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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die unter der Kelter des Zorns GOttes
ja nicht muthwillig erzörnest, und noch ferner von dir treibest, dann
darinnen würdest du eben so närrisch handeln als ein tödtlich Ver-
wundeter, dem die Leber gespalten, der in Erwartung des Artztes, das
Hertz auch durchstechen wollte.

Und zwar
gantz ge-
wiß.

§. 6. Einwurff: Wird aber GOTT gewiß kommen, mit so hoher
und überschwenglicher Gnad, daß er mir gebe, was JEsus erwor-
ben, und mich schmecken lasse die Seeligkeit seiner Liebe, und die Krafft
seines Heiligen Leydens empfinden, wann ich also auf ihn harre?

Antwort: Ja ungezweifelt, es wird kommen der da kommen soll,
und wird nicht verziehen; glaube nur, und wage es auf sein theures
Wort hin, GOTT ist viel begieriger das Leyden seines Sohnes in
dir zu verherrlichen, als du je seyn magst, seine Güte zu erfahren.

Wie sich
JEsus
nach und
nach zu
geniessen
gibt,

§. 7. Einwurff: Wie kan aber das seyn? Jch bin gar eines an-
deren überzeuget; du sagst JEsus sey so gar willig, gleich wohl ists
schon lang, daß ich nach seiner Gnade ächtze, und ein sehnlich Verlangen
trage, von der Sünd loß und ledig zu werden, daß alles Gesträuch
der eitelen Gedancken in mir möchte ansgerottet, und ich ein schöner
Garten Christi wäre, mit seinem Blut befeuchtet, daß alles Unkraut
in mir gar verschwinde und verwelcken, und ich von der Frucht seiner
Niedlichkeit angefüllet werde?

wird
durch die
Einflüsse
die die
Sonne
auf die Er-
de hat er-
läutert.

§. 8. Antwort: Das geschicht nicht in einem Huy; Wann die Son-
ne zu der Erden spreche: Wende dich zu mir, so solt du voll schöner ed-
ler Gewächsen, Blumen, Kräuteren und Früchten werden; ich will
dir meine Wärme, Glantz, Krafft und Schein aus allem Vermögen
mittheilen, und dir verhelffen zur Ausgebährung unzehlicher Schön-
heiten und Wunderen; wann nun die Erde sich eine halbe Stund lang
nach der Sonnen gekehret hätte, sie bliebe aber mit Eyß und Schnee
bedecket, und wollte hernach der Sonnen schuld geben, als ob ihr Ver-
sprechen läre Wort, und nichts darhinder wäre, und sagen wolte: ich
habe mich zu dir gewandt, und nichts desto weniger bleibe ich wie
vorhin, es ist eine Einbildung, und ein eitler Wahn, daß ich dir ge-
glaubt; würd ihr dann die Sonne nicht antworten: du tumme und
plumpe Erde, es gilt nicht nur einen halben Tag, sonderen von Anfang
des Jahrs biß zum End desselben must du meine Krafft und Schein
auffassen, auf daß bald hier, bald dort die Schönheit des Frühlings,
die Hitz des Sommers, und die Fruchtbarkeit des Herbsts in dir gese-
hen werde. Gleiche Beschaffenheit hat es mit der Göttlichen Sonne

JESU

Die unter der Kelter des Zorns GOttes
ja nicht muthwillig erzoͤrneſt, und noch ferner von dir treibeſt, dann
darinnen wuͤrdeſt du eben ſo naͤrriſch handeln als ein toͤdtlich Ver-
wundeter, dem die Leber geſpalten, der in Erwartung des Artztes, das
Hertz auch durchſtechen wollte.

Und zwar
gantz ge-
wiß.

§. 6. Einwurff: Wird aber GOTT gewiß kommen, mit ſo hoher
und uͤberſchwenglicher Gnad, daß er mir gebe, was JEſus erwor-
ben, und mich ſchmecken laſſe die Seeligkeit ſeiner Liebe, und die Krafft
ſeines Heiligen Leydens empfinden, wann ich alſo auf ihn harre?

Antwort: Ja ungezweifelt, es wird kommen der da kommen ſoll,
und wird nicht verziehen; glaube nur, und wage es auf ſein theures
Wort hin, GOTT iſt viel begieriger das Leyden ſeines Sohnes in
dir zu verherrlichen, als du je ſeyn magſt, ſeine Guͤte zu erfahren.

Wie ſich
JEſus
nach und
nach zu
genieſſen
gibt,

§. 7. Einwurff: Wie kan aber das ſeyn? Jch bin gar eines an-
deren uͤberzeuget; du ſagſt JEſus ſey ſo gar willig, gleich wohl iſts
ſchon lang, daß ich nach ſeiner Gnade aͤchtze, und ein ſehnlich Verlangen
trage, von der Suͤnd loß und ledig zu werden, daß alles Geſtraͤuch
der eitelen Gedancken in mir moͤchte ansgerottet, und ich ein ſchoͤner
Garten Chriſti waͤre, mit ſeinem Blut befeuchtet, daß alles Unkraut
in mir gar verſchwinde und verwelcken, und ich von der Frucht ſeiner
Niedlichkeit angefuͤllet werde?

wird
durch die
Einfluͤſſe
die die
Sonne
auf die Er-
de hat er-
laͤutert.

§. 8. Antwort: Das geſchicht nicht in einem Huy; Wann die Son-
ne zu der Erden ſpreche: Wende dich zu mir, ſo ſolt du voll ſchoͤner ed-
ler Gewaͤchſen, Blumen, Kraͤuteren und Fruͤchten werden; ich will
dir meine Waͤrme, Glantz, Krafft und Schein aus allem Vermoͤgen
mittheilen, und dir verhelffen zur Ausgebaͤhrung unzehlicher Schoͤn-
heiten und Wunderen; wann nun die Erde ſich eine halbe Stund lang
nach der Sonnen gekehret haͤtte, ſie bliebe aber mit Eyß und Schnee
bedecket, und wollte hernach der Sonnen ſchuld geben, als ob ihr Ver-
ſprechen laͤre Wort, und nichts darhinder waͤre, und ſagen wolte: ich
habe mich zu dir gewandt, und nichts deſto weniger bleibe ich wie
vorhin, es iſt eine Einbildung, und ein eitler Wahn, daß ich dir ge-
glaubt; wuͤrd ihr dann die Sonne nicht antworten: du tumme und
plumpe Erde, es gilt nicht nur einen halben Tag, ſonderen von Anfang
des Jahrs biß zum End deſſelben muſt du meine Krafft und Schein
auffaſſen, auf daß bald hier, bald dort die Schoͤnheit des Fruͤhlings,
die Hitz des Sommers, und die Fruchtbarkeit des Herbſts in dir geſe-
hen werde. Gleiche Beſchaffenheit hat es mit der Goͤttlichen Sonne

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[460/0556] Die unter der Kelter des Zorns GOttes ja nicht muthwillig erzoͤrneſt, und noch ferner von dir treibeſt, dann darinnen wuͤrdeſt du eben ſo naͤrriſch handeln als ein toͤdtlich Ver- wundeter, dem die Leber geſpalten, der in Erwartung des Artztes, das Hertz auch durchſtechen wollte. §. 6. Einwurff: Wird aber GOTT gewiß kommen, mit ſo hoher und uͤberſchwenglicher Gnad, daß er mir gebe, was JEſus erwor- ben, und mich ſchmecken laſſe die Seeligkeit ſeiner Liebe, und die Krafft ſeines Heiligen Leydens empfinden, wann ich alſo auf ihn harre? Antwort: Ja ungezweifelt, es wird kommen der da kommen ſoll, und wird nicht verziehen; glaube nur, und wage es auf ſein theures Wort hin, GOTT iſt viel begieriger das Leyden ſeines Sohnes in dir zu verherrlichen, als du je ſeyn magſt, ſeine Guͤte zu erfahren. §. 7. Einwurff: Wie kan aber das ſeyn? Jch bin gar eines an- deren uͤberzeuget; du ſagſt JEſus ſey ſo gar willig, gleich wohl iſts ſchon lang, daß ich nach ſeiner Gnade aͤchtze, und ein ſehnlich Verlangen trage, von der Suͤnd loß und ledig zu werden, daß alles Geſtraͤuch der eitelen Gedancken in mir moͤchte ansgerottet, und ich ein ſchoͤner Garten Chriſti waͤre, mit ſeinem Blut befeuchtet, daß alles Unkraut in mir gar verſchwinde und verwelcken, und ich von der Frucht ſeiner Niedlichkeit angefuͤllet werde? §. 8. Antwort: Das geſchicht nicht in einem Huy; Wann die Son- ne zu der Erden ſpreche: Wende dich zu mir, ſo ſolt du voll ſchoͤner ed- ler Gewaͤchſen, Blumen, Kraͤuteren und Fruͤchten werden; ich will dir meine Waͤrme, Glantz, Krafft und Schein aus allem Vermoͤgen mittheilen, und dir verhelffen zur Ausgebaͤhrung unzehlicher Schoͤn- heiten und Wunderen; wann nun die Erde ſich eine halbe Stund lang nach der Sonnen gekehret haͤtte, ſie bliebe aber mit Eyß und Schnee bedecket, und wollte hernach der Sonnen ſchuld geben, als ob ihr Ver- ſprechen laͤre Wort, und nichts darhinder waͤre, und ſagen wolte: ich habe mich zu dir gewandt, und nichts deſto weniger bleibe ich wie vorhin, es iſt eine Einbildung, und ein eitler Wahn, daß ich dir ge- glaubt; wuͤrd ihr dann die Sonne nicht antworten: du tumme und plumpe Erde, es gilt nicht nur einen halben Tag, ſonderen von Anfang des Jahrs biß zum End deſſelben muſt du meine Krafft und Schein auffaſſen, auf daß bald hier, bald dort die Schoͤnheit des Fruͤhlings, die Hitz des Sommers, und die Fruchtbarkeit des Herbſts in dir geſe- hen werde. Gleiche Beſchaffenheit hat es mit der Goͤttlichen Sonne JESU

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/556>, abgerufen am 22.11.2024.