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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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liegende Wein-Trauben.

§. 2. (1.) Mit den Wercken: Er fieng an zu trauren und zu zagen;mit Wer-
cken.

in dem Grund-Text stehen die Wort lupas[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]as ka[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] ademonei~n, welche so
viel sagen wollen: als von der Forcht einer obschwebenden Gefahr
also hefftig gequälet werden, daß man gleich als entseelet aus sich
selbst kommt, und nicht weißt, was man macht, daß man vor Trau-
rigkeit bey niemand bleiben kan, sondern sich auf die Weite von aller
Menschen Gesellschafft wegbegeben muß.

§. 3. (a) Er fieng an zu trauren. Betrachte allhier (1.) worüberTheils
durch
Trauren
über die
Sünde,

JEsus traure/ sintemahlen noch keine Feind vorhanden gewesen,
sondern nur seine liebe Jünger; Ach es ware gewißlich nicht Schmach,
Schaden, Verlust, noch viel weniger seine bevorstehende greuliche
und schmertzhaffte Hinrichtung, als worinnen er ja viel geringer und
zaghafftiger gewesen wäre, als so viel tausend Märtyrer, welche mit
freudigem Jauchtzen und Lob-Gesängen dem allergrausamsten Tod
entgegen gegangen: O nein, es ware gar nichts, weder im Himmel
noch auf Erden, das ihme Betrübnuß verursachet, als nur die
Sünd, und deren leidige Früchte; diese allein waren das Gifft, wel-
ches seine Augen weinend, und sein Hertz zitterend machte.

§. 4. So soll uns auch ja billich nichts betrüben, weder Mangeldieses
auch zu
thun ha-
ben wir
Ursach
über Ur-
sach.

an Geld, noch Abgang an Ehr, noch blühendes Glück der Wider-
wärtigen, noch Gebrechen an Ruhm, Schönheit, Leibes-Stärcke,
Gelehrte, Welt-List, noch einiger Abzug anderer ausserordentlichen
Gaben und Gnaden, sondern allein die Verkehrtheit unsers Her-
tzens, die schmächliche Blindheit am Reich GOttes; die jämmerli-
che Armuth an denen Gaben und Früchten des H. Geistes; daß die
Seel so wenig rechts von GOtt und Christo kennet, und gründlich
verstehet, daß das Hertz dem allergütig- und wahrhafftigsten GOtt
so wenig trauet und glaubet; so wenig Seeligkeit von seiner Güte
und Wahrheit lebendig hoffet; Jhne so laulecht liebet; Jhme so
schlecht dancket, lobet und preiset; im Creutz so ungedultig und klein-
müthig; darneben gar kaltsinnig, störrig, empfindlich, unleidenlich
gegen dem Neben-Menschen, deme sein Gutes beneydet, und sein
Unglück heimlich gönnet; die edle Lehr des Seeligmachers so gar
nicht ausübet; nemlich, keinen rachgierigen Gedancken gegen die
Feind zu hegen, sondern ihnen vielmehr von Hertzens-Grund alles
das Beste anwünschen, zu ihrem zeitlichen und ewigen Wohlseyn al-
les beytragen, und sich redlich freuen, wann ihnen von GOtt- und

Menschen
liegende Wein-Trauben.

§. 2. (1.) Mit den Wercken: Er fieng an zu trauren und zu zagen;mit Wer-
cken.

in dem Grund-Text ſtehen die Wort λυπᾶσ[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ας ϰα[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] αδημονει῀ν, welche ſo
viel ſagen wollen: als von der Forcht einer obſchwebenden Gefahr
alſo hefftig gequaͤlet werden, daß man gleich als entſeelet aus ſich
ſelbſt kommt, und nicht weißt, was man macht, daß man vor Trau-
rigkeit bey niemand bleiben kan, ſondern ſich auf die Weite von aller
Menſchen Geſellſchafft wegbegeben muß.

§. 3. (α) Er fieng an zu trauren. Betrachte allhier (1.) woruͤberTheils
durch
Trauren
uͤber die
Suͤnde,

JEſus traure/ ſintemahlen noch keine Feind vorhanden geweſen,
ſondern nur ſeine liebe Juͤnger; Ach es ware gewißlich nicht Schmach,
Schaden, Verluſt, noch viel weniger ſeine bevorſtehende greuliche
und ſchmertzhaffte Hinrichtung, als worinnen er ja viel geringer und
zaghafftiger geweſen waͤre, als ſo viel tauſend Maͤrtyrer, welche mit
freudigem Jauchtzen und Lob-Geſaͤngen dem allergrauſamſten Tod
entgegen gegangen: O nein, es ware gar nichts, weder im Himmel
noch auf Erden, das ihme Betruͤbnuß verurſachet, als nur die
Suͤnd, und deren leidige Fruͤchte; dieſe allein waren das Gifft, wel-
ches ſeine Augen weinend, und ſein Hertz zitterend machte.

§. 4. So ſoll uns auch ja billich nichts betruͤben, weder Mangeldieſes
auch zu
thun ha-
ben wir
Urſach
uͤber Ur-
ſach.

an Geld, noch Abgang an Ehr, noch bluͤhendes Gluͤck der Wider-
waͤrtigen, noch Gebrechen an Ruhm, Schoͤnheit, Leibes-Staͤrcke,
Gelehrte, Welt-Liſt, noch einiger Abzug anderer auſſerordentlichen
Gaben und Gnaden, ſondern allein die Verkehrtheit unſers Her-
tzens, die ſchmaͤchliche Blindheit am Reich GOttes; die jaͤmmerli-
che Armuth an denen Gaben und Fruͤchten des H. Geiſtes; daß die
Seel ſo wenig rechts von GOtt und Chriſto kennet, und gruͤndlich
verſtehet, daß das Hertz dem allerguͤtig- und wahrhafftigſten GOtt
ſo wenig trauet und glaubet; ſo wenig Seeligkeit von ſeiner Guͤte
und Wahrheit lebendig hoffet; Jhne ſo laulecht liebet; Jhme ſo
ſchlecht dancket, lobet und preiſet; im Creutz ſo ungedultig und klein-
muͤthig; darneben gar kaltſinnig, ſtoͤrrig, empfindlich, unleidenlich
gegen dem Neben-Menſchen, deme ſein Gutes beneydet, und ſein
Ungluͤck heimlich goͤnnet; die edle Lehr des Seeligmachers ſo gar
nicht ausuͤbet; nemlich, keinen rachgierigen Gedancken gegen die
Feind zu hegen, ſondern ihnen vielmehr von Hertzens-Grund alles
das Beſte anwuͤnſchen, zu ihrem zeitlichen und ewigen Wohlſeyn al-
les beytragen, und ſich redlich freuen, wann ihnen von GOtt- und

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[415/0511] liegende Wein-Trauben. §. 2. (1.) Mit den Wercken: Er fieng an zu trauren und zu zagen; in dem Grund-Text ſtehen die Wort λυπᾶσ_ ας ϰα_ αδημονει῀ν, welche ſo viel ſagen wollen: als von der Forcht einer obſchwebenden Gefahr alſo hefftig gequaͤlet werden, daß man gleich als entſeelet aus ſich ſelbſt kommt, und nicht weißt, was man macht, daß man vor Trau- rigkeit bey niemand bleiben kan, ſondern ſich auf die Weite von aller Menſchen Geſellſchafft wegbegeben muß. mit Wer- cken. §. 3. (α) Er fieng an zu trauren. Betrachte allhier (1.) woruͤber JEſus traure/ ſintemahlen noch keine Feind vorhanden geweſen, ſondern nur ſeine liebe Juͤnger; Ach es ware gewißlich nicht Schmach, Schaden, Verluſt, noch viel weniger ſeine bevorſtehende greuliche und ſchmertzhaffte Hinrichtung, als worinnen er ja viel geringer und zaghafftiger geweſen waͤre, als ſo viel tauſend Maͤrtyrer, welche mit freudigem Jauchtzen und Lob-Geſaͤngen dem allergrauſamſten Tod entgegen gegangen: O nein, es ware gar nichts, weder im Himmel noch auf Erden, das ihme Betruͤbnuß verurſachet, als nur die Suͤnd, und deren leidige Fruͤchte; dieſe allein waren das Gifft, wel- ches ſeine Augen weinend, und ſein Hertz zitterend machte. Theils durch Trauren uͤber die Suͤnde, §. 4. So ſoll uns auch ja billich nichts betruͤben, weder Mangel an Geld, noch Abgang an Ehr, noch bluͤhendes Gluͤck der Wider- waͤrtigen, noch Gebrechen an Ruhm, Schoͤnheit, Leibes-Staͤrcke, Gelehrte, Welt-Liſt, noch einiger Abzug anderer auſſerordentlichen Gaben und Gnaden, ſondern allein die Verkehrtheit unſers Her- tzens, die ſchmaͤchliche Blindheit am Reich GOttes; die jaͤmmerli- che Armuth an denen Gaben und Fruͤchten des H. Geiſtes; daß die Seel ſo wenig rechts von GOtt und Chriſto kennet, und gruͤndlich verſtehet, daß das Hertz dem allerguͤtig- und wahrhafftigſten GOtt ſo wenig trauet und glaubet; ſo wenig Seeligkeit von ſeiner Guͤte und Wahrheit lebendig hoffet; Jhne ſo laulecht liebet; Jhme ſo ſchlecht dancket, lobet und preiſet; im Creutz ſo ungedultig und klein- muͤthig; darneben gar kaltſinnig, ſtoͤrrig, empfindlich, unleidenlich gegen dem Neben-Menſchen, deme ſein Gutes beneydet, und ſein Ungluͤck heimlich goͤnnet; die edle Lehr des Seeligmachers ſo gar nicht ausuͤbet; nemlich, keinen rachgierigen Gedancken gegen die Feind zu hegen, ſondern ihnen vielmehr von Hertzens-Grund alles das Beſte anwuͤnſchen, zu ihrem zeitlichen und ewigen Wohlſeyn al- les beytragen, und ſich redlich freuen, wann ihnen von GOtt- und Menſchen dieſes auch zu thun ha- ben wir Urſach uͤber Ur- ſach.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/511>, abgerufen am 22.11.2024.