Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Die unter der Kelter des Zorns GOttes
Volck die Christenheit mit Aengsten gebahr, damit Er in ihnen ei-
ne Gestalt gewinne, und sie wiederum GOttes Kinder würden; Soll-
ten wir nun diese unsere Geistliche Mutter nicht in höchsten Ehren
halten! damit wir in Jerusalem, das droben ist, in ihrer Liebes-
Schooß ewiglich leben mögen.

Dem
Schlan-
gen-Biß

§. 15. Demnach dem Schlangen Biß: wann Jehova der HErr
zu dem gefallenen Menschen spricht: Der Saamen des Weibs soll
der Schlangen den Kopf zertretten/ und sie wird ihne in den
Fersen stechen
a/ durch welchen Schlangen-Biß dann das Gifft
durch die Aderen dringet, und das Blut stocket; wordurch
dann angedeutet wird, wie JEsus hier in das allerabscheulich-
ste Schlangen-Nest hinein geworffen worden, da alle höllische
Schlangen ihne umzinglet, und so zu sagen eine jede ihr abscheulich-
stes Gifft in sein Jnnerstes hinein gesencket; da ist die Seele JEsu
in dem Rachen des grimmigsten Drachen gewesen, der die Zähn
seines Grimms in den Sünden-Bürgen hinein geschlagen, und ih-
ne zu verzehren getrachtet. Hier ist der allerheiligste und seeligste
aller ersinnlichen Wuth der bösen Geisteren frey gegeben, daß sie al-
le ihre Grausamkeit an ihme ausüben, und alle ihre Arglist und
Vermögen an ihme versuchten, ob sie ihne nur zu einigen mißtraui-
schen Gedancken bringen, oder die geringste Ungedult in ihme erwe-
cken könnten. O wie tieff lag die Seele JEsu da in dem feurigen Pfuhl;
da alle Teufel über ihne herlieffen, und vom Fürsten der Finsternuß
aufs grimmigste angetrieben wurden, ob sie JEsum könnten abwen-
dig machen, daß es ihme erleide, sich der undanckbaren und ver-
dorbenen Menschen ferners anzunehmen, und folgends seine Bürg-
schafft aufzukündigen. Aber JEsus, der gute Hirt, wollte nicht
weichen, dann die Schaafe waren ihm lieb; darum konnten ihne
gantze Heerläger höllischer Wölffen nicht abtreiben; Er litte und
stritte biß zur vollendeten Erlösung.

Der Was-
sers-

§. 16. Diß sein herbes Leiden wird auch drittens verglichen der
Wassersnoth; GOtt hilff mir! dann das Wasser gehet mir biß
an die Seel/ ich versincke in tieffem Schlamm da kein Grund ist/
ich bin in tieffem Wasser und die Flutt will mich ersäuffen
b.
Das Ungewitter konnte mit keinen Opfferen und Gaben gestillet
werden; auch war es nicht möglich durch das Ruder aller eigenen

Wer-
a Gen. III. 15.
b Ps. LXIX. 1. 2.

Die unter der Kelter des Zorns GOttes
Volck die Chriſtenheit mit Aengſten gebahr, damit Er in ihnen ei-
ne Geſtalt gewinne, und ſie wiederum GOttes Kinder wuͤrden; Soll-
ten wir nun dieſe unſere Geiſtliche Mutter nicht in hoͤchſten Ehren
halten! damit wir in Jeruſalem, das droben iſt, in ihrer Liebes-
Schooß ewiglich leben moͤgen.

Dem
Schlan-
gen-Biß

§. 15. Demnach dem Schlangen Biß: wann Jehova der HErr
zu dem gefallenen Menſchen ſpricht: Der Saamen des Weibs ſoll
der Schlangen den Kopf zertretten/ und ſie wird ihne in den
Ferſen ſtechen
a/ durch welchen Schlangen-Biß dann das Gifft
durch die Aderen dringet, und das Blut ſtocket; wordurch
dann angedeutet wird, wie JEſus hier in das allerabſcheulich-
ſte Schlangen-Neſt hinein geworffen worden, da alle hoͤlliſche
Schlangen ihne umzinglet, und ſo zu ſagen eine jede ihr abſcheulich-
ſtes Gifft in ſein Jnnerſtes hinein geſencket; da iſt die Seele JEſu
in dem Rachen des grimmigſten Drachen geweſen, der die Zaͤhn
ſeines Grimms in den Suͤnden-Buͤrgen hinein geſchlagen, und ih-
ne zu verzehren getrachtet. Hier iſt der allerheiligſte und ſeeligſte
aller erſinnlichen Wuth der boͤſen Geiſteren frey gegeben, daß ſie al-
le ihre Grauſamkeit an ihme ausuͤben, und alle ihre Argliſt und
Vermoͤgen an ihme verſuchten, ob ſie ihne nur zu einigen mißtraui-
ſchen Gedancken bringen, oder die geringſte Ungedult in ihme erwe-
cken koͤnnten. O wie tieff lag die Seele JEſu da in dem feurigen Pfuhl;
da alle Teufel uͤber ihne herlieffen, und vom Fuͤrſten der Finſternuß
aufs grimmigſte angetrieben wurden, ob ſie JEſum koͤnnten abwen-
dig machen, daß es ihme erleide, ſich der undanckbaren und ver-
dorbenen Menſchen ferners anzunehmen, und folgends ſeine Buͤrg-
ſchafft aufzukuͤndigen. Aber JEſus, der gute Hirt, wollte nicht
weichen, dann die Schaafe waren ihm lieb; darum konnten ihne
gantze Heerlaͤger hoͤlliſcher Woͤlffen nicht abtreiben; Er litte und
ſtritte biß zur vollendeten Erloͤſung.

Der Waſ-
ſers-

§. 16. Diß ſein herbes Leiden wird auch drittens verglichen der
Waſſersnoth; GOtt hilff mir! dann das Waſſer gehet mir biß
an die Seel/ ich verſincke in tieffem Schlamm da kein Grund iſt/
ich bin in tieffem Waſſer und die Flutt will mich erſaͤuffen
b.
Das Ungewitter konnte mit keinen Opfferen und Gaben geſtillet
werden; auch war es nicht moͤglich durch das Ruder aller eigenen

Wer-
a Gen. III. 15.
b Pſ. LXIX. 1. 2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0516" n="420"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die unter der Kelter des Zorns GOttes</hi></fw><lb/>
Volck die Chri&#x017F;tenheit mit Aeng&#x017F;ten gebahr, damit Er in ihnen ei-<lb/>
ne Ge&#x017F;talt gewinne, und &#x017F;ie wiederum GOttes Kinder wu&#x0364;rden; Soll-<lb/>
ten wir nun die&#x017F;e un&#x017F;ere Gei&#x017F;tliche Mutter nicht in ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ehren<lb/>
halten! damit wir in Jeru&#x017F;alem, das droben i&#x017F;t, in ihrer Liebes-<lb/>
Schooß ewiglich leben mo&#x0364;gen.</p><lb/>
          <note place="left">Dem<lb/>
Schlan-<lb/>
gen-Biß</note>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 15. Demnach dem <hi rendition="#fr">Schlangen Biß:</hi> wann Jehova der HErr<lb/>
zu dem gefallenen Men&#x017F;chen &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Der Saamen des Weibs &#x017F;oll<lb/>
der Schlangen den Kopf zertretten/ und &#x017F;ie wird ihne in den<lb/>
Fer&#x017F;en &#x017F;techen</hi> <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Gen. III.</hi> 15.</note>/ durch welchen Schlangen-Biß dann das Gifft<lb/>
durch die Aderen dringet, und das Blut &#x017F;tocket; wordurch<lb/>
dann angedeutet wird, wie JE&#x017F;us hier in das allerab&#x017F;cheulich-<lb/>
&#x017F;te Schlangen-Ne&#x017F;t hinein geworffen worden, da alle ho&#x0364;lli&#x017F;che<lb/>
Schlangen ihne umzinglet, und &#x017F;o zu &#x017F;agen eine jede ihr ab&#x017F;cheulich-<lb/>
&#x017F;tes Gifft in &#x017F;ein Jnner&#x017F;tes hinein ge&#x017F;encket; da i&#x017F;t die Seele JE&#x017F;u<lb/>
in dem Rachen des grimmig&#x017F;ten Drachen gewe&#x017F;en, der die Za&#x0364;hn<lb/>
&#x017F;eines Grimms in den Su&#x0364;nden-Bu&#x0364;rgen hinein ge&#x017F;chlagen, und ih-<lb/>
ne zu verzehren getrachtet. Hier i&#x017F;t der allerheilig&#x017F;te und &#x017F;eelig&#x017F;te<lb/>
aller er&#x017F;innlichen Wuth der bo&#x0364;&#x017F;en Gei&#x017F;teren frey gegeben, daß &#x017F;ie al-<lb/>
le ihre Grau&#x017F;amkeit an ihme ausu&#x0364;ben, und alle ihre Argli&#x017F;t und<lb/>
Vermo&#x0364;gen an ihme ver&#x017F;uchten, ob &#x017F;ie ihne nur zu einigen mißtraui-<lb/>
&#x017F;chen Gedancken bringen, oder die gering&#x017F;te Ungedult in ihme erwe-<lb/>
cken ko&#x0364;nnten. O wie tieff lag die Seele JE&#x017F;u da in dem feurigen Pfuhl;<lb/>
da alle Teufel u&#x0364;ber ihne herlieffen, und vom Fu&#x0364;r&#x017F;ten der Fin&#x017F;ternuß<lb/>
aufs grimmig&#x017F;te angetrieben wurden, ob &#x017F;ie JE&#x017F;um ko&#x0364;nnten abwen-<lb/>
dig machen, daß es ihme erleide, &#x017F;ich der undanckbaren und ver-<lb/>
dorbenen Men&#x017F;chen ferners anzunehmen, und folgends &#x017F;eine Bu&#x0364;rg-<lb/>
&#x017F;chafft aufzuku&#x0364;ndigen. Aber JE&#x017F;us, der gute Hirt, wollte nicht<lb/>
weichen, dann die Schaafe waren ihm lieb; darum konnten ihne<lb/>
gantze Heerla&#x0364;ger ho&#x0364;lli&#x017F;cher Wo&#x0364;lffen nicht abtreiben; Er litte und<lb/>
&#x017F;tritte biß zur vollendeten Erlo&#x0364;&#x017F;ung.</p><lb/>
          <note place="left">Der Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ers-</note>
          <p>§. 16. Diß &#x017F;ein herbes Leiden wird auch <hi rendition="#fr">drittens</hi> verglichen der<lb/><hi rendition="#fr">Wa&#x017F;&#x017F;ersnoth; GOtt hilff mir! dann das Wa&#x017F;&#x017F;er gehet mir biß<lb/>
an die Seel/ ich ver&#x017F;incke in tieffem Schlamm da kein Grund i&#x017F;t/<lb/>
ich bin in tieffem Wa&#x017F;&#x017F;er und die Flutt will mich er&#x017F;a&#x0364;uffen</hi> <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">P&#x017F;. LXIX.</hi> 1. 2.</note>.<lb/>
Das Ungewitter konnte mit keinen Opfferen und Gaben ge&#x017F;tillet<lb/>
werden; auch war es nicht mo&#x0364;glich durch das Ruder aller eigenen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wer-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420/0516] Die unter der Kelter des Zorns GOttes Volck die Chriſtenheit mit Aengſten gebahr, damit Er in ihnen ei- ne Geſtalt gewinne, und ſie wiederum GOttes Kinder wuͤrden; Soll- ten wir nun dieſe unſere Geiſtliche Mutter nicht in hoͤchſten Ehren halten! damit wir in Jeruſalem, das droben iſt, in ihrer Liebes- Schooß ewiglich leben moͤgen. §. 15. Demnach dem Schlangen Biß: wann Jehova der HErr zu dem gefallenen Menſchen ſpricht: Der Saamen des Weibs ſoll der Schlangen den Kopf zertretten/ und ſie wird ihne in den Ferſen ſtechen a/ durch welchen Schlangen-Biß dann das Gifft durch die Aderen dringet, und das Blut ſtocket; wordurch dann angedeutet wird, wie JEſus hier in das allerabſcheulich- ſte Schlangen-Neſt hinein geworffen worden, da alle hoͤlliſche Schlangen ihne umzinglet, und ſo zu ſagen eine jede ihr abſcheulich- ſtes Gifft in ſein Jnnerſtes hinein geſencket; da iſt die Seele JEſu in dem Rachen des grimmigſten Drachen geweſen, der die Zaͤhn ſeines Grimms in den Suͤnden-Buͤrgen hinein geſchlagen, und ih- ne zu verzehren getrachtet. Hier iſt der allerheiligſte und ſeeligſte aller erſinnlichen Wuth der boͤſen Geiſteren frey gegeben, daß ſie al- le ihre Grauſamkeit an ihme ausuͤben, und alle ihre Argliſt und Vermoͤgen an ihme verſuchten, ob ſie ihne nur zu einigen mißtraui- ſchen Gedancken bringen, oder die geringſte Ungedult in ihme erwe- cken koͤnnten. O wie tieff lag die Seele JEſu da in dem feurigen Pfuhl; da alle Teufel uͤber ihne herlieffen, und vom Fuͤrſten der Finſternuß aufs grimmigſte angetrieben wurden, ob ſie JEſum koͤnnten abwen- dig machen, daß es ihme erleide, ſich der undanckbaren und ver- dorbenen Menſchen ferners anzunehmen, und folgends ſeine Buͤrg- ſchafft aufzukuͤndigen. Aber JEſus, der gute Hirt, wollte nicht weichen, dann die Schaafe waren ihm lieb; darum konnten ihne gantze Heerlaͤger hoͤlliſcher Woͤlffen nicht abtreiben; Er litte und ſtritte biß zur vollendeten Erloͤſung. §. 16. Diß ſein herbes Leiden wird auch drittens verglichen der Waſſersnoth; GOtt hilff mir! dann das Waſſer gehet mir biß an die Seel/ ich verſincke in tieffem Schlamm da kein Grund iſt/ ich bin in tieffem Waſſer und die Flutt will mich erſaͤuffen b. Das Ungewitter konnte mit keinen Opfferen und Gaben geſtillet werden; auch war es nicht moͤglich durch das Ruder aller eigenen Wer- a Gen. III. 15. b Pſ. LXIX. 1. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/516
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/516>, abgerufen am 22.11.2024.