Friedens- und Lebens-Brunn mit vollen Schlücken trincken kan, den Mund weit aufthun, und ihn süßiglich füllen lassen. Er fühlet über diß gar wol, daß wann er in der neuen himmlischen Welt eine Crone tragen will, er sich die grosse Freude über den unausforschlichen, ihm aus unmäßiger Barmhertzigkeit von GOtt ge- schenckten Reichthum Christi alle Gedancken, Leben, Begierden durchaus müsse lassen einnehmen, und dahin bringen, daß er sich durch Christi Krafft und Hülff des H. Geistes mit allem, was er ist und hat, GOtt aufopffere, ohne Absicht auf ei- genen Genieß und Vortheil weder zeitlich noch ewig, bloß aus brünstiger Liebe zu Christo, dem Nächsten zu Nutz und Heyl; ja (welches GOtt ein angeneh- mes Heiligthum ist) der Welt gekreutziget zu werden und hinwiederum die Welt mit aller ihrer Lust, Gunst, Ehre, Ruhm, Reichthum und Hoheit sich gekreu- tzigt seyn lassen.
Aus sothanem Sinn quillet natürlicher Weise 1. Ein lauteres/ reines Ab- sehen auf GOttes ewigen Ruhm und allerhöchsten Preiß und der Menschen Heyl. Wird Christi Erkanntniß und der Seelen Reinigung auch nur ein wenig beför- dert, wäre es nur in einem eintzeln Menschen, so hält man davor, Mühe und Kosten seyen reichlich ersetzt: Man ist schon voraus überschwencklich bezahlt; die Liebe JEsu macht, daß man von keiner Arbeit weißt; von JEsu schreiben ist ei- ne Englische Wollust, und die angenehmste Kurtzweil; man dencket so gerne an seinen unendlichen Gutthäter und liebwürdigsten Gönner; wo man Jhm alle Tag tausend Menschen könte zuführen, das wäre des Hertzens gröste Freude. 2. Eine stille Zufriedenheit mitten unter allen Beurtheilungen der Sterblichen, in dem man gleich einer Blume da stehet, seine Gestalt jederman besehen laßt, Freunden und Feinden seine Farben und Geruch anbietet, sagend: Da habt ihr mich, da stehe ich mit Christi Güteren, was schönes und gutes an mir ist, ist nicht mein, es gehet mich nichts an, es ist überall pur allein meines HErren JESU; dero- wegen handelte ich unvernünfftig, wann ich mich des Lobens oder Scheltens son- derlich wurde annemmen; Nein! meine Begierd soll sich nur stäts zu GOtt nei- gen, sintemal ich durch des Vaters Erbarmungen, Christi Gnade und die unab- läßige Treue des H. Geistes allerdings untadenlich dermaleinst zuwerden hoffe. 3. Eine zarte Liebe und Hochschätzung aller Knechten GOttes/ in wel- chen man GOttes edle Gaben ehret, sich beuget vor der grossen Barmhertzigkeit Christi, dem es gefallen, sothane Gefässe seiner Herrlichkeit zuschaffen zur Freu- de seines gantzen Hauses, und sie aus seinen Schätzen zubeschencken; Er küsset demnach und verehret die Hand dessen, der so schöne Liechter allein anzündet, las- set derer Schrifften in ihrem Werth vor dem Ursprung alles Guten unangetastet stehen, sich von allem Tadelen oder Critisiren treulich hütende; hat man aber was auszusetzen, so laßt man nichts als Wahrheit und Liebe mit demüthiger Beschei-
den-
Vorrede.
Friedens- und Lebens-Brunn mit vollen Schluͤcken trincken kan, den Mund weit aufthun, und ihn ſuͤßiglich fuͤllen laſſen. Er fuͤhlet uͤber diß gar wol, daß wann er in der neuen himmliſchen Welt eine Crone tragen will, er ſich die groſſe Freude uͤber den unausforſchlichen, ihm aus unmaͤßiger Barmhertzigkeit von GOtt ge- ſchenckten Reichthum Chriſti alle Gedancken, Leben, Begierden durchaus muͤſſe laſſen einnehmen, und dahin bringen, daß er ſich durch Chriſti Krafft und Huͤlff des H. Geiſtes mit allem, was er iſt und hat, GOtt aufopffere, ohne Abſicht auf ei- genen Genieß und Vortheil weder zeitlich noch ewig, bloß aus bruͤnſtiger Liebe zu Chriſto, dem Naͤchſten zu Nutz und Heyl; ja (welches GOtt ein angeneh- mes Heiligthum iſt) der Welt gekreutziget zu werden und hinwiederum die Welt mit aller ihrer Luſt, Gunſt, Ehre, Ruhm, Reichthum und Hoheit ſich gekreu- tzigt ſeyn laſſen.
Aus ſothanem Sinn quillet natuͤrlicher Weiſe 1. Ein lauteres/ reines Ab- ſehen auf GOttes ewigen Ruhm und allerhoͤchſten Preiß und der Menſchen Heyl. Wird Chriſti Erkanntniß und der Seelen Reinigung auch nur ein wenig befoͤr- dert, waͤre es nur in einem eintzeln Menſchen, ſo haͤlt man davor, Muͤhe und Koſten ſeyen reichlich erſetzt: Man iſt ſchon voraus uͤberſchwencklich bezahlt; die Liebe JEſu macht, daß man von keiner Arbeit weißt; von JEſu ſchreiben iſt ei- ne Engliſche Wolluſt, und die angenehmſte Kurtzweil; man dencket ſo gerne an ſeinen unendlichen Gutthaͤter und liebwuͤrdigſten Goͤnner; wo man Jhm alle Tag tauſend Menſchen koͤnte zufuͤhren, das waͤre des Hertzens groͤſte Freude. 2. Eine ſtille Zufriedenheit mitten unter allen Beurtheilungen der Sterblichen, in dem man gleich einer Blume da ſtehet, ſeine Geſtalt jederman beſehen laßt, Freunden und Feinden ſeine Farben und Geruch anbietet, ſagend: Da habt ihr mich, da ſtehe ich mit Chriſti Guͤteren, was ſchoͤnes und gutes an mir iſt, iſt nicht mein, es gehet mich nichts an, es iſt uͤberall pur allein meines HErren JESU; dero- wegen handelte ich unvernuͤnfftig, wann ich mich des Lobens oder Scheltens ſon- derlich wurde annemmen; Nein! meine Begierd ſoll ſich nur ſtaͤts zu GOtt nei- gen, ſintemal ich durch des Vaters Erbarmungen, Chriſti Gnade und die unab- laͤßige Treue des H. Geiſtes allerdings untadenlich dermaleinſt zuwerden hoffe. 3. Eine zarte Liebe und Hochſchaͤtzung aller Knechten GOttes/ in wel- chen man GOttes edle Gaben ehret, ſich beuget vor der groſſen Barmhertzigkeit Chriſti, dem es gefallen, ſothane Gefaͤſſe ſeiner Herrlichkeit zuſchaffen zur Freu- de ſeines gantzen Hauſes, und ſie aus ſeinen Schaͤtzen zubeſchencken; Er kuͤſſet demnach und verehret die Hand deſſen, der ſo ſchoͤne Liechter allein anzuͤndet, laſ- ſet derer Schrifften in ihrem Werth vor dem Urſprung alles Guten unangetaſtet ſtehen, ſich von allem Tadelen oder Critiſiren treulich huͤtende; hat man aber was auszuſetzen, ſo laßt man nichts als Wahrheit und Liebe mit demuͤthiger Beſchei-
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[0036]
Vorrede.
Friedens- und Lebens-Brunn mit vollen Schluͤcken trincken kan, den Mund weit
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in der neuen himmliſchen Welt eine Crone tragen will, er ſich die groſſe Freude
uͤber den unausforſchlichen, ihm aus unmaͤßiger Barmhertzigkeit von GOtt ge-
ſchenckten Reichthum Chriſti alle Gedancken, Leben, Begierden durchaus muͤſſe
laſſen einnehmen, und dahin bringen, daß er ſich durch Chriſti Krafft und Huͤlff des
H. Geiſtes mit allem, was er iſt und hat, GOtt aufopffere, ohne Abſicht auf ei-
genen Genieß und Vortheil weder zeitlich noch ewig, bloß aus bruͤnſtiger Liebe
zu Chriſto, dem Naͤchſten zu Nutz und Heyl; ja (welches GOtt ein angeneh-
mes Heiligthum iſt) der Welt gekreutziget zu werden und hinwiederum die Welt
mit aller ihrer Luſt, Gunſt, Ehre, Ruhm, Reichthum und Hoheit ſich gekreu-
tzigt ſeyn laſſen.
Aus ſothanem Sinn quillet natuͤrlicher Weiſe 1. Ein lauteres/ reines Ab-
ſehen auf GOttes ewigen Ruhm und allerhoͤchſten Preiß und der Menſchen Heyl.
Wird Chriſti Erkanntniß und der Seelen Reinigung auch nur ein wenig befoͤr-
dert, waͤre es nur in einem eintzeln Menſchen, ſo haͤlt man davor, Muͤhe und
Koſten ſeyen reichlich erſetzt: Man iſt ſchon voraus uͤberſchwencklich bezahlt; die
Liebe JEſu macht, daß man von keiner Arbeit weißt; von JEſu ſchreiben iſt ei-
ne Engliſche Wolluſt, und die angenehmſte Kurtzweil; man dencket ſo gerne an
ſeinen unendlichen Gutthaͤter und liebwuͤrdigſten Goͤnner; wo man Jhm alle Tag
tauſend Menſchen koͤnte zufuͤhren, das waͤre des Hertzens groͤſte Freude. 2. Eine
ſtille Zufriedenheit mitten unter allen Beurtheilungen der Sterblichen, in dem
man gleich einer Blume da ſtehet, ſeine Geſtalt jederman beſehen laßt, Freunden
und Feinden ſeine Farben und Geruch anbietet, ſagend: Da habt ihr mich, da
ſtehe ich mit Chriſti Guͤteren, was ſchoͤnes und gutes an mir iſt, iſt nicht mein,
es gehet mich nichts an, es iſt uͤberall pur allein meines HErren JESU; dero-
wegen handelte ich unvernuͤnfftig, wann ich mich des Lobens oder Scheltens ſon-
derlich wurde annemmen; Nein! meine Begierd ſoll ſich nur ſtaͤts zu GOtt nei-
gen, ſintemal ich durch des Vaters Erbarmungen, Chriſti Gnade und die unab-
laͤßige Treue des H. Geiſtes allerdings untadenlich dermaleinſt zuwerden hoffe.
3. Eine zarte Liebe und Hochſchaͤtzung aller Knechten GOttes/ in wel-
chen man GOttes edle Gaben ehret, ſich beuget vor der groſſen Barmhertzigkeit
Chriſti, dem es gefallen, ſothane Gefaͤſſe ſeiner Herrlichkeit zuſchaffen zur Freu-
de ſeines gantzen Hauſes, und ſie aus ſeinen Schaͤtzen zubeſchencken; Er kuͤſſet
demnach und verehret die Hand deſſen, der ſo ſchoͤne Liechter allein anzuͤndet, laſ-
ſet derer Schrifften in ihrem Werth vor dem Urſprung alles Guten unangetaſtet
ſtehen, ſich von allem Tadelen oder Critiſiren treulich huͤtende; hat man aber was
auszuſetzen, ſo laßt man nichts als Wahrheit und Liebe mit demuͤthiger Beſchei-
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/36>, abgerufen am 21.11.2024.
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