cken und zu verfinsteren, durch heisse Anfechtungen von innen und aussen, durch Anreitzung seines Anhangs, allein die Frucht in Chri- sti Weinberg versüsset alles; dann was achtet ein Gärtner Sturm, Wind, Hitz und Regen? wann nur alles schön blühet, und voll stehet; Unfruchtbarkeit ist ihm das allerempfindlichste, dabey ihn auch still Wetter und Sonnenschein nur betrübet.
Der Ein- wurff, daß er schon eine Gemeind habe an welcher er arbeiten könne, wird be- antwor- tet.
§. 5. Einwurff. Gedencket jemand: Man habe ja eine Gemein- de, an deren man arbeiten könne?
Antwort. Es ist wahr; aber weißt man dann nicht, daß es un- geschlacht Erdreich gibt, da auf keine Weiß etwas vorzubringen? Jch komme mir in diesem Fall offt vor wie jener Lehr-Jünger, wel- chem sein Anführer ein H. Alt-Vatter befohlen, einen in Sand ge- steckten dürren Stecken täglich zwey mahl zu begiessen; der Jünger vermeynte, es würde sich ein Wunder ereignen, wie mit dem Stab Aarons; allein er sahe zuletzt wohl, daß sein Gehorsam dadurch müßte bewähret werden; welches ich bißher schon lange Jahre ge- than; Hiemit bin ich nun ja nicht zu verdencken, wann auch an an- deren Orten probiere, ob etwas hervor schiessen wolle; alldieweilen die Jahr sammt den Lebens-Kräfften dahin fliessen, und es für einen gewissenhafften, und um das Reich JEsu, und Vergrösserung des- selben eiferenden und bekümmerten Prediger eine gar betrübte Sach ist, zu sterben, ohne daß man das geringste für GOtt und sein Reich ausgerichtet; Unfruchtbarkeit ist was mich kräncket, und mein Geist niederdrucket, daß ich wohl ersticken möchte.
Jch sage solches nicht, als ob niemand aus meiner Gemeind wä- re bekehrt worden; vielmehr bin ich ewig schuldig Christi Gnad zu preisen, indeme bald Anfangs ziemlich viel, sonderlich Fremde, zu einem besseren Leben seynd erwecket worden; diejenigen aber, welche sich gegen alle Uberzeugungen der Wahrheit in Postur gesetzt, die seynd aus gerechtem Gericht verhärtet, so daß, wann ihnen schon noch hundert Jahr geprediget würde, so blieben sie immer die Alten.
Nun aus Erbarmen und Mitleiden gegen diese arme und elende Seelen, damit ich ihnen ihre Verstockung, und folglich ihre Ver- dammnuß nicht vergrössere durch meine immerwährende Predigt, darinn ich ihnen Fluch und Seegen, GOttes Gnad und Ungnad, so gut ich kan vorstelle, habe ich aus Liebe gegen sie, um ihnen vor
grösserem
Vorbericht,
cken und zu verfinſteren, durch heiſſe Anfechtungen von innen und auſſen, durch Anreitzung ſeines Anhangs, allein die Frucht in Chri- ſti Weinberg verſuͤſſet alles; dann was achtet ein Gaͤrtner Sturm, Wind, Hitz und Regen? wann nur alles ſchoͤn bluͤhet, und voll ſtehet; Unfruchtbarkeit iſt ihm das allerempfindlichſte, dabey ihn auch ſtill Wetter und Sonnenſchein nur betruͤbet.
Der Ein- wurff, daß er ſchon eine Gemeind habe an welcher er arbeiten koͤnne, wird be- antwor- tet.
§. 5. Einwurff. Gedencket jemand: Man habe ja eine Gemein- de, an deren man arbeiten koͤnne?
Antwort. Es iſt wahr; aber weißt man dann nicht, daß es un- geſchlacht Erdreich gibt, da auf keine Weiß etwas vorzubringen? Jch komme mir in dieſem Fall offt vor wie jener Lehr-Juͤnger, wel- chem ſein Anfuͤhrer ein H. Alt-Vatter befohlen, einen in Sand ge- ſteckten duͤrren Stecken taͤglich zwey mahl zu begieſſen; der Juͤnger vermeynte, es wuͤrde ſich ein Wunder ereignen, wie mit dem Stab Aarons; allein er ſahe zuletzt wohl, daß ſein Gehorſam dadurch muͤßte bewaͤhret werden; welches ich bißher ſchon lange Jahre ge- than; Hiemit bin ich nun ja nicht zu verdencken, wann auch an an- deren Orten probiere, ob etwas hervor ſchieſſen wolle; alldieweilen die Jahr ſammt den Lebens-Kraͤfften dahin flieſſen, und es fuͤr einen gewiſſenhafften, und um das Reich JEſu, und Vergroͤſſerung deſ- ſelben eiferenden und bekuͤmmerten Prediger eine gar betruͤbte Sach iſt, zu ſterben, ohne daß man das geringſte fuͤr GOtt und ſein Reich ausgerichtet; Unfruchtbarkeit iſt was mich kraͤncket, und mein Geiſt niederdrucket, daß ich wohl erſticken moͤchte.
Jch ſage ſolches nicht, als ob niemand aus meiner Gemeind waͤ- re bekehrt worden; vielmehr bin ich ewig ſchuldig Chriſti Gnad zu preiſen, indeme bald Anfangs ziemlich viel, ſonderlich Fremde, zu einem beſſeren Leben ſeynd erwecket worden; diejenigen aber, welche ſich gegen alle Uberzeugungen der Wahrheit in Poſtur geſetzt, die ſeynd aus gerechtem Gericht verhaͤrtet, ſo daß, wann ihnen ſchon noch hundert Jahr geprediget wuͤrde, ſo blieben ſie immer die Alten.
Nun aus Erbarmen und Mitleiden gegen dieſe arme und elende Seelen, damit ich ihnen ihre Verſtockung, und folglich ihre Ver- dammnuß nicht vergroͤſſere durch meine immerwaͤhrende Predigt, darinn ich ihnen Fluch und Seegen, GOttes Gnad und Ungnad, ſo gut ich kan vorſtelle, habe ich aus Liebe gegen ſie, um ihnen vor
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Vorbericht,
cken und zu verfinſteren, durch heiſſe Anfechtungen von innen und
auſſen, durch Anreitzung ſeines Anhangs, allein die Frucht in Chri-
ſti Weinberg verſuͤſſet alles; dann was achtet ein Gaͤrtner Sturm,
Wind, Hitz und Regen? wann nur alles ſchoͤn bluͤhet, und voll
ſtehet; Unfruchtbarkeit iſt ihm das allerempfindlichſte, dabey ihn auch
ſtill Wetter und Sonnenſchein nur betruͤbet.
§. 5. Einwurff. Gedencket jemand: Man habe ja eine Gemein-
de, an deren man arbeiten koͤnne?
Antwort. Es iſt wahr; aber weißt man dann nicht, daß es un-
geſchlacht Erdreich gibt, da auf keine Weiß etwas vorzubringen?
Jch komme mir in dieſem Fall offt vor wie jener Lehr-Juͤnger, wel-
chem ſein Anfuͤhrer ein H. Alt-Vatter befohlen, einen in Sand ge-
ſteckten duͤrren Stecken taͤglich zwey mahl zu begieſſen; der Juͤnger
vermeynte, es wuͤrde ſich ein Wunder ereignen, wie mit dem Stab
Aarons; allein er ſahe zuletzt wohl, daß ſein Gehorſam dadurch
muͤßte bewaͤhret werden; welches ich bißher ſchon lange Jahre ge-
than; Hiemit bin ich nun ja nicht zu verdencken, wann auch an an-
deren Orten probiere, ob etwas hervor ſchieſſen wolle; alldieweilen
die Jahr ſammt den Lebens-Kraͤfften dahin flieſſen, und es fuͤr einen
gewiſſenhafften, und um das Reich JEſu, und Vergroͤſſerung deſ-
ſelben eiferenden und bekuͤmmerten Prediger eine gar betruͤbte Sach
iſt, zu ſterben, ohne daß man das geringſte fuͤr GOtt und ſein Reich
ausgerichtet; Unfruchtbarkeit iſt was mich kraͤncket, und mein Geiſt
niederdrucket, daß ich wohl erſticken moͤchte.
Jch ſage ſolches nicht, als ob niemand aus meiner Gemeind waͤ-
re bekehrt worden; vielmehr bin ich ewig ſchuldig Chriſti Gnad zu
preiſen, indeme bald Anfangs ziemlich viel, ſonderlich Fremde, zu
einem beſſeren Leben ſeynd erwecket worden; diejenigen aber, welche
ſich gegen alle Uberzeugungen der Wahrheit in Poſtur geſetzt, die
ſeynd aus gerechtem Gericht verhaͤrtet, ſo daß, wann ihnen ſchon
noch hundert Jahr geprediget wuͤrde, ſo blieben ſie immer die
Alten.
Nun aus Erbarmen und Mitleiden gegen dieſe arme und elende
Seelen, damit ich ihnen ihre Verſtockung, und folglich ihre Ver-
dammnuß nicht vergroͤſſere durch meine immerwaͤhrende Predigt,
darinn ich ihnen Fluch und Seegen, GOttes Gnad und Ungnad,
ſo gut ich kan vorſtelle, habe ich aus Liebe gegen ſie, um ihnen vor
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/492>, abgerufen am 25.11.2024.
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