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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
Schaar, Ehre, Herrlichkeit, Ruhm und Freude davon habe; Lobe
deinen GOtt, daß du einmahl schon ein Knöpflein bist im Kampf und
sichs mit dir zu grosser Seligkeit anlasset.

Man muß
in stetem
Kampf
der Zeit
aushar-
ren,

§. 13. Sagst du aber: Anfänglich hatte ich bessere Hoffnung als
jetzt, es ist schon gar zu lang gangen?

Antwort: Es gehet mit den Blumen auch wunderlich, sie stehen
zwischen dem Grase auf den Wiesen, und niemand weißt wie sie auf-
gewachsen: Also gehets mit den Glaubigen, das Reich GOttes in
ihnen kommt nicht also augenscheinlich, daß mans grad mercke und
sehe a: Die Wege der Weisheit und Güte GOttes an den Seinen
sind unergründlich; Es scheint, es wolle alles ins Stecken gerathen,
dann zumahlen, wann sein Heyl vor der Thür ist b. Anfangs kommt
der Saame des Worts ins Hertz, da kein Mensch von weiß c, nur
daß man einige Erschütterung und Aenderung fühlet im Verstand
und Willen, diß gehet daher unter mancherley Abwechslungen, Stür-
men und Versuchungen, biß endlich der Glaube sieget, und man ge-
wiß weißt, daß der Heilige Geist in uns wohnet, und uns versiglet,
und uns zur neuen Creatur schaffet, und daß wir sein Werck sind,
und daß wir uns nicht selbst gemacht haben, sondern daß wir neu ge-
bohren seyen, aus dem Wasser und Heiligen Geist, wer ins Himmel-
reich gebohren, weißt gewiß daß er warhafftig darinn sey, und den
Reichthum, Ehr und Freud darinn geniesse, als ein Mensch auf die-
se Welt gebohren, weiß daß er lebt, ißt, arbeitet. Aber wie lang
gehet es, ehe es dahin kommt. Dann wann viele Tag und Nächte
hingehen, viele tausend Sonnenblicke und Regen fallen, ehe daß die
Blume erscheine, die doch in wenig Stunden offt wieder verwelcket;
Wie viele Zeit, Kampf und Erfahrung muß dann nicht vorgehen ehe
eine Himmlische Blume sich sehen lasse, so in allen denen Ewigkeiten
der neuen Welt blühen soll.

und sich
weder
durch Ge-
fahr noch
Hinder-
nussen

§. 14. Sagst du: Ja wann schon das höchst-selige Leben JEsu
aufzublühen in mir scheinet, so schwebe ich dennoch in so grosser Ge-
fahr nicht nur vom Satan und Welt, sondern allermeist von meiner
eigenen Faulheit und Unbeständigkeit, daß ich erschrecke, wann ich ge-
dencke, wie schlechtlich ich den Anfang der Grundveste behalte, wie
leicht meine Sinnen verruckt werden, von der Einfalt, von dem eini-

gen
a Luc. XVII. 20.
b Marc. IX. 26. 28.
c Joh. III. 8.

Der geiſtliche Fruͤhling.
Schaar, Ehre, Herrlichkeit, Ruhm und Freude davon habe; Lobe
deinen GOtt, daß du einmahl ſchon ein Knoͤpflein biſt im Kampf und
ſichs mit dir zu groſſer Seligkeit anlaſſet.

Man muß
in ſtetem
Kampf
der Zeit
aushar-
ren,

§. 13. Sagſt du aber: Anfaͤnglich hatte ich beſſere Hoffnung als
jetzt, es iſt ſchon gar zu lang gangen?

Antwort: Es gehet mit den Blumen auch wunderlich, ſie ſtehen
zwiſchen dem Graſe auf den Wieſen, und niemand weißt wie ſie auf-
gewachſen: Alſo gehets mit den Glaubigen, das Reich GOttes in
ihnen kommt nicht alſo augenſcheinlich, daß mans grad mercke und
ſehe a: Die Wege der Weisheit und Guͤte GOttes an den Seinen
ſind unergruͤndlich; Es ſcheint, es wolle alles ins Stecken gerathen,
dann zumahlen, wann ſein Heyl vor der Thuͤr iſt b. Anfangs kommt
der Saame des Worts ins Hertz, da kein Menſch von weiß c, nur
daß man einige Erſchuͤtterung und Aenderung fuͤhlet im Verſtand
und Willen, diß gehet daher unter mancherley Abwechslungen, Stuͤr-
men und Verſuchungen, biß endlich der Glaube ſieget, und man ge-
wiß weißt, daß der Heilige Geiſt in uns wohnet, und uns verſiglet,
und uns zur neuen Creatur ſchaffet, und daß wir ſein Werck ſind,
und daß wir uns nicht ſelbſt gemacht haben, ſondern daß wir neu ge-
bohren ſeyen, aus dem Waſſer und Heiligen Geiſt, wer ins Himmel-
reich gebohren, weißt gewiß daß er warhafftig darinn ſey, und den
Reichthum, Ehr und Freud darinn genieſſe, als ein Menſch auf die-
ſe Welt gebohren, weiß daß er lebt, ißt, arbeitet. Aber wie lang
gehet es, ehe es dahin kommt. Dann wann viele Tag und Naͤchte
hingehen, viele tauſend Sonnenblicke und Regen fallen, ehe daß die
Blume erſcheine, die doch in wenig Stunden offt wieder verwelcket;
Wie viele Zeit, Kampf und Erfahrung muß dann nicht vorgehen ehe
eine Himmliſche Blume ſich ſehen laſſe, ſo in allen denen Ewigkeiten
der neuen Welt bluͤhen ſoll.

und ſich
weder
durch Ge-
fahr noch
Hinder-
nuſſen

§. 14. Sagſt du: Ja wann ſchon das hoͤchſt-ſelige Leben JEſu
aufzubluͤhen in mir ſcheinet, ſo ſchwebe ich dennoch in ſo groſſer Ge-
fahr nicht nur vom Satan und Welt, ſondern allermeiſt von meiner
eigenen Faulheit und Unbeſtaͤndigkeit, daß ich erſchrecke, wann ich ge-
dencke, wie ſchlechtlich ich den Anfang der Grundveſte behalte, wie
leicht meine Sinnen verruckt werden, von der Einfalt, von dem eini-

gen
a Luc. XVII. 20.
b Marc. IX. 26. 28.
c Joh. III. 8.
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[350/0446] Der geiſtliche Fruͤhling. Schaar, Ehre, Herrlichkeit, Ruhm und Freude davon habe; Lobe deinen GOtt, daß du einmahl ſchon ein Knoͤpflein biſt im Kampf und ſichs mit dir zu groſſer Seligkeit anlaſſet. §. 13. Sagſt du aber: Anfaͤnglich hatte ich beſſere Hoffnung als jetzt, es iſt ſchon gar zu lang gangen? Antwort: Es gehet mit den Blumen auch wunderlich, ſie ſtehen zwiſchen dem Graſe auf den Wieſen, und niemand weißt wie ſie auf- gewachſen: Alſo gehets mit den Glaubigen, das Reich GOttes in ihnen kommt nicht alſo augenſcheinlich, daß mans grad mercke und ſehe a: Die Wege der Weisheit und Guͤte GOttes an den Seinen ſind unergruͤndlich; Es ſcheint, es wolle alles ins Stecken gerathen, dann zumahlen, wann ſein Heyl vor der Thuͤr iſt b. Anfangs kommt der Saame des Worts ins Hertz, da kein Menſch von weiß c, nur daß man einige Erſchuͤtterung und Aenderung fuͤhlet im Verſtand und Willen, diß gehet daher unter mancherley Abwechslungen, Stuͤr- men und Verſuchungen, biß endlich der Glaube ſieget, und man ge- wiß weißt, daß der Heilige Geiſt in uns wohnet, und uns verſiglet, und uns zur neuen Creatur ſchaffet, und daß wir ſein Werck ſind, und daß wir uns nicht ſelbſt gemacht haben, ſondern daß wir neu ge- bohren ſeyen, aus dem Waſſer und Heiligen Geiſt, wer ins Himmel- reich gebohren, weißt gewiß daß er warhafftig darinn ſey, und den Reichthum, Ehr und Freud darinn genieſſe, als ein Menſch auf die- ſe Welt gebohren, weiß daß er lebt, ißt, arbeitet. Aber wie lang gehet es, ehe es dahin kommt. Dann wann viele Tag und Naͤchte hingehen, viele tauſend Sonnenblicke und Regen fallen, ehe daß die Blume erſcheine, die doch in wenig Stunden offt wieder verwelcket; Wie viele Zeit, Kampf und Erfahrung muß dann nicht vorgehen ehe eine Himmliſche Blume ſich ſehen laſſe, ſo in allen denen Ewigkeiten der neuen Welt bluͤhen ſoll. §. 14. Sagſt du: Ja wann ſchon das hoͤchſt-ſelige Leben JEſu aufzubluͤhen in mir ſcheinet, ſo ſchwebe ich dennoch in ſo groſſer Ge- fahr nicht nur vom Satan und Welt, ſondern allermeiſt von meiner eigenen Faulheit und Unbeſtaͤndigkeit, daß ich erſchrecke, wann ich ge- dencke, wie ſchlechtlich ich den Anfang der Grundveſte behalte, wie leicht meine Sinnen verruckt werden, von der Einfalt, von dem eini- gen a Luc. XVII. 20. b Marc. IX. 26. 28. c Joh. III. 8.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/446>, abgerufen am 22.11.2024.