lich Erde, Sonn, Mond und Elemente mit allem, was sie hervor gebracht, zergehen; Da hingegen die Früchte des Heil. Geistes ih- ren Glantz, Schöne und Lieblichkeit nicht nur behalten, sonder von einer Ewigkeit zur andern vermehren werden. Es soll dir hiemit un- vergleichlich mehr daran gelegen seyn, daß dein Wille Göttliche Frücht und Blumen trage, und du der gnadenreichen Frühlings-Zeit pro- fitierest, als daß dein Feld, Matten, Garten, Weinberg, ihre Einkünffte geben a; anderst wirst du darben in der langen Ewigkeit, da einem je- den wird vergolten werden nach seinen Wercken. Saget dem Ge- rechten/ daß ers werd gut haben/ ruffet Esajas, dann sie werden der Frucht ihrer Wercken essenb.
§. 12. Sagst du aber wie will ein dürrer Stoder, ein zweymahlMöglich- keit dieser Verände- rung, er- läutert, aus deren im Winter dürren Bäumen. erstorbener Baum aufblühen, ich finde wohl ein faul stinckend Safft in mir, die Begierde der Sünd, so immer treibt zur Ubertrettung der Heil. Gebotten Christi, und kräfftig ist in meinen Gliederen, dem Tode Frucht zu bringen c; Ach wehe mir, daß ich so blutt bin von dem zierlichen Schmuck des Lebens JEsu, wormit er seine Bäu- me auszieret?
Antw. Es gehet hier eben zu als wie mit den Bäumen im Win- ter, wir sind allesamt untüchtig worden, da ist nicht der Gutes thue, auch nicht einer d, wir haben allzumahl gesündiget und manglen der Herrlichkeit GOttes. Wann nun eine Weissagung über uns erge- het, oder eine Ankündigung des seeligen Willens GOttes, wie wir vor ihme seyn sollen, nehmlich heilig, untadelich, eiserig in allen gu- ten Wercken, blühend in aller Gerechtigkeit, Wahrheit, Tugend, Enthaltung, Gottseeligkeit, Gedult, Erkanntnuß, Bruder-Liebe und gemeine Liebe; so scheints eben so unmöglich zu seyn, daß ein Mensch zu sündigen gewohnt, zu so geistlich himmlischen Leben gelangen, und ein Nachfolger GOttes werden sollte, als wann man einen Men- schen, der von Geburt an in einem finstern Kercker gesessen, und nie von keinem Frühling oder Sommer gehört, oder gesehen hätte zu Winters-Zeit heraus führte, und ihme die Bäume, und sonder- lich die Rebstöck wiese, ihme dabey anzeigend, wie aus dem Holtz in kurtzer Zeit schöne wohlriechende Blümlein hervor kommen würden;
Jtem
aLuc. XII. 16. 21.
bEsai. III. 10.
cRom. VII. 5.
dRom. III. 12.
U u 2
Der geiſtliche Fruͤhling.
lich Erde, Sonn, Mond und Elemente mit allem, was ſie hervor gebracht, zergehen; Da hingegen die Fruͤchte des Heil. Geiſtes ih- ren Glantz, Schoͤne und Lieblichkeit nicht nur behalten, ſonder von einer Ewigkeit zur andern vermehren werden. Es ſoll dir hiemit un- vergleichlich mehr daran gelegen ſeyn, daß dein Wille Goͤttliche Fruͤcht und Blumen trage, und du der gnadenreichen Fruͤhlings-Zeit pro- fitiereſt, als daß dein Feld, Matten, Garten, Weinberg, ihre Einkuͤnffte geben a; anderſt wirſt du darben in der langen Ewigkeit, da einem je- den wird vergolten werden nach ſeinen Wercken. Saget dem Ge- rechten/ daß ers werd gut haben/ ruffet Eſajas, dann ſie werden der Frucht ihrer Wercken eſſenb.
§. 12. Sagſt du aber wie will ein duͤrrer Stoder, ein zweymahlMoͤglich- keit dieſer Veraͤnde- rung, er- laͤutert, aus deren im Winter duͤrren Baͤumen. erſtorbener Baum aufbluͤhen, ich finde wohl ein faul ſtinckend Safft in mir, die Begierde der Suͤnd, ſo immer treibt zur Ubertrettung der Heil. Gebotten Chriſti, und kraͤfftig iſt in meinen Gliederen, dem Tode Frucht zu bringen c; Ach wehe mir, daß ich ſo blutt bin von dem zierlichen Schmuck des Lebens JEſu, wormit er ſeine Baͤu- me auszieret?
Antw. Es gehet hier eben zu als wie mit den Baͤumen im Win- ter, wir ſind alleſamt untuͤchtig worden, da iſt nicht der Gutes thue, auch nicht einer d, wir haben allzumahl geſuͤndiget und manglen der Herrlichkeit GOttes. Wann nun eine Weiſſagung uͤber uns erge- het, oder eine Ankuͤndigung des ſeeligen Willens GOttes, wie wir vor ihme ſeyn ſollen, nehmlich heilig, untadelich, eiſerig in allen gu- ten Wercken, bluͤhend in aller Gerechtigkeit, Wahrheit, Tugend, Enthaltung, Gottſeeligkeit, Gedult, Erkanntnuß, Bruder-Liebe und gemeine Liebe; ſo ſcheints eben ſo unmoͤglich zu ſeyn, daß ein Menſch zu ſuͤndigen gewohnt, zu ſo geiſtlich himmliſchen Leben gelangen, und ein Nachfolger GOttes werden ſollte, als wann man einen Men- ſchen, der von Geburt an in einem finſtern Kercker geſeſſen, und nie von keinem Fruͤhling oder Sommer gehoͤrt, oder geſehen haͤtte zu Winters-Zeit heraus fuͤhrte, und ihme die Baͤume, und ſonder- lich die Rebſtoͤck wieſe, ihme dabey anzeigend, wie aus dem Holtz in kurtzer Zeit ſchoͤne wohlriechende Bluͤmlein hervor kommen wuͤrden;
Jtem
aLuc. XII. 16. 21.
bEſai. III. 10.
cRom. VII. 5.
dRom. III. 12.
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Der geiſtliche Fruͤhling.
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ren Glantz, Schoͤne und Lieblichkeit nicht nur behalten, ſonder von
einer Ewigkeit zur andern vermehren werden. Es ſoll dir hiemit un-
vergleichlich mehr daran gelegen ſeyn, daß dein Wille Goͤttliche Fruͤcht
und Blumen trage, und du der gnadenreichen Fruͤhlings-Zeit pro-
fitiereſt, als daß dein Feld, Matten, Garten, Weinberg, ihre Einkuͤnffte
geben a; anderſt wirſt du darben in der langen Ewigkeit, da einem je-
den wird vergolten werden nach ſeinen Wercken. Saget dem Ge-
rechten/ daß ers werd gut haben/ ruffet Eſajas, dann ſie werden
der Frucht ihrer Wercken eſſen b.
§. 12. Sagſt du aber wie will ein duͤrrer Stoder, ein zweymahl
erſtorbener Baum aufbluͤhen, ich finde wohl ein faul ſtinckend Safft
in mir, die Begierde der Suͤnd, ſo immer treibt zur Ubertrettung
der Heil. Gebotten Chriſti, und kraͤfftig iſt in meinen Gliederen,
dem Tode Frucht zu bringen c; Ach wehe mir, daß ich ſo blutt bin
von dem zierlichen Schmuck des Lebens JEſu, wormit er ſeine Baͤu-
me auszieret?
Moͤglich-
keit dieſer
Veraͤnde-
rung, er-
laͤutert,
aus deren
im Winter
duͤrren
Baͤumen.
Antw. Es gehet hier eben zu als wie mit den Baͤumen im Win-
ter, wir ſind alleſamt untuͤchtig worden, da iſt nicht der Gutes thue,
auch nicht einer d, wir haben allzumahl geſuͤndiget und manglen der
Herrlichkeit GOttes. Wann nun eine Weiſſagung uͤber uns erge-
het, oder eine Ankuͤndigung des ſeeligen Willens GOttes, wie wir
vor ihme ſeyn ſollen, nehmlich heilig, untadelich, eiſerig in allen gu-
ten Wercken, bluͤhend in aller Gerechtigkeit, Wahrheit, Tugend,
Enthaltung, Gottſeeligkeit, Gedult, Erkanntnuß, Bruder-Liebe und
gemeine Liebe; ſo ſcheints eben ſo unmoͤglich zu ſeyn, daß ein Menſch
zu ſuͤndigen gewohnt, zu ſo geiſtlich himmliſchen Leben gelangen, und
ein Nachfolger GOttes werden ſollte, als wann man einen Men-
ſchen, der von Geburt an in einem finſtern Kercker geſeſſen, und
nie von keinem Fruͤhling oder Sommer gehoͤrt, oder geſehen haͤtte
zu Winters-Zeit heraus fuͤhrte, und ihme die Baͤume, und ſonder-
lich die Rebſtoͤck wieſe, ihme dabey anzeigend, wie aus dem Holtz in
kurtzer Zeit ſchoͤne wohlriechende Bluͤmlein hervor kommen wuͤrden;
Jtem
a Luc. XII. 16. 21.
b Eſai. III. 10.
c Rom. VII. 5.
d Rom.
III. 12.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/435>, abgerufen am 22.11.2024.
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