gung entstehen kan, das mercke dabey; daß kaum ein halb Stündgen nach so gewaltiger Rührung der Mensch Müh und Verdruß hat nur einen Gulden um Friedens willen aus Liebe zu Christo fahren zu las- sen, solche Menschen nennet ein Prophet Kuchen die nicht umge- wandta/ auf der einten Seiten angebrannt, auf der anderen noch dänck als roher Teig. Es gehet schwer zu, ehe dergleichen Leut zu- recht kommen, weilen sie gar zu viel auf solcher vorbeygehenden süs- sen Andacht halten, sich einbildende, es seyen nicht viel ihres glei- chen.
§. 3. Zu dem must du wissen, daß des Menschen Hertz wohl einUrsachen dessen. groß, weit Land ist, fast wie der Erdboden; wann man schon meynt, der Frühling wolle an einem Ort anbrechen, so ists doch noch meist winterig, es erzeigt sich bald böß, bald gutes, indeme nicht alle Ge- müths-Bewegungen zu JEsu gewandt bleiben und nicht aushalten in unzertheilter Begierd nach der vollen Krafft der Sonnen, nach dem Ausguß des H. Geistes zur neuen Geburt, wir nehmen nicht Zeit und Weile uns durch stille Einkehr lange genug an diese Liebes-Son- ne zu setzen, wir sincken flucks wieder in uns selbst hinein von JESU hinweg und machen uns an Schatten des eigenen Würckens, daß der warme Gnaden-Glantz nicht kan zu uns kommen; wir kehren uns schnell von der Sonnen der ewigen Weisheit zu dem Monds-Licht unserer Vernunfft oder zu den Fackeln menschlicher Bücher und Schrifften; aber wo haben Mond und Fackeln jemahlen den Winter vertrieben, und den Frucht-reichen Sommer herbey gebracht; ob- schon jener der Erd-Kugel näher und diese heisser zu seyn scheinen als die Sonn.
§. 4. Uber das sind so viele Nebel und Dünst von lustigen eitelenDa stei- gen auf Nebel bö- ser Ge- dancken. oder sorgsamen und kummerhafften Gedancken, und unnützen Uber- legungen, so aus unserem Hertzen als einem stinckenden Pful und Morast aufsteigen, und so viele köstliche, Heyl-bringende Sonnen- Stralen stehlen, daß der Schade davon nicht auszurechnen. Dein Son- nen-Glantz hat nur alleweil gnug zu thun den Nebel und aufsteigende Dämpffe auf meinem Hertzen zu vertreiben; O seelige Seelen! auf welchen deine Gnaden- Schein keine Hindernuß mehr findet ihre Wunder darinn zu offenbahren und ihr Liebes-Spiel frey zu haben;
Ach
aHos. VII. 8.
T t 3
Der geiſtliche Fruͤhling.
gung entſtehen kan, das mercke dabey; daß kaum ein halb Stuͤndgen nach ſo gewaltiger Ruͤhrung der Menſch Muͤh und Verdruß hat nur einen Gulden um Friedens willen aus Liebe zu Chriſto fahren zu laſ- ſen, ſolche Menſchen nennet ein Prophet Kuchen die nicht umge- wandta/ auf der einten Seiten angebrannt, auf der anderen noch daͤnck als roher Teig. Es gehet ſchwer zu, ehe dergleichen Leut zu- recht kommen, weilen ſie gar zu viel auf ſolcher vorbeygehenden ſuͤſ- ſen Andacht halten, ſich einbildende, es ſeyen nicht viel ihres glei- chen.
§. 3. Zu dem muſt du wiſſen, daß des Menſchen Hertz wohl einUrſachen deſſen. groß, weit Land iſt, faſt wie der Erdboden; wann man ſchon meynt, der Fruͤhling wolle an einem Ort anbrechen, ſo iſts doch noch meiſt winterig, es erzeigt ſich bald boͤß, bald gutes, indeme nicht alle Ge- muͤths-Bewegungen zu JEſu gewandt bleiben und nicht aushalten in unzertheilter Begierd nach der vollen Krafft der Sonnen, nach dem Ausguß des H. Geiſtes zur neuen Geburt, wir nehmen nicht Zeit und Weile uns durch ſtille Einkehr lange genug an dieſe Liebes-Son- ne zu ſetzen, wir ſincken flucks wieder in uns ſelbſt hinein von JESU hinweg und machen uns an Schatten des eigenen Wuͤrckens, daß der warme Gnaden-Glantz nicht kan zu uns kommen; wir kehren uns ſchnell von der Sonnen der ewigen Weisheit zu dem Monds-Licht unſerer Vernunfft oder zu den Fackeln menſchlicher Buͤcher und Schrifften; aber wo haben Mond und Fackeln jemahlen den Winter vertrieben, und den Frucht-reichen Sommer herbey gebracht; ob- ſchon jener der Erd-Kugel naͤher und dieſe heiſſer zu ſeyn ſcheinen als die Sonn.
§. 4. Uber das ſind ſo viele Nebel und Duͤnſt von luſtigen eitelenDa ſtei- gen auf Nebel boͤ- ſer Ge- dancken. oder ſorgſamen und kummerhafften Gedancken, und unnuͤtzen Uber- legungen, ſo aus unſerem Hertzen als einem ſtinckenden Pful und Moraſt aufſteigen, und ſo viele koͤſtliche, Heyl-bringende Sonnen- Stralen ſtehlen, daß der Schade davon nicht auszurechnen. Dein Son- nen-Glantz hat nur alleweil gnug zu thun den Nebel und aufſteigende Daͤmpffe auf meinem Hertzen zu vertreiben; O ſeelige Seelen! auf welchen deine Gnaden- Schein keine Hindernuß mehr findet ihre Wunder darinn zu offenbahren und ihr Liebes-Spiel frey zu haben;
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Der geiſtliche Fruͤhling.
gung entſtehen kan, das mercke dabey; daß kaum ein halb Stuͤndgen
nach ſo gewaltiger Ruͤhrung der Menſch Muͤh und Verdruß hat nur
einen Gulden um Friedens willen aus Liebe zu Chriſto fahren zu laſ-
ſen, ſolche Menſchen nennet ein Prophet Kuchen die nicht umge-
wandt a/ auf der einten Seiten angebrannt, auf der anderen noch
daͤnck als roher Teig. Es gehet ſchwer zu, ehe dergleichen Leut zu-
recht kommen, weilen ſie gar zu viel auf ſolcher vorbeygehenden ſuͤſ-
ſen Andacht halten, ſich einbildende, es ſeyen nicht viel ihres glei-
chen.
§. 3. Zu dem muſt du wiſſen, daß des Menſchen Hertz wohl ein
groß, weit Land iſt, faſt wie der Erdboden; wann man ſchon meynt,
der Fruͤhling wolle an einem Ort anbrechen, ſo iſts doch noch meiſt
winterig, es erzeigt ſich bald boͤß, bald gutes, indeme nicht alle Ge-
muͤths-Bewegungen zu JEſu gewandt bleiben und nicht aushalten in
unzertheilter Begierd nach der vollen Krafft der Sonnen, nach dem
Ausguß des H. Geiſtes zur neuen Geburt, wir nehmen nicht Zeit
und Weile uns durch ſtille Einkehr lange genug an dieſe Liebes-Son-
ne zu ſetzen, wir ſincken flucks wieder in uns ſelbſt hinein von JESU
hinweg und machen uns an Schatten des eigenen Wuͤrckens, daß
der warme Gnaden-Glantz nicht kan zu uns kommen; wir kehren uns
ſchnell von der Sonnen der ewigen Weisheit zu dem Monds-Licht
unſerer Vernunfft oder zu den Fackeln menſchlicher Buͤcher und
Schrifften; aber wo haben Mond und Fackeln jemahlen den Winter
vertrieben, und den Frucht-reichen Sommer herbey gebracht; ob-
ſchon jener der Erd-Kugel naͤher und dieſe heiſſer zu ſeyn ſcheinen als
die Sonn.
Urſachen
deſſen.
§. 4. Uber das ſind ſo viele Nebel und Duͤnſt von luſtigen eitelen
oder ſorgſamen und kummerhafften Gedancken, und unnuͤtzen Uber-
legungen, ſo aus unſerem Hertzen als einem ſtinckenden Pful und
Moraſt aufſteigen, und ſo viele koͤſtliche, Heyl-bringende Sonnen-
Stralen ſtehlen, daß der Schade davon nicht auszurechnen. Dein Son-
nen-Glantz hat nur alleweil gnug zu thun den Nebel und aufſteigende
Daͤmpffe auf meinem Hertzen zu vertreiben; O ſeelige Seelen! auf
welchen deine Gnaden- Schein keine Hindernuß mehr findet ihre
Wunder darinn zu offenbahren und ihr Liebes-Spiel frey zu haben;
Ach
Da ſtei-
gen auf
Nebel boͤ-
ſer Ge-
dancken.
a Hoſ. VII. 8.
T t 3
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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