lichen Bedrangnussen, und verzage nicht, sintemahl es dein Lebtag nie besser um dich gestanden; dann also hat JESUS deine Zorn- Flamm, so in ewiger Quaal in und um dich brennen sollte zum Ver- derben, verwandlet in eine gar süsse Liebes-Glut, so einen kleinen Augenblick waltet zum ewigen Leben in JEsu Gnad. Dencke dann bey aller Gewissens-Marter und Schrecken, es seye ein Tropfen von Christi Blut-Schweiß in dein Hertz kommen, das brausend Sünden- Gifft auszutreiben, da dir nicht leicht was seligers begegnen könnte.
Dann dar- durch wird der Mensch von den Schlacken der Sün- den gerei- niget.
§. 2. Darum, je tieffer du diesen Gedancken nachhängest, je kräff- tiger wird dein Hertz geänderet; und so würckt JEsu Seelen-Leyden sein natürlich edel Werck; tödtet alle böse Neigungen, vertreibt alle böse Lust, Freud und Zuversicht an den Creaturen; welches aber nie- mand glauben kan, er habe es dann erfahren; dann es duncket die Vernunfft ein unmöglich Ding zu seyn, daß dieses Nachdencken ein so herrlich Mittel seyn sollte, der Sünd loß zu werden, wer es aber erfahren, der weißt wie gründlich dieses die Seel reinige; dann ein Füncklein von diesem Feur dringet tieffer ein, als zehen Moses mit allen Donner-Strahlen des Gesetzes, dardurch das Gewissen wohl erschrecket, aber nicht geschmeltzet, und folglich nicht gereiniget wird von den todten Wercken, zu dienen dem lebendigen GOtt. Diß ist die köstliche Frucht, so der blutige Angst-Schweiß JEsu in deine Seel hinein bringt, daß Er die Schlacken der Verdorbenheit von dersel- bigen wegbrenne und verzeh[re] davon der Leib zwar auch Leyden hat, aber darum nicht verdirbt, eben so wenig als der Tiegel, darinnen das Gold geläuteret wird. Und diese Reinigung unsers Willens ist der ei- nige Weg zur Erleuchtung; eben wie ein Spiegel von Stachel das Bild nicht in sich empfangen kan, wann er vom Rost durchfressen ist; Und diese Erleuchtung bereitet die Seel zur Vereinigung mit GOtt, welches das höchste Ziel unsers Lebens seyn soll.
Trost für diejenige welche meynen sie werden diese Rei- nigung nicht aus- halten kön- nen.
§. 3. Einwurff. Wie komm ich aber zu dieser seeligen Reinigung und Erfahrung? Jch besorge, ich könne es nicht ausstehen, dann mein Fleisch ist dessen nicht gewohnt, daß es leyden soll?
Antwort: O! ja freylich kanst du darzu kommen, wann dir nur Ernst ist, dann dieser machet alles leicht, ob es gleich noch so schwer wäre; und was kan doch der Mensch nicht ausstehen, er kan ja die allerbittersten Artzneyen einnehmen, einer der todtes Fleisch an seinem Leib hat, kan sich grosse Stücker mit grossem Schmertzen wegschnei-
den
Die unter der Kelter des Zorns GOttes
lichen Bedrangnuſſen, und verzage nicht, ſintemahl es dein Lebtag nie beſſer um dich geſtanden; dann alſo hat JESUS deine Zorn- Flamm, ſo in ewiger Quaal in und um dich brennen ſollte zum Ver- derben, verwandlet in eine gar ſuͤſſe Liebes-Glut, ſo einen kleinen Augenblick waltet zum ewigen Leben in JEſu Gnad. Dencke dann bey aller Gewiſſens-Marter und Schrecken, es ſeye ein Tropfen von Chriſti Blut-Schweiß in dein Hertz kommen, das brauſend Suͤnden- Gifft auszutreiben, da dir nicht leicht was ſeligers begegnen koͤnnte.
Dann dar- durch wird deꝛ Menſch von den Schlacken der Suͤn- den gerei- niget.
§. 2. Darum, je tieffer du dieſen Gedancken nachhaͤngeſt, je kraͤff- tiger wird dein Hertz geaͤnderet; und ſo wuͤrckt JEſu Seelen-Leyden ſein natuͤrlich edel Werck; toͤdtet alle boͤſe Neigungen, vertreibt alle boͤſe Luſt, Freud und Zuverſicht an den Creaturen; welches aber nie- mand glauben kan, er habe es dann erfahren; dann es duncket die Vernunfft ein unmoͤglich Ding zu ſeyn, daß dieſes Nachdencken ein ſo herrlich Mittel ſeyn ſollte, der Suͤnd loß zu werden, wer es aber erfahren, der weißt wie gruͤndlich dieſes die Seel reinige; dann ein Fuͤncklein von dieſem Feur dringet tieffer ein, als zehen Moſes mit allen Donner-Strahlen des Geſetzes, dardurch das Gewiſſen wohl erſchrecket, aber nicht geſchmeltzet, und folglich nicht gereiniget wird von den todten Wercken, zu dienen dem lebendigen GOtt. Diß iſt die koͤſtliche Frucht, ſo der blutige Angſt-Schweiß JEſu in deine Seel hinein bringt, daß Er die Schlacken der Verdorbenheit von derſel- bigen wegbrenne und verzeh[re] davon der Leib zwar auch Leyden hat, aber darum nicht verdirbt, eben ſo wenig als der Tiegel, darinnen das Gold gelaͤuteret wird. Und dieſe Reinigung unſers Willens iſt der ei- nige Weg zur Erleuchtung; eben wie ein Spiegel von Stachel das Bild nicht in ſich empfangen kan, wann er vom Roſt durchfreſſen iſt; Und dieſe Erleuchtung bereitet die Seel zur Vereinigung mit GOtt, welches das hoͤchſte Ziel unſers Lebens ſeyn ſoll.
Troſt fuͤr diejenige welche meynen ſie werden dieſe Rei- nigung nicht aus- halten koͤn- nen.
§. 3. Einwurff. Wie komm ich aber zu dieſer ſeeligen Reinigung und Erfahrung? Jch beſorge, ich koͤnne es nicht ausſtehen, dann mein Fleiſch iſt deſſen nicht gewohnt, daß es leyden ſoll?
Antwort: O! ja freylich kanſt du darzu kommen, wann dir nur Ernſt iſt, dann dieſer machet alles leicht, ob es gleich noch ſo ſchwer waͤre; und was kan doch der Menſch nicht ausſtehen, er kan ja die allerbitterſten Artzneyen einnehmen, einer der todtes Fleiſch an ſeinem Leib hat, kan ſich groſſe Stuͤcker mit groſſem Schmertzen wegſchnei-
den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0554"n="458"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die unter der Kelter des Zorns GOttes</hi></fw><lb/>
lichen Bedrangnuſſen, und verzage nicht, ſintemahl es dein Lebtag<lb/>
nie beſſer um dich geſtanden; dann alſo hat JESUS deine Zorn-<lb/>
Flamm, ſo in ewiger Quaal in und um dich brennen ſollte zum Ver-<lb/>
derben, verwandlet in eine gar ſuͤſſe Liebes-Glut, ſo einen kleinen<lb/>
Augenblick waltet zum ewigen Leben in JEſu Gnad. Dencke dann<lb/>
bey aller Gewiſſens-Marter und Schrecken, es ſeye ein Tropfen von<lb/>
Chriſti Blut-Schweiß in dein Hertz kommen, das brauſend Suͤnden-<lb/>
Gifft auszutreiben, da dir nicht leicht was ſeligers begegnen koͤnnte.</p><lb/><noteplace="left">Dann dar-<lb/>
durch wird<lb/>
deꝛ Menſch<lb/>
von den<lb/>
Schlacken<lb/>
der Suͤn-<lb/>
den gerei-<lb/>
niget.</note><p>§. 2. Darum, je tieffer du dieſen Gedancken nachhaͤngeſt, je kraͤff-<lb/>
tiger wird dein Hertz geaͤnderet; und ſo wuͤrckt JEſu Seelen-Leyden<lb/>ſein natuͤrlich edel Werck; toͤdtet alle boͤſe Neigungen, vertreibt alle<lb/>
boͤſe Luſt, Freud und Zuverſicht an den Creaturen; welches aber nie-<lb/>
mand glauben kan, er habe es dann erfahren; dann es duncket die<lb/>
Vernunfft ein unmoͤglich Ding zu ſeyn, daß dieſes Nachdencken ein<lb/>ſo herrlich Mittel ſeyn ſollte, der Suͤnd loß zu werden, wer es aber<lb/>
erfahren, der weißt wie gruͤndlich dieſes die Seel reinige; dann ein<lb/>
Fuͤncklein von dieſem Feur dringet tieffer ein, als zehen Moſes mit<lb/>
allen Donner-Strahlen des Geſetzes, dardurch das Gewiſſen wohl<lb/>
erſchrecket, aber nicht geſchmeltzet, und folglich nicht gereiniget wird<lb/>
von den todten Wercken, zu dienen dem lebendigen GOtt. Diß iſt<lb/>
die koͤſtliche Frucht, ſo der blutige Angſt-Schweiß JEſu in deine Seel<lb/>
hinein bringt, daß Er die Schlacken der Verdorbenheit von derſel-<lb/>
bigen wegbrenne und verzeh<supplied>re</supplied> davon der Leib zwar auch Leyden hat,<lb/>
aber darum nicht verdirbt, eben ſo wenig als der Tiegel, darinnen das<lb/>
Gold gelaͤuteret wird. Und dieſe Reinigung unſers Willens iſt der ei-<lb/>
nige Weg zur Erleuchtung; eben wie ein Spiegel von Stachel das<lb/>
Bild nicht in ſich empfangen kan, wann er vom Roſt durchfreſſen iſt;<lb/>
Und dieſe Erleuchtung bereitet die Seel zur Vereinigung mit GOtt,<lb/>
welches das hoͤchſte Ziel unſers Lebens ſeyn ſoll.</p><lb/><noteplace="left">Troſt fuͤr<lb/>
diejenige<lb/>
welche<lb/>
meynen ſie<lb/>
werden<lb/>
dieſe Rei-<lb/>
nigung<lb/>
nicht aus-<lb/>
halten koͤn-<lb/>
nen.</note><p>§. 3. <hirendition="#fr">Einwurff.</hi> Wie komm ich aber zu dieſer ſeeligen Reinigung<lb/>
und Erfahrung? Jch beſorge, ich koͤnne es nicht ausſtehen, dann<lb/>
mein Fleiſch iſt deſſen nicht gewohnt, daß es leyden ſoll?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Antwort:</hi> O! ja freylich kanſt du darzu kommen, wann dir nur<lb/>
Ernſt iſt, dann dieſer machet alles leicht, ob es gleich noch ſo ſchwer<lb/>
waͤre; und was kan doch der Menſch nicht ausſtehen, er kan ja die<lb/>
allerbitterſten Artzneyen einnehmen, einer der todtes Fleiſch an ſeinem<lb/>
Leib hat, kan ſich groſſe Stuͤcker mit groſſem Schmertzen wegſchnei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[458/0554]
Die unter der Kelter des Zorns GOttes
lichen Bedrangnuſſen, und verzage nicht, ſintemahl es dein Lebtag
nie beſſer um dich geſtanden; dann alſo hat JESUS deine Zorn-
Flamm, ſo in ewiger Quaal in und um dich brennen ſollte zum Ver-
derben, verwandlet in eine gar ſuͤſſe Liebes-Glut, ſo einen kleinen
Augenblick waltet zum ewigen Leben in JEſu Gnad. Dencke dann
bey aller Gewiſſens-Marter und Schrecken, es ſeye ein Tropfen von
Chriſti Blut-Schweiß in dein Hertz kommen, das brauſend Suͤnden-
Gifft auszutreiben, da dir nicht leicht was ſeligers begegnen koͤnnte.
§. 2. Darum, je tieffer du dieſen Gedancken nachhaͤngeſt, je kraͤff-
tiger wird dein Hertz geaͤnderet; und ſo wuͤrckt JEſu Seelen-Leyden
ſein natuͤrlich edel Werck; toͤdtet alle boͤſe Neigungen, vertreibt alle
boͤſe Luſt, Freud und Zuverſicht an den Creaturen; welches aber nie-
mand glauben kan, er habe es dann erfahren; dann es duncket die
Vernunfft ein unmoͤglich Ding zu ſeyn, daß dieſes Nachdencken ein
ſo herrlich Mittel ſeyn ſollte, der Suͤnd loß zu werden, wer es aber
erfahren, der weißt wie gruͤndlich dieſes die Seel reinige; dann ein
Fuͤncklein von dieſem Feur dringet tieffer ein, als zehen Moſes mit
allen Donner-Strahlen des Geſetzes, dardurch das Gewiſſen wohl
erſchrecket, aber nicht geſchmeltzet, und folglich nicht gereiniget wird
von den todten Wercken, zu dienen dem lebendigen GOtt. Diß iſt
die koͤſtliche Frucht, ſo der blutige Angſt-Schweiß JEſu in deine Seel
hinein bringt, daß Er die Schlacken der Verdorbenheit von derſel-
bigen wegbrenne und verzehre davon der Leib zwar auch Leyden hat,
aber darum nicht verdirbt, eben ſo wenig als der Tiegel, darinnen das
Gold gelaͤuteret wird. Und dieſe Reinigung unſers Willens iſt der ei-
nige Weg zur Erleuchtung; eben wie ein Spiegel von Stachel das
Bild nicht in ſich empfangen kan, wann er vom Roſt durchfreſſen iſt;
Und dieſe Erleuchtung bereitet die Seel zur Vereinigung mit GOtt,
welches das hoͤchſte Ziel unſers Lebens ſeyn ſoll.
§. 3. Einwurff. Wie komm ich aber zu dieſer ſeeligen Reinigung
und Erfahrung? Jch beſorge, ich koͤnne es nicht ausſtehen, dann
mein Fleiſch iſt deſſen nicht gewohnt, daß es leyden ſoll?
Antwort: O! ja freylich kanſt du darzu kommen, wann dir nur
Ernſt iſt, dann dieſer machet alles leicht, ob es gleich noch ſo ſchwer
waͤre; und was kan doch der Menſch nicht ausſtehen, er kan ja die
allerbitterſten Artzneyen einnehmen, einer der todtes Fleiſch an ſeinem
Leib hat, kan ſich groſſe Stuͤcker mit groſſem Schmertzen wegſchnei-
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/554>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.