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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die unter der Kelter des Zorns GOttes
tes; wie meynest du, daß es dir offt ergehen würde? O wie offt er-
zörnest du deinen himmlischen Vatter mit deinem Klagen in deinem Lei-
den, welches er dir aus hertzlicher Zuneigung zuschicket, und dir so
nöthig als einer Reben das Beschneiden, einem Kind die Ruthen,
dem Gold und Silber das Feur, dem Brod der Ofen; Aber siehe!
das willt du nicht haben, klagest es darum jederman; Da siehest du
dann die Güte des Vatters, daß er auch für diese Sünd ein Mit-
tel gefunden, daran du dich halten kanst, wann der Satan dir et-
wann dein immerwährendes Klagen wollte vorhalten, und dich deß-
wegen in Kleinmuth bringen; ihme vorstellend: Mein JEsus hat
dieses wohl erfahren, wie es einem zu Muth seye, der in tieffem Lei-
den stecket; und wie es darbey einem geängsteten Hertzen so wohl
thue, wann man seine Noth jemand klagen kan; darum ist Er auch hier-
inn versucht worden, doch ohne Sünd, deswegen, damit Er mit
mir und anderen könnte Mitleiden haben, wann wir uns in grossem
uns zukommendem Leiden, etwan bey anderen deßwegen beklagen;
Ja ich weiß, daß JEsus bey seinem Vatter mich versprechen wird:
sagende: Ach Vatter! verzeihe diesem meinem Freund, daß er sich
wegen seinem ihme von dir aus Liebe zugeschickten Leiden, beklaget,
und solches anderen erzehlet! Vatter du weist ja, daß ich auch dar-
für gebüsset, da ich zu meinen Jüngeren gesprochen: Meine Seele
ist betrübt hiß in den Tod.
Darum preise die Weißheit und Gü-
te des Vatters, daß Er nichts versaumen wollen, was zu deiner
völligen Versöhnung dienen sollte.

Theils
seine Ver-
mahnung
an sie

§. 4. Er erzehlet aber nicht nur den Jüngeren sein Leiden, son-
deren Er (2.) thut eine Vermahnung an sie, sprechend: Bleibet
hie und wachet mit mir/ wachet und better/ auf daß ihr nicht in
Anfechtung fallt etc.
da müssen wir betrachten

zum Wa-
chen und
Betten,
so daß
man nicht
alles solle
auf JE-
sum an-
kommen
lassen.

§. 5. Worzu Er sie vermahne? zum Wachen und Betten: wa-
chet mit mir:
sie schlieffen alle; JEsus hatte sie nicht mit sich ge-
nommen daß sie schlaffen, sonderen daß sie mit ihme wachen sollten;
aber da wollten sich die Jünger darzu nicht verstehen; JEsus muß-
te allein wachen, darum sprach Er: wachet mit mir. Eben so gieng
es auch mit dem Gebett, sie vermeynten, weilen JEsus bette, so
haben sie es nicht nöthig; ja es sey etwann gar überflüßig; deßwegen
überliessen sie das Gebett dem HErren JEsu, und sie schlieffen; da-
rum vermahnet sie JEsus auch zum Gebett: wachet und bettet.

Mer-

Die unter der Kelter des Zorns GOttes
tes; wie meyneſt du, daß es dir offt ergehen wuͤrde? O wie offt er-
zoͤrneſt du deinen himmliſchen Vatter mit deinem Klagen in deinem Lei-
den, welches er dir aus hertzlicher Zuneigung zuſchicket, und dir ſo
noͤthig als einer Reben das Beſchneiden, einem Kind die Ruthen,
dem Gold und Silber das Feur, dem Brod der Ofen; Aber ſiehe!
das willt du nicht haben, klageſt es darum jederman; Da ſieheſt du
dann die Guͤte des Vatters, daß er auch fuͤr dieſe Suͤnd ein Mit-
tel gefunden, daran du dich halten kanſt, wann der Satan dir et-
wann dein immerwaͤhrendes Klagen wollte vorhalten, und dich deß-
wegen in Kleinmuth bringen; ihme vorſtellend: Mein JEſus hat
dieſes wohl erfahren, wie es einem zu Muth ſeye, der in tieffem Lei-
den ſtecket; und wie es darbey einem geaͤngſteten Hertzen ſo wohl
thue, wann man ſeine Noth jemand klagen kan; darum iſt Er auch hier-
inn verſucht worden, doch ohne Suͤnd, deswegen, damit Er mit
mir und anderen koͤnnte Mitleiden haben, wann wir uns in groſſem
uns zukommendem Leiden, etwan bey anderen deßwegen beklagen;
Ja ich weiß, daß JEſus bey ſeinem Vatter mich verſprechen wird:
ſagende: Ach Vatter! verzeihe dieſem meinem Freund, daß er ſich
wegen ſeinem ihme von dir aus Liebe zugeſchickten Leiden, beklaget,
und ſolches anderen erzehlet! Vatter du weiſt ja, daß ich auch dar-
fuͤr gebuͤſſet, da ich zu meinen Juͤngeren geſprochen: Meine Seele
iſt betruͤbt hiß in den Tod.
Darum preiſe die Weißheit und Guͤ-
te des Vatters, daß Er nichts verſaumen wollen, was zu deiner
voͤlligen Verſoͤhnung dienen ſollte.

Theils
ſeine Ver-
mahnung
an ſie

§. 4. Er erzehlet aber nicht nur den Juͤngeren ſein Leiden, ſon-
deren Er (2.) thut eine Vermahnung an ſie, ſprechend: Bleibet
hie und wachet mit mir/ wachet und better/ auf daß ihr nicht in
Anfechtung fallt ꝛc.
da muͤſſen wir betrachten

zum Wa-
chen und
Betten,
ſo daß
man nicht
alles ſolle
auf JE-
ſum an-
kommen
laſſen.

§. 5. Worzu Er ſie vermahne? zum Wachen und Betten: wa-
chet mit mir:
ſie ſchlieffen alle; JEſus hatte ſie nicht mit ſich ge-
nommen daß ſie ſchlaffen, ſonderen daß ſie mit ihme wachen ſollten;
aber da wollten ſich die Juͤnger darzu nicht verſtehen; JEſus muß-
te allein wachen, darum ſprach Er: wachet mit mir. Eben ſo gieng
es auch mit dem Gebett, ſie vermeynten, weilen JEſus bette, ſo
haben ſie es nicht noͤthig; ja es ſey etwann gar uͤberfluͤßig; deßwegen
uͤberlieſſen ſie das Gebett dem HErren JEſu, und ſie ſchlieffen; da-
rum vermahnet ſie JEſus auch zum Gebett: wachet und bettet.

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[426/0522] Die unter der Kelter des Zorns GOttes tes; wie meyneſt du, daß es dir offt ergehen wuͤrde? O wie offt er- zoͤrneſt du deinen himmliſchen Vatter mit deinem Klagen in deinem Lei- den, welches er dir aus hertzlicher Zuneigung zuſchicket, und dir ſo noͤthig als einer Reben das Beſchneiden, einem Kind die Ruthen, dem Gold und Silber das Feur, dem Brod der Ofen; Aber ſiehe! das willt du nicht haben, klageſt es darum jederman; Da ſieheſt du dann die Guͤte des Vatters, daß er auch fuͤr dieſe Suͤnd ein Mit- tel gefunden, daran du dich halten kanſt, wann der Satan dir et- wann dein immerwaͤhrendes Klagen wollte vorhalten, und dich deß- wegen in Kleinmuth bringen; ihme vorſtellend: Mein JEſus hat dieſes wohl erfahren, wie es einem zu Muth ſeye, der in tieffem Lei- den ſtecket; und wie es darbey einem geaͤngſteten Hertzen ſo wohl thue, wann man ſeine Noth jemand klagen kan; darum iſt Er auch hier- inn verſucht worden, doch ohne Suͤnd, deswegen, damit Er mit mir und anderen koͤnnte Mitleiden haben, wann wir uns in groſſem uns zukommendem Leiden, etwan bey anderen deßwegen beklagen; Ja ich weiß, daß JEſus bey ſeinem Vatter mich verſprechen wird: ſagende: Ach Vatter! verzeihe dieſem meinem Freund, daß er ſich wegen ſeinem ihme von dir aus Liebe zugeſchickten Leiden, beklaget, und ſolches anderen erzehlet! Vatter du weiſt ja, daß ich auch dar- fuͤr gebuͤſſet, da ich zu meinen Juͤngeren geſprochen: Meine Seele iſt betruͤbt hiß in den Tod. Darum preiſe die Weißheit und Guͤ- te des Vatters, daß Er nichts verſaumen wollen, was zu deiner voͤlligen Verſoͤhnung dienen ſollte. §. 4. Er erzehlet aber nicht nur den Juͤngeren ſein Leiden, ſon- deren Er (2.) thut eine Vermahnung an ſie, ſprechend: Bleibet hie und wachet mit mir/ wachet und better/ auf daß ihr nicht in Anfechtung fallt ꝛc. da muͤſſen wir betrachten §. 5. Worzu Er ſie vermahne? zum Wachen und Betten: wa- chet mit mir: ſie ſchlieffen alle; JEſus hatte ſie nicht mit ſich ge- nommen daß ſie ſchlaffen, ſonderen daß ſie mit ihme wachen ſollten; aber da wollten ſich die Juͤnger darzu nicht verſtehen; JEſus muß- te allein wachen, darum ſprach Er: wachet mit mir. Eben ſo gieng es auch mit dem Gebett, ſie vermeynten, weilen JEſus bette, ſo haben ſie es nicht noͤthig; ja es ſey etwann gar uͤberfluͤßig; deßwegen uͤberlieſſen ſie das Gebett dem HErren JEſu, und ſie ſchlieffen; da- rum vermahnet ſie JEſus auch zum Gebett: wachet und bettet. Mer-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/522>, abgerufen am 22.11.2024.