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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die unter der Kelter des Zorns GOttes
hinein gestecket; da war es seiner Seelen eben wie einem, der bey
finsterer Nacht von Mörderen auf der Gassen überfallen, und so um-
geben wird, daß kein Entrinnen mehr da ist, und bereits Schwerdt,
Kugel und Messer durch seinen Leib siehet hineinfahren; ein solcher
schreyt jämmerlich, und wird ihm schwartz vor den Augen; So ver-
meynte Satanas, und der Tod, weilen sie alle Menschen erwürget,
ausgenommen Enoch und Elias, so sollte ihnen dieser arme und ver-
achtete JEsus von Nazareth nicht entgehen; aber sie wurden betro-
gen, wie Lutherus singt.

Er kam in einer armen G'stalt
Den Teufel wollt Er fangen.
den Höl-
len-
Schmer-
tzen ver-
glichen
wird.

§. 19. Endlich, dem Höllen-Schmertzen: Es umfiengen mich
des Todes Band/ und die Bäche Belial erschröckten mich; der
Höllen Band umfiengen mich/ und des Todes Strick überwältig-
ten mich
a. So daß JEsus würcklich empfunden, was der aller-
tieffst verdamteste Mensch empfinden kan, doch ohne Heulen und
Zähnklappen, weilen die eigentlich nicht zum Wesen der höllischen
Straffen gehört, sondern nur zufälliger Weise geschicht, weil die
arme verfluchte Menschen GOttes Zorn und die ewige höllische Pein
und Quaal nicht ausstehen können, ohne Murren und Verzweif-
lung;

Welches
alles wei-
len es ih-
me nichts
anheben
können,
zeiget;

§. 20. Woraus die allerhöchste Heiligkeit JEsu erhellet, daß auch
keine Bäche Belials, und Ströme des Abgrunds der Boßheit in
Teufel und Menschen, kein Jammer-volles und unergründliches Lei-
dens-Meer, keine Flutten des Göttlichen Zorns die Brunst und
Glut seiner gegen GOtt und Menschen flammenden Liebe verminde-
ren, will geschweigen auslöschen könnten; Es war solch ein Uber-
fluß von Gnaden-Balsam in JEsu, daß aller Teufels-Gifft keinen
Raum noch Eingang fande, ihne zu vergifften, wiewohl es ihme ei-
ne unaussprechliche Pein verursachte; Dieser Baum war so voll
Safft, daß die allergröste Hitz ihne nicht ausdörren, noch ein Zweig-
lein, Frucht oder Blat an ihm verderben könnte, obschon Er um
und um in lauter hellen Flammen stuhnde; so daß unzehliche Leiden
über JEsum kommen, wovon ein einzeles, und zwar das allergering-
ste dem heiligsten Menschen den Garaus gemacht hätte; daher ruffet

Er:
a Ps. XVIII. 5. 6.

Die unter der Kelter des Zorns GOttes
hinein geſtecket; da war es ſeiner Seelen eben wie einem, der bey
finſterer Nacht von Moͤrderen auf der Gaſſen uͤberfallen, und ſo um-
geben wird, daß kein Entrinnen mehr da iſt, und bereits Schwerdt,
Kugel und Meſſer durch ſeinen Leib ſiehet hineinfahren; ein ſolcher
ſchreyt jaͤmmerlich, und wird ihm ſchwartz vor den Augen; So ver-
meynte Satanas, und der Tod, weilen ſie alle Menſchen erwuͤrget,
ausgenommen Enoch und Elias, ſo ſollte ihnen dieſer arme und ver-
achtete JEſus von Nazareth nicht entgehen; aber ſie wurden betro-
gen, wie Lutherus ſingt.

Er kam in einer armen G’ſtalt
Den Teufel wollt Er fangen.
den Hoͤl-
len-
Schmer-
tzen ver-
glichen
wird.

§. 19. Endlich, dem Hoͤllen-Schmertzen: Es umfiengen mich
des Todes Band/ und die Baͤche Belial erſchroͤckten mich; der
Hoͤllen Band umfiengen mich/ und des Todes Strick uͤberwaͤltig-
ten mich
a. So daß JEſus wuͤrcklich empfunden, was der aller-
tieffſt verdamteſte Menſch empfinden kan, doch ohne Heulen und
Zaͤhnklappen, weilen die eigentlich nicht zum Weſen der hoͤlliſchen
Straffen gehoͤrt, ſondern nur zufaͤlliger Weiſe geſchicht, weil die
arme verfluchte Menſchen GOttes Zorn und die ewige hoͤlliſche Pein
und Quaal nicht ausſtehen koͤnnen, ohne Murren und Verzweif-
lung;

Welches
alles wei-
len es ih-
me nichts
anheben
koͤnnen,
zeiget;

§. 20. Woraus die allerhoͤchſte Heiligkeit JEſu erhellet, daß auch
keine Baͤche Belials, und Stroͤme des Abgrunds der Boßheit in
Teufel und Menſchen, kein Jammer-volles und unergruͤndliches Lei-
dens-Meer, keine Flutten des Goͤttlichen Zorns die Brunſt und
Glut ſeiner gegen GOtt und Menſchen flammenden Liebe verminde-
ren, will geſchweigen ausloͤſchen koͤnnten; Es war ſolch ein Uber-
fluß von Gnaden-Balſam in JEſu, daß aller Teufels-Gifft keinen
Raum noch Eingang fande, ihne zu vergifften, wiewohl es ihme ei-
ne unausſprechliche Pein verurſachte; Dieſer Baum war ſo voll
Safft, daß die allergroͤſte Hitz ihne nicht ausdoͤrren, noch ein Zweig-
lein, Frucht oder Blat an ihm verderben koͤnnte, obſchon Er um
und um in lauter hellen Flammen ſtuhnde; ſo daß unzehliche Leiden
uͤber JEſum kommen, wovon ein einzeles, und zwar das allergering-
ſte dem heiligſten Menſchen den Garaus gemacht haͤtte; daher ruffet

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[422/0518] Die unter der Kelter des Zorns GOttes hinein geſtecket; da war es ſeiner Seelen eben wie einem, der bey finſterer Nacht von Moͤrderen auf der Gaſſen uͤberfallen, und ſo um- geben wird, daß kein Entrinnen mehr da iſt, und bereits Schwerdt, Kugel und Meſſer durch ſeinen Leib ſiehet hineinfahren; ein ſolcher ſchreyt jaͤmmerlich, und wird ihm ſchwartz vor den Augen; So ver- meynte Satanas, und der Tod, weilen ſie alle Menſchen erwuͤrget, ausgenommen Enoch und Elias, ſo ſollte ihnen dieſer arme und ver- achtete JEſus von Nazareth nicht entgehen; aber ſie wurden betro- gen, wie Lutherus ſingt. Er kam in einer armen G’ſtalt Den Teufel wollt Er fangen. §. 19. Endlich, dem Hoͤllen-Schmertzen: Es umfiengen mich des Todes Band/ und die Baͤche Belial erſchroͤckten mich; der Hoͤllen Band umfiengen mich/ und des Todes Strick uͤberwaͤltig- ten mich a. So daß JEſus wuͤrcklich empfunden, was der aller- tieffſt verdamteſte Menſch empfinden kan, doch ohne Heulen und Zaͤhnklappen, weilen die eigentlich nicht zum Weſen der hoͤlliſchen Straffen gehoͤrt, ſondern nur zufaͤlliger Weiſe geſchicht, weil die arme verfluchte Menſchen GOttes Zorn und die ewige hoͤlliſche Pein und Quaal nicht ausſtehen koͤnnen, ohne Murren und Verzweif- lung; §. 20. Woraus die allerhoͤchſte Heiligkeit JEſu erhellet, daß auch keine Baͤche Belials, und Stroͤme des Abgrunds der Boßheit in Teufel und Menſchen, kein Jammer-volles und unergruͤndliches Lei- dens-Meer, keine Flutten des Goͤttlichen Zorns die Brunſt und Glut ſeiner gegen GOtt und Menſchen flammenden Liebe verminde- ren, will geſchweigen ausloͤſchen koͤnnten; Es war ſolch ein Uber- fluß von Gnaden-Balſam in JEſu, daß aller Teufels-Gifft keinen Raum noch Eingang fande, ihne zu vergifften, wiewohl es ihme ei- ne unausſprechliche Pein verurſachte; Dieſer Baum war ſo voll Safft, daß die allergroͤſte Hitz ihne nicht ausdoͤrren, noch ein Zweig- lein, Frucht oder Blat an ihm verderben koͤnnte, obſchon Er um und um in lauter hellen Flammen ſtuhnde; ſo daß unzehliche Leiden uͤber JEſum kommen, wovon ein einzeles, und zwar das allergering- ſte dem heiligſten Menſchen den Garaus gemacht haͤtte; daher ruffet Er: a Pſ. XVIII. 5. 6.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/518>, abgerufen am 22.11.2024.