Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der geistliche Frühling.
und Arrianischen Verfolgungen, gewann aber darmit nicht mehr alswider wel-
ches ob
Satanas
noch so
sehr
wütet,

daß viel guten, edlen Weins in GOttes Keller kame, dann der
Märtyrer Blut flosse in GOttes Liebe und Herrlichkeit ein, und gien-
ge Christo so sanfft und lieblich ein als ein wohlschmeckender Wein
durch die Kählen, so wurden auch viele Distlen und Dornsträuche
mächtig dadurch gereitzet, gleichfalls Früchte zu tragen ins himmli-
sche Reich, und einen gleichen freudenseeligen Ausgang aus der Welt
zu nehmen, derowegen thaten sich immer viele zu dem edlen Göttli-
chen Weinstock, und wurden zu lebendigen Reben, und brachten
Früchte wie die ersten, als nun der Teufel sahe, daß er mit seinem
Sturm nichts gewann, weilen der hochbenedeyte Weinbaum Chri-
stus, nur dadurch berühmter wurde, und er wohl sahe, daß er verrathen
ware, und man der höllischen Dornhecke müd ware; Siehe, da grieffe
ers arglistig an, und brauchte dieses Schelmenstuck, nachdem er den
Knechten, welche den Weingarten bewahren sollten, einen Schlaff-
Trunck eingeschencket; es ware eine Mixtur von Augen-Lust, Flei-
sches-Lust und hoffärtigem Leben; da nun die Bischöffe nach so vielen
blutigen Kämpffen, dieses süsse, Schlaff-bringende Gifft-Träncklein
eingenommen, vom ernstlichen Gebetts-Kampff abgelassen, und von
aller Geistes Wachtbarkeit abgekommen waren, da gieng dem Teufel
sein Handel an; Er nahme einen Rebstock von Gomorra, und beklei-
dete ihn mit den Blättern des ersten rechten Weinstocks, und betrog
die Menschen-Bäume, daß sie sich zu diesem hielten viel hundert Jah-
ren, und vermeynten, sie trugen rechte Paradisische Früchten; Weil
er der Ertz-Schalck die erste Namen und Titel, so von den Aposteln
herkamen, beybehielte; Aber es waren Früchte, die das höllisch
Wildschwein und Drach gern frasse, und die Christo und allen Hei-
ligen ein Eckel waren, dann es waren gifftige Trauben und bittere
Beere, der Wein davon ware Drachen-Gifft und wütige Otter-
Gall; Also hatte Satanas mit seinen Engeln ein grosses Freuden-
Fest unter den betrogenen Christen, und füllete seine Kelter mit ver-
führten Seelen, daß das Blut davon in den Rachen des Abgrunds
hinein flosse, und ward die Verführung immer ärger und gröber; biß
sich der wahre Weinstock aufs neue bewegte, und mit seinem Safft
in einigen Zweigen gewaltig hervorbrach, welche des fremden Saffts
von Satans Stock auch unwissend in sich gesogen hatten, dabey es
ihnen aber bitter übel ware, und konnten zu keiner göttlichen Frucht

kommen,
T t

Der geiſtliche Fruͤhling.
und Arrianiſchen Verfolgungen, gewann aber darmit nicht mehr alswider wel-
ches ob
Satanas
noch ſo
ſehr
wuͤtet,

daß viel guten, edlen Weins in GOttes Keller kame, dann der
Maͤrtyrer Blut floſſe in GOttes Liebe und Herrlichkeit ein, und gien-
ge Chriſto ſo ſanfft und lieblich ein als ein wohlſchmeckender Wein
durch die Kaͤhlen, ſo wurden auch viele Diſtlen und Dornſtraͤuche
maͤchtig dadurch gereitzet, gleichfalls Fruͤchte zu tragen ins himmli-
ſche Reich, und einen gleichen freudenſeeligen Ausgang aus der Welt
zu nehmen, derowegen thaten ſich immer viele zu dem edlen Goͤttli-
chen Weinſtock, und wurden zu lebendigen Reben, und brachten
Fruͤchte wie die erſten, als nun der Teufel ſahe, daß er mit ſeinem
Sturm nichts gewann, weilen der hochbenedeyte Weinbaum Chri-
ſtus, nur dadurch beruͤhmter wurde, und er wohl ſahe, daß er verrathen
ware, und man der hoͤlliſchen Dornhecke muͤd ware; Siehe, da grieffe
ers argliſtig an, und brauchte dieſes Schelmenſtuck, nachdem er den
Knechten, welche den Weingarten bewahren ſollten, einen Schlaff-
Trunck eingeſchencket; es ware eine Mixtur von Augen-Luſt, Flei-
ſches-Luſt und hoffaͤrtigem Leben; da nun die Biſchoͤffe nach ſo vielen
blutigen Kaͤmpffen, dieſes ſuͤſſe, Schlaff-bringende Gifft-Traͤncklein
eingenommen, vom ernſtlichen Gebetts-Kampff abgelaſſen, und von
aller Geiſtes Wachtbarkeit abgekommen waren, da gieng dem Teufel
ſein Handel an; Er nahme einen Rebſtock von Gomorra, und beklei-
dete ihn mit den Blaͤttern des erſten rechten Weinſtocks, und betrog
die Menſchen-Baͤume, daß ſie ſich zu dieſem hielten viel hundert Jah-
ren, und vermeynten, ſie trugen rechte Paradiſiſche Fruͤchten; Weil
er der Ertz-Schalck die erſte Namen und Titel, ſo von den Apoſteln
herkamen, beybehielte; Aber es waren Fruͤchte, die das hoͤlliſch
Wildſchwein und Drach gern fraſſe, und die Chriſto und allen Hei-
ligen ein Eckel waren, dann es waren gifftige Trauben und bittere
Beere, der Wein davon ware Drachen-Gifft und wuͤtige Otter-
Gall; Alſo hatte Satanas mit ſeinen Engeln ein groſſes Freuden-
Feſt unter den betrogenen Chriſten, und fuͤllete ſeine Kelter mit ver-
fuͤhrten Seelen, daß das Blut davon in den Rachen des Abgrunds
hinein floſſe, und ward die Verfuͤhrung immer aͤrger und groͤber; biß
ſich der wahre Weinſtock aufs neue bewegte, und mit ſeinem Safft
in einigen Zweigen gewaltig hervorbrach, welche des fremden Saffts
von Satans Stock auch unwiſſend in ſich geſogen hatten, dabey es
ihnen aber bitter uͤbel ware, und konnten zu keiner goͤttlichen Frucht

kommen,
T t
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0425" n="329"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der gei&#x017F;tliche Fru&#x0364;hling.</hi></fw><lb/>
und Arriani&#x017F;chen Verfolgungen, gewann aber darmit nicht mehr als<note place="right">wider wel-<lb/>
ches ob<lb/>
Satanas<lb/>
noch &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr<lb/>
wu&#x0364;tet,</note><lb/>
daß viel guten, edlen Weins in GOttes Keller kame, dann der<lb/>
Ma&#x0364;rtyrer Blut flo&#x017F;&#x017F;e in GOttes Liebe und Herrlichkeit ein, und gien-<lb/>
ge Chri&#x017F;to &#x017F;o &#x017F;anfft und lieblich ein als ein wohl&#x017F;chmeckender Wein<lb/>
durch die Ka&#x0364;hlen, &#x017F;o wurden auch viele Di&#x017F;tlen und Dorn&#x017F;tra&#x0364;uche<lb/>
ma&#x0364;chtig dadurch gereitzet, gleichfalls Fru&#x0364;chte zu tragen ins himmli-<lb/>
&#x017F;che Reich, und einen gleichen freuden&#x017F;eeligen Ausgang aus der Welt<lb/>
zu nehmen, derowegen thaten &#x017F;ich immer viele zu dem edlen Go&#x0364;ttli-<lb/>
chen Wein&#x017F;tock, und wurden zu lebendigen Reben, und brachten<lb/>
Fru&#x0364;chte wie die er&#x017F;ten, als nun der Teufel &#x017F;ahe, daß er mit &#x017F;einem<lb/>
Sturm nichts gewann, weilen der hochbenedeyte Weinbaum Chri-<lb/>
&#x017F;tus, nur dadurch beru&#x0364;hmter wurde, und er wohl &#x017F;ahe, daß er verrathen<lb/>
ware, und man der ho&#x0364;lli&#x017F;chen Dornhecke mu&#x0364;d ware; Siehe, da grieffe<lb/>
ers argli&#x017F;tig an, und brauchte die&#x017F;es Schelmen&#x017F;tuck, nachdem er den<lb/>
Knechten, welche den Weingarten bewahren &#x017F;ollten, einen Schlaff-<lb/>
Trunck einge&#x017F;chencket; es ware eine Mixtur von Augen-Lu&#x017F;t, Flei-<lb/>
&#x017F;ches-Lu&#x017F;t und hoffa&#x0364;rtigem Leben; da nun die Bi&#x017F;cho&#x0364;ffe nach &#x017F;o vielen<lb/>
blutigen Ka&#x0364;mpffen, die&#x017F;es &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, Schlaff-bringende Gifft-Tra&#x0364;ncklein<lb/>
eingenommen, vom ern&#x017F;tlichen Gebetts-Kampff abgela&#x017F;&#x017F;en, und von<lb/>
aller Gei&#x017F;tes Wachtbarkeit abgekommen waren, da gieng dem Teufel<lb/>
&#x017F;ein Handel an; Er nahme einen Reb&#x017F;tock von Gomorra, und beklei-<lb/>
dete ihn mit den Bla&#x0364;ttern des er&#x017F;ten rechten Wein&#x017F;tocks, und betrog<lb/>
die Men&#x017F;chen-Ba&#x0364;ume, daß &#x017F;ie &#x017F;ich zu die&#x017F;em hielten viel hundert Jah-<lb/>
ren, und vermeynten, &#x017F;ie trugen rechte Paradi&#x017F;i&#x017F;che Fru&#x0364;chten; Weil<lb/>
er der Ertz-Schalck die er&#x017F;te Namen und Titel, &#x017F;o von den Apo&#x017F;teln<lb/>
herkamen, beybehielte; Aber es waren Fru&#x0364;chte, die das ho&#x0364;lli&#x017F;ch<lb/>
Wild&#x017F;chwein und Drach gern fra&#x017F;&#x017F;e, und die Chri&#x017F;to und allen Hei-<lb/>
ligen ein Eckel waren, dann es waren gifftige Trauben und bittere<lb/>
Beere, der Wein davon ware Drachen-Gifft und wu&#x0364;tige Otter-<lb/>
Gall; Al&#x017F;o hatte Satanas mit &#x017F;einen Engeln ein gro&#x017F;&#x017F;es Freuden-<lb/>
Fe&#x017F;t unter den betrogenen Chri&#x017F;ten, und fu&#x0364;llete &#x017F;eine Kelter mit ver-<lb/>
fu&#x0364;hrten Seelen, daß das Blut davon in den Rachen des Abgrunds<lb/>
hinein flo&#x017F;&#x017F;e, und ward die Verfu&#x0364;hrung immer a&#x0364;rger und gro&#x0364;ber; biß<lb/>
&#x017F;ich der wahre Wein&#x017F;tock aufs neue bewegte, und mit &#x017F;einem Safft<lb/>
in einigen Zweigen gewaltig hervorbrach, welche des fremden Saffts<lb/>
von Satans Stock auch unwi&#x017F;&#x017F;end in &#x017F;ich ge&#x017F;ogen hatten, dabey es<lb/>
ihnen aber bitter u&#x0364;bel ware, und konnten zu keiner go&#x0364;ttlichen Frucht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T t</fw><fw place="bottom" type="catch">kommen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0425] Der geiſtliche Fruͤhling. und Arrianiſchen Verfolgungen, gewann aber darmit nicht mehr als daß viel guten, edlen Weins in GOttes Keller kame, dann der Maͤrtyrer Blut floſſe in GOttes Liebe und Herrlichkeit ein, und gien- ge Chriſto ſo ſanfft und lieblich ein als ein wohlſchmeckender Wein durch die Kaͤhlen, ſo wurden auch viele Diſtlen und Dornſtraͤuche maͤchtig dadurch gereitzet, gleichfalls Fruͤchte zu tragen ins himmli- ſche Reich, und einen gleichen freudenſeeligen Ausgang aus der Welt zu nehmen, derowegen thaten ſich immer viele zu dem edlen Goͤttli- chen Weinſtock, und wurden zu lebendigen Reben, und brachten Fruͤchte wie die erſten, als nun der Teufel ſahe, daß er mit ſeinem Sturm nichts gewann, weilen der hochbenedeyte Weinbaum Chri- ſtus, nur dadurch beruͤhmter wurde, und er wohl ſahe, daß er verrathen ware, und man der hoͤlliſchen Dornhecke muͤd ware; Siehe, da grieffe ers argliſtig an, und brauchte dieſes Schelmenſtuck, nachdem er den Knechten, welche den Weingarten bewahren ſollten, einen Schlaff- Trunck eingeſchencket; es ware eine Mixtur von Augen-Luſt, Flei- ſches-Luſt und hoffaͤrtigem Leben; da nun die Biſchoͤffe nach ſo vielen blutigen Kaͤmpffen, dieſes ſuͤſſe, Schlaff-bringende Gifft-Traͤncklein eingenommen, vom ernſtlichen Gebetts-Kampff abgelaſſen, und von aller Geiſtes Wachtbarkeit abgekommen waren, da gieng dem Teufel ſein Handel an; Er nahme einen Rebſtock von Gomorra, und beklei- dete ihn mit den Blaͤttern des erſten rechten Weinſtocks, und betrog die Menſchen-Baͤume, daß ſie ſich zu dieſem hielten viel hundert Jah- ren, und vermeynten, ſie trugen rechte Paradiſiſche Fruͤchten; Weil er der Ertz-Schalck die erſte Namen und Titel, ſo von den Apoſteln herkamen, beybehielte; Aber es waren Fruͤchte, die das hoͤlliſch Wildſchwein und Drach gern fraſſe, und die Chriſto und allen Hei- ligen ein Eckel waren, dann es waren gifftige Trauben und bittere Beere, der Wein davon ware Drachen-Gifft und wuͤtige Otter- Gall; Alſo hatte Satanas mit ſeinen Engeln ein groſſes Freuden- Feſt unter den betrogenen Chriſten, und fuͤllete ſeine Kelter mit ver- fuͤhrten Seelen, daß das Blut davon in den Rachen des Abgrunds hinein floſſe, und ward die Verfuͤhrung immer aͤrger und groͤber; biß ſich der wahre Weinſtock aufs neue bewegte, und mit ſeinem Safft in einigen Zweigen gewaltig hervorbrach, welche des fremden Saffts von Satans Stock auch unwiſſend in ſich geſogen hatten, dabey es ihnen aber bitter uͤbel ware, und konnten zu keiner goͤttlichen Frucht kommen, wider wel- ches ob Satanas noch ſo ſehr wuͤtet, T t

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/425
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/425>, abgerufen am 22.11.2024.