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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Gedancken von den Seelen-Aengsten.
GOttes Liebe, Gnad und Heyl singet und klinget; diß ewige Feuer
der Liebe und des Lobens halt die Thiere des Abgrunds zuruck.

Der Sa-
tan bedie-
net sich der
übelen Lei-
bes Dispo-
sition da-
bey

§. 5. Man kan aber auch diß mit gutem Grund beysetzen, daß
die argen Höllen-Geister sich der üblen Disposition unsers Leibes, (als
dessen Verstopffungen, Beschwehrung mit zähem Schleim oder Gallen
etc.) meisterlich zu bedienen wissen, ja daraus wie eine Batterie ma-
chen, davon sie das arme Hertz beschiessen. Also ist auch ein Tem-
perament zu melancholischen Finsternussen, Traurigkeiten und Aengsten
geneigter als das andere. Diß alles verstehet der tausend Künstler nur
allzuwohl, und weiß sich dessen wider uns zu bedienen.

und brin-
get sie offt
in die äus-
serste
Noth.

§. 6. Welches der Mord-Geist bißweilen so grausam treibet, so
hart ansetzt, stürmet Puff auf Puff, also daß der bedrängte Mensch
sich nicht zu erhohlen weißt, Witz und Sinn verliehrt, seinem eige-
nen Leib und Leben nicht mehr vorstehen kan; Satan feuret aus al-
len Stücken und jagt den armen Geist in eine solche Enge, daß er vor
dem schwartzen Rauch der ewigen Finsternuß nichts mehr vor sich sie-
het, und aus dem brennenden Schiff der irrdischen Hütten ins
Grundlose Meer der Ewigkeit, aus der Vestung des zeitlichen Lebens
mitten unter das wilde Heer des Satans hinaus springt; eben wie
ein von Hunden verfolgtes Rehe in der Angst sich wohl über den hö-
hesten Felsen hinunter stürtzt, dieses widerfahrt einigen, damit alle
Menschen erkennen, daß Job den guten GOTT nicht vergebens
ein Menschen-Hüter tituliere Job. 7, 20. Dann wo GOTT nicht
auch über die Circulation Creyß-Lauff der Geblüter wachete, so kä-
me kein Mensch ohne Selbst-Mord ab der Erden: ach wann dem
Seelen-Feind verhengt wird ein melancholisch Temperament in Jast
und Verwirrung zu bringen, so hilfft fast kein Wehren mehr, es
muß gestorben seyn.

Zum Be-
weiß, wie
nöthig ih-
nen das
Geleit
JEsu wi-
der solche
Feinde.

§. 7. Solche vom Teufel ermordete Menschen sind Gedenck-Säu-
len an der Straß, an denen ein jeder Pilgrim mit grossen Buchsta-
ben lesen kan, was für einen gifftigen Feind er am Teufel habe und
wie nöthig ihm das Geleit Christi und der Glaub an sein Evangelium
sey: Der Teufel bringt zwar den Leib ums irrdisch Leben; indessen
bleibt dem Geist das, was er gesucht; das Blut JEsu, womit er
in seinem ängstlichen Glaubens-Hunger besprengt worden, macht ihn
seelig, das darff der Teufel nicht anrühren noch abreiben. Eben
wie ein schöner Frucht-reicher Baum, obschon eine allzu ungestümme

Winds-

Gedancken von den Seelen-Aengſten.
GOttes Liebe, Gnad und Heyl ſinget und klinget; diß ewige Feuer
der Liebe und des Lobens halt die Thiere des Abgrunds zuruck.

Der Sa-
tan bedie-
net ſich deꝛ
uͤbelen Lei-
bes Diſpo-
ſition da-
bey

§. 5. Man kan aber auch diß mit gutem Grund beyſetzen, daß
die argen Hoͤllen-Geiſter ſich der uͤblen Diſpoſition unſers Leibes, (als
deſſen Verſtopffungen, Beſchwehrung mit zaͤhem Schleim oder Gallen
ꝛc.) meiſterlich zu bedienen wiſſen, ja daraus wie eine Batterie ma-
chen, davon ſie das arme Hertz beſchieſſen. Alſo iſt auch ein Tem-
perament zu melancholiſchen Finſternuſſen, Traurigkeiten und Aengſten
geneigter als das andere. Diß alles verſtehet der tauſend Kuͤnſtler nur
allzuwohl, und weiß ſich deſſen wider uns zu bedienen.

und brin-
get ſie offt
in die aͤuſ-
ſerſte
Noth.

§. 6. Welches der Mord-Geiſt bißweilen ſo grauſam treibet, ſo
hart anſetzt, ſtuͤrmet Puff auf Puff, alſo daß der bedraͤngte Menſch
ſich nicht zu erhohlen weißt, Witz und Sinn verliehrt, ſeinem eige-
nen Leib und Leben nicht mehr vorſtehen kan; Satan feuret aus al-
len Stuͤcken und jagt den armen Geiſt in eine ſolche Enge, daß er vor
dem ſchwartzen Rauch der ewigen Finſternuß nichts mehr vor ſich ſie-
het, und aus dem brennenden Schiff der irrdiſchen Huͤtten ins
Grundloſe Meer der Ewigkeit, aus der Veſtung des zeitlichen Lebens
mitten unter das wilde Heer des Satans hinaus ſpringt; eben wie
ein von Hunden verfolgtes Rehe in der Angſt ſich wohl uͤber den hoͤ-
heſten Felſen hinunter ſtuͤrtzt, dieſes widerfahrt einigen, damit alle
Menſchen erkennen, daß Job den guten GOTT nicht vergebens
ein Menſchen-Huͤter tituliere Job. 7, 20. Dann wo GOTT nicht
auch uͤber die Circulation Creyß-Lauff der Gebluͤter wachete, ſo kaͤ-
me kein Menſch ohne Selbſt-Mord ab der Erden: ach wann dem
Seelen-Feind verhengt wird ein melancholiſch Temperament in Jaſt
und Verwirrung zu bringen, ſo hilfft faſt kein Wehren mehr, es
muß geſtorben ſeyn.

Zum Be-
weiß, wie
noͤthig ih-
nen das
Geleit
JEſu wi-
der ſolche
Feinde.

§. 7. Solche vom Teufel ermordete Menſchen ſind Gedenck-Saͤu-
len an der Straß, an denen ein jeder Pilgrim mit groſſen Buchſta-
ben leſen kan, was fuͤr einen gifftigen Feind er am Teufel habe und
wie noͤthig ihm das Geleit Chriſti und der Glaub an ſein Evangelium
ſey: Der Teufel bringt zwar den Leib ums irrdiſch Leben; indeſſen
bleibt dem Geiſt das, was er geſucht; das Blut JEſu, womit er
in ſeinem aͤngſtlichen Glaubens-Hunger beſprengt worden, macht ihn
ſeelig, das darff der Teufel nicht anruͤhren noch abreiben. Eben
wie ein ſchoͤner Frucht-reicher Baum, obſchon eine allzu ungeſtuͤmme

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[492/0588] Gedancken von den Seelen-Aengſten. GOttes Liebe, Gnad und Heyl ſinget und klinget; diß ewige Feuer der Liebe und des Lobens halt die Thiere des Abgrunds zuruck. §. 5. Man kan aber auch diß mit gutem Grund beyſetzen, daß die argen Hoͤllen-Geiſter ſich der uͤblen Diſpoſition unſers Leibes, (als deſſen Verſtopffungen, Beſchwehrung mit zaͤhem Schleim oder Gallen ꝛc.) meiſterlich zu bedienen wiſſen, ja daraus wie eine Batterie ma- chen, davon ſie das arme Hertz beſchieſſen. Alſo iſt auch ein Tem- perament zu melancholiſchen Finſternuſſen, Traurigkeiten und Aengſten geneigter als das andere. Diß alles verſtehet der tauſend Kuͤnſtler nur allzuwohl, und weiß ſich deſſen wider uns zu bedienen. §. 6. Welches der Mord-Geiſt bißweilen ſo grauſam treibet, ſo hart anſetzt, ſtuͤrmet Puff auf Puff, alſo daß der bedraͤngte Menſch ſich nicht zu erhohlen weißt, Witz und Sinn verliehrt, ſeinem eige- nen Leib und Leben nicht mehr vorſtehen kan; Satan feuret aus al- len Stuͤcken und jagt den armen Geiſt in eine ſolche Enge, daß er vor dem ſchwartzen Rauch der ewigen Finſternuß nichts mehr vor ſich ſie- het, und aus dem brennenden Schiff der irrdiſchen Huͤtten ins Grundloſe Meer der Ewigkeit, aus der Veſtung des zeitlichen Lebens mitten unter das wilde Heer des Satans hinaus ſpringt; eben wie ein von Hunden verfolgtes Rehe in der Angſt ſich wohl uͤber den hoͤ- heſten Felſen hinunter ſtuͤrtzt, dieſes widerfahrt einigen, damit alle Menſchen erkennen, daß Job den guten GOTT nicht vergebens ein Menſchen-Huͤter tituliere Job. 7, 20. Dann wo GOTT nicht auch uͤber die Circulation Creyß-Lauff der Gebluͤter wachete, ſo kaͤ- me kein Menſch ohne Selbſt-Mord ab der Erden: ach wann dem Seelen-Feind verhengt wird ein melancholiſch Temperament in Jaſt und Verwirrung zu bringen, ſo hilfft faſt kein Wehren mehr, es muß geſtorben ſeyn. §. 7. Solche vom Teufel ermordete Menſchen ſind Gedenck-Saͤu- len an der Straß, an denen ein jeder Pilgrim mit groſſen Buchſta- ben leſen kan, was fuͤr einen gifftigen Feind er am Teufel habe und wie noͤthig ihm das Geleit Chriſti und der Glaub an ſein Evangelium ſey: Der Teufel bringt zwar den Leib ums irrdiſch Leben; indeſſen bleibt dem Geiſt das, was er geſucht; das Blut JEſu, womit er in ſeinem aͤngſtlichen Glaubens-Hunger beſprengt worden, macht ihn ſeelig, das darff der Teufel nicht anruͤhren noch abreiben. Eben wie ein ſchoͤner Frucht-reicher Baum, obſchon eine allzu ungeſtuͤmme Winds-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/588>, abgerufen am 22.11.2024.