und Gnade, und süsser Krafft des H.
Blutes JESU Christi gantz und gar zu berauben. Da er denn mit An-
klagen und Fulminieren anhält, so fast er kan; denn diß ist sein
Haupt-Werck, darum er der Verkläger der Brüder heißt, der sie
vor GOTT verklaget Tag und Nacht. Apoc. 12, 10.

§. 9. Daher ist wohl nichts sicherers, seeligers, nöthigers als dasDaher ists
nöthig,
sich an
JEsu Ver-
söhnungs-
Blut im
Glauben
zu halten.

Versöhnungs-Blut des Lammes in hohen Ehren halten, sich bey stil-
ler, ruhiger Zeit eine tieffe Höhle graben im Heyls-Felsen; seine Lä-
ger-Stätte unter Christi Creutz aufschlagen; die Gnade in hohen Eh-
ren halten und im Gehorsam des Glaubens zur Heiligung anwen-
den, wer die züchtigende, reinigende Gnad nicht verlaßt oder erbit-
tert, den wird auch die tröstende Gnad in der Noth nicht lassen:
Der sumpfichte Hertzens-Grund, daraus sothanes schwartze Zorn-
Gewölcke und verfinsternde pestilentzialische Nebele aufsteigen, muß
mit Fleiß durch Auffassung der Liebes-Strahlen Christi abgetröcknet,
das stinckende Wasser der sündlichen Neigungen abgeleitet werden:

o Mensch!
Q q q 3

Gedancken von den Seelen-Aengſten.
Winds-Braut denſelben ausreiſſet, ſo behaͤlt er dennoch ſeine Fruͤch-
te, und ob er erbaͤrmlich an Boden geworffen ligt, ſo urtheilet
gleichwohl ein jeder, der ihn ſiehet, daß es kein Baum ſey, der ins
Feuer gehoͤre, darum laßt ihn der Koͤnig in ſeinen vermauerten Pa-
radieß-Garten verſetzen, da kein ſchaͤdlicher Sturm herbrauſen darff.
Luther ſagt: der Teufel ſey ein groͤſſerer Herr als der Roͤmiſche
Kayſer; demnach ſey es auch eine groͤſſere Ehre vom Teufel umge-
bracht zu werden als von dieſem. Das laß ich ſeyn. Mir grauſets
ab dem einten wie ab dem andern: Der rechte Troſt ligt mir im Pſ.
CXVI. 15. und Rom. XIV. 8. den laß mir einen geſchickten Steuer-
mann ſeyn, der das Schiff unter den grauſamſten Meers-Wogen in
erwuͤnſchten Hafen zu bringen vermag, ja der bey Zerbrechung des
Schiffes verſchaffen kan, daß nichts von den allerkoſtbarſten Waa-
ren verlohren gehe.

§. 8. Da mangelt dem Satan auch nicht an Materie uns zu be-Der Sa-
tan ſetzet
ihnen mit
Anklagen
ſehr zu.

ſchuldigen und zu verklagen, gleichwie vor GOTT, alſo auch in un-
ſern Hertzen und Gewiſſen; denn er findet Mangel, Gebrechen,
Fehler, Schwachheiten, Untreu, Unweißheit, Unheiligkeit ꝛc. ge-
nug. Daraus macht er denn feurige Pfeile, und bombardiert das
innwendige Friedens-Reich gar hefftig, ſetzt angehends eine finſtere
Wolcke als eine Schied-Mauer zwiſchen GOTT und uns, willens
uns alles himmliſchen Troſts und Gnade, und ſuͤſſer Krafft des H.
Blutes JESU Chriſti gantz und gar zu berauben. Da er denn mit An-
klagen und Fulminieren anhaͤlt, ſo faſt er kan; denn diß iſt ſein
Haupt-Werck, darum er der Verklaͤger der Bruͤder heißt, der ſie
vor GOTT verklaget Tag und Nacht. Apoc. 12, 10.

§. 9. Daher iſt wohl nichts ſicherers, ſeeligers, noͤthigers als dasDaheꝛ iſts
noͤthig,
ſich an
JEſu Ver-
ſoͤhnungs-
Blut im
Glauben
zu halten.

Verſoͤhnungs-Blut des Lammes in hohen Ehren halten, ſich bey ſtil-
ler, ruhiger Zeit eine tieffe Hoͤhle graben im Heyls-Felſen; ſeine Laͤ-
ger-Staͤtte unter Chriſti Creutz aufſchlagen; die Gnade in hohen Eh-
ren halten und im Gehorſam des Glaubens zur Heiligung anwen-
den, wer die zuͤchtigende, reinigende Gnad nicht verlaßt oder erbit-
tert, den wird auch die troͤſtende Gnad in der Noth nicht laſſen:
Der ſumpfichte Hertzens-Grund, daraus ſothanes ſchwartze Zorn-
Gewoͤlcke und verfinſternde peſtilentzialiſche Nebele aufſteigen, muß
mit Fleiß durch Auffaſſung der Liebes-Strahlen Chriſti abgetroͤcknet,
das ſtinckende Waſſer der ſuͤndlichen Neigungen abgeleitet werden:

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[493/0589] Gedancken von den Seelen-Aengſten. Winds-Braut denſelben ausreiſſet, ſo behaͤlt er dennoch ſeine Fruͤch- te, und ob er erbaͤrmlich an Boden geworffen ligt, ſo urtheilet gleichwohl ein jeder, der ihn ſiehet, daß es kein Baum ſey, der ins Feuer gehoͤre, darum laßt ihn der Koͤnig in ſeinen vermauerten Pa- radieß-Garten verſetzen, da kein ſchaͤdlicher Sturm herbrauſen darff. Luther ſagt: der Teufel ſey ein groͤſſerer Herr als der Roͤmiſche Kayſer; demnach ſey es auch eine groͤſſere Ehre vom Teufel umge- bracht zu werden als von dieſem. Das laß ich ſeyn. Mir grauſets ab dem einten wie ab dem andern: Der rechte Troſt ligt mir im Pſ. CXVI. 15. und Rom. XIV. 8. den laß mir einen geſchickten Steuer- mann ſeyn, der das Schiff unter den grauſamſten Meers-Wogen in erwuͤnſchten Hafen zu bringen vermag, ja der bey Zerbrechung des Schiffes verſchaffen kan, daß nichts von den allerkoſtbarſten Waa- ren verlohren gehe. §. 8. Da mangelt dem Satan auch nicht an Materie uns zu be- ſchuldigen und zu verklagen, gleichwie vor GOTT, alſo auch in un- ſern Hertzen und Gewiſſen; denn er findet Mangel, Gebrechen, Fehler, Schwachheiten, Untreu, Unweißheit, Unheiligkeit ꝛc. ge- nug. Daraus macht er denn feurige Pfeile, und bombardiert das innwendige Friedens-Reich gar hefftig, ſetzt angehends eine finſtere Wolcke als eine Schied-Mauer zwiſchen GOTT und uns, willens uns alles himmliſchen Troſts und Gnade, und ſuͤſſer Krafft des H. Blutes JESU Chriſti gantz und gar zu berauben. Da er denn mit An- klagen und Fulminieren anhaͤlt, ſo faſt er kan; denn diß iſt ſein Haupt-Werck, darum er der Verklaͤger der Bruͤder heißt, der ſie vor GOTT verklaget Tag und Nacht. Apoc. 12, 10. Der Sa- tan ſetzet ihnen mit Anklagen ſehr zu. §. 9. Daher iſt wohl nichts ſicherers, ſeeligers, noͤthigers als das Verſoͤhnungs-Blut des Lammes in hohen Ehren halten, ſich bey ſtil- ler, ruhiger Zeit eine tieffe Hoͤhle graben im Heyls-Felſen; ſeine Laͤ- ger-Staͤtte unter Chriſti Creutz aufſchlagen; die Gnade in hohen Eh- ren halten und im Gehorſam des Glaubens zur Heiligung anwen- den, wer die zuͤchtigende, reinigende Gnad nicht verlaßt oder erbit- tert, den wird auch die troͤſtende Gnad in der Noth nicht laſſen: Der ſumpfichte Hertzens-Grund, daraus ſothanes ſchwartze Zorn- Gewoͤlcke und verfinſternde peſtilentzialiſche Nebele aufſteigen, muß mit Fleiß durch Auffaſſung der Liebes-Strahlen Chriſti abgetroͤcknet, das ſtinckende Waſſer der ſuͤndlichen Neigungen abgeleitet werden: o Menſch! Daheꝛ iſts noͤthig, ſich an JEſu Ver- ſoͤhnungs- Blut im Glauben zu halten. Q q q 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/589>, abgerufen am 22.11.2024.