nen, die Jhm horchen. 3. Das Hertz muß von Fleisches-Lüsten und weltli- chen Absichten rein und heiter werden. Jn einem ungestümmen Dreck-Was- ser spiegelt sich des Himmels Schönheit nicht. 4. Das Gedancken-Heer muß innig zu GOtt gesammlet seyn in seine Gegenwart; eine stille, abgestor- bene Seele empfahet manchmal beym Anblick eines Sprüchleins Salbung, Er- leuchtung und Segen. Predigten und Bücher sind nur Unterlehrer, so dem ober- sten Propheten in die Händ arbeiten; sie bürsten, butzen, wäschen das Gedächt- niß, Verstand und Willen des Sünders, ehe er ins Heiligthum, zum brennen- den Busch, in die Kammern des Königs, das ist, zur H. Schrifft trittet, wor- aus dennoch alle heylsame Lehren und Hand-Leitungen ursprünglich fliessen: Es sind Erfahrungs-Lehren, wie man die Wörter-Schaalen aufbrechen und den Gnaden-Kern der Liebe GOttes und Christi heraus nemmen solle; es sind Wegweisere, wie man durch alles Gestrüpp und Gestäude der Vorurtheilen, Jrrthümmern und Verführungen sich hindurch zureissen habe, ehe man das Ufer der Göttlichen See erreiche, da die Lämmlein trincken und die Elephanten schwimmen; sie offenbahren es andern, die auch Lust haben, was sie vor Hin- dernissen angetroffen und wie sie selbe überstritten, auch bey wem sie den golde- nen Schlüssel zu diesem Paradies-Garten, zum Verstand der H. Schrifft nach GOttes Sinn, gefunden. Es sind Vor-Kammeren, dadurch man zum in- nersten Cabinet des Monarchen gelanget. Wem der H. Geist selbs einen Schrifft-Spruch aufgeschlossen, der darff mit Göttlicher Gewißheit anderen dessen Jnnhalt anzeigen; wer aus einem Gefäß gesogen, der weißt, was vor kräfftige, liebliche, geistreiche Säffte darinnen seyen, und wem eine Kante voll eingeschenckt ist, dem wird ja erlaubt seyn, ein Gläsgen davon seinem Brüder- lein oder Schwesterlein zureichen, welches dann auch hier in gegenwärtigen Schrifften geschehen ist; wodurch der Herrlichkeit und Ehre des Heil. Geistes nichts abgehet; sinds doch seine eigene vorbereitende Wirckungen und gar unver- diente Mittheilungen; kommen doch alle gute Gaaben von oben herab, vom Vater aller begnadeten und gesegneten Kirchen-Liechteren: Und kan ja niemand JEsum einen HErren nennen ohne den H. Geist; Also wird der Würde Heil. Schrifft nichts entzogen, so wenig ein Brunn-Trog der Quellen was be- nimmt. Es ist unbegreifflich in welch lauterer Klarheit des Allerhöchsten We- sens und tieff zu GOtt gewandter reinester Andacht die H. Schreibere damals gestanden, wie sie die Bibel geschrieben, welch unvermischter heller Straal des H. Geistes sie durchgossen; und gebraucht man billich ihre selbs eigene Worte, seinen Vortrag, es treffe Lehr-Sätze oder Lebens-Reglen an, zu beweisen. Sonst dunckt mich, man solle darinnen nichts affectiren oder künstlen, wie einige Lehr-Jünger des gottseligen Cocceji gethan, die einen Schrifft-Spruch an
den
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Vorrede.
nen, die Jhm horchen. 3. Das Hertz muß von Fleiſches-Luͤſten und weltli- chen Abſichten rein und heiter werden. Jn einem ungeſtuͤmmen Dreck-Waſ- ſer ſpiegelt ſich des Himmels Schoͤnheit nicht. 4. Das Gedancken-Heer muß innig zu GOtt geſammlet ſeyn in ſeine Gegenwart; eine ſtille, abgeſtor- bene Seele empfahet manchmal beym Anblick eines Spruͤchleins Salbung, Er- leuchtung und Segen. Predigten und Buͤcher ſind nur Unterlehrer, ſo dem ober- ſten Propheten in die Haͤnd arbeiten; ſie buͤrſten, butzen, waͤſchen das Gedaͤcht- niß, Verſtand und Willen des Suͤnders, ehe er ins Heiligthum, zum brennen- den Buſch, in die Kammern des Koͤnigs, das iſt, zur H. Schrifft trittet, wor- aus dennoch alle heylſame Lehren und Hand-Leitungen urſpruͤnglich flieſſen: Es ſind Erfahrungs-Lehren, wie man die Woͤrter-Schaalen aufbrechen und den Gnaden-Kern der Liebe GOttes und Chriſti heraus nemmen ſolle; es ſind Wegweiſere, wie man durch alles Geſtruͤpp und Geſtaͤude der Vorurtheilen, Jrrthuͤmmern und Verfuͤhrungen ſich hindurch zureiſſen habe, ehe man das Ufer der Goͤttlichen See erreiche, da die Laͤmmlein trincken und die Elephanten ſchwimmen; ſie offenbahren es andern, die auch Luſt haben, was ſie vor Hin- derniſſen angetroffen und wie ſie ſelbe uͤberſtritten, auch bey wem ſie den golde- nen Schluͤſſel zu dieſem Paradies-Garten, zum Verſtand der H. Schrifft nach GOttes Sinn, gefunden. Es ſind Vor-Kammeren, dadurch man zum in- nerſten Cabinet des Monarchen gelanget. Wem der H. Geiſt ſelbs einen Schrifft-Spruch aufgeſchloſſen, der darff mit Goͤttlicher Gewißheit anderen deſſen Jnnhalt anzeigen; wer aus einem Gefaͤß geſogen, der weißt, was vor kraͤfftige, liebliche, geiſtreiche Saͤffte darinnen ſeyen, und wem eine Kante voll eingeſchenckt iſt, dem wird ja erlaubt ſeyn, ein Glaͤsgen davon ſeinem Bruͤder- lein oder Schweſterlein zureichen, welches dann auch hier in gegenwaͤrtigen Schrifften geſchehen iſt; wodurch der Herrlichkeit und Ehre des Heil. Geiſtes nichts abgehet; ſinds doch ſeine eigene vorbereitende Wirckungen und gar unver- diente Mittheilungen; kommen doch alle gute Gaaben von oben herab, vom Vater aller begnadeten und geſegneten Kirchen-Liechteren: Und kan ja niemand JEſum einen HErren nennen ohne den H. Geiſt; Alſo wird der Wuͤrde Heil. Schrifft nichts entzogen, ſo wenig ein Brunn-Trog der Quellen was be- nimmt. Es iſt unbegreifflich in welch lauterer Klarheit des Allerhoͤchſten We- ſens und tieff zu GOtt gewandter reineſter Andacht die H. Schreibere damals geſtanden, wie ſie die Bibel geſchrieben, welch unvermiſchter heller Straal des H. Geiſtes ſie durchgoſſen; und gebraucht man billich ihre ſelbs eigene Worte, ſeinen Vortrag, es treffe Lehr-Saͤtze oder Lebens-Reglen an, zu beweiſen. Sonſt dunckt mich, man ſolle darinnen nichts affectiren oder kuͤnſtlen, wie einige Lehr-Juͤnger des gottſeligen Cocceji gethan, die einen Schrifft-Spruch an
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[0041]
Vorrede.
nen, die Jhm horchen. 3. Das Hertz muß von Fleiſches-Luͤſten und weltli-
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ſer ſpiegelt ſich des Himmels Schoͤnheit nicht. 4. Das Gedancken-Heer
muß innig zu GOtt geſammlet ſeyn in ſeine Gegenwart; eine ſtille, abgeſtor-
bene Seele empfahet manchmal beym Anblick eines Spruͤchleins Salbung, Er-
leuchtung und Segen. Predigten und Buͤcher ſind nur Unterlehrer, ſo dem ober-
ſten Propheten in die Haͤnd arbeiten; ſie buͤrſten, butzen, waͤſchen das Gedaͤcht-
niß, Verſtand und Willen des Suͤnders, ehe er ins Heiligthum, zum brennen-
den Buſch, in die Kammern des Koͤnigs, das iſt, zur H. Schrifft trittet, wor-
aus dennoch alle heylſame Lehren und Hand-Leitungen urſpruͤnglich flieſſen:
Es ſind Erfahrungs-Lehren, wie man die Woͤrter-Schaalen aufbrechen und
den Gnaden-Kern der Liebe GOttes und Chriſti heraus nemmen ſolle; es ſind
Wegweiſere, wie man durch alles Geſtruͤpp und Geſtaͤude der Vorurtheilen,
Jrrthuͤmmern und Verfuͤhrungen ſich hindurch zureiſſen habe, ehe man das Ufer
der Goͤttlichen See erreiche, da die Laͤmmlein trincken und die Elephanten
ſchwimmen; ſie offenbahren es andern, die auch Luſt haben, was ſie vor Hin-
derniſſen angetroffen und wie ſie ſelbe uͤberſtritten, auch bey wem ſie den golde-
nen Schluͤſſel zu dieſem Paradies-Garten, zum Verſtand der H. Schrifft nach
GOttes Sinn, gefunden. Es ſind Vor-Kammeren, dadurch man zum in-
nerſten Cabinet des Monarchen gelanget. Wem der H. Geiſt ſelbs einen
Schrifft-Spruch aufgeſchloſſen, der darff mit Goͤttlicher Gewißheit anderen
deſſen Jnnhalt anzeigen; wer aus einem Gefaͤß geſogen, der weißt, was vor
kraͤfftige, liebliche, geiſtreiche Saͤffte darinnen ſeyen, und wem eine Kante voll
eingeſchenckt iſt, dem wird ja erlaubt ſeyn, ein Glaͤsgen davon ſeinem Bruͤder-
lein oder Schweſterlein zureichen, welches dann auch hier in gegenwaͤrtigen
Schrifften geſchehen iſt; wodurch der Herrlichkeit und Ehre des Heil. Geiſtes
nichts abgehet; ſinds doch ſeine eigene vorbereitende Wirckungen und gar unver-
diente Mittheilungen; kommen doch alle gute Gaaben von oben herab, vom
Vater aller begnadeten und geſegneten Kirchen-Liechteren: Und kan ja niemand
JEſum einen HErren nennen ohne den H. Geiſt; Alſo wird der Wuͤrde Heil.
Schrifft nichts entzogen, ſo wenig ein Brunn-Trog der Quellen was be-
nimmt. Es iſt unbegreifflich in welch lauterer Klarheit des Allerhoͤchſten We-
ſens und tieff zu GOtt gewandter reineſter Andacht die H. Schreibere damals
geſtanden, wie ſie die Bibel geſchrieben, welch unvermiſchter heller Straal des
H. Geiſtes ſie durchgoſſen; und gebraucht man billich ihre ſelbs eigene Worte,
ſeinen Vortrag, es treffe Lehr-Saͤtze oder Lebens-Reglen an, zu beweiſen.
Sonſt dunckt mich, man ſolle darinnen nichts affectiren oder kuͤnſtlen, wie einige
Lehr-Juͤnger des gottſeligen Cocceji gethan, die einen Schrifft-Spruch an
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/41>, abgerufen am 21.11.2024.
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