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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
Jtem schöne grüne Blätter und endlich überaus lieblich so und so
formierte Frücht, von dieser, jener Kust, Farb und Gestalt; so
wurde ers kümmerlich wollen glauben, sondern sagen, diß seye je
dürr Holtz, nichts werth als zu verbrennen, und wolle man ihne
Sachen bereden, die gar nicht seyn können, gleichwohl geschichts,
aber wie? Die Sonne nahet sich, verjaget den Winter, wärmt das
Erdreich, treibet den Safft aus den Wurtzen und Stammen in die
Zweige, und da gebührt der in Bewegung gebrachte Safft, so schö-
ne Geschöpffe des allmächtigen Schöpffers Krafft und Willen, eben
also gehts mit denen geistlichen Bäumen, den armen Sünderen,
was bey den Menschen unmöglich scheint, und ist das bey GOtt
nicht unmöglich; die Sonne JEsus nahet sich, erwärmet und än-
deret die Begierd, eröfnet und heiliget die Seelen-Kräffte und be-
wegt sie gar sänfftiglich, tingiert und färbet sie mit dem hlmmlischen
Safft des H. Geistes; Daß sie neu werden an Muth, Sinn und
Gedancken, und schön gezieret mit neuem Wandel, den man zuvor
an ihnen nicht verspühret, da tingieret und färbet die alles zur Vol-
lendung bringende Gnade Christi alle Wort und Werck der Gläu-
bigen. Der Unterscheid ist, daß weilen die geistliche Sonne GOtt
ist, so kan sie gantz und gar vermoderte und verdorrete Sünder er-
wecken, beleben, heiligen und voller Blühte machen; Dann wo kein
Safft mehr ist, da kan und will sie ihnen mittheilen, also daß jede
Pflantze vollkommen aus GOtt empfahet, was sie verlanget.

Nichts ist
erfreuli-
chers als
frisch be-
kehrte
Seelen zu
sehen,

§. 13. Wie nun keine lieblichere Zeit ist durchs gantze Jahr als der
Lentz wann alles grünet und blühet, wegen des vorgegangenen rau-
hen Winters, und der Hoffnung des Sommers und Herbsts; Glei-
chermassen ist was erfreuliches frisch-bekehrte heylsbegierige Seelen
zu sehen; O wie überaus lustig und erquicklich ists einem, der nach
der Zukunfft des Reichs Christi sehnet, unter so zarten Anfängeren
im Christenthum als nach denen Sonnen-Strahlen dürstenden Ge-
wächsen zu wohnen.

Wunsch.

§. 14. Ach daß wir dann durch stetes Sehnen den lebendigmachen-
den Safft des H. Geistes in unser gantz Hertz liessen eindringen!
Ach daß alles in Europa, Asia, Affrica und America schon blühete
vor GOtt, denen heiligen Engelen und der Braut des Lamms! O
daß doch so viel Heyl und Leben bringende Lehre und liebreitzende
Lockungen des Evangeliums nicht so geschwind wieder vergessen wür-

den,

Der geiſtliche Fruͤhling.
Jtem ſchoͤne gruͤne Blaͤtter und endlich uͤberaus lieblich ſo und ſo
formierte Fruͤcht, von dieſer, jener Kuſt, Farb und Geſtalt; ſo
wurde ers kuͤmmerlich wollen glauben, ſondern ſagen, diß ſeye je
duͤrr Holtz, nichts werth als zu verbrennen, und wolle man ihne
Sachen bereden, die gar nicht ſeyn koͤnnen, gleichwohl geſchichts,
aber wie? Die Sonne nahet ſich, verjaget den Winter, waͤrmt das
Erdreich, treibet den Safft aus den Wurtzen und Stammen in die
Zweige, und da gebuͤhrt der in Bewegung gebrachte Safft, ſo ſchoͤ-
ne Geſchoͤpffe des allmaͤchtigen Schoͤpffers Krafft und Willen, eben
alſo gehts mit denen geiſtlichen Baͤumen, den armen Suͤnderen,
was bey den Menſchen unmoͤglich ſcheint, und iſt das bey GOtt
nicht unmoͤglich; die Sonne JEſus nahet ſich, erwaͤrmet und aͤn-
deret die Begierd, eroͤfnet und heiliget die Seelen-Kraͤffte und be-
wegt ſie gar ſaͤnfftiglich, tingiert und faͤrbet ſie mit dem hlmmliſchen
Safft des H. Geiſtes; Daß ſie neu werden an Muth, Sinn und
Gedancken, und ſchoͤn gezieret mit neuem Wandel, den man zuvor
an ihnen nicht verſpuͤhret, da tingieret und faͤrbet die alles zur Vol-
lendung bringende Gnade Chriſti alle Wort und Werck der Glaͤu-
bigen. Der Unterſcheid iſt, daß weilen die geiſtliche Sonne GOtt
iſt, ſo kan ſie gantz und gar vermoderte und verdorrete Suͤnder er-
wecken, beleben, heiligen und voller Bluͤhte machen; Dann wo kein
Safft mehr iſt, da kan und will ſie ihnen mittheilen, alſo daß jede
Pflantze vollkommen aus GOtt empfahet, was ſie verlanget.

Nichts iſt
erfreuli-
chers als
friſch be-
kehrte
Seelen zu
ſehen,

§. 13. Wie nun keine lieblichere Zeit iſt durchs gantze Jahr als der
Lentz wann alles gruͤnet und bluͤhet, wegen des vorgegangenen rau-
hen Winters, und der Hoffnung des Sommers und Herbſts; Glei-
chermaſſen iſt was erfreuliches friſch-bekehrte heylsbegierige Seelen
zu ſehen; O wie uͤberaus luſtig und erquicklich iſts einem, der nach
der Zukunfft des Reichs Chriſti ſehnet, unter ſo zarten Anfaͤngeren
im Chriſtenthum als nach denen Sonnen-Strahlen duͤrſtenden Ge-
waͤchſen zu wohnen.

Wunſch.

§. 14. Ach daß wir dann durch ſtetes Sehnen den lebendigmachen-
den Safft des H. Geiſtes in unſer gantz Hertz lieſſen eindringen!
Ach daß alles in Europa, Aſia, Affrica und America ſchon bluͤhete
vor GOtt, denen heiligen Engelen und der Braut des Lamms! O
daß doch ſo viel Heyl und Leben bringende Lehre und liebreitzende
Lockungen des Evangeliums nicht ſo geſchwind wieder vergeſſen wuͤr-

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[340/0436] Der geiſtliche Fruͤhling. Jtem ſchoͤne gruͤne Blaͤtter und endlich uͤberaus lieblich ſo und ſo formierte Fruͤcht, von dieſer, jener Kuſt, Farb und Geſtalt; ſo wurde ers kuͤmmerlich wollen glauben, ſondern ſagen, diß ſeye je duͤrr Holtz, nichts werth als zu verbrennen, und wolle man ihne Sachen bereden, die gar nicht ſeyn koͤnnen, gleichwohl geſchichts, aber wie? Die Sonne nahet ſich, verjaget den Winter, waͤrmt das Erdreich, treibet den Safft aus den Wurtzen und Stammen in die Zweige, und da gebuͤhrt der in Bewegung gebrachte Safft, ſo ſchoͤ- ne Geſchoͤpffe des allmaͤchtigen Schoͤpffers Krafft und Willen, eben alſo gehts mit denen geiſtlichen Baͤumen, den armen Suͤnderen, was bey den Menſchen unmoͤglich ſcheint, und iſt das bey GOtt nicht unmoͤglich; die Sonne JEſus nahet ſich, erwaͤrmet und aͤn- deret die Begierd, eroͤfnet und heiliget die Seelen-Kraͤffte und be- wegt ſie gar ſaͤnfftiglich, tingiert und faͤrbet ſie mit dem hlmmliſchen Safft des H. Geiſtes; Daß ſie neu werden an Muth, Sinn und Gedancken, und ſchoͤn gezieret mit neuem Wandel, den man zuvor an ihnen nicht verſpuͤhret, da tingieret und faͤrbet die alles zur Vol- lendung bringende Gnade Chriſti alle Wort und Werck der Glaͤu- bigen. Der Unterſcheid iſt, daß weilen die geiſtliche Sonne GOtt iſt, ſo kan ſie gantz und gar vermoderte und verdorrete Suͤnder er- wecken, beleben, heiligen und voller Bluͤhte machen; Dann wo kein Safft mehr iſt, da kan und will ſie ihnen mittheilen, alſo daß jede Pflantze vollkommen aus GOtt empfahet, was ſie verlanget. §. 13. Wie nun keine lieblichere Zeit iſt durchs gantze Jahr als der Lentz wann alles gruͤnet und bluͤhet, wegen des vorgegangenen rau- hen Winters, und der Hoffnung des Sommers und Herbſts; Glei- chermaſſen iſt was erfreuliches friſch-bekehrte heylsbegierige Seelen zu ſehen; O wie uͤberaus luſtig und erquicklich iſts einem, der nach der Zukunfft des Reichs Chriſti ſehnet, unter ſo zarten Anfaͤngeren im Chriſtenthum als nach denen Sonnen-Strahlen duͤrſtenden Ge- waͤchſen zu wohnen. §. 14. Ach daß wir dann durch ſtetes Sehnen den lebendigmachen- den Safft des H. Geiſtes in unſer gantz Hertz lieſſen eindringen! Ach daß alles in Europa, Aſia, Affrica und America ſchon bluͤhete vor GOtt, denen heiligen Engelen und der Braut des Lamms! O daß doch ſo viel Heyl und Leben bringende Lehre und liebreitzende Lockungen des Evangeliums nicht ſo geſchwind wieder vergeſſen wuͤr- den,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/436>, abgerufen am 22.11.2024.